Freitag, 31. August 2012

Alles schon mal dagewesen




Schaut doch mal, was ich gefunden habe! Oben: Burdastyle 9/2012 (das aktuelle Heft), Modell 116, unten: "Brigittes schneller Schnitt" aus Heft 21 von 1972.

Das belegt die These, dass modisch gesehen doch alles irgendwann wiederkehrt, und dass man manche Sachen einfach nur lange genug - hier: 40 Jahre - aufheben muss, damit sie wieder modern sind. Die beiden Röcke sind - das erkennt man auf den Bildern nicht so gut - exakt gleich lang, nämlich 50cm. Der Brigitte-Rock ist möglicherweise einen Tick glockiger, aber das werde ich herausfinden, indem ich beide Schnitte herauskopiere.

 „Brigittes schneller Schnitt“ war übrigens eine Nähbeilage in der Brigitte in den frühen 70er Jahren. Von Carola hatte ich diese und noch einige andere ältere Schnittmuster bekommen, vielen Dank noch einmal. Man konnte sich damals mit Brigitte eine komplette Grundgarderobe nähen. Jede Beilage enthielt zwei zusammenpassende Modelle in drei Größen, 38, 40 und 42. Der Schnitt für das Oberteil ist hier auch dabei und wird in zwei Varianten, als Jacke und als elegante Bluse gezeigt. Das Schnittmuster und eine sehr knappe Nähanleitung sind auf der Rückseite des Bogens.

Den Brigitte-Rock hatte ich mir schon vor ein paar Wochen auf den „bald nähen“-Stapel gelegt, zusammen mit einem großen Rest dünnem Jeansstoff. Jetzt, da ein identischer Rock in der neuesten Burda erschienen ist, fühle ich mich in meiner Wahl natürlich ab-so-lut bestätigt. Juhu, ich hatte Recht!

Nur wie ein in den Rock gesteckter Pullover länger als 5 Minuten so ordentlich bleiben kann, wie bei der Dame auf dem Burda-Foto ist mir ein Rätsel, und warum der Pulloverabschluss sich darunter nicht als Wulst abzeichnet auch. Ihr T-Shirt-Reinsteckerinnen da draußen, wie macht ihr das? Ständig zupfen und ordnen? Oder einfach nie hinsetzen?

Mittwoch, 29. August 2012

MMM* - Strumpfhose oder nicht...

...das ist zur Zeit die Frage aller Fragen. Herbst liegt in der Luft, und morgens weiß man nicht, ob nackte Beine so eine gute Idee sind. Ich schätze: nein, aber der Rock muss auch noch nicht aus Wolle sein.

Ich trage einen Acht-Bahnen Rock, den "Skyline Skirt" aus dem Buch twinkle sews, den Rock (der zum Teil aus einem alten Hemd genäht ist), hatte ich hier besprochen, das Buch hier vorgestellt. Auch wenn das Zusammenkleben der Schnitte umständlich, die Anleitungen nicht doll und die Schnittmuster zum Teil fehlerhaft sind - ich mag bisher alle Teile sehr, die ich nach twinkle-Schnitten genäht habe.

Das Oberteil ist ein ganz einfaches Teil aus Jersey mit angeschnittenen Ärmeln, Nummer 108 aus Burdastyle 9/2011 (hier zu sehen im russischen Burda-Archiv). Man braucht knapp 2 Meter Stoff und hat viel Verschnitt, wenn man Vorder- und Rückenteil am Stoffbruch zuschneidet, daher schnitt ich den unteren Teil der Ärmel separat zu und fügte sie mit einer dort nicht vorgesehenen Naht zusammen. Absichtlich so, dass die Streifen nicht übereinstimmen, anpassen wäre nämlich so gut wie unmöglich gewesen. Inzwischen habe ich aber noch einen besseren Stoffspar-Trick bei solchen Teilen mit angeschnittenen Ärmeln gelesen: Nur das Vorderteil im Bruch zuschneiden und ins Rückenteil eine senkrechte Mittelnaht einbauen. Nächstes Mal dann.       



Die Kette ist nicht von mir selbstgemacht - sie stammt aus Brno,  gekauft vor vielen, vielen Jahren.

Rockschnitt: "Skyline Skirt" aus twinkle sews von Wenlan Chia
Material: altes Hemd und Baumwoll-Viskose-Satin

Shirtschnitt: 108 aus Burda 9/2011
Material: Jersey vom Markt

*) Beim MMM, dem Me-made Mittwoch geht es darum, selbst gemachte Kleidung zu tragen und dies zu dokumentieren. Alle Beiträge von heute finden sich hier, im neuen Me-made-Mittwoch-Blog.

