Sonntag, 29. April 2012

Stoffmanipulation, Tasche drei: Übergang in die dritte Dimension


"Was hast du denn da für Geschwüre genäht!?" war der Kommentar des Liebsten angesichts meiner neuesten Stoffmanipulation. Dabei wollte ich in der dritten Runde unserer diesjährigen Manipulationsunternehmung einfach nur die dritte Dimension einbeziehen, also Stoff zu plastischen Gebilden falten und auftürmen.

Die schwarzen "Geschwüre" sind im Prinzip Yoyos, also mit einem Faden am Rand eingereihte Stoffkreise aus schwarzem Wollkrepp, umgekehrt aufgenäht, so dass das Eingereihte nicht zu sehen ist. Mit Knötchenstichen aus rotem Stickgarn wurden sie zu diesen zerklüfteten Gebilden geformt, die ich eigentlich nicht schlecht finde - auf eine seltsame Art dekorativ. Stellt euch diese "Knödel" zum Beispiel rund um den Ausschnitt eines schwarzen Pullovers vor - das wär doch was, oder?


Versuch Nummer zwei ist von Alison Reids  Stitch magic, S. 36 - einer Halskette aus Filz- und Stoffkreisen und ähnlichen, aufgenähten Gebilden auf Seite 104/104 - inspiriert. Es sind mit der Zackenschere geschnittene Kreise aus einem gefilzten Pullover, einem weißen T-shirt und rotem Flanell, die durch zwei Stiche mit dickem schwarzen Baumwollgarn fixiert sind. 


Zuerst sah das übrigens so aus: Statt Baumwollgarn verwendete ich glänzendes Stickgarn aus Viskose, das ich noch im Fundus hatte - "Marlitt" von Anchor/Coats.*) Ein gräßliches Garn! Zwar lässt es sich nett in vier Einzelfäden aufdröseln, aber dann kann man dabei zusehen, wie sich im Zeitlupentempo der gerade geknüpfte Knoten von selbst auflöst - und es gibt, von Klebstoff mal abgesehen, kein Mittel dagegen.



Ohne "Marlitt" sehen die Gebilde aber ein bißchen nackt aus - ich sollte wohl  noch ein bißchen weiterarbeiten und den gesamten Einsatzstreifen des Beutels damit bedecken, nur ein paar "sehen nach nichts aus", wie man bei uns zuhause früher immer sagte.

Und nun bin ich gespannt, was bei den anderen entstanden ist - die Links findet ihr hier bei Suschna. Und klickt auch noch mal zu Monika/Wollixundstoffix und schaut euch die Tasche an, die sie mit aufgenähten Stoffkreisen nach Stitch Magic verziert hat.


*) Das Marlitt-Garn habe ich seit etwa zehn Jahren im Fundus, und es wundert mich, dass es immer noch hergestellt wird - verwendet das jemand von euch? Was macht man "eigentlich" damit? Und warum heißt das Garn wie Eugenie John alias Marlitt, die erste Bestsellerautorin der Welt?

Mittwoch, 25. April 2012

Das 90°-Dingsbums-Einsteckding


Immer wieder bewundere ich, was Karen mit Papier, Farbe, Schere und Kleber alles anstellt. Früher hatte ich selbst oft auch mit Papier gebastelt - aber seit einigen Jahren liegt bei mir eben alles voller Stoff und Papier spielt keine große Rolle mehr. Vor einiger Zeit zeigte Karen aber Dingsbums-Einsteckdinger in ihrem Blog, die mir sehr gefielen - gefaltet aus alten Büchern.

Ich habe auch eine Weile gebraucht, um mich selbst davon zu überzeugen, dass man Bücher verbasteln "darf". Bei einigen Büchern ist dazu nicht so wahnsinnig viel Selbstsuggestion nötig - ich meine, so eine Schwarte wie "Die besten Tipps für Windows 2000" würde ich sogar am hellichten Tag in die Altpapiertonne werfen. Für ein Dingsbums-Einsteckding nimmt man aber am besten ein ansehnliches gebundenes Buch, und da liegt die Hemmschwelle schon wesentlich höher.



