Dienstag, 27. April 2010

Übergangszeit


Wenn ein Steppjackenträger und ein T-Shirtträger morgens an ein und derselben Bushaltestelle zusammentreffen, dann ist Frühling in Berlin. Oder allgemeiner gesagt: Übergangszeit. Ich neige der Steppjackenfraktion zu und lasse mich von den mittlerweile wieder überall herumfloppenden Flipflops nicht beeindrucken. Vor gut vier Wochen wateten wir noch knietief im Schnee, da muss man nicht gleich übertreiben, nur weil die Temperaturen ein Mal 15 Grad übersteigen.


Allerdings muss ich zugeben, dass der Frühling auch bei mir bekleidungstechnisch eine Krisenzeit ist: Wollige Wintersachen sind out, und die Sommersachen vom letzten Jahr sind auch nicht mehr das, was sie in meiner Erinnerung waren. Für den Übergang brauche ich Röcke, die man jetzt mit Strumpfhosen tragen kann, ohne dass es merkwürdig aussieht, und die in sechs Wochen ohne Strumpfhosen trotzdem nicht zu winterlich anmuten.


Dieser hier - aus Burda 6/2008 Schnitt 122 - gewinnt seine Strumpfhosen-Seriosität allein aus dem strengen Stoff, Baumwolle/Leinen mit einer Art Glencheck in schwarz-weiß, ansonsten ist er ein ganz flatterhaftes Ding.


Der Schnitt ist ein falscher Wickelrock, das heißt die Vorderteile unter dem Bund liegen übereinander, sind aber unter den Falten etwa bis zur Mitte Oberschenkel festgesteppt. Wer wie ich die Wickelrockmode der Mittneunziger und die ständige Aufwickelgefahr noch in Erinnerung hat, ist für dieses Detail sehr dankbar. Die geknoteten Bänder an der Passe haben also keine echte Funktion, der Rock wird wie üblich mit einem Reißverschluss in der linken Seitennaht geschlossen. Genäht war er sehr schnell, denn bei so einem schräg zugeschnittenen Flatterteilchen muss man sich um die Passform nicht großartig Sorgen machen: Wenn die Passe sitzt, nach Geschmack und Tagesform mehr in der Taille oder mehr auf der Hüfte, ergibt sich der Rest von selbst.


Am Saum hat die fast-nicht-gefärbte Häkelborte von neulich ihren Platz gefunden - und hier passt sie farblich perfekt.
Zuletzt noch ein Blick auf meine neuste Errungenschaft: Es gibt dieses Jahr doch Frühlingsschuhe für mich! Zwar sind sie nicht blasstürkis, wie ursprünglich gewünscht, aber immerhin schön blau. Ich bin begeistert.

Dienstag, 20. April 2010

Häkelborte mit Noppen

Darum gehts: Eine gehäkelte Borte

Zur Zeit bilde ich mir (noch) ein, dass dieses Muster ganz neu und originell und nur von mir erfunden ist. Ich wollte nämlich ein Kante mit kleinen Bommeln, fand gar nichts in der Richtung in meiner recht umfangreichen Häkelmusterbibliothek und auch nicht im Internet und probierte selbst ein wenig herum. Wie Suschna ganz richtig feststellte, handelt es sich um eine Häkelei mit Bouillonmaschen*) oder Büschelmaschen. Wahrscheinlich ist auch in punkto Häkelmustern alles, was überhaupt möglich ist, schon irgendwo gehäkelt worden, und wir wissen nur nichts davon. Aber egal ob wirklich neu oder nicht, hier nun die Anleitung.

Eine Reihe Stäbchen
Das Muster lässt sich sowohl in hin- und hergehenden Reihen als auch in Runden häkeln. Die Noppen treten auf der Rückseite des Gehäkelten hervor. Wenn man die Borte direkt anhäkelt muss man also darauf achten, dass die Musterreihe eine Rückreihe bildet, bzw. dass man beim Häkeln in Runden z. B. an einen Rock- oder Ärmelsaum die Innenseite des Kleidungsstücks vor sich liegen hat, damit die Noppen dann auch außen zu sehen sind.