Dienstag, 28. August 2012

Wochenrückblick KW 34






1. Nicht so gut: Ich habe gemessen, jawohl, und wie! Die lange versprochene, ewig herausgeschobene Laptoptasche für die Büronachbarin wurde nach Mitternacht doch noch fertig, der Samt nahm das Trennen nicht übel, und wenn sie nun auch noch passt, fällt mir ein Stein vom Herzen und ich schreibe hundert Mal "ich werde nie mehr für andere nähen."

2. Gar nicht gut: Tschüss, kleiner Freund. Mein Laptop hat den Geist aufgegeben, im Alter von neun Jahren, davon fast fünf Jahre in meinem Besitz. Dank täglicher Datensicherung kein "OMG! Es ist alles WEG!!!"-Drama, ich kann quasi nahtlos weiterarbeiten, sobald ich ein neues Gerät habe. Nur ein paar Fotos für noch nicht gepostete Blogbeiträge sind verloren. Trotzdem menno, ich mochte meinen kleinen Rechner.

Netterweise ging er erst dann kaputt, als ein größeres Projekt gerade abgeschlossen war - Ende der Woche hatte ich die allerletzten Korrekturen gemacht. Das Projekt hat übrigens mit diesem Blog und unserem gemeinsamen Hobby zu tun und ist für mich ganz schön aufregend. In etwa drei Wochen erzähle ich euch mehr darüber, denn ich möchte selbst erstmal sehen, wie es aussieht.

3. Phantastisch: Der Me-made Mittwoch ist wieder da! Wie ihr vermutlich schon gesehen habt, hat er mit dem Blog http://memademittwoch.blogspot.com eine eigene Heimat. Bis morgen dann da drüben!

4. Auch nicht schlecht: Eine Dinosaurierchimäre! (Paste up in der Herrmannstraße, Neukölln).

Sonntag, 26. August 2012

Stoffmanipulation: Zickzack plastisch - aber Schwarz macht eben doch schlank


Wo ist eine Idee, wenn man mal eine braucht? Zur Stoffmanipulation in diesem Monat brauchte ich letzte Woche ganz dringend eine. Glücklicherweise sitze ich tagtäglich an einem Fenster im ersten Stock mit dem Blick auf eine sehr belebte Straße. Wenn man da den Blick schweifen lässt, fällt einem eigentlich immer irgendetwas auf oder ein. Letzte Woche dachte ich über die Stoffmanipulation nach, schaute nach unten - und sah eine weiße Tasche mit schwarzem Zickzackmuster am Arm einer Frau vorübergehen.

Aus dem regelmäßigen, kleinformatigen Zickzack aus der Fabrik wurde bei mir ein einziger Riesenzacken aus schwarzem Leinen, offenkantig mit großen Handstichen (Sticktwist) appliziert. Da alle offenen Kanten schräg zum Fadenlauf geschnitten sind, wird er in der Wäsche nicht oder nur ein bißchen ausfransen.



Die Kanten wollte ich durch eine plastische Füllung hervorheben, was nicht so ganz geklappt hat. Zwischen die beiden parallelen Stichreihen oben und unten habe ich von der Rückseite mehrere Stränge weiches Baumwollgarn gezogen.

Kordelquilten oder Kordelstepperei nennt man das - geht auch mit der Maschine. Das Prinzip ist immer, dass man in eine doppelte Stofflage einen schmalen Tunnel näht, in den eine oder mehrere Kordeln mit einer stumpfen Nadel eingezogen werden. An den Spitzen, wenn der Tunnel die Richtung wechselt, sticht man durch die Rückseite nach draußen, sticht an der gleichen Stelle wieder ein und lässt auf der Rückseite eine kleine Fadenschlaufe stehen.


Allerdings entfaltet das schwarze Leinen eine so schlankmachende Wirkung, dass man die plastische Füllung nur im Gegenlicht wahrnimmt, oder wenn man die Tasche anfasst - jedenfalls nicht auf einem Foto. Kordelstepperei macht auf einem einfarbigen, hellen Stoff definitiv mehr her, so viel zum Lernzuwachs dieses Mal.

Alle August-Stoffmanipulationen sammelt Suschna heute hier (und wir dürfen in ihre Blumenwerkstatt gucken).

Freitag, 24. August 2012

Nacholympische Miette



Als wäre es abgesprochen! Wiebke und ich strickten zufällig gleichzeitig an der gleichen Strickjacke, Miette von Andi Satterlund, in der gleichen Farbe - Wiebkes graue Miette gab es schon hier zu sehen. Ich war auf die Jacke zuerst bei Oh-Mimmi aufmerksam geworden. Die elfenhafte Christel strickte sich im Frühling eine eisblaue Miette. Als dann später Elsa eine rote Miette passend zum Blümchenshirt zeigte, legte ich auch los, mit hellgrauer Cotton light von Drops (Farbe 31) und Nadeln Nummer 4. Da dieses Garn etwas dünner ist als das Orignalgarn, strickte ich nach der Anleitung für die größte Größe, um die mittlere Größe zu erhalten.