Man braucht also ein optisch ansprechendes Buch mit möglichst nichtssagendem oder fragwürdigen Inhalt, und genau sowas förderte der Büroumzug zutage. Aus dem "kann weg"-Stapel suchte ich mir das Buch mit dem schönsten Einband aus - einen von der Volkswagen-Stiftung finanzierten, auf bestem Papier gesetzen Band mit zwei Essays über das Lesen. Ich war trotzdem nicht in der Lage, das Buch ungesehen wegzufalten und nicht wenigstens schnell querzulesen, was ziemlich schnell ging, da die Texte jeweils auf Deutsch und Englisch abgedruckt und locker gesetzt sind - mit Karen würde ich sagen: eine Broschüre im Nerz. Als ich so festgestellt hatte, dass dieser Band nun wirklich kein wertvolles Wissen birgt, sondern ziemlich viele Allgemeinplätze, konnte ich beruhigt falten.     



Die 142 Seiten ergaben allerdings kein 180°-Einsteckdings, obwohl das Papier schön dick ist - aber das finde ich nicht weiter tragisch, denn auch mit 90° sieht das Einsteckdings schön aus. Für künftige Faltaktionen suche ich mir ein uninteressantes Buch mit mindestens 300 Seiten - vielleicht so ein schönes Politiker-Bekenntnisbuch?

Montag, 23. April 2012

(Selbst)gemacht KW 16: Frühühhüling!




Ich bin ohne besonderen Grund etwas neben der Spur – kalendarisch herausgefordert, könnte man sagen. Dachte ich doch, am Sonntag wäre wieder Zeigetermin für Stoffmanipulationen. Aber nein, erst in einer Woche, das hatte Suschna in ihrem Erinnerungspost ja auch eingetragen. Also den vorbereiteten Beitrag doch nicht freischalten. Auch in punkto Selbermachen ist nicht viel passiert – anscheinend war ich zu beschäftigt, den Frühling in mich einzsaugen.

Besonders gut geht das zum Beispiel bei einem Besuch der Britzer Mühle und des Britzer Gartens, eines riesigen Landschaftsparks im Süden Neuköllns. Gerade blühen die Tulpen, eine willkommene Gelegenheit, Blumenbilder zu knipsen und zu posten – Nicht-Gartenbesitzer kommen ja nicht oft dazu. Zugegeben, Blumenbilder entsprechen nicht gerade den Kernaufgaben eines Nähblogs, aber sagt doch mal selbst: sind die Tulpen nicht herrlich?

Mittwoch, 18. April 2012

Selbstgemacht KW 15






 Eine schöne aber kalte Nach-Osterwoche mit vielen Unternehmungen, fangen wir mal von hinten an:

1. Über den Nowkoelln-Flowmarkt geschlendert. Ja, das Wortspiel ist schrecklich, der Markt aber einer der netteren in Berlin: viele Privatverkäufer, moderate Preisvorstellungen, ein paar Buden mit Essen und Trinken am Kanal, einige Stände mit Selbstgemachtem und Musikuntermalung. Immer am dritten Sonntag im Monat am Maybachufer auf Höhe Nansenstraße.

2. Beim BMQG-Treffen die freie Schneidetechnik ausprobiert: Genial, sag ich euch. Ohne Nachdenken und Planen wahnsinnig kompliziert aussehendes Patchwork produzieren. Da Juli Kirschenkind gerade dazu animiert  hatte, doch auch mal Misslungenes im Blog zu zeigen, hier (3.) wie es weiterging: ich wollte das Gepatchte in stoffmanipulativer Absicht hübsch unregelmäßig und totaaal interessant quilten. Sieht leider nur total blöd aus und ist schon wieder aufgetrennt. 

4. + 5. Bei schlechtem Wetter in Brandenburg gewesen (Rolandsfigur in der Altstadt, Plauer Torturm). Zufällig stolperte ich ins Dommuseum und dort über eine unglaubliche Stickerei aus dem späten 13. Jahrhundert: Das sogenannte Brandenburger Hungertuch ist ein großes Leinentuch, das mit Seidengarn  bestickt wurde. Leider gibt es im Netz keinerlei Informationen über diesen Schatz (ich hatte vorher noch nie davon gehört), hier in diesem Blog wird ein Detailfoto (vergrößert sich durch Anklicken) aus der einzigen Publikation über dieses Tuch gezeigt, das wenigstens einen kleinen Eindruck vermitteln kann.