Als Grundlage häkelt man eine Reihe feste Maschen, halbe Stäbchen, Stäbchen oder Doppelstäbchen nach Wunsch, je nachdem, wie breit man die Borte haben möchte. Wenn man sie mit der Maschine annähen möchte, sollte man Stäbchen oder Doppelstäbchen nehmen, bei der Häkelborte neulich verwendete ich halbe Stäbchen und quälte mich beim Annähen mehr als nötig mit dem Reißverschlussfuß - nicht empfehlenswert.



Für die Büschel- oder Wickelmaschen wird der Faden als Umschlag um die Nadel gelegt, in die nächste Masche eingestochen, der Faden geholt, wieder ein Umschlag, wieder in die gleiche Masche eingestochen und der Faden durchgeholt, wieder ein Umschlag, Faden holen... usw. und das insgesamt vier Mal. Und locker bleiben dabei. (Fünfmal und mehr ist natürlich auch möglich, dann wird die Noppe größer, aber auch der nächste Schritt schwieriger)
Es liegen nun insgesamt neun Schlingen auf den Nadel - die Anfangsschlinge und je vier Umschläge und vier durchgeholte Fadenschlingen.



Die neun Schlingen nun kurz Richtung Griff schieben - denn nun soll der Faden durch alle Maschen aufeinmal. Das geht am besten, wenn die Schlingen schön gleichmäßig liegen und der Haken der Häkelnadel nach unten zeigt. In Häkelsprache heißt dieser Schritt wohl "Alle Schlingen in einem Zug abmaschen."


Anschließend eine Luftmasche häkeln - die erste Noppe ist fertig.


Im Übergang zur zweiten Noppe zwei Kettmaschen häkeln - also in die nächste Masche einstechen, den Faden durchholen und gleich durch die Schlinge auf der Nadel ziehen. Bei der übernächsten Masche genauso. In die dritte Masche kommt dann die nächste Noppe.


Auf der Häkelseite sieht die Borte mehr oder weniger glatt aus...


... tadaa! - die Noppen liegen auf der Rückseite.

Ergänzung 6. 8. 2010: Kirsti hat die Noppenborte an einer Tasche eingesetzt. Und gleich noch eine Anleitung für eine Häkelborte mit Schlingen und Noppen geschrieben. Sehr schön!


*) Da ich bei B(o)uillonmasche oder auch beim ebenfalls gewickelten Bouillonstich in der Stickerei (wir hatten das bei dem Döner) in erster Linie an die nächste Mahlzeit denke, interessierte mich die Herkunft dieser Bezeichnung. Im frühen 17. Jahrhundert wurde in Frankreich ein gedrehtes, verschlungenes Band zur Verzierung von Kleidung als Bouillon bezeichnet. Und dann gibt es ja noch den Bouillondraht, ein Material in der Goldstickerei, nämlich ein spiralig aufgewickelter sehr feiner Metalldraht aus Gold oder Silber, der in Stücke geschnitten und aufgenäht wird.

Donnerstag, 15. April 2010

Wir können auch freundlich

Stoffhund grau kariert
Heute mal keine Story aus der Selbsthilfegruppe: an meinem inneren Verhältnis zu den allzu ernsten Hasen arbeite ich noch, aber es wird. Dank eurer hilfreichen Kommentare weiß ich nun, dass es tatsächlich Kinder gibt, die diese Hasen mögen würden und dass Niedlichkeit im Auge des Betrachters liegt. Daher habe ich nicht mehr so dringend das Bedürfnis, die Hasen in einem dunklen Schrank für immer wegzusperren. Im Gegenteil, sie dürfen draußen sitzen, ich streiche ihnen ab und zu über den Kopf, und falls bei einem Besuchskind einmal echte Liebe zum Hasen aufblühen sollte, werde ich einen oder beide gerne ziehen lassen.

Zum Verschenken in diesem speziellen Fall hatte ich aber ganz deutlich das Gefühl: Da muss etwas anderes her. So entstand dieser Hund.

Stoffhund grau mit roten Beinen
Konstruktionsbedingt muss er weit weniger straff ausgestopft werden als die Hasen und ist dadurch anschmiegsamer. Der graukarierte Stoff ist ein dicker und weich angerauhter Baumwollflanell, aus dem ich mir vor etwa drei Jahren eine Hose genäht hatte. Daher weiß ich, dass sich der Stoff gut waschen lässt und seine Flauschgkeit auch bei Beanspruchung behält.