Wie Wiebke auch bin ich von dem Strickmuster ganz begeistert: der Ausschnitt hat die perfekte Größe, die Zunahmen an der Schulter kommen genau hin, die ganze Jacke hat nicht eine einzige Naht, und besonders toll sind die Abnahmen im Vorderteil, die wie kleine Abnäher die Jacke taillieren. Den Korpus strickte ich zwei Rapporte länger als im Strickmuster vorgesehen, ich wollte eine „richtige“ Jacke, kein Bolerojäckchen.  Die Ärmel waren eigentlich als Dreiviertelärmel geplant, das Garn dehnt sich aber trotz 50% Mikrofaseranteil beim Tragen etwas aus, so dass ich nach einer halben Stunde Ärmel habe, die wie etwas zu kurz geratene lange Ärmel aussehen – aber seis drum, die Jacke erwies sich als ideal für die zurückliegenden nicht ganz so warmen Sommertage.


Überhaupt muss ich mal ein Loblied auf ravelry und die raffinierten englischsprachigen Strickmuster da draußen im Netz anstimmen: Stricken konnte ich schon vorher, aber erst durch die meist amerikanischen Anleitungen weiß ich, was verfeinertes Stricken bedeutet.

Ich lernte das Stricken in den Achtzigern. Ihr erinnert euch möglicherweise: Stricken war damals nicht sonderlich anspruchsvoll, genauer gesagt, die stricktechnische  Sorgfalt galt allein der Musterung, zum Beispiel Zopfmustern oder mehrfarbiger Intarsienstrickerei, nicht dem Schnitt. Dicke Wolle, grobe Maschen, ein Rechteck fürs Vorderteil, eins fürs Rückenteil, zwei Rechtecke, bißchen abgeschrägt für die Ärmel, zusammengenäht – fertig war der Pullover. Der wog dann zwar gut und gerne ein Kilo oder mehr, und von Taillierung, Kragen, Blenden und anderen Finessen konnte nicht die Rede sein – aber das trug man eben so.


Ich habe die internationale Entwicklung der Strickmuster nicht so genau beobachtet und nicht nachrecherchiert, so dass ich mir kein fundiertes Urteil erlauben kann, nur einen subjektiven Eindruck – und der besagt, dass die neue Entwicklung des Strickens aus dem angelsächischen Raum ihren Ausgang nahm. Hier fand ich jedenfalls zuerst Strickmuster, die durch Zu- und Abnahmen im Strickstück selbst geformt wurden, die Wert auf Randabschlüsse und technische Details legten, und die sich an der Mode orientierten.

Die deutschsprachigen Strickzeitschriften zogen erst relativ spät nach, und wenn ich mich richtig erinnere, gibt es auch die neuen Materialien erst seit relativ kurzer Zeit. Lacegarne sind mir zum Beispiel erst vor ein, zwei Jahren in durchschnittlichen Wollgeschäften aufgefallen – bis dahin gab es nichts Dünneres als Sockengarn. Mir hat sich mit den Strickmustern z. B. von knitty.com eine neue Welt des Strickens erschlossen, in der es für mich noch viel dazuzulernen und auszuprobieren gibt. Und das ist toll!

Strickmuster: Miette
Material: Knapp 400g Drops Cottton light
Änderungen: Korpus um zwei Musterrapporte verlängert, Ärmel verlängert 
Größe M, wegen abweichender Maschenprobe nach den Angaben von Größe XL gestrickt

Donnerstag, 23. August 2012

Wochenrückblick KW 33





1. + 2. Im Bauhaus-Archiv läuft noch bis Montag eine Ausstellung über die Weberin Benita Koch-Otte, und ich bin froh, es noch dorthin geschafft zu haben, auch wenn die Ausstellung winzig klein ist und ich nach dem Besuch mehr Fragen hatte als davor - aber das belegt nur den Lernzuwachs!

Benita Koch-Otte kam 1920 zum Bauhaus nach Weimar und spezialisierte sich nach den Vorkursen (unter anderem bei Paul Klee) auf die Weberei. Ab 1925 baute sie die Weberei an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle auf, die es noch heute gibt. Ex-Bauhäusler wurden 1933 aus Staatsdiensten entlassen und fanden nur schwer eine neue Anstellung - Koch-Otte ging mit ihrem Mann, dem Bauhaus-Fotografen Heinrich Koch nach Prag, kehrte nach dessen Unfalltod aber 1934 nach Deutschland zurück und kam in der Weberei der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel bei Bielefeld unter, die sie bis 1957 leitete. In der Bielefelder Handweberei werden ihre Entwürfe noch heute verwendet, zum Beispiel für Geschirrtücher.