Das Tuch ist im Halbdunkel hinter einer dicken Glasscheibe aufgespannt, mit Handlampen  kann man die gestickten Szenen ganz aus der Nähe betrachten. Auf den ersten Blick dachte ich, es handele sich um ein Tuch mit eingewebtem Muster, da die Stickerei vorwiegend weiß auf weiß ist und überlegte, wie sowas vor der Erfindung des lochkartengesteuerten Jacquardwebstuhls eigentlich hergestellt werden konnte. Dann dämmerte es mir: Das ist ja gestickt! Mit Seidenfäden, die viel feiner sind, als unser normales Maschinennähgarn. Die Gewänder und Rüstungen der Figuren zeigen ineinandergreifende Flächenmuster im Plattstich. Heiligenscheine, Flügel und Kronen sind durchbrochen gearbeitet. Beeindruckend, und wie ich schon sagte: unglaublich, wenn man die technischen Voraussetzungen des 13. Jahrhunderts in Betracht zieht. Die heutige Handarbeit hat an Kunstfertigkeit viel eingebüßt, da sehe ich Suschnas Beobachtung im Victoria and Albert-Museum bestätigt - und das, obwohl wir heute taghelles Kunstlicht haben, Handarbeitslupen und ganz andere technische Möglichkeiten der industriellen Textilverarbeitung. 

Samstag, 14. April 2012

Paco packt alles


Taschen nähen ist ja nun mal gar nichts für mich. Ich hasse es einfach, 23 Lagen festen Stoff unter das Nähfüßchen quetschen zu müssen. Diese Einlageaufbügelei, ein Ärgernis! Widerspenstige Gurtbänder, Endlosreißverschlüsse, Druckknöpfe und Schnallen: bleibt mir bloß weg. Jetzt ging es aber nicht mehr anders. Der schwarze Nylonrucksack, den ich noch zu DM-Zeiten kaufte und mit dem ich Laptop und Bücher von A nach B transportiere, war sowieso noch nie schön und geht jetzt langsam kaputt.

Sollte ich mir etwa wieder so ein blödes, häßliches Ding kaufen, oder gibt es auch praktische und schöne große Taschen? Ja! Ich erinnerte mich an die Tasche Paco aus dem letzten Heft der Cut (Ausgabe 6, 1/2012), eine große Umhänge-Beuteltasche.


Die Tasche ist im Prinzip wie eine große Papiertüte mit quadratischem Boden geschnitten. In der Naht zwischen Boden und Taschenkörper wird ein teilbarer Reißverschluss mitgefasst, sein Gegenstück ist auf halber Höhe am Taschenkörper festgenäht. Diesen Reißverschluss kann man nach Belieben zusammenzippen – der Taschenboden klappt sich nach oben und die Tasche wird kürzer, aber dafür unten breiter. Oder ent-zippen, dann hat man einen längeren Beutel mit quadratischem Grundriss.


Toll, ich liebe ja solche wandelbaren Sachen! Paco packt wirklich fast alles ein – gestern zum Beispiel konnte ich im zusammengezippten Zustand meinen Laptop, zwei schmale Ordner und diversen Kleinkrams mitschleppen. Da es im Bus recht voll war, war der Reißverschluss-zu-Modus auch angebracht, denn mit den Zähnchen des geöffneten Reißverschlusses bleibt man sicher recht gerne an anderen Leuten hängen (oder an den eigenen, empfindlicheren Kleidungsstücken...).

Sogar das Nähen war ganz erträglich, da Paco so ein einfach geschnittenes Modell ist. Zufälligerweise hatte ich auf dem Markt so eine Art Zeltplane als Meterware gefunden: Der Stoff erinnert auf den ersten Blick an Jeans, ist aber aus Kunststoff und hat auf der Innenseite eine gummiartige Beschichtung, dick und stabil. Die Nähmaschine geriet damit kurz vor ihre Grenzen, und die ganz dicken Stellen, wenn an den Trägerschlaufen sechs Lagen aufeinander liegen, nähte ich lieber nur mit dem Handrad. (Da waren sie wieder, die 23 Lagen fester Stoff, widerspenstige Gurtbänder und das ganze Elend!)


Die Reißverschluss-Innentasche ist im Schnitt nicht vorgesehen, erschien mir aber unverzichtbar.

Überhaupt, der Schnitt: So ganz ausgereift ist das nicht, was Cut als Anleitung präsentiert. Über die Materialangabe „2,50m Baumwollköper“ als Oberstoff hatte ich mich schon beim ersten Lesen gewundert,  im Cut-Blog wurde die Menge inzwischen korrigiert: man braucht tatsächlich nur einen Meter.

- Die drei Metallschnallen für den Träger müssen für eine Breite von 5cm geeignet sein. Ich nahm schwarze Nylonschnallen, die gibt es sehr günstig bei Modulor (im Kaufhaus bekommt man meistens nur welche für schmalere Träger, wenn überhaupt).

