Sonntag, 29. Dezember 2013

Stoffspielerei im Dezember oder: der lange Weg zum Papierkorb


Das Thema der Stoffspielerei - Behältnisse - kam mir sehr entgegen: einmal suchte ich schon lange nach einem Papierkorb, am besten einen ganz günstigen, gebrauchten, und fand keinen, zweitens wollte ich das Körbenähen sowieso einmal ausprobieren. Für diese Technik gibt es unter den Stichworten "fabric coil basket", "fabric coiled basket" oder "fabric bowl" recht viele englischsprachige Anleitungen. "They are fast, and fun, and look spectakular", heißt es in einer Workshopankündigung.


Also, das ist alles relativ, aber ich will nicht vorgreifen. Ich ging im wesentlichen nach dieser Anleitung vor, besorgte mir im Ein-Euro-Laden 30 Meter Wäscheleine, zerschnitt eine kurzärmelige schwarze Bluse und das Oberteil des unbügelbaren Retrokleides zu Schrägstreifen und legte los. Die Leine wird partienweise mit den Schrägstreifen umwickelt, die man am besten alle 15-20 cm mit Wäscheklammern fixiert. Das umwickelte Seil rollt man schneckenförmig auf und näht mit großem Zickzack die Wicklungen fest, immer im Kreis. Und näht und näht und näht und näht einige Stellen nochmal nach. Und schneidet neue Schrägstreifen und wickelt und näht und spult und näht und spult und näht und sucht weitere Stoffreste und schneidet Stoffstreifen und näht und spult und näht und spult wieder und stellt nach 30 Metern Wäscheleine fest, dass bisher nur eine große, flache, Schüssel entstanden ist:  

Am nächsten Tag besorgt man eine weitere Wäscheleine, fügt die beiden Leinen mit Tesa zusammen (weil einem jetzt schon halb alles egal ist) und näht mit deutlich weniger Begeisterung weiter.


Nach fast 60 Metern Wäscheleine ist doch so etwas wie ein Papierkorb entstanden, mit etwa 30 cm Durchmesser und knapp 30 cm Höhe. Die Bluse, das Kleid und mehrere große Stoffreste wurden verarbeitet, außerdem ungezählte volle Unterfadenspulen. Ich dachte, das Projekt wäre eine gute Gelegenheit, alle Spulen mit nicht mehr benötigten Garnfarben leerzunähen - sie reichten nicht einmal für den Boden des Korbes. Die Stoffstreifen waren schneller alle, als ich schneiden konnte, leider kann ich nicht einmal schätzen, wie viele Meter Schrägstreifen dieser Korb verschlungen hat - ein Vielfaches der 60 Meter Leine, also vielleicht einige Kilometer?


Ich finde aber, dass man dem Korb den ungeheuren Materialaufwand nicht unbedingt ansieht. Die dichten Zickzackstiche ergeben eine sehr schöne, interessante Struktur und das Behältnis ist sehr stabil - aber "fast, fun, spectacular"?  Schnell geht es nicht, "spectacular" ist es auch nicht, jedenfalls nicht in meinem Verständnis, fun - Geschmackssache. Für Leute, die am Nähen vor allem das Nähen an der Maschine lieben, sind solche Seilkörbe bestimmt ein großer Spaß.


Zum Abschluss ein paar Tipps aus der Praxis, falls ihr euch auch an solchen Körben versuchen wollt:

- Die Wäscheleine, die ich hier verwendet habe, hatte ungefähr 6 mm Durchmesser. Für eine kleinere Schüssel wäre sicher eine etwas dünnere Schnur gut.

- Die Stoffstreifen waren bei mir 3 cm breit. In einigen Anleitungen werden Streifen im geraden Fadenlauf verwendet (Vorteil: man kann sie reißen), aber davon rate ich ab. Schrägstreifen fransen an den Rändern nicht aus und schmiegen sich beim Wickeln viel besser an das Seil an.

- Die Schrägstreifen schnitt ich nicht überall im exakten 45°-Winkel zu Fadenlauf, sondern so, wie es am besten auf den Stoff passte. Sollte man bei Schneiderprojekten nicht machen, weil sich der Streifen unterschiedlich dehnen könnte, hier ist das nicht so wichtig. Außerdem schnitt ich die Streifen einfach quer über die gesamte Bluse zu und schnitt die Nahtzugaben der Seitennähte zurück.

- Die einzelnen Schrägstreifen setzte ich mit Quernähten - also nicht im Fadenlauf - zu einem langen Streifen zusammen, ebenfalls ein schneidertechnisches no-go, aber hier unproblematisch.

- Die Leine lässt sich besonders gut umwickeln, wenn man das Schrägstreifenknäuel mit einer Wäscheklammer am Abwickeln hindert und das so beschwerte Knäuel um das Seil schwingen lässt.

Ergänzung 31. 12. 2013:

Hier noch ein Detailbild der verwendeten Wäscheleine: ein geflochtenes Kunststoffseil. Mit einer dickeren Nadel (100er) kommt die Nähmaschine problemlos durch. Wäscheleinen mit Metallkern nicht verwenden, das könnte für die Maschine gefährlich werden, wenn man den Draht erwischt!

Und nun bin ich gespannt, welche Behältnisse aus oder mit Stoff frifris heute für die Stoffspielerei im Dezember gesammelt hat - Danke fürs Vernetzen!

Freitag, 20. Dezember 2013

Woche 50


Es ist schon paradox: kaum hatte ich vor knapp einer Woche über Weihnachtsstress geschrieben und öffentlich meinen Ausstieg aus allen Weihnachtsvorbereitungen verkündet, bekam ich doch wieder Lust aufs Selbermachen. Das muss die befreiende Kraft des Nein-Sagens sein.

Am Sonntag streifte ich jedenfalls beim Handmade Supermarket in der Kreuzberger Markthalle durch die Gänge, sogar halb entschlossen, ein Geschenk zu kaufen, sollte mir etwas Passendes unterkommen. Kam es nicht -  aber Ideen fürs Selbermachen flogen mir zu, und so verbrachte ich den Sonntag Abend mit der Suche nach Material in meinem reichhaltigen Lager. An dieser Stelle muss ich mal wieder eine Lanze für ein großes Stofflager brechen. Es ist einfach großartig, eine Idee sofort mit Materialien aus dem Fundus umsetzen zu können. Bis auf eine Kleinigkeit, die ich im Nähkontor besorgen musste, hatte ich alles da. Mit dem Nähergebnis bin ich auch sehr zufrieden - ich werde es nach Weihnachten zeigen - und wie man sieht, habe ich sogar schon dekoriert! Weihnachten muss also doch nicht ausfallen.

