Freitag, 24. August 2012

Nacholympische Miette



Als wäre es abgesprochen! Wiebke und ich strickten zufällig gleichzeitig an der gleichen Strickjacke, Miette von Andi Satterlund, in der gleichen Farbe - Wiebkes graue Miette gab es schon hier zu sehen. Ich war auf die Jacke zuerst bei Oh-Mimmi aufmerksam geworden. Die elfenhafte Christel strickte sich im Frühling eine eisblaue Miette. Als dann später Elsa eine rote Miette passend zum Blümchenshirt zeigte, legte ich auch los, mit hellgrauer Cotton light von Drops (Farbe 31) und Nadeln Nummer 4. Da dieses Garn etwas dünner ist als das Orignalgarn, strickte ich nach der Anleitung für die größte Größe, um die mittlere Größe zu erhalten.

Wie Wiebke auch bin ich von dem Strickmuster ganz begeistert: der Ausschnitt hat die perfekte Größe, die Zunahmen an der Schulter kommen genau hin, die ganze Jacke hat nicht eine einzige Naht, und besonders toll sind die Abnahmen im Vorderteil, die wie kleine Abnäher die Jacke taillieren. Den Korpus strickte ich zwei Rapporte länger als im Strickmuster vorgesehen, ich wollte eine „richtige“ Jacke, kein Bolerojäckchen.  Die Ärmel waren eigentlich als Dreiviertelärmel geplant, das Garn dehnt sich aber trotz 50% Mikrofaseranteil beim Tragen etwas aus, so dass ich nach einer halben Stunde Ärmel habe, die wie etwas zu kurz geratene lange Ärmel aussehen – aber seis drum, die Jacke erwies sich als ideal für die zurückliegenden nicht ganz so warmen Sommertage.


Überhaupt muss ich mal ein Loblied auf ravelry und die raffinierten englischsprachigen Strickmuster da draußen im Netz anstimmen: Stricken konnte ich schon vorher, aber erst durch die meist amerikanischen Anleitungen weiß ich, was verfeinertes Stricken bedeutet.

Ich lernte das Stricken in den Achtzigern. Ihr erinnert euch möglicherweise: Stricken war damals nicht sonderlich anspruchsvoll, genauer gesagt, die stricktechnische  Sorgfalt galt allein der Musterung, zum Beispiel Zopfmustern oder mehrfarbiger Intarsienstrickerei, nicht dem Schnitt. Dicke Wolle, grobe Maschen, ein Rechteck fürs Vorderteil, eins fürs Rückenteil, zwei Rechtecke, bißchen abgeschrägt für die Ärmel, zusammengenäht – fertig war der Pullover. Der wog dann zwar gut und gerne ein Kilo oder mehr, und von Taillierung, Kragen, Blenden und anderen Finessen konnte nicht die Rede sein – aber das trug man eben so.


Ich habe die internationale Entwicklung der Strickmuster nicht so genau beobachtet und nicht nachrecherchiert, so dass ich mir kein fundiertes Urteil erlauben kann, nur einen subjektiven Eindruck – und der besagt, dass die neue Entwicklung des Strickens aus dem angelsächischen Raum ihren Ausgang nahm. Hier fand ich jedenfalls zuerst Strickmuster, die durch Zu- und Abnahmen im Strickstück selbst geformt wurden, die Wert auf Randabschlüsse und technische Details legten, und die sich an der Mode orientierten.

Die deutschsprachigen Strickzeitschriften zogen erst relativ spät nach, und wenn ich mich richtig erinnere, gibt es auch die neuen Materialien erst seit relativ kurzer Zeit. Lacegarne sind mir zum Beispiel erst vor ein, zwei Jahren in durchschnittlichen Wollgeschäften aufgefallen – bis dahin gab es nichts Dünneres als Sockengarn. Mir hat sich mit den Strickmustern z. B. von knitty.com eine neue Welt des Strickens erschlossen, in der es für mich noch viel dazuzulernen und auszuprobieren gibt. Und das ist toll!

Strickmuster: Miette
Material: Knapp 400g Drops Cottton light
Änderungen: Korpus um zwei Musterrapporte verlängert, Ärmel verlängert 
Größe M, wegen abweichender Maschenprobe nach den Angaben von Größe XL gestrickt

13 Kommentare:

  1. Schön geworden Deine Miette. - Ich nehme an, dass es sich um eine "Sie" handelt. Auf alle Fälle "Sie", die Strickjacke.
    Alles dran was ein Jäckchen meiner Meinung nach erfüllen sollte.
    Besonders schön finde ich bei Miette immer wieder die gut sitzende Passform. Vielleicht sollte ich auch mal ...??