Eine mehr als spannende Biographie also - leider beschränkt sich die Ausstellung auf den Zeitraum bis 1933. Die Entwurfszeichnungen sind interessant, keine Frage. In winziger Schrift sind Abmessungen, Farbtöne, Fadendichte darauf notiert, Webstrukturen schraffiert oder durch weiß abgetöne Farbfelder angedeutet. Einige ausgeführte Arbeiten sind erhalten, in der Ausstellung lassen sie sich mit den Entwürfen vergleichen. Ein geknüpfter Wandbehang von 1929 mit einem Muster aus ineinander greifenden, in sich wieder gemusterten Kreuzen fiel mir sofort ins Auge - dieses Muster kennt man heute nämlich als Patchworkmuster so wie hier. Und 1929 bekam das konsequent modern eingerichtete Arbeitszimmer des Landeshauptmanns in Merseburg einen Teppich mit eben diesem Muster, wie ein Foto belegt.

Ich hätte mir etwas mehr gewünscht - mehr Informationen, über die Herstellung, den Gestaltungsprozess, die Materialien, über den Stellenwert der Weberei im Bauhaus und über diese bemerkenswerte Frau, aber die Ausstellungsfläche im Bauhausarchiv ist derartig beengt, dass große Sonderausstellungen einfach nicht möglich sind.

3. Nach der Ausstellung hatte ich noch mehr Lust auf Einfarbiges. Schon davor hatte mich Suschna mit ihrem Hexagon-Patchwork angesteckt, als ich es beim Quilttreffen "in echt" ansehen konnte - ich musste Sechsecke umnähen, zuerst ohne Ziel. Jetzt mit Ziel, oder sogar Zielen. Wir werden sehen, was daraus wird, denn zeitaufwendig ist es schon. 

4. Ach? (Schablonengraffiti Mareschstraße/Ecke Sonnenallee, Neukölln) 

5. ohne Bild aber trotzdem toll: Mini-Bloggertreffen mit Kathrin, Ulrike und Suschna am vermutlich heißesten Tag des Jahres. 

Sonntag, 19. August 2012

Der Fortgang des Blazer-Projekts


Gestern war wieder Kreuzberger Nähkränzchen samt kurzer Life-Schalte zu Meikes Single-Nähkränzchen in Hamburg - vielleicht habt ihr gestern hier bei Catherine unseren Tag verfolgt und möglicherweise auch gelesen, dass ich tollkühnerweise mit einem Blazer begonnen habe. Mein Plan war folgender: wenn ich an so einem konzentrierten Nähtag ordentlich ranklotze, dann ist später zuhause nicht mehr so viel zu tun, so dass das Projekt in einem einigermaßen überschaubaren Zeitrahmen auch fertig wird. Die langwierige Komplexität von Jackenprojekten führt nämlich leicht dazu, dass ich erst gar nicht beginne, das Weiternähen ewig aufschiebe und mich an Kleinigkeiten aufhalte, so dass das ganze Projekt kein Ende nimmt. Scheinbar - deshalb habe ich diesmal ab und an auf die Uhr geschaut und die Zeiten notiert. 

Ausgesucht habe ich mir eine Jacke aus einem alten Heft, und zwar die Nummer 110 aus Burda 8/2005, weil die Jackenlänge von 60cm exakt der Länge meiner zu allem passenden gekauften (und leider am Ende ihrer Lebensdauer angekommenen) Lieblingsjacke entspricht. Aktuelle Schnitte sind, so scheints, entweder 10cm länger oder 10cm kürzer, so dass ich mit dem Modell modisch wohl ziemlich daneben liege, dafür aber für meine Proportionen das günstigste ausgewählt habe. Außerdem hat dieser Schnitt recht einfache Taschen, weder Ärmelschlitze noch andere nähaufwendige Details. Der Stoff ist ein dunkelgrauer Wollmischstoff, vermutlich ein Musterstoff für irgendeine Konfektionsfirma, der über dunkle Kanäle auf unserem Markt gelandet ist.

Am Nähkränzchen-Vorabend hatte ich den Schnitt herauskopiert (25min.) und den Oberstoff zugeschnitten (45min.). Das war ohne Stress zwischen 20.00 und 23.00 Uhr zu bewältigen - ohne Nähkänzchen-Druck hätte ich das bestimmt auf zwei Abende aufgeteilt. Da ich zwischendrin mit dem Liebsten in der Kneipe nebenan war, kam ich nicht mehr dazu, wie geplant die Einlage zuzuschneiden und aufzubügeln - das sollte sich am nächsten Tag rächen. Aber ich suche kurz vor Mitternacht noch 30min. in meinen sorgsam aufgerollten Futterstoffresten nach einem ausreichend großen Rest, um zwei Taschenbeutel zuzuschneiden. Sechs Reste sind doch zu klein und sehen, neu aufgerollt, nicht mehr so ordentlich aus wie vorher. Zwei davon werfe ich weg und fühle mich gut dabei. Das restliche Futter kann ich noch nicht zuschneiden, weil ich nach dem Stoff erst noch suchen muss - möglicherweise habe ich ihn auch vor dem letzten Umzug weggeworfen. Für die Suche veranschlage ich ca. 1h 30, das wird und muss an einem anderen Abend passieren.