In den Selbermachlinks der Woche geht es diesmal ums Nähen:

Tellerröcke sieht man zur Zeit ja fast überall in den Nähblogs, und sie gelten als "ganz einfach" - aber ehrlich gesagt: mir ist zwar theoretisch klar, wie ich den Radius für den Taillenausschnitt berechnen muss, aber wenn ich darüber nachdenke, wie ich mein Schnittteil dann auf dem Stoff platziere, und wieviel Stoff ich überhaupt brauche, bekomme ich einen Knoten im Hirn. Von by hand London gibt es nun eine Seite zur Tellerrock-Berechnung in Inches und Zentimeter, für Teller-, Halbteller- und Vierteltelleröcke in verschiedenen Längen, die ich hilfreich finde, weil sie ein Diagramm ausspuckt, wie die Kreissegmente zugeschnitten werden müssen. Die Tellerrocktabelle von schneidern-nähen.de mit ihrer Hin-und Herrechnerei von Nahtzugaben und Abzügen zum Ausgleich der Dehnbarkeit des Stoffes fand ich nämlich vollkommen verwirrend. Das Zeichnen des Schnittteiles und die Bundverarbeitung kann man sich bei Griselda abschauen.

Die HalbfinalistInnen des Great British Sewing Bee sind wieder zusammen! Die BBC produzierte eine Weihnachtsfolge mit Lauren, Stuart, Sandra und Ann, die dieses Mal nicht um die Wette nähen, sondern gemeinsam Weihnachtsgeschenke und Dekorationen anfertigen. Aus meiner Sicht das perfekte Vorweihnachts-Fernsehprogramm.

Neue Zeitschriften: die Vorschau für  Burdastyle 2/2014 ist nun schon eine Weile online, und je häufiger ich sie durchschaue, um so besser gefällt sie mir. Ein Glück, Heft 1/2014 fand ich nämlich furchtbar (muss an den Karnevalskostümen liegen).

Im Hobbyschneiderin24-Forum hatte ich vorgestern darüber gelesen, Tina entdeckte sie als erstes beim Zeitschriftenhändler: La mia boutique, das italienische Pendant zu Burda, erscheint jetzt auch auf Deutsch, unter dem sperrigen Titel Meine Boutique. Ideen zum Nähen. Italienischer Stil. Es handelt sich bei diesem Heft um die übersetzte Novemberausgabe. Bei Sewing Princess und im Paunnet-Blog wird die La mia boutique regelmäßig besprochen, deshalb kann man hier und hier einen Blick auf die Modelle im Heft werfen. Ein bißchen holprig übersetzt ist das Heft, und die Seiten des so genannten redaktionellen Teils, wo Produkte, Onlineshops und Kreativmessen beworben werden, sind komplett für die Katz, weil es sich fast ausschließlich um italienische Shops und um Veranstaltungen in Italien handelt (hat denn in der Redaktion niemand darüber nachgedacht?), aber den Schnittmusterteil finde ich einfach klasse. Das Heft kostet 5, 40€ und enthält 40 Modelle, und ich hoffe sehr, dass das nicht die letzte deutsche Ausgabe gewesen sein wird.  

Steht mir das, was ich nähe? Das ist zu einem großen Teil eine Frage der Proportionen, und um diese Frage zu beantworten, bevor Stoff zu Schaden gekommen ist, ist es nützlich, einen Entwurf mit den eigenen Körperproportionen zu erstellen. Miz Kitty hat sich selbst zu einem Umriss reduziert und zeichnet darauf die Modelle vor, bevor sie zur Schere greift. Sehr nachahmenswert - und sehr überraschend, welche unterschiedlichen Wirkungen eine Bluse mit Schößchen und ein Rock mit breiter Passe erzielen, obwohl die Querteilungen fast an der gleichen Stelle sitzen.

Und nicht zuletzt läuft die Nominierungsphase für das "Nähnerdwort des Jahres 2013". Heute noch können hier Begriffe vorgeschlagen werden, über die am häufigsten genannten Wörter können wir dann von Samstag bis zum 24. 12. abstimmen.

Samstag, 14. Dezember 2013

Woche 49


Als ich gestern Oh-Mimmis Weihnachtskleid-Statusmeldung las und Katharinas Verteidigung des Unperfekten später am Abend, dachte ich spontan: Ich auch. Auch wenn ich mit den Weihnachtsfeiertagen wenig verbinde und der betriebene Aufwand für dieses Fest im Nahtzugabe-Haushalt sehr überschaubar ist, führt das Zusammentreffen von Feiertagen, Jahresende, neuem Anfang in jedem Jahr wieder zu einem Berg selbstauferlegter "bis-Weihnachten"-Verpflichtungen:  Bis Weihnachten noch die Küchenschränke entrümpeln, bis Weihnachten Text X und Konzept Y fertigschreiben, bis Weihnachten backen, putzen, einkaufen, bis Weihnachten noch über dieses und jenes bloggen, und nicht zuletzt: bis Weihnachten Geschenke besorgen und ein Weihnachtskleid nähen.

Ein bißchen Zeitdruck ab und zu kann produktiv sein, um Dinge zuende zu bringen, aber selbstgemachter Zeitdruck in allen Lebensbereichen verfehlt diese Wirkung: man produziert sich nur selbst Misserfolge, weil die selbstgesteckten Ziele nicht erreicht werden, gar nicht erreicht werden können, und Misserfolg macht unglücklich. Ich frage mich, ob es sich bei Weihnachtsstress nicht überhaupt um eine besonders perfide Form der (weiblichen?) Selbstsabotage handelt: die letzten Wochen des Jahres, die ja in vielen Berufen sowieso mit erhöhtem Arbeitsaufkommen verbunden sind, werden zusätzlich mit besonders vielen sozialen, familiären und selbst produzierten Verpflichtungen beladen, an denen jede nur scheitern kann. Als ob mit Jahresabschlüssen, Weihnachtsfeiern und Verwandtenbesuchen nicht schon genug los wäre, nimmt frau sich vor, Weihnachtskarten selbst zu basteln, die Wohnung hübsch zu dekorieren, Kekse zu backen, für alle Verwandten Socken zu stricken und alle Wünsche mäkliger Tischgenossen beim Weihnachtsessen zu berücksichtigen. Dann hetzt sie in der Vorweihnachtszeit von Misserfolg zu Beinahekatastrophe und auf jeden Fall: immer den eigenen Ansprüchen hinterher, und beendet und beginnt das Jahr mit dem Gefühl der kompletten Unzulänglichkeit. Und fühlt sich noch schuldig, wenn der Schwiegervater im Essen stochert, die Tante das Selbstgestrickte mit "Na, du musst aber Zeit haben! Sowas kann man doch kaufen." in Empfang nimmt und Oma_1 beleidigt ist, weil die Verweildauer bei Oma_2 am Vortag für ihren Geschmack ungebührlich lang war.

Täusche ich mich, oder trifft dieser Weihnachtsstress in erster Linie Frauen? Ich breite hier ja nur eine küchenpsychologische Schwurbel-Theorie aus (die Dreiviertelpsychologin Sinje könnte dazu bestimmt wissenschaftlich fundiert referieren), aber nach meiner Beobachtung fühlen sich Männer nicht nur seltener für Weihnachtsdekorationen verantwortlich, sondern sind auch weniger für Anspruchshaltungen aller Art empfänglich. 

Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, Druck und Tempo herauszunehmen und mich einfach an dem zu freuen, was ich bisher geschafft habe und in den nächsten Tagen vielleicht noch schaffe. Ich werde kein Weihnachtskleid nähen, aber vielleicht wird ja ein Kleid aus meinem halbfertige-Nähprojekte-Stapel noch fertig. Es wäre nett, wenn ich es an meinem Geburtstag anziehen könnte, vor allem, weil ich für den Abend ein Lokal gefunden habe, das geöffnet hat und in dem man ein 5-Gänge-Menü einnehmen kann. Ich stricke ein bißchen an einem Schal (ravelry-Anleitung) aus Alpaca-Silk und freue mich daran, dass ich tatsächlich ein paar Plätzchen gebacken habe, die im Gegensatz zu denen vom letzten Jahr sogar essbar sind (die steinharten letztjährigen Reste habe ich gerade entsorgt...). Geschenke, putzen, Deko: mal sehen. Lieber mache ich mir jetzt noch einen Kaffee, beschäftige mich noch zwei Stündchen mit Text X, freue mich über eine überaschend hohe Überweisung der VG Bild-Kunst und über die Preissenkung des Ökostromanbieters (es passieren auch gute Dinge!), und morgen, morgen gehe ich vielleicht auf einen kleinen Weihnachtsmarkt.

Statt Selbermachlinks heute nur ein Fundstück zum Schauen und Staunen über die frei gehäkelte Spitze der Strickdesignerin Kat Coyle, die außerdem ein Blog schreibt, mit dem man sich vorzüglich ins warme, strahlende, südliche Kalifornien träumen kann. 

Dienstag, 10. Dezember 2013

Loben und Lästern: Burdastyle 12/2013

Noch schnell ein paar Worte zum Dezemberheft der Burdastyle, ehe am Mittwoch schon das Januarheft 2014 herauskommt. Die Ausgaben am Jahresende widmen sich traditionellerweise der Festmode. In früheren Jahren wurde im Dezember meterweise Seidentaft verbraten. Mit der neuen Chefredakteurin - und seit kurzem mit der neuen Modechefin Sabine Maeulen - macht sich seit einiger Zeit ein Stilwechsel bemerkbar, den ich sehr begrüße. Statt bodenlanger Ballroben brachte das Novemberheft modische kleine schwarze Kleider, und auch in der Dezemberausgabe gibt es gemäßigt Festliches, das aus nicht so festlichen Stoffen in jede Alltagsgarderobe integriert werden kann. Die Schnitte in Burdastyle sind in meinen Augen alltagstauglicher geworden - wobei "alltagstauglich" an sich natürlich noch gar nichts aussagt, schließlich sind die Anforderungen des Alltags für jeden unterschiedlich.

Vor ein paar Jahren hätte ich mir die typische Burda-Kundin, die all diese Dinge anziehen soll, als eine Frau um die 50 mit konservativem Kleidungsstil vorgestellt. Eine Frau, die beruflich und privat viel repräsentieren muss, eine Vorliebe für Etuikleider und kurze, kastige, kragenlose Jacken pflegt, die auf den ADAC-Ball geht und den Urlaub am Strand verbringt. Das klingt nicht nach mir, oder? Seit einiger Zeit aber sind die Schnitte für meinen Alltag tauglicher als früher, und ich habe nicht mehr das Gefühl, dass Burdastyle Mode entwirft, die für Leute gedacht ist, die ein ganz anderes Leben führen als ich.

Ich finde daher in jedem Heft ein paar schöne Modelle. Meine Favoriten aus Heft 12/2013:

Die Kimonojacke 116A/B


Warum sollte man eine Jacke anziehen, die so aussieht wie ein Morgenmantel? Das kann ich auch nicht genau erklären, ich weiß nur dass mich die Idee reizt, seitdem Burda im Heft 7/2011 einen Kimono aus unterlegter Spitze zeigte. Die aktuelle Jacke finde ich sogar besser als den Spitzenkimono, weil die Ärmel praktischer sind, und für die abgesetzte Blende könnte man sich schöne Stoffkombinationen ausdenken. Vielleicht ist es auch die Aussicht, ganz Bohémien, im Quasi-Schlafanzug am Schreibtisch zu sitzen. Sallieoh zeigte vor drei Monaten eine ganz ähnliche, tolle Kimonojacke (aus selbstgefärbtem Stoff !), die sie nach dem Schnitt für das Tokyo jacket von tessuti fabrics aus Australien genäht hatte. Jetzt überzeugt, dass so eine Jacke spätestens im Sommer in jeden Kleiderschrank gehört? 

Der Wickelrock 109 


Prada-Zipfel zum dritten - wir sprachen ja schon im Oktober und im September davon. Der aktuelle Zipfel gehört zu einem anfängertauglichen Schnitt, der wenig Stoff braucht. Gefällt mir von allen Prada-Zipfel-Variationen bei Burdastyle bisher am besten: ich suche immer nach Rockschnitten für Wollstoffe, die ein bißchen was Besonderes haben, wie hier den sichtbaren Reißverschluss.

Ganz interessant - aber für mich etwas zu brav - finde ich auch das Kleid 124 A/B mit der spitzen Hüftpasse, das beim Weihnachtskleid-Sewalong einige Male genäht wird. Kleid 104 A/B, mit dem Dodokleid vom letzten Jahr eng verwandt, wird gerade bei Griselda genäht. Und ist euch aufgefallen, wie ähnlich der Tulpenrock des Designerschnitts von Talbot Runhof (130) und die lange Version des Elisalex-Kleides von by hand London sind? Der Bleistiftrock mit angenähtem Schößchen (117) ähnelt dem Charlotte-Rock von by hand - und das ist für mich ein Indiz für den eingangs erwähnten Stilwandel bei Burda: Man orientiert sich mehr an Londoner Jungunternehmerinnen und weniger an Düsseldorfer Empfangssekretärinnen. 

In jedem Heft gibt es aber auch Modelle, die mich zusammenzucken lassen. In der Dezemberausgabe war das die Hochwasserhose 106;


Die richtige Hosenlänge ist bei Damenhosen - anders als bei Herrenanzuhosen - ziemlich variabel. Ich kann mich erinnern, dass bis etwa in die Mitte der 1990er Jahre lange Damenhosen schon einmal knapp über dem Knöchel endeten, und auch die nach unten eng zulaufende Form kommt mir bekannt vor. Dann kamen die 2000er Jahre und mit ihnen die überlangen Marlenehosen, die oft mit hohen Absätzen getragen wurden und zwingend so lang sein mussten, dass sie auf dem Boden schleiften. Nach diesen Übertreibungen in beide Richtungen pendelte sich die Hosenlänge auf ein gesundes Mittelmaß ein. Die über dem Knöchel endende Hose ist jedenfalls schon so lange wieder Vergangenheit, dass mich der Anblick von Schnitt 106 erschrocken zurückprallen ließ. Ich konnte nirgends anders mehr hinschauen als auf die freiliegenden Knöchel zwischen Hosensaum und Schuhrand.    