- Der Schnittauflageplan auf S. 79 (erstes Bild) ist irreführend, denn das Schnitteil für die Trägerschlaufen braucht man vier Mal, das Schnitteil für den Träger zweimal, und nicht zweimal bzw. einmal wie abgebildet. Dafür muss man den Taschenboden natürlich nur einfach zuschneiden!

Von diesen Ungenauigkeiten mal abgesehen ist Paco aber wirklich ein schöner und effektvoller Schnitt. Ich könnte mir sogar vorstellen, mir noch ein Exemplar zu nähen, wenn ich einen passenden Stoff finde, zum Besipiel eine kräftige Gabardine in einer schönen Farbe. Und das will was heißen, denn nach Taschennähprojekten schwöre ich mir normalerweise, nie wieder sowas Anstrengendes zu nähen.

Dienstag, 10. April 2012

Der Bastel-Planet in Schöneberg


Das Kreativkaufhaus Modulor am Kreuzberger Moritzplatz über das ich hier schon mal geschrieben hatte, bezeichnet sich selbst in schönster Selbstüberschätzung ja gerne als „Planeten“. Den Gegenentwurf, einen Bastelplaneten ganz anderer Art, eigentlich schon fast ein Sonnensystem, gibt es schon ewig in der Schöneberger Goltzstraße. In mehreren nebeneinander liegenden Läden eines Häuserblocks verkauft das Familienunternehmen Wilhelm Rüther, unter Berlinern als "Bastel-Rüther" bekannt, alles, was nur im weitesten Sinne mit Papier, Basteleien und Hobby zu tun hat: vom Schulheft bis zum kompletten Keramikofen, vom Malen-nach-Zahlen-Set bis zur Tischkreissäge. Wie das oft so ist, hatte ich zwei Trabanten, Rüthers Perlen-Spezialladen und dem Künstlerbedarfsladen auf der Suche nach etwas Bestimmten schon früher Besuche abgestattet, in das Hauptgeschäft ging ich mehr zufällig erst am Ostersamstag.


Damit war mir das beste bisher entgangen. Was sich am Moritzplatz in weitläufigen Gängen ausbreitet, wird hier in die Höhe gebaut. Die labyrinthischen Regalreihen sind bis unter die Decke mit Waren vollgestopft. Die Verkäuferinnen und Verkäufer nicht im mindesten jung und hip, aber authentisch herzlich und vor allem kenntnisreich. Die Preise im Vergleich mit dem Großkreativkaufhaus äußerst konkurrenzfähig, ich würde sagen: meistens günstiger, und Auswahl und die Breite des Angebots hängen manches Spezialgeschäft ab.

Auch für Textilinteressierte wird einiges geboten – weit mehr, als im Onlineshop bestellt werden kann. Neben Materialien für die Seidenmalerei, einem mittlerweile fast vergessenen Hobby, gibt es einen Grundstock an Kurzwaren (Näh- und Knopflochgarn von Madeira, Druckknöpfe von Prym, Reißverschlüsse in den gängigsten Farben und Längen, Handstickgarn von Madeira).

Besonders viel Auswahl hat Rüther aber im Bereich der Textilfarben: Stoffarben als Pulver, in flüssiger Form und als Stift von Deka und Marabu, darunter die Deka permanent Stoff- und Druckfarbe, die sich besonders gut für Stoffdruck eignet. Es gibt spezielle Textilfarben für Kunstfasern, Lederfarbe und sogar Naturfarben zum Färben in der Waschmaschine von der Firma Livos.

Warum ich keines dieser kleinen Naturfarbsets zum Ausprobieren kaufte, weiß ich nicht mehr - es muss die Reizüberflutung gewesen sein, denn im Laden wird ungelogen jeder Quadratzentimeter Wandfläche genutzt. Und wo gerade keine Krepppapierrollen, Laubsägeblätter, Ausstechformen oder Drahtrollen hängen, kleben sorgfältig handgemalte Zettel mit Wünschen und Hinweisen, etwa dass man die Bastelbücher so sorgsam wie eigene Bücher behandeln möge oder dass sich der Preis von Karten und Umschlägen seit fünf Jahren nicht verändert habe.     