Der Bügelplatz war der kühlste Ort beim Nähkränzchen

Der Nähkränzchen-Samstag beginnt mit idealen Voraussetzungen: ich hochmotiviert, nette Gesellschaft, ein Superbügeleisen samt Bügelbrett, kalte Getränke und ein kleiner Imbiss stehen bereit, die Nähmaschine ist aufgestellt. Nach alter Nähkränzchen-Tradition (meiner persönlichen, nicht der allgemeinen) habe ich das Anleitungsheft zuhause vergessen und kann daher niemandem ein Bild meines geplanten Blazer-Glanzstücks zeigen. Auch die Taschen und das Einsetzen des Reverskragens könnte später schwierig bis unmöglich werden, aber das lasse ich einfach auf mich zukommen.

Kurz nach Beginn um 11.00 Uhr verschwinde ich im Gästebad, wo das Bügelbrett aufgebaut ist, schneide Einlage zu und bügele sie auf. Von Robbie Williams, selbstgemachter Limonade und co. bekomme ich daher kaum etwas mit, dafür ist die Überraschung um so größer, als ich gegen 12.30 Uhr wieder aus dem Bad auftauche. Einlage aufbügeln gehört nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, das ist mal sicher.

Dieser Berg wird einmal ein Blazer

Nach einer kleinen Stärkung kommt jetzt aber der Teil, auf den ich mich beim Nähen immer besonders freue: Wenn aus einem Berg Einzelteile nach und nach ein erkennbares Kleidungsstück wird. Ich nähe immer zuerst so viele unproblematische "große" Nähte wie möglich und bügele sie dann alle auf einmal aus. Rückennaht, rückwärtige Teilungsnähte, Ärmelnähte - gegen 13.30 Uhr wirds ernst: Ich muss die Eingriffstaschen mit einer Leiste oben, die in der vorderen Teilungsnaht mitgefasst wird, ohne Anleitung nähen. Die seitlichen Vorderteile müssen dazu bis kurz vor die Naht eingeschnitten werden.

Normalerweise wäre das der Punkt, an dem ich das Teil beseite legen und auf eine günstige Sternenkonstellation warten würde, um mit dieser schwierigen und riskanten Aufgabe zu beginnen. Beim Nähkränzchen kann man ja nicht einfach nicht nähen, daher fange ich einfach mal an. Bei jeder Tasche muss ein kurzes Stück wieder auftrennen - einmal zu weit genäht, so dass sich eine Falte bildet, bei der zweiten hatte ich die Leiste nicht richtig erwischt - aber gegen 15.40 Uhr sind die Taschen drin. Zur Belohnung darf ich jetzt die Seitennähte und die Schulternähte schließen und bügeln.

Die Taschen sind drin!

Beim Kragen wieder das gleiche: ich würde gerne kapitulieren und aufschieben, da die anderen aber alle nähen, was das Zeug hält, nähe ich weiter. Im ersten Versuch habe ich den Kragen zum Verstürzen eine Ecke zu weit zusammengenäht und muss erstmal rätseln, wie der Kragensteg dazupasst und wie beides dann an den Blazer gehört. Kurz trennen, dann schaffe ich es bis 17.30 noch, den Unterkragen richtig an den Halsausschnitt zu nähen und den Beleg festzustecken. Das sieht schon ganz gut aus, auch wenn es mir wie immer an dieser Stelle ein Rätsel ist, wie ich das ganze jemals ordentlich ausgebügelt bekomme. Da sind einfach zu viele kleine Nähte und Nahtzugaben an Stellen, an die man mit dem Bügeleisen nicht richtig hinkommt. Für heute geht es aber erstmal nach Hause -  auch in Mellenis Hinterhof wird gegrillt, und auf einmal habe ich richtig Hunger.

Der Stand am Sonntag Nachmittag


Sonntag, 14. 30 Uhr: Passiert es euch auch, dass ihr etwas näht und noch währenddessen denkt: "Totaler Quatsch, was ich hier nähe, das kommt so niemals hin, muss ich alles wieder auftrennen", und trotzdem könnt ihr einfach nicht aufhören? Ich habe gerade mit dem Kragenbeleg weitergemacht  (höchstens 30 min.) und habe nun, glaube ich, zwei unterschiedlich lange Vorderteile. Leider sind meine Markierungen durch das Bügeln verschwunden, ich müsste die Vorderteile noch einmal sorgfältig mit dem Schnitt vergleichen und die Reversrundung und die Rundung unten ("Abstich", heißt das wohl in Fachsprache) neu anzeichnen.

