Montag, 18. Juni 2012

Wochenrückblick KW 24








1. Ein Kommentar zum alten oder zum neuen Neukölln? Das Kulturfestival 48 Stunden Neukölln von Freitag bis Sonntag Abend entstand vor 14 Jahren, um dem öffentlichen Bild vom Problembezirk ein anderes entgegen zu setzen. Das Festival hat auch dieses Jahr der Versuchung zum immer mehr - immer größer - immer lauter widerstanden. An 340 Orten - Läden, Ateliers, Veranstaltungsräume, Parks, Privatwohnungen - gab es Lesungen, Aufführungen, Ausstellungen, Konzerte Ich finde jedes Mal überraschend, was in der eigenen Nachbarschaft im zweiten Hinterhof alles verborgen ist.

2. Die Gartenkolonie Hand in Hand zum Beispiel, die demnächst dem Ausbau der Rütli-Schule weichen soll.  Am Samstag gabs da ein tolles kleines Konzert der Dreiercombo Trajdiridirom, die entweder ganz anders geschrieben wird, oder wirklich nicht die kleinste Internetpräsenz hat.

3. & 4. Jacquardtextilien von Vivian Christlein in der Föllerei - Stoff mit integrierter Blumenvase.

5. Und abends wirkt der Neuköllner Schifffahrtskanal wie der Amazonas. 

6. Beim Konzert von Phia im Locht 43 mussten wir relativ schnell wieder gehen, weil Freund W. so einen inneren Widerstand gegenüber gefühlig singenden Anfangszwanzigerinnen verspürte - schade!

7. "Hat abstrakte Kunst heute noch eine Berechtigung?", wurde im Kunstraum Ossastraße 38 diskutiert. Die meiste Zeit dachte ich, wir seien in ein Happening geraten und die Zuschauerreaktion Teil des Kunstwerks, denn die Thesen des belgischen Kritikers Ludovik Vermeersch kennt man ohne die intellektuelle Verbrämung von den Stammtischen dieser Welt - "das kann ja mein Dreijähriger auch malen!" Dass unter dem Namen Ludovik Vermeersch, von dem verwaisten Blog abgesehen, keine Publikationen aufzufinden sind, zerstreut mein Misstrauen nicht gerade. Wer war dieser Mann? Sollte ein angeblicher Kulturkritiker und freier Journalist nicht irgendwo gedruckt oder zitiert werden? Vielleicht gibt ein Filmessay Auskunft, der zur Zeit über die Veranstaltungen im Kunstraum gedreht wird. Interessant fand ich aber aber die Erwiderungen der ausstellenden Künstler, die ihre Arbeitsweisen erklärten - im Bild Jens Presser, das Bild im Hintergrund stammt von Anna Ernst.    

8. Lesenswert gefunden: Dieses Interview mit dem Urheberrechtsexperten Till Kreutzer auf sueddeutsche.de, der die Debatte auf eine Meta-Ebene hebt: "Will man erreichen, dass das Recht befolgt wird, muss es verständlich und angemessen sein. Sonst wird es nicht akzeptiert."

6 Kommentare:

  1. Zu 8. Ein sehr beliebtes Diskussionethema zur Zeit zwischen meinem Mann und mir, Herr Kreutzer teilt unsere Ansicht, vielleicht auch eine Generationsfrage. Andererseits hätte sich ein J.S.Bach oder ein W.A. Mozart sehr gewundert was für Auswüchse entstanden sind.
    Viele Grüße
    Julia

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  2. Ach ja, und mein Mann M. verspürt auch stets einen inneren Widerstand gegen gefühlig singende Anfangszwanzigerinnen...

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  3. Hallo Lucy, ich möchte nur kurz mal Meldung geben, wie sehr ich Deine Wochenrückblicke nebst Einblicken in unsere Haupstadt- (und Kiez-) Kultur genieße! Normalerweise lese ich schweigend mit, aber auch das musste mal gesagt werden. Immer interessant, immer weiter so!

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  4. Zu 7.
    Vermeersche hört sich ja tatsächlich ein bisschen wie verarsche an. Aber in letzter zeit fallen mir immr mehr statements von (nicht als reaktionär bekannten) intellektuellen auf, die für gegenständliche kunst plädieren. Siehe z.b. zeitmagazin vom 15.3.12 zum zeichner ulrich moritz. Mir gefällt das ja :-)

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    1. Also, es gibt etwas mehr Klarheit: Die Nachfrage bei der Galerie ergab, dass der Text von Vermeersch, auf dem in der Veranstaltungsankündigung verwiesen wurde, nicht publiziert wurde, und dass es sich bei ihm richtiger um einen "Hobby-Kritiker" handelt, aber dann hätten die Leute nicht so ernsthaft diskutiert, hätte man das gleich gesagt. Also hat unser Riecher nicht getrogen - das war aber auch zu apodiktisch und zu platt (und, wenn ich jetzt auch noch sehe, dass er in seinem Blog Céline zitiert), durchaus auch reaktionär. Nichts gegen figurative Kunst! Aber behaupten, nur sie würde den "Fortschritt" in der Kunst voranbringen und Kunst sei dazu da, den Menschen etwas zu "vermitteln", sowas würde das zeitmagazin dann doch nicht drucken.

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