Gegen Ende meines Rundgangs hatte ich meine fünf Sinne aber so weit wieder beisammen, dass ich die Taschenhenkel in einem Stichgang rechts vom Kerzenzubehör wahrnehmen konnte. Hier, wie bei vielen anderen Artikeln, verkauft Rüther Materialien unter eigenem Namen. Die Taschenbügel sind unschlagbar günstig (kleiner halbrunder Portemonnaiebügel 1,65; großer Taschenbügel 2,45), zu diesem Preis nehme sogar ich sie erstmal mit und warte auf eine Idee, wie ich sie verarbeite.

Von der Riesenauswahl im Perlenladen und im Künstlerbedarfsladen (Farben, Leinwände, Papier) ein paar Türen weiter haben wir jetzt noch nicht einmal gesprochen - und im Keramik-und Email-Spezialgeschäft im Haus dazwischen war ich bis heute nicht, denn das ist ja nun noch einmal ein ganz anderer Planet.

Hobby Shop Wilhelm Rüther
Goltzstr. 37 und angrenzende Geschäfte
10781 Berlin

Geöffnet Mo-Fr 10-19.00 Uhr, Sa 10-16.00
U-Bahn Eisenacher Str. (U7)

Filialen gibt es in Tegel, Spandau und Prenzlauer Berg, siehe Webseite. Im Geschäft in der Kollwitzstraße war ich sogar schon einmal, er hatte mich aber nicht sonderlich beeindruckt - für das echte Rüther-Gefühl muss man nach Schöneberg.

Montag, 9. April 2012

Wochenrückblick Kw 14


1. Ein schönes langes Wochenende mit Sonne und Schnee und einigen Ausflügen zu blogrelevanten Zielen (ihr werdet schon sehen). Das hier ist keins davon - aber ist die Werbelandschaft an der Wilhelmstraße nicht herrlich absurd?

2. Den Teil der Feiertage, der nicht draußen verbracht wurde, verlebte ich zuhause im neuen Bohème-Sessel. Er eignet sich zum Beispiel ideal zum Bloggen, weil die Armlehnen genau die richtige Höhe haben.

3. Und in der Küche. Besonders hervorzuheben sind die allerersten selbstgemachten Maultaschen nach Landlust September/Oktober 2010. Ein Rezept für vier Personen, was zutreffend ist, wenn die Personen Holzfäller sind, die zuvor einen ganzen Wald umgelegt und auf den Nachmittagssnack verzichtet haben. Ansonsten reicht es für acht. Aber macht nichts, Essensberge sind gut, wenn man sie einfrieren kann.

4. Der Hefezopf nach diesem Rezept (plus eine Prise Safran) ist ganz fieser Stoff, er macht nämlich süchtig. Allein heute hab' ich ca. 20 Scheiben mit Butter und Marmelade gegessen.

5. Komm' an mein Herz! (Schablonengraffiti Wrangelstraße, Kreuzberg)

Freitag, 6. April 2012

Die Strickjacke, ein scheues Reh (Burdastyle 107 aus 12/2010)


Ist euch auch schon mal aufgefallen, dass es in den Burdastyle-Heften grundsätzlich zwei Kategorien von Schnitten gibt? Eine Sorte Schnitte, die im Heft in einer Handvoll Variationen auftaucht (ihr wisst schon: ein Blusenschnitt, einmal mit, einmal ohne Ärmel, einmal mit, einmal ohne Kragen und einmal verlängert zum Kleid = fünf totaaal verschiedene Modelle), und die Solitäre, die genau ein Mal auftreten. Die scheuen Rehe. Denn im Gegensatz zu den variierten Schnitten, die folgerichtig auf mehreren Fotos abgebildet sind, bekommt man die Reh-Schnitte meist nur auf einem einzigen Bild schemenhaft zu sehen.

Die Strickjacke 107 aus Burda 12/2010 ist so ein Fall, wobei das Modellfoto auch noch besonders wenig hergibt: Das Model trägt die Jacke offen, nach hinten geschoben, die Arme nach vorn gezogen und an den Körper gepresst. Die Schnittzeichnung verspricht so etwas wie eine extra lange Strickjacke mit Bündchen - im ungünstigen Fall allerdings mit Tendenz zum Sack.