In solchen Fällen hilft mir nur eins: Durchatmen und ab nach draußen und auf der Straße schauen, was tatsächlich getragen wird und wie das auf mich wirkt. Nach einigen Tagen Scannerblick auf Hosensäume und Schuhe stellte ich fest: die nach unten eng zulaufende Hochwasserhose ist längst überall, sie wird in Berlin nur anders getragen als bei Burda. Entweder mit knöchelhohen Stiefeletten, die bis an den Hosensaum reichen, oder mit dickeren Socken oder am Knöchel zusammengeschobenen Kniestrümpfen in der Farbe der Hose, die die Lücke zwischen Schuh und Hosensaum ausfüllen und einen sanften Übergang zwischen Schuh und Hose schaffen. In diesen Kombinationen wirkte diese Hosenform auf mich nicht weiter spektakulär - sie hatte sich längst organisch ins Straßenbild eingefügt, ohne dass ich sie bemerkt hätte. Ich bin gespannt, ob sich im Frühjahr eine knöchelbetontere Trageweise dieser Hose etablieren wird. Im Moment lässt sich das Bedecken der Knöchel ja hervorragend mit der Witterung begründen - aber ist das der wirkliche Grund? Oder ist es nicht eher so, dass der Knöchel bei knöchelkurzen Hosen auf uns im Moment noch irritirend nackt wirkt und wir uns erst wieder daran gewöhnen müssen?  

Samstag, 7. Dezember 2013

Warme Hasenpfoten...

 ... habe ich jetzt, denn die Hasenhandschuhe sind pünktlich zum ersten Schnee fertiggeworden. Ich bin wirklich froh, dass ich den ersten Handschuhversuch mit zwei unterschiedlichen Garnen aufribbelte, auch wenn ich der Farbkombination grau-pink noch etwas hinterhertrauere. Drops Alpaca in hellgrau (Farbe 501) und rot/lila (Farbe 3969) knallt nicht so schön.


Im Vergleich zu klassischen mehrfarbig gestrickten Handschuhmustern sind diese hier einfach konstruiert: kein angestrickter Rand oder zweifarbiger Anschlag, deshalb rollt sich das Bündchen etwas nach außen. Außerdem gibt es große einfarbige Partien, bei denen die zweite Farbe auf der Rückseite viele Maschen überbrücken muss. Bei traditionellen Handschuhen, zum Beispiel aus Estland - ich hatte schon einmal darüber geschrieben - sind die Muster so konzipiert, dass die Farbe alle paar Maschen wechselt, so wie hier auf der Rückseite.   


Aber das macht nichts - warm sind sie trotzdem. Und das Stricken macht großen Spaß, weil man dem Muster beim Wachsen zusehen kann. Norwegerhandschuhe könnten meine neue Strickleidenschaft werden!

Strickmuster: Somerset vs. Norway über ravelry
Garn: drops Alpaca, gestrickt mit Nadelstärke 3

Donnerstag, 5. Dezember 2013

Woche 48


Advent = Lichterglanz+Freude? Naja, nicht immer. Wie immer wurde ich völlig davon überrascht, dass das Jahr in wenigen Wochen zuende geht, von Weihnachtsgeschenkplanung kann keine Rede sein, und dann hat sich die Büro-Mitbewohnerin Anfang der Woche mit dem Fahrrad zerlegt und ist im Krankenhaus, was die Fröhlichkeit hier auch nicht gerade steigert. Abends strebe ich auf direktem Weg das Sofa an, um mit ihm quasi zu verwachsen. Nicht einmal zum Nähen im Nebenzimmer verlasse ich es, weswegen hier zwei, drei Dinge in fast fertigem Zustand herumliegen. Wenn ich mich nur einmal aufraffen und einen Reißverschluss einnähen würde, dann hätte ich ein neues Kleid!   

Auf dem Weg zu einem der wenigen Außentermine kam ich an einem Laden vorbei, der mit seinem Lichterglanz jede Weihnachtsdekoration in den Schatten (haha) stellte: ein Antike-Kronleuchter-Spezialgeschäft in der Uhlandstraße. Was für ein Gefunkel! Ich möchte einen Ballsaal haben, und da stelle ich dann mein Sofa rein, lege mich drauf und schaue nur den ganzen Abend in die glitzernden Kristalle.

Am Sonntag folgte ich Mellenis Tipp und wühlte mich durch den Kirchenbasar in der Martin-Luther Kirche in der Fuldastraße und rettete - nein, kein heimatloses Kuscheltier -  sondern ein nagelneues Unterkleid, ein paar Blumenübertöpfe und nicht zuletzt ein - äh - namenloses Ordnungsdings, das ich für Nähzubehör benutzen möchte. Ich fotografiere das bald mal!

Apropos fotografieren: ich habe ja immer eine kleine Fotoknipse dabei für die Street-Art-Bilder und zückte sie ganz begeistert, als ich an einem Abend das lebensgroße Paste-up des Mannes mit der Katze in der Karl-Marx-Straße entdeckte, das man tagsüber gar nicht sehen kann, weil dann die Auslage eines 1-€-Ladens davor aufgebaut ist. Ich war richtig glücklich, so ein großes, noch unversehrtes Bild erjagt zu haben, und dass es sich aufgeblitzt so gut fotografieren ließ. Das Motiv kam mir dann aber seltsam bekannt vor - hatte ich nicht schon einmal etwas Ähnliches gesehen? Beim Aufschlagen der Kinorubrik in der Tageszeitung vom Donnerstag dämmerte mir: es handelt sich um Werbung für den neuesten Film der Cohen-Brüder. Und damit bemerkte ich auch die schablonierte Signatur unten rechts. Menno! Ein bißchen enttäuscht war ich schon, dass sich dieses scheinbar total subversive Straßenkunstwerk als schnöde Werbekampagne entpuppte. 

Die Entschädigung fand ich ein paar Tage später, als ich zufällig wieder am Neuköllner Schifffahrtskanal vorbeikam und sah, wie sich das Bild, das ich zuletzt im September fotografiert hatte, inzwischen entwickelt hatte: die Turmspringerinnen und -springer landen in einer Blüte. Dank der Signatur CAZ.L fand ich auch Bilder von der Entstehung - und dass es in Barcelona ähnliche Springer gibt.  

Handarbeitslinks der Woche


Zum Nähen: Am 15. 12. zeigt die BBC eine Weihnachts-Spezialfolge der charmanten Nähnerd-Serie The great British Sewing Bee, schnappte ich auf twitter auf. Die Folge wird am 17. 12. wiederholt - bei den angegebenen Sendezeiten an den Zeitunterschied zu Großbritannien denken. Ich freue mich jetzt schon sehr darauf, muss aber leider warten, bis die Folge auf youtube auftaucht.


Zum Stricken: Bei knitty.com sind neue kostenlose Strickmuster erschienen, zum Beispiel eine gemütlich aussehende Strickjacke der Miette-Designerin Andi Satterlund. Von ihr gibt es außerdem eine neue Anleitung für einen kurzen zweifarbigen Pullover, der mir  richtig gut gefällt - ich denke schon über Farbkombinationen und Garnoptionen nach - es darf auf gar keinen Fall kratzen!