Habe ich dazu Lust, während (endlich! zum ersten Mal in diesem Sommer!), wüstengleiche heiße Luft zum Fenster herein kommt? Nö, denn heute bin ich ja zuhause und könnte auch was anderes nähen, was stricken, was bloggen oder Eis aus der Eisdiele gegenüber holen.

Vermeidungsstrategie

Letzteres (bloggen und Eis holen) habe ich nun gemacht, es zeigt sich damit die absolute Notwendigkeit mehrtägiger Nähkränzchen, denn mit der Jacke geht es heute wohl nicht mehr weiter. Aber: später könnte ich ja wenigstens den Futterstoff suchen, und euch in den nächsten Tagen zeigen, wie man genau passende Schulterpolster selber machen kann.

Melleni hat hier die Ergebnisse des Nähkränzchens zusammengestellt, und Wiebke wies hier auf die entschlackende Wirkung eines Hochsommer-Nähkränzchens hin.

Donnerstag, 16. August 2012

Gute Farbe - böse Farbe

An dir ist irgendwas falsch

Wie wählt ihr eigentlich die Farben für eure Kleidung aus? Habt ihr Farben, die ihr als „eure“ betrachtet? Und wie habt ihr sie gefunden? Habt ihr mal eine Farbberatung gemacht? Michou hatte Anfang des Jahres ja ausführlich (hier, hier, hier und hier) über dieses Konzept geschrieben. Ich finde das im Prinzip einleuchtend – wie Farben zusammen wirken und wie sehr die Wirkung einer Farbe von benachbarten Farben beeinflusst wird, sieht man ja z. B. beim Patchwork. Warum sollten die gleichen Regeln nicht auch für Haut- und Kleidungsfarben gelten? Trotzdem werde ich vermutlich ein Leben lang unanalysiert durch die Gegend laufen (und ehrlich gesagt will ich auch gar nicht hören, dass mir schwarz wie den meisten Leuten gar nicht steht).

Das heißt aber nicht, dass ich nicht für Regeln zu haben bin! Man kennt das ja: hat man erst einmal eine Regel verinnerlicht - Sandalen nicht mit Socken anziehen - , dann muss man fortan nicht mehr über das Problem nachdenken und kann Nachdenk-Kapazitäten anderweitig nutzen. Praktisch!

Meine persönlichen Farbregeln bildeten sich im Laufe der Jahre heraus: ich versuchte einfach, mir die Farben von Lieblingsteilen zu merken und ähnliches wiederzufinden. Ich verinnerlichte, dass ich in beige aussehe, als wäre mir schlecht, und dass ich mir daher niemals einen klassischen Trenchcoat anschaffen kann, obwohl ich diese Mäntel an anderen immer ganz großartig finde. Wenn ein Stoff in verschiedenen Farben erhältlich ist, tendiere ich zu blau, schwarz, grau. Erdfarben und rostrot meide ich – stellt euch einfach das Gegenteil von Simone, Anmasis Welt, vor.

So stümperte ich mich über die Jahre durch die Farbwelt, trennte gute von nicht so guten Farben und überlegte bei jeder neuen, bisher nie gesehenen Modefarbe, ob das nicht etwas für mich sein könnte. Eine Ausnahme im vorherrschenden blauschwarzgrau war immer pink. Wahrscheinlich meiner frühen Jugend in den Achtzigern geschuldet, hatte ich immer eine Schwäche für pink. Rosa ist eindeutig als „böse“ klassifiziert, aber pink ist gut! Oder war gut? Hat pink klammheimlich die Seite gewechselt und ist nun böse? Ich bin verwirrt, denn es ist folgendes passiert:

Letzte Jahr nähte ich mir diese kurzärmelige Bluse aus einem ganz leichten Voile in pink, die im ersten Bild auch zu sehen ist. Der Farbton entspricht genau dem zweier gekaufter langärmeliger T-Shirts, die ich jahrelang sehr gerne angezogen hatte. Eigentlich eine Lieblingsteilgarantie, dachte ich, aber das trat nicht ein. Ich fand das Teil immer blöd. War es die Farbe? Die Puffärmel? Die Pailletten? (Die Pailletten ganz sicher. Neu gelernte Regel: Pailletten aufnähen löst keine Probleme, es schafft welche.)