Stoffhund
Er tut genau das, was man von einem Hund erwartet: er sitzt herum...

Hund aus stoff
... er passt auf...

Hund aus stoff
... und manchmal schläft er.

Die Schnittkonstruktion war ein ziemlich wildes Stück - ich hatte nur eine kleine Skizze vom fertigen Tier und meine Vorstellung, und habe dann aus einem alten Laken Einzelteile geschnitten und zusammengenäht, etwas ausgestopft und von der rechten Seite weiter bearbeitet. Hier und da einen Bereich abgenäht, an anderen Stellen wieder etwas angesetzt. Ungefähr so wie Formen mit Ton. Zuletzt überlegte ich mir, wo die Nahtlinien am Hund am sinnvollsten verlaufen sollten - zum Beispiel wollte ich zwei Nähte oben auf dem Kopf, um die Ohren zwischenfassen zu können. Die Nahtlinien zeichnete ich mit Filzstift auf den Probehund, schnitt ihn auseinander und kopierte die Einzelteile, etwas begradigt, auf Papier. Das war dann mein Schnitt, und der war tatsächlich brauchbar. Nur an der Po-Naht muss ich beim nächsten Mal noch etwas ändern, und die Ohren werde ich auch noch etwas anders formen. Das nächste Mal ist auch schon in Sicht, denn im Spätsommer brauche ich noch einen zum Verschenken, aus gleichem Anlass.

StoffhundHund und stolzes Frauchen sagen tschüss!

Sonntag, 11. April 2010

Einsichten


Nur ein kurzer Nachtrag zur gefärbten Häkelnoppenborte vom Dienstag: Nach einer 40-Grad-Wäsche sieht sie jetzt so aus - nicht so weiß wie die Wand, aber fast.

Fazit I: Baumwolle mit Ostereierfarbe färben funktioniert nicht. Wirklich nicht.
Fazit II: Die Borte passt so in hellblaugrau ganz ausgezeichnet zu einem Rock, für den ich die ganze Zeit eine Saumabschluss suchte. Prima, mal wieder schöner gescheitert.
Fazit III: Ich brauche Wolle! Claudia zeigt, wie das Färben richtig geht.

Und ich zeige euch demnächst a) den fertigen Rock und b) eine kleine Anleitung für die Häkelnoppenborte.

Donnerstag, 8. April 2010

Leichtfüßig


Ganz leichtfüßig fühle ich mich immer in dieser Zeit des Jahres, in den ersten Wochen, wenn die schweren Winterstiefel endlich gegen leichteres Schuhwerk getauscht werden können. Wenn der dicke Wintermantel zuhause hängt fällt buchstäblich eine Last ab, und die Arme sind auf einmal auch wieder viel beweglicher. Beschwingt fühle ich mich, und meistens erwacht dann der Wunsch nach neuen leichten Schuhen. Bunt und verspielt müssen sie sein - vor ein paar Jahren suchte ich blassrosa Ballerinas, dieses Jahr hätte ich gerne gelbe Schläppchen, oder blasstürkise Absatzschuhe mit Querriemchen. Leider werden meine Wünsche in den Schuhgeschäften meiner Preisklasse nur selten befriedigt, daher finde ich so gut wie nie den Frühlingsschuh meiner Träume. Komischerweise bin ich dann spätestens ab Mai über meinen Wunsch hinweg - und auch dieses Mal scheint es auf Verzicht hinauszulaufen, denn in den Schaufenstern sehe ich nur schwarze, graue und braune Stiefeletten, ausgerechnet.


Die Spezialaufgabe der Stickamazonen bestand diesmal aus abgestuften Schlingstichen/Langettenstichen mit eingewebtem Garn. Bei mir ohne Perlenfüllung, denn Perlen machen sich auf Tischdecken so schlecht, dafür habe ich die Schuhe meiner Träume in den Goldrahmen gestellt. Und die Rose aus Buillonstichen ausprobiert, nach der Teresa beim vorletzten Stück gefragt hatte. "Pariser Röschen" ist ein sehr passender Name dafür, denn die kleinen halbplastischen Blüten haben etwas sehr liebenswert Altmodisches - ich denke dabei unweigerlich an das Paris auf 50 oder 100 Jahre alten Fotografien, an Menschen in Sommerkleidern, die auf zierlichen Gartenstühlen im Park sitzen und natürlich elegante Sommerschuhe tragen.