Montag, 2. Dezember 2013

Zeig's noch einmal, Oma. Mit Videos Nähen, Stricken und Häkeln lernen

Ersetzt youtube im 21. Jahrhundert die handarbeitskundige Oma? Die Idee liegt nahe, wenn man sich im Netz auf die Suche nach Videokursen macht. Wohl zu jeder textilen Technik hat schon einmal jemand ein Filmchen gedreht und ins Internet gestellt, und es spielt keine Rolle, ob die Technik sehr speziell oder im Gegenteil völlig banal ist. Ob beim Häkeln dem Anfänger sicherheitshalber erklärt wird, wo bei der Häkelnadel vorne und hinten ist, oder ob die akribische schneidermäßige Verarbeitung eines Damenblazers gezeigt wird: was früher meistens im direkten Kontakt durch Vormachen und Nachahmen gelernt wurde, findet heute oft im Internet statt.


Das hat unbestreitbar viele Vorteile: Das Wissen ist überall und jederzeit verfügbar, und noch dazu so häufig wie man es braucht, wenn es sein muss auch 23mal hintereinander. Das macht keine Oma mit. Trotzdem bin ich keine begeisterte Nutzerin von Online-Videos geworden. Ich mag gedruckte  Anleitungen, sprich: Bücher. Gebt mir einen guten Text und ein paar aussagekräftige Bilder, und ich komme zurecht. Das bewegte Bild ist ohne Frage aussagekräftiger, wenn es um Bewegungsabläufe geht, aber trotzdem empfinde ich Videos oft als umständlich. Sie geben mir das Tempo vor, bieten zum Teil langatmige Erklärungen an, die ich beim Lesen einfach überfliegen würde. Viele Videos finde ich zu lang und zu wenig auf den Punkt. Oder hat das nur mit der manchmal quälend schlechten Internetverbindung zuhause zu tun, die das Abspielen verzögert und die Geduld strapaziert? Yvonet schrieb kürzlich,dass sie einen Craftsy-Kurs von über sechs Stunden über das Nähen einer Bluse angeschaut hatte. Ich bin zwar ein Nähnerd und würde bei diesem Kurs ganz bestimmt einiges Neues lernen, aber Geduld für sechs Stunden Video niemals aufbringen. 

Wenn ich mir Handarbeitsvideos anschaue, dann ganz gezielt, zu einer bestimmten Technik oder einem bestimmten Verarbeitungsschritt. Empfehlen kann ich zum Beispiel:
  • Die Häkel- und Strickvideos von Elizzza - Nadelspiel. Die Grundlagenkurse sind knapp und klar, für fortgeschrittenere Techniken und Muster hat Elizzza oft clevere Tricks drauf.
  • Die Nähvideos von Pattydoo. Es gibt zwei Einführungen zum Umgang mit Stoffen und Schnittmustern, in den anderen, wirklich gut gemachten Filmen werden konkrete Projekte genäht, z. B. ein Shirt, ein Rock, ein Kinderkleid und verschiedene Taschen. Die Schnittmuster dazu kann man sich im Blog von Pattydoo herunterladen. Ein prima Einstieg ins Nähen.  
  • Für Fortgeschrittene: die Videos von Mia Führer über das Nähen eines Blazers. Ich hatte sie mir vor langer Zeit schon mal in den Lesezeichen gespeichert, dann waren sie weg - und kürzlich fand ich sie beim Kostüm-Sewalong in einem Blog wieder (ich weiß leider nicht mehr, wo das war.) im Blog von Mathilda wieder. Mir war so, als hätte es vor ein paar Jahren noch mehr und etwas längere Filme gegeben - aber seis drum: Die Filme wirken zwar ein bißchen angejahrt, aber Mia Führer weiß, wovon sie redet und kommt in den Videos auf den Punkt. Das geht sogar mir manchmal zu schnell. 
Neben den kostenlosen Anleitungen gibt es vor allem im englischsprachigen Netz auch einige Bezahlangebote. Zum Beispiel geben Bloggerinnen, oft Patchworkerinnen und Textilkünstlerinnen, in Eigenregie "online classes" oder "online workshops", die meistens aus Videos, persönlicher Betreuung per Mail und bisweilen auch dem Austausch der Teilnehmerinnen untereinander in einem Forum oder einem geschlossenen Blog bestehen. Die Nutzer werden nicht nur angeleitet, sondern die Interaktion, die man bei einem richtigen Kurs hätte, wird so weit wie möglich ins Virtuelle übertragen. Gemeinsames Basteln per Videokonferenz wäre die logische Weiterentwicklung. Aber im Ernst: da es bei solchen Kursen weniger um das Erlernen von Grundtechniken geht, sondern meistens um komplexere Projekte, stehen diese Angebote nicht in Konkurrenz zu kostenlosen Videos.  Individuelle online-Workshops sind eher etwas für Fortgeschrittene und besondere Fans der Kursleiter und Kursleitereinnen, da man gleichzeitig auch einen persönlich gehaltenen Einblick in deren Arbeitsweise bekommt.

Kursplattformen, deren Geschäftsmodell das Anbieten von Kursen zu allen möglichen Selbermachthemen ist, haben daher eine nicht so sonderlich komfortable Position, so mein Eindruck: Einerseits möchten und müssen sie für jeden etwas bieten und konkurrieren daher mit den vielen kostenlosen Angeboten, wenn es um Kurse für Anfänger geht. Wenn das Kursthema zu speziell wird, ist aber der Kreis der InteressentInnen schnell zu klein, als dass es sich für ein Unternehmen noch lohnen würde.

Craftsy ist meines Wissens die größte Plattform. Angeboten werden Kurse zu allen nur denkbaren Selbermachthemen von sehr grundlegenden Einführungen bis hin zum Speziellen. Oft sind die Kursleiter in den USA bereits durch Buchpublikationen bekannt und echte Experten in ihrem Bereich: wenn es ums Nähen geht zum Beispiel Susan Khalje und Kenneth King. Praktischerweise kann man bei den Filmen selbst Lesezeichen setzen, also Stellen im Video markieren, zu denen man später problemlos zurückspringen kann, um sie sich wieder anzusehen. 

Wie Yvonne über den sechsstündigen Blusenkurs schon schrieb, sollte man bei Craftsy auf keinen Fall den vollen Preis bezahlen, es gibt immer wieder Rabatte. Das Email-Marketing von Craftsy ist allerdings das penetranteste, das ich jemals erlebt habe. Meldet man sich an, um eines der kostenlosen Videos anzusehen, wird man anschließend mit Werbung zugeballert. Falls man tatsächlich einen Kurs buchen will, sollte man die Werbung aber eine Weile ertragen, man bekommt auch Rabattcodes und andere Angebote zugeschickt. Sigrid schreibt ab und zu über Craftsy-Kurse und stellt ihre Kursrezensionen auch bei pattern review ein, sehr nützlich, um einzuschätzen, was einen erwartet. Pattern review bietet übrigens ebenfalls einige Kurse zu Nähthemen an - mit dem Erlös der Kurse wird die Seite refinanziert. Creativebug funktioniert auch so ähnlich wie Craftsy, die Seite und die Projekte wirken in meinen Augen aber etwas moderner, unter den Kursleiterinnen sind z. B. Amy Butler und Natalie Chanin. Man kann zwischen zwei Nutzungsoptionen wählen: entweder einzelne Kurse gezielt buchen, oder man schließt ein Abo über einen, drei oder sechs Monate ab mit uneingeschränktem Zugang zu allen Videos.    