Wie auch immer, blauschwarzgrau ist ja bisher noch immer eine Lösung gewesen, und da noch eine Tüte Textilfarbe (kleine Tüte von Marabu, „Ultramarinblau dunkel“ Nr. 055) vorhanden war, färbte ich das Ding. Jetzt ist es lila. Satt lila mit einem pinken Schimmer, da der Stoff einen kleinen Polyesteranteil hat. (Wie unterschiedlich selbst weiße Stoffe dieselbe Farbe annehmen, sieht man rechts in Bild: das äußere Stoffstück ist Leinen mit Viskose, das andere reine Baumwolle). Von dem dunklen Lila bin ich jedenfalls ganz angetan, ich habe die Bluse schon getragen und ich denke, sie passt jetzt besser zu mir.

Nun überlege ich, ob ich ein weiteres Färbeabenteuer wagen soll. Den Stoff vom Bild unten - Wildseide in so einer undefinierbaren rosa-Quarkspeisen-Farbe - bekam ich vor einiger Zeit geschenkt. Die Struktur des Stoffes finde ich toll, den Farbton einfach indiskutabel. Ich halte es für ausgeschlossen, dass dieses braunrosa eines Tages in den Rang einer "guten" Farbe aufsteigt. Wäre der Stoff hingegen blaugrauschwarz wüsste ich sofort tausend Sachen, die ich daraus nähen könnte!

Also färben. Mit den Textilfarben von Simplicol lässt sich Seide in der Waschmaschine färben. Da ich fast drei Meter von dem Stoff habe, brauche ich auf jeden Fall mehr als eine Packung. Soll ich es mit marine und schwarz versuchen und hoffen, dass diesmal kein lila dabei herauskommt? Oder soll ich lieber bei rot bleiben und rot-dunkelrot drüberfärben? Wenn der Stoff die Farbe nicht gut annimmt (wer weiß, was da außer Seide noch alles drin ist...), habe ich womöglich immer noch ein verschossenes, blasses Rot und nicht viel gewonnen. Habt ihr schon einmal erfolgreich oder unerfolgreich so eine Farbe überfärbt? Mich macht es ganz verrückt, dass man vorher nicht wissen kann, wie sich Stoff und Farbe miteinander verhalten werden und dass ich mich für eine Möglichkeit entscheiden muss.


Dienstag, 14. August 2012

Wochenrückblick KW 32




1. Applikationen mit der Nähmaschine waren das Thema beim Quilttreffen am Sonntag. Mit einigen Tricks von Floh gings schon viel besser als bei meinen früheren Versuchen. Ein Grund dafür war bestimmt auch die Nähmaschine im Nadelwald, die sich auf eine langsame Geschwindigkeit stellen lässt - vielleicht brauche ich doch irgendwann eine neue, moderne, die nicht nur "schnell" kann?

2. Die Lesedühne ist eine Lesebühnenveranstaltung im Südblock, es lesen immer vier Stammautoren (darunter Marc-Uwe Kling - seit kurzer Zeit bin ich Fan), und ein wechselnder Gastautor. Lesebühnenleseungen machen definitiv nur richtig Spaß, wenn man einen Sitzplatz hat und es einem egal sein kann, dass es weiter hinten heiß und voll ist. Ich war weiter hinten und dachte die ganze Zeit "vielleicht sollte ich mal wieder ein gutes Buch lesen, zuhause im Sessel". Der typische Lesebühnensound - ein bestimmter Duktus, die Metaphern, ein bestimmter Vortragsstil - kann auf die Dauer enorm enervierend sein, und ganz schön austauschbar. Aber vielleicht hätte ich die Lesung freundlicher aufgenommen, hätte ich sie in einem Sessel sitzend erleben dürfen. Marcel Reich-Ranicki sagte einmal, er lese zu rezensierende Bücher am Schreibtisch, nicht im Sessel - jetzt weiß ich, wieso.   

3. Paste-up in der Werbellinstraße, Neukölln - die meisterliche Figur ist auf mehrere Theaterplakate geklebt, die wiederum auf einem Altkleidercontainer kleben. Bilder von diesem/dieser KünstlerIn sehe ich öfter, dies ist aber das erste unversehrte, das ich finden konnte. 

Mittwoch, 8. August 2012

Wochenrückblick KW 31





1. Die Tomaten nutzten unseren Kurzurlaub, um den ewigen Kampf Mensch-Tomate für sich zu entscheiden und den Balkon zu übernehmen. Dafür schmecken sie nicht besonders, zu wenig Sonne, vermute ich. Nächstes Jahr probiere ich es mit Gurken.

2. Angefangen: Eine Strickjacke von Drops, wegen des Woll-Alpaka-Garns nur bei Temperaturen unter 25 Grad strickbar. Aber die haben wir ja jetzt wieder.