Das Reh entpuppte sich als großräumiges, wie vom großen Bruder geklautes Strickjackenmodell, wie es zur Zeit dünne Berlinmittemädchen mit Leggings darunter tragen. Die überschnittenen Schultern, die überlangen Ärmel: natürlich alles Absicht. Dank dem dünnen, fließenden Strickstoff fällt die Jacke aber körpernah, so dass ich das Teil zur Zeit sehr gerne anziehe. Und die Ärmel sind ganz schmal geschnitten - das ist ein kleidsames Detail, das die heutigen wieder aufgekochten Achtzigerjahreschnitte von den echten Achtzigern, wie wir Älteren sie noch selbst erlebt haben, unterscheidet. Wäre dieser Schnitt, sagen wir, Baujahr 1986 und nicht 2010, dann würden die Schultern von einem frühstückstellergroßen Schulterpolster aufgespannt, und aus dem Stoff der Ärmel könnte man glatt einen schmalen Rock nähen. 


Glück gehabt, dass es nicht mehr so ist. Im Übergang vom Kragen zur Schulter ist übrigens ein Vorderteilabnäher versteckt - den hätte man 1986 auch nicht gehabt. Ja, das Nähenlernen damals war schon angenehm einfach, denn mit Abnähern musste man sich im allgemeinen nicht befassen. 

Vordere Blende und Bündchen von vorne...

...und die Rückseite

Ein etwas kniffeliges Detail ist die Verarbeitung von Bündchen und Vorderkante. Leider habe ich davon keine Schritt-für-Schritt-Bilder, im Prinzip wird die untere Ecke mit dem Vorderteilbeleg verstürzt. Die Schmalseite des Belegs kommt rechts auf rechts an die untere Kante des Vorderteils, bügeln, dann wird  die schmale Kante des Bündchens rechts auf rechts an Vorderteil und Beleg genäht, an der Ecke am Vorderteil wird eingeschnitten, dann erst wird das Bündchen längs gefaltet und gedehnt an die Unterkante von Vorder-und Rückenteilen genäht.

Schneidet das Bündchen vorsichtshalber erstmal etwas länger zu als angegeben: Mit nicht sehr elastischen Strickstoff wie hier war es nicht so einfach, das Bündchen beim Nähen ausreichend zu dehnen. Möglicherweise ließe sich dieses Detail überhaupt besser verarbeiten, wenn man die Jackenunterkante einfach mit einem Hilfsfaden einkräuselt und die gekräuselte Kante an das Bündchen näht.

Burda sagt einem dann nicht, was mit dem nicht-verstürzten Teil des Vorderteilbelegs geschehen soll, außer dass darauf die Druckknöpfe angenäht werden. Ich habe die offene Kante eingeschlagen und mit der Hand festgenäht - da ich Jacken mindestens genauso oft offen wie geschlossen trage, stört es mich immens, wenn man versäuberte Nahtzugaben sehen kann. Bei diesem wie gesagt nicht sehr elastischen Material funktionierte das gut, es macht gar nichts, dass die Handnaht nicht sehr dehnfähig ist.

Ich bin also rundherum zufrieden mit dem scheuen Reh, das ich mir da gefangen habe - Glück gehabt, es hätte sich auch um einen dicken, alten Bären handeln können.  



Schnitt: 107 aus Burdastyle 12/2010, nur mit 4 Druckknöpfen statt vorgesehenen 9 – es ist nicht praktikabel, weil gehbehindernd, die Jacke bis unten zu schließen, und so dekorativ finde ich die Druckknöpfe nicht, dass ich unbedingt mehr davon brauche..

Material: 2m dunkelgrüner Viskose-und-anderes-Strickstoff vom Markt

Montag, 2. April 2012

Selbstgemacht - Wochenrückblick Kw 13




1. Selbstgenäht: Vorhänge fürs neue Büro gekürzt und aufgehängt, einen Rock als Geschenk für die Schwiegeroma fast fertig genäht, Patchwork und Stoffmanipulation - I'm back!


2. Das erste Mal in diesem Jahr bei Erika und Hilde, Weigandufer/Elbestraße. Wir fanden dieses Lokal vor mehr als zwei Jahren, als eine fränkische Brotzeit und ein fränkisches Bier bitter nötig waren, um dem akuten Gefühl der Verlorenheit in der großen Stadt entgegen zu wirken. Die Verlorenheit hat inzwischen nachgelassen, wir gehen weiter regelmäßig hin, denn Bier, Brotzeit, Kaffee und Kuchen sind immer noch gut. Und es kämpfen noch immer dieselben Zimmerpflänzchen ums Überleben wie vor zweieinhalb Jahren. Auch das ist Kontinuität, und Kontinuität ist wichtig.

3. Alles fühlt (Weigandufer), und was fühlt es? Den Frühling!