The Amazings ist eine noch relativ neue britische Seite, die das Prinzip "die Oma machts vor" auf den Videokurs übertragen hat: Die KursleiterInnen sind vor allem ältere Menschen. Der soziale Aspekt - Ältere finden eine sinnvolle Aufgabe, ihr Wissen und ihre Erfahrungen werden bewahrt, der Kontakt zwischen den Generationen hergestellt - ist ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensphilosophie. Tatsächlich finde ich die kleinen Porträts der Unterrichtenden sehr charmant, sie wirken persönlich und authentisch. Dabei sind die genähten, gestrickten, gefilzten und gebastelten Projekte trotzdem frisch und modern.

Makerist ist trotz des englischen Namens ein ganz frisches Startup aus Berlin. Anfang September schrieb mich Amber, eine der Gründerinnen an - es ging um Feedback für die Kurse und darum, die Seite bekanntzumachen, die sich noch in der Beta-Phase befindet. Ohne ihre Kontaktaufnahme wäre ich sicher nicht auf Makerist aufmerksam geworden, es war auch der Anlass, mich mit dem Thema Videokurse überhaupt zu beschäftigen und nun aus etwas anderer Perspektive darüber zu schreiben. Irgendwie geschäftlich oder persönlich verbandelt bin ich mit Makerist nicht. Bislang gibt fünf Nähkurse (davon zwei kostenfreie) und zwei Strickkurse, von denen mich keiner so richtig anspricht. Man kann unter Anleitung ein Kleid oder ein Meerschweinchen nähen, oder zum Beispiel ein Lacetuch stricken. Sämtliche Materialien für die Projekte gibt es fertig zusammengestellt als Sets zu bestellen.

Ich denke hier stehen wir wieder vor dem grundlegenden Problem jedes kostenpflichtigen Videokurses: zu einfach und grundlegend darf das Thema wegen der youtube-Konkurrenz nicht sein, sobald es speziell wird, kommt der persönliche Geschmack ins Spiel, und das ist dann auch wieder kompliziert. Wenn ich beispielsweise Lacestricken lernen möchte, mir nun aber das Modell aus dem Kurs überhaupt nicht gefällt, was dann? Es ist bestimmt sehr komfortabel, wenn einen so ein Kurs an die Hand nimmt und den ganzen Porzess von A bis Z begleitet. Aber kann ich davon ausgehen, dass ich zum Beispiel im Kleidernähkurs so viel Grundlagenwissen lerne, dass ich das nächste Kleid nach einem anderen Schnitt dann ohne Kurs nähen kann? Damit ist dann immer der Punkt erreicht, an dem ich zum Buch greife, denn auch Bücher sind geduldiger als Omas.

Wie geht es euch, seid ihr begeisterte Anleitungsvideogucker oder seid ihr auch so ungeduldig wie ich? Habt ihr schon mal eine für euch ganz neue Technik nur durch Videos gelernt, oder bevorzugt ihr Bücher oder echte Kurse? 

Freitag, 29. November 2013

Woche 46+47


Für mich ein seltener Anblick: ein Sonnenaufgang über dem Regierungsviertel. Das passiert mir nur, wenn ich einen wichtigen Menschen in aller Frühe zum Zug bringe.

Aus dem Jerseyfrottee von Lebenskleidung (vor zwei Wochen beim Tag der offenen Tür gekauft) wurde ein Bademantel für den Liebsten, und ich wäre fast schon am Zuschnitt verzweifelt. Der Jerseyfrottee - auf der einen Seite flauschig, auf der anderen Seite wie ein Sweatshirtstoff - ist zwar sehr schön und dick, aber auch sehr dehnbar. Es dauerte ewig, die Streifen gerade auszurichten. Der Frottee hatte einen deutlichen Schrägzug, obwohl er ganz offensichtlich nicht in Runden gestrickt wurde, wie man es von dünnen Jerseys kennt. Ich bin gespannt, wie der Mantel nach einigen Wäschen aussieht. In die Schulternähte habe ich ein nicht dehnbares Baumwollband eingearbeitet, aber ich befürchte, dass sich der Rest des Mantels beim Tragen fröhlich ausbeulen und in alle Richtungen ausdehnen wird. Aber ich habe Lust bekommen, mir selbst auch einen Bademantel zu machen - und in meinem Schnittfundus ein interessantes Modell von 1979 gefunden.

Selbermachlinks der Woche


Zum Nähen I: Dass es mittlerweile so viele Indie-Schnittmusterfirmen gibt und damit für uns Selbermacherinnen eine unglaublich breite Auswahl an Schnittmustern, ist ja wirklich eine tolle Sache. Aber erfüllen wirklich alle Schnittmuster kleiner, unabhängiger Anbieter die hohen Erwartungen? Sinje machte sich in dieser Woche darüber Gedanken und beschrieb ihre koginitive Dissonanz: einerseits möchte man kleine Einzelunternehmerinnen ja vorbehaltlos gut finden und unterstützen - andererseits ist man zu Recht enttäuscht, wenn die Schnitte dann doch vermeidbare technische Mängel aufweisen. Die technische Verlässlichkeit ist einer der Gründe, weshalb ich so viel mit Burdaschnitten nähe - allerdings habe ich in letzter Zeit so viele Indie-Schnittmuster entdeckt, die mir gefallen, dass meine Strategie gerade etwas ins Wanken gerät. 


Zum Nähen II: Möglicherweise hängt der sich abzeichnende Strategiewechsel auch mit der Vorschau der DezemberJanuarburda zusammen, nach deren Durchsicht ich etwas verstört war. Und einen Ohrwurm hatte: "Mein Freund, der Baum". Toll.

Für BerlinerInnen: Mit dem ersten Advent beginnt auch die Saison der Weihnachtsmärkte. In Berlins Mitte wird traditionellerweise jede verfügbare Fläche mit blinkenden Karussels vollgestellt, Teflonpfannen, Gemüsehobel und Socken werden an weihnachtlich dekorierten Marktständen verkauft, dazwischen gibts Glühwein, Chinapfanne und Currywurst. Total stimmungsvoll. Da ziehe ich doch die moderne Form des Weihnachtsmarkts vor nach dem Prinzip: Coole Lokation, junge Designer, elektronische Musik, auch wenn das mit Weihnachten nicht mehr viel zu tun hat. Und in den Randbezirken Berlins gibt es tatsächlich auch noch kleine, feine traditionellere Märkte, wo das Kunsthandwerk wirklich Handwerk ist und keine chinesische Massenware. Eine Auswahl:

Moderne Weihnachtsmärkte
  • Weihnachtsmarkt auf dem Klunkerkranich (28.11.-1.12): Der Klunkerkranich, das Dachgartencafe auf den Neukölln-Arcaden an der Karl-Marx-Straße, bietet einen tollen Blick über die Dächer Neuköllns, und am Wochenende ab 12.00 Uhr eben auch einen kleinen Weihnachtsmarkt, zugleich wahrscheinlich eine der letzten Gelegenheiten in diesem Jahr, Neukölln von oben zu betrachten. 
  • Das Weihnachtsrodeo (7./8. 12 und 21./22. 12): Der Designweihnachtsmarkt findet dieses Jahr an einem besonders interessanten Ort statt: in einem ehemaligen Kaufhaus an der Brunnenstraße/Ecke Invalidenstraße. Am 2. und 4. Adventswochenende ab 12.00 Uhr. (Eintritt*)
  • Voodoo Market (7. 12.): Kleiner alternativer Weihnachtsmarkt auf dem ehemaligen Bahngelände "Urban Spree" an der Warschauer/Ecke Revaler Straße - (Eintritt 1€).
  • Nowkoelln Flowmarkt (1.12. + 14./15.12.): Der sympathische Flohmarkt am Maybachufer findet in diesem Jahr zum letzten Mal am 1. Dezember statt. Am dritten Adventswochenende zieht er als Weihnachtsmarkt mit Livemusik und handgemachten Sachen auf die andere Seite des Landwehrkanals ins Umspannwerk an der Ohlauer Straße. (Eintritt*)
  • Design Pop-up-Shop im Tschechischen Zentrum (12.12.-14.12): Vor allem Glas und Porzellan junger Designer aus der Tschechischen Republik, das in Deutschland sonst nirgends erhältlich ist, wurde für den Pop-up-Shop ausgewählt. 
  • Holy Shit Shopping (14./15. 12.): Mit dem Holy Shit Shopping begann vor Jahren der Trend der Designweihnachtsmärkte - mittlerweile eine große und profitable Veranstaltung, die durch Hamburg, Köln, München und Berlin tourt. In Berlin macht der Markt wie immer im Postbahnhof am Ostbahnhof Station (Eintritt 4€).
  • Handmade Supermarket (15. 12.): Einmal im Monat zeigen in der Kreuzberger Markthalle 9 Designer aus der Region ihre Produkte - die Weihnachtsausgabe am 15. macht dabei keine Ausnahme. 
Traditionelle Märkte
    • Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt (6.-8.12.): Auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Richardplatz, einem der idyllischsten Orte Neuköllns, verkaufen auch viele Initiativen aus dem Kiez Selbstgemachtes, das Bühnenprogramm wird von den ansässigen Kirchgemeinden und Musikschulen bestritten, und das Böhmische Dorf ist sowieso einen Besuch wert. 
    • Weihnachtsmarkt auf der Domäne Dahlem (alle Adventswochenenden): Auf dem Gelände des Ritterguts und jetzigen Freilichtmuseums  wird hochwertiges Kunsthandwerk angeboten, die Stände wechseln jedes Wochenende. Die Dauerausstellung ist ebenfalls geöffnet, jede Stunde gibt es eine kostenlose Führung durch das Herrenhaus. (Eintritt 2€)
    • Künstler-Weihnachtsmarkt am S-Bahnhof Mexikoplatz (alle Adventssonntage): Hier werden beileibe nicht nur Bilder angeboten, sondern auch Schmuck, Porzellan, Hüte, Genähtes, Getöpfertes - etwas traditioneller und weniger designbetont als auf den modernen Märkten. Aber das ist auch mal interessant - die Sachen kennt mna garantiert noch nicht aus dem Internet.

    Montag, 25. November 2013

    Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Ist es Superman? - Nein, es ist Miss Marple! Eiger-Nordwand-Knitalong-Finale


    "Kann man damit fliegen?" Solche Fragen musste ich mir vom Liebsten stellen lassen, als ich mein neues rotes Strickcape das erste Mal trug. Pöh. Dabei wissen wir doch alle, dass Miss Marple alles kann! Und Miss Marple war im Eiger-Nordwand-Jodel-Knitalong, den die Sachenmacherin organisiert hatte, meine Inspiration: was würde Miss Marple anziehen, wenn sie es in einem neuen Fall in die Alpen verschlagen würde?


    Meine Antwort: ein geknöpftes Strickcape aus dicker, roter Wolle, ein angelsächsisch-alpines Crossover. In der Schnittform richtete ich mich nach diesem Cape bzw. Poncho von Drops Design, kombinierte es mit einem Rauten-und-Noppenmuster aus einem meiner Strickbücher und rechnete mir die Abnahmen neu aus. Mit Nadelstärke 8 preschte ich fröhlich voran und hatte den den Aufstieg zum Gipfel bald geschafft. Die Rippenkante vorne wurde zum Schluss angestrickt. 


    Das Cape trägt sich sehr gut als Schalersatz, wärmt prima und gibt meiner Kollektion dunkler bis schwarzer Winterjacken und -mäntel eine fröhlichere Note.


    Verbrauch: etwa 700g, verstrickt mit Nadeln 8 - zur Lauflänge des Garns kann ich leider nichts sagen, da ich es ohne Banderolen geschenkt bekam. Ich ärgere mich ein bißchen, dass ich das Strickmuster nicht sorgfältiger mitschrieb, denn neben Komplimenten heimste ich auch schon konkrete Nachstrickwünsche ein - aber weder kann ich dieses Cape reproduzieren, noch kann ich genau angeben, wie es gestrickt wurde. Die Abnahmen sind vor allem in den kraus-links-Partien zwischen den Rauten, hauptsächlich im Schulterbereich, rechts und links einer imaginären Raglannaht von der Achsel zum Halsansatz. Die oberste Rautenreihe ist schmaler, so dass darin nur eine Riesennoppe Platz hatte.


    Von dem leichten Aufstieg ermutigt, machte ich mich an ein zweites alpines Projekt, vor genau einem Jahr schon geplant, aber nicht umgesetzt. Aus einem Wollstoffrest und ein paar Borten aus dem damals gerade frisch eröffenten Nähkontor wurde ein Rock, der das Prinzip "Folklorerock" offenbar so gut getroffen hat, dass ich sogar gefragt wurde, ob es sich um einen "echten" Trachtenrock handeln würde. 


    Der Schnitt ist im Prinzip der gleiche wie beim Laserblumenrock: Die Passe von 121 aus Burdastyle 3/2013, daran ein unregelmäßig in Falten gelegter Stoffstreifen, etwa 1,30 m lang und 50 cm hoch, mehr gab der Rest nicht her.


    Eine weitere Borte am Futtersaum...


    ... und die Innenseite der Passe aus einem geblümten Viskosestoff aus dem Fundus von Julia. Vielen Dank noch einmal - der Stoff passt perfekt zu den Borten. Überhaupt war das Borten-Aufnähen ein großer Spaß: man muss fast nichts tun, und es macht trotzdem gleich richtig was her. Geringer Aufwand, große Wirkung - das verlangt nach einer Wiederholung.

    Von dem Doppelerfolg beflügelt, machte ich mich dann noch an ein drittes Projekt, bei dem ich mich allerdings gehörig verstieg und eine Weile orientierungslos am Berg herumirrte. Beim vorletzten Termin am Wasserfallkamin hatte ich die Bescherung schon gezeigt (den Termin am Quarzriss verbrachte ich ohne Seil im Delirium!): Zwei nicht gut harmonierende Garne und so ein Einstrickmuster ist kaum noch zu erkennen. Vor ein paar Tagen find ich mit neuer Ausrüstung (Drops Alpaca) neu an, und werde jetzt auf jeden Fall durchhalten müssen, denn meine Handschuhe der letzten Jahre sind endgültig durch und es wird kalt. Das Muster fällt auch deutlich besser aus. Ich stricke mit Nadelstärke 3, vielleicht etwas zu locker, aber das wird sich dann ja herausstellen. Diese Handschuhe werden jetzt fertiggestrickt, um überhaupt erst einmal Erfahrungen zu sammeln.