3. Angesehen: Das 117. Deutsche Traber-Derby auf der Trabrennbahn Mariendorf, und das kam so: die Berliner Verkehrsbetriebe sind einer der Sponsoren der Renntage, und Monatskartenabonnenten (=Lucy) hatten mit einer Begleitperson (=der Liebste) freien Eintritt. Von Pferden und Rennen habe ich keine Ahnung, aber schon wegen der Zeitreise ins West-Berlin der achtziger Jahre hat sich der Besuch auf der Rennbahn gelohnt. Die Tribüne, ein verglastes Betonmonster mit Schalensitzen und welligem Teppichboden, ist noch so gut wie unverändert, auch wenn die Imbissstände namens "Trabertränke" und "Futterluke" neben den Wettschaltern nicht mehr geöffnet sind.

Zwischen Schultheissständen und Wurstbuden paradieren tatsächlich ein paar zwielichtige ältere Herren mit Zigarren, in Goldknopfzweireihern und rosa Hemden. Manche Frauen tragen große Hüte und hochhackige Schuhe, in denen sie eigentlich nicht laufen können, so dass sie von ihren Begleitern untergehakt über den Vorplatz gehievt werden müssen, bis der Sitzplatz im VIP-Bereich erreicht ist. Achja, VIPs: ganz berlintypisch waren Frank Zander, Axel Schulz und Uli Wegner anwesend, und durften Pokale überreichen.

Aber auch normale Leute und Familien gehen zum Rennen. Manche - jüngere Männer - kommen nur zum Wetten, die gehen alleine, oder höchstens zu zweit hin. Die entzückenden zehnjährigen Pferdeexpertinnen direkt an der Strecke wetten natürlich nicht, aber kommentieren und fotografieren bei der Parade vor dem Start jedes Pferd. Und bevor es losgeht, wird das Thema aus "Mission impossible" gespielt.

Kurz gesagt: ein großartiger Nachmittag. Das Foto ist das am besten misslungene Bild meiner schneckenlangsamen Knipskamera - viel bessere Bilder könnt ihr euch bei Heimatfoto ansehen, wenn ihr wollt.

Da nun auch der Ketwurststand am Ostkreuz nicht mehr existiert, ist ein Besuch in Hoppegarten, der Galopprehnbahn im Osten Berlins, fest vorgemerkt. Da gibt es bestimmt Ketwurst!

4. Ohje, es war die Krawatte! (Paste-up in der Schudomastraße, Neukölln).

Freitag, 3. August 2012

Wochenrückblick Kw 30






1. Eine Woche offline brachte ganz neue Ausblicke: zum Beispiel auf die Dolomiten.

2. Immer wieder faszinierend, wenn die Seilbahn Bozen entgegenzuckelt, einen Hügel überwindet und dahinter plötzlich die Stadt auftaucht.

3. Am schönsten ist es zur Zeit aber oben, wenn man die überhitzte, stickige Stadt hinter sich lassen kann.

4. Die Miette-Strickjacke wurde ebenfalls vor einem entsprechenden Ausblick fertig gestellt.

Ansonsten ist so ein Kurzurlaub en famille - ein runder Geburtstag des Schwiegervaters war der Anlass - vor allem die Gelegenheit zu ausgiebigem Kaffeetrinken, im Land des guten Kaffees eine sehr befriedigende Beschäftigung. Kaffeegetränke auf Espressobasis sind ja bei uns mittlerweile auch in die kleinste und abgelegenste Stadt vorgedrungen, vorbei die Zeiten, als man unter der Bezeichnung "Cappuccino" eine Tasse Brühkaffee mit Sprühsahne serviert bekam. Aber in punkto Kaffeequalität haben wir dennoch noch viel aufzuholen, das ist mir wieder einmal aufgefallen. Eine Espressomaschine nützt eben auch nichts, wenn man nicht damit umgehen kann, oder schlechten Kaffee verwendet. Neue Maßstäbe nach unten setzte, nicht weiter überraschend, der Cappucino der Deutschen Bahn auf der Rückfahrt: er war schaumig, aber das war noch das beste, was man darüber sagen konnte. Ich bin nicht sicher, ob Kaffee und Milch tatsächlich am Entstehen dieses Getränks beteiligt waren.

Überraschend auch, wie lärmig und laut es im Dorf in den Bergen ist, ganz im Gegensatz zu unserem Zuhause in der großen Stadt: am ersten Abend ein Dorffest mit Band und kieksender Sängerin (der anwesende Tontechnik-Experte windet sich), jede Nacht Gewitter, einmal durchdrehende Auto-Alarmanlagen (aufgrund der Blitze?), Störungsgepiepse der Seilbahn, jeden Morgen Kirchenglocken ab 7. 30 Uhr... Zuhause in Berlin: nachts vollkommene Stille im Hof, endlich einmal durchschlafen und das Schlafdefizit abbauen.