    Lg, Birgit

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  2. dem loblied auf ravelry kann ich zustimmen - so viele interessante strickmuster, die dort zu entdecken sind. muster- als auch schnitttechnisch.
    dem stricken in den 80ern muß ich noch etwas hinzufügen, es gab da doch noch was: ein rundhalspullover. nur waren sie damals nicht so schlau, von oben zu beginnen mit dem stricken, sondern von unten, vom bund.
    jetzt sind wir alle schlauer und freuen uns.

    lg monika

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  3. Das ist ein sehr hübsches Jäckchen, ich behalte mal das Muster im Hinterkopf,- ach, da ist es ja schon.
    Ich durchsuche ja öfter den Fundus meiner Mutter, also in den 60er und 70ern konnte man in Deutschland schon noch auf Figur stricken und auf, leider nicht immer schöne Details achten. Aber die Kastenpullis aus Verena und Co. habe ich auch noch vor Auge. Ewig lange hat man damals getrickt, da strickt man heute ja zwei oder drei. Vielleicht könnte ich doch noch eine Miette gleich...
    Viele Grüße
    Julia

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    1. Das komplizierte an meinen 80-er Pulli scheint mir aus heutiger Sicht gewesenzu sein, wie ich die riesigen Löchern zwischen den eingestrickten Flächen wieder zugenäht kriege.
      Ich habe auf die plakativ riesigen Teile mal eine Skyline mit langen grauen Rechtecken eingestrickt mit Sonnenuntergang im HIntergrund.... So was kommt nicht mal als retro wieder- Kein Wunder!
      LG
      Wiebke

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    2. Ich Auch! Skyline und Sonnenuntergang! Das war - glaube ich - aus einer Verena.

      Ansonsten: Säcke! Grauenvoll! Ich bin nach 20 Jahren Pause ganz hin und weg von den neuen Modellen... In den 90ern hätte ich auch gerne gestrickt, aber wer sollte denn das anziehen? Darum habe ich es dann gelassen und nur noch Socken gestrickt.

      Da ist Miette doch was ganz anderes!

      LG, Bronte

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    3. Genau so ging es mir auch! Was hätte man in den 90ern stricken sollen?
      Mittlerweile habe ich einige Strickhefte aus den 70ern - wenn man sich das aus den Garnen von heute vorstellt, sind da sehr schöne Modelle dabei. Nur die Ärmel würde man heutzutage einen Tick länger machen - lange Ärmel sehen da oft etwas "herausgewachsen" aus.

      viele grüße! Lucy

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  4. Nach der Olympiade ist ja bekanntlich auch wieder vor der Olympiade....

    Dieses Miette-Strickmuster ist so dermaßen genial. Die Paßform stimmt, keine lästigen Nähte verzögern die Fertigstellung, das Muster ist herrlich dezent aber ein kurzweiliger Spaß beim Stricken und die Brustabnäher sind das kleine feine Detail, was den 80-er Pullis defintiv fehlte.
    Ich habe noch viele Ideen, wie ich dieses Strickmuster abwandeln möchte.

    Miette rulez!
    LG
    Wiebke

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  5. Miette war wirklich erholsam zu stricken! Deine graue sieht spitze aus!
    Über die Strickmuster in den 80ern kann ich nicht mitreden ... da hat mir meine Mutti noch niedliche Pullöverchen genadelt - an einen mit ner flauschig weißen Katze kann ich mich noch gut erinnern.

    "elfenhafte" Grüße :))
    Christel

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    1. Jaa! Solche Pullöverchen von meiner Mutter hatte ich auch! Ende der Achtziger habe ich dann aber selbst schon Sackpullover gestrickt ;-)

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  6. Das ist wirklich ein wunderschönes Strickjäckchen geworden und wie du beschreibst, wächst es auch noch gegen Abend hin mit und wird in den kalten Abendstunden zum Langarmjäckchen ;). Danke für den Tipp für das Muster!

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  7. Deine Miette ist einfach toll, die Farbe, die Passform, perfekt.
    An die Kastenform der 80er kann ich mich auch noch gut erinnern;ich strickte sogar mal einen Pullover mit Fledermausärmeln...LG Anna

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  8. Das Muster ist klasse. Die Jacke ist toll geworden.
    Lg Sarah

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  9. Ein wirklich schönes Stück. Ich habe seit den 80ern kein selbstgestricktes Oberteil mehr getragen, hatte aber damals eine Reihe der typischen Pullover mit Muster, u.a. mit einem flauschigen, weißen Eisbären, die meine Mutter gemacht hat. Jetzt, wo es so schöne Strickmuster gibt, gebe ich glaube mal wieder etwas in Auftrag :)

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