    Frau Sachenmacherin sammelt die tapferen Bergsteigerinnen, die bis jetzt durchgehalten haben, heute hier. Auch wenn einige vorzeitig aufgegeben haben und die Anstrengung ihre Spuren hinterlassen hat: es war sehr schön. Ohne die unermüdliche und vorbildhafte Kletterei unserer Bergführerin, die in der Zeit, in der andere einen halben Jackenärmel strickten, zweieinhalb Trachtenpullover und -jacken anfertigte und nun zu Recht ein wenig sprachlos ist, wären wir alle nicht so weit gekommen. Vielleicht nehmen wir uns für nächstes Jahr eine etwas leichteren Ausflug vor - oder wir fahren gemeinsam ans Meer und stricken uns Matrosenpullover.

    Sonntag, 24. November 2013

    Stoffspielerei im November: Schneeflocken-Untersetzer

    Das Thema der Stoffspielerei vom November habe ich ein bißchen verfehlt: Griselda schlug vor, wir sollten aus einem unserer Anleitungsbücher ein Projekt umsetzen  - oft kauft man ja bloß Bücher, ohne sie jemals zu benutzen - und brachte selbst das neueste Buch von Alabama Chanin ins Spiel. Das Buch habe ich ja auch, und sogar schon ab und zu davon inspirierte Projekte verwirklicht.



    Die November-Stoffspielerei kam dann ohne einen einzigen Blick in dieses oder ein anderes Buch zustande. Der assoziative Gedankengang von Alabama Chanin, einer Firma für Textilprodukte, die vor allem für handgenähte Applikationen mit Jerseystoffen bekannt ist, zu maschinegenähten Filzuntersetzern verlief ungefähr so: Beim Abwischen der Wohnzimmertischchen vor zwei Wochen wurde mir der dringende Bedarf an Untersetzern bewusst - diese Ringe überall! (Die Möbelpolitur habe ich übrigens bis jetzt noch nicht rausgekramt, obwohl ich das damals gleich machen wollte, fällt mir gerade auf.) Hm, Untersetzer im Stil von Alabama Chanin - also mit Applikationen - aber aus Jersey? Was könnte man denn noch für Materialien nehmen? Was habe ich überhaupt da? Die selbstgenähte Laptophülle aus grauem Filz könnte ich ja mal ausschlachten - den Laptop gibt es gar nicht mehr. Der Filz wäre ja ein gutes Untersetzermaterial. Aber Jersey draufapplizieren? Vielleicht anderen Filz nehmen? Aber das dann mit der Hand nähen?

    Als Vorlage für die Muster habe ich in Scherenschnitt-Manier "Schneeflocken" geschnitten, also erst aus Papierkreisen, mehrfach gefaltet, Muster geschnitten und diese Muster auf die Papierseite vom Vliesofix übertragen.



    Ich kann dazu auch noch eine genauere Anleitung nachliefern, falls gewünscht, denn die Untersetzer könnte man sogar an Leute verschenken, die Handarbeit ansonsten nichts abgewinnen können, denke ich. Aber nicht in vorweihnachtlicher Hektik und Nervenzerrrüttung nähen, dann wird das garantiert nichts mit dem Aufsteppen!

    Alle Stoffspielereien sammelt heute Griselda. (Nächster Termin am 29. 12. bei frifris.)

    Freitag, 22. November 2013

    Drops-Wolle in Berlin: Wollreich und Liljedal Verkhus

    In Berlin gibt es wieder Wolle von Drops! StrickerInnen werden wissen, dass die Garne der norwegischen Firma in Deutschland nur in wenigen Läden angeboten werden. Ich nehme an, der Verzicht auf ein dichtes Händlernetz senkt die Kosten und erklärt auch die relativ geringen Preise der Wolle. Im letzten Jahr gab es für kurze Zeit einen Wollladen in Neukölln, der Wolle von Drops führte, mit der Inhaberin wurde ich aber überhaupt nicht warm (ich sage vorbeugend, dass das sicher an mir lag), also habe ich die Wolle dann doch meistens bestellt. Aber viel schöner ist es natürlich, die Wolle direkt anfassen zu können und die Farben vor sich zu sehen, und natürlich ist es sinnvoll, kleine Einzelhändler dort zu unterstützen, wo man wohnt. Und in dieser Hinsicht hat sich in Berlin nun einiges getan: Zwei neue Geschäfte, in Charlottenburg und Liljedal in Alt-Treptow, haben das Garn im Programm.
    Spätere Ergänzung: Im Wollreich in Charlottenburg gibt es nun kein Garn von Drops mehr, dafür aber in einem Laden in der Brunnenstraße, Handsache Berlin.

    Wollreich Charlottenburg



    Das Wollreich ist ein netter kleiner Laden in der Knobelsdorffstraße um die Ecke von der Sophie-Charlotten-Straße. Schurrmurr hatte im Frühjahr hier schon darüber geschrieben, ich habe nur bis jetzt gebraucht, um mich in den Westen der Stadt aufzumachen.

    In erster Linie trieb mich Baby Merino in Schwarz dorthin, denn einer angefangenen Strickjacke fehlt noch immer der zweite Ärmel - nur gab es zwar Baby Merino in vielen schönen Farben, doch Schwarz war leider nicht darunter. Aber das war nicht so schlimm, denn davon abgesehen finde ich die Garnqualitäten gut ausgewählt, es gibt dickeres wie dünneres, Mohair, Merino, Alpaca und Baumwolle, alle Garne und alle Farben kann ein Laden mit begrenztem Platz nun mal nicht vorrätig haben. Es gibt schon genug Aha-Erlebnisse, wenn man zum Beispiel einige Drops-Alpaca-Farben wirklich in der Hand hält und nicht nur die Farbkarte im Internet anstarrt. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass Farbe 3969 "rot lila" ein wunderbares, sattes, blaustichiges Dunkelrot ist. Welche Drops-Garne das Wollreich führt, findet man hier auf der Händlerliste.

    Neben Drops gibt es auch Wolle von einigen anderen Herstellern, zum Beispiel Zauberbälle von Schoppel, Mohairgarn von ggh, Seidengarn von Bergère de France, außerdem natürlich Stricknadeln, Maschenmarkierer und Anleitungshefte.

    Wollreich
    Knobelsdorffstr. 43
    14059 Berlin

    geöffnet: DI 10.30-18.00 Uhr, MI-FR 10.30-18.30 Uhr, SA 11-15.00 Uhr

    Haltestellen:  Messe Nord oder Westend (S 41/42) oder Sophie-Charlotte-Platz (U2)

    http://www.wollreich-berlin.de/

    Nicht ganz zum Woll-Thema passend, aber nur wenige Schritte vom Wollreich entfernt, gibt es noch ein Selbermach-Lädchen, das Schurrmurr auch schon mal erwähnt hatte.


    An Wunderschick fand ich zuerst einmal das winzige, dreieckige Lädchen selbst