Zufällig stieß ich dann beim Träumen von Paris auf eine wunderbare Seite: Auf parisenimages.fr kann man alte Bilder von Paris betrachten - von der Anfangszeit der Fotografie bis in die 1960er Jahre. Die Suchfunktion in der englischsprachigen Version taugt leider nichts, daher benutzt die franzöische Suche ("Recherchez une photo"). Ihr könnt in das linke Kästchen ("Mots clés") z. B. den Namen einer Sehenswürdigkeit, einer Straße oder einer Person eingeben, oder euch mit dem Kästchen rechts ("Année") die Bilder eines bestimmten Jahres anzeigen lassen.

Und so findet man zum Beispiel dieses Bild zweier strickender Damen im Jardin du Luxembourg von ca. 1952. Möglicherweise Vorläuferinnen des Collectif France Trikot?

©Gaston Paris/ Roger-Viollet, Quelle: www.parisenimages.fr

Dienstag, 6. April 2010

Statt Ostereiern

vorher
nachher

3 Meter selbstgehäkelte Noppenborte, Ostereierfarbe (1 Tablette blau, eine halbe grün), 300ml Wasser, 2EL Essigessenz. 20 Minuten leicht köcheln, 5 Stunden ziehen lassen, dabei öfter umrühren. Auswaschen.

Zu Ostern muss man anscheinend irgend etwas färben, denn kaum hatte ich meine Häkelborte ausgespült, entdeckte ich Suschnas Rote-Bete-Farbbad, das als Suppe begann und Dank Essig doch noch färbte, und kurz danach Katrins Rotholz-Färbung, die wegen Essig gerade nicht mehr färbte.

Na wie denn nun? Mit meinem gesunden Halbwissen hatte ich ja bisher angenommen, Essig nähme man als Zusatz bei den Eiweißfasern Wolle und Seide und die würden dann irgendwie die Farbe besser annehmen. Und für Baumwolle und Leinen (Zellulosefasern) dann eher irgendwas anderes. Salz wie bei den Waschmaschinenfarben? Oder Natron, dann hat man eine Lauge? Oder so? Wie man merkt habe ich keinen blassen Schimmer, was da beim Färben eigentlich chemisch (oder überhaupt) abläuft, nur dass es ziemlich komplex ist, das habe ich inzwischen verstanden.

Die Idee, Häkelborte mit Eierfarbe zu traktieren, hatte ich allerdings, weil im Netz zahlreiche Anleitungen zum Wollefärben mit Lebensmittelfarben herumschwirren. Hier gibt es eine kurze Anleitung auf Deutsch, sowohl für Eierfarbe, als auch für Cool Aid, ein quietschbuntes Getränkepulver aus den USA mit interessanten Farbtönen. Ausführlicher wird das ganze zum Beispiel hier und hier besprochen, dort wird auch gezeigt, wie man Wollstränge schick mehrfarbig mustert. Die Farbfixierung scheint bei Wolle auch kein Problem zu sein - 4 Minuten in der Mikrowelle, 45 Minuten auf einem Dämpfeinsatz über kochendem Wasser oder direkt im Farbbad eine Weile köcheln lassen.

Auf Baumwollgarn ergibt die Eierfarbe nur einen zarten Türkiston, der im Prinzip nicht schlecht ist, nur frage ich mich natürlich, ob es mit einen geheimnisvollen Zusatz aus der Hexenküche des Färbehandwerks nicht noch besser, das heißt leuchtender ginge. Um das herauszufinden, muss ich morgen noch dringend etwas (jetzt sicher sehr verbilligte) Eierfarbe aufkaufen und mich in der Stadtbücherei nach Fachliteratur umschauen. Dann sehen wir weiter.


Der Hase Nummer zwei, für den ich von Euch so viele Tipps bekommen hatte (Danke), lebt und gedeiht mit einem neuen Gesicht, und durfte am Wochenende hier Osterhase spielen. Sein Kumpel, der Hundehase alias Hase Nummer eins, schaut im Hintergrund zu. Verschenkt wird aber keiner der beiden, denn mir ist ein Stoffhund gelungen, den ich zur Abwechslung mal wirklich niedlich finde, und kuscheliger ist der auch. Bilder davon gibts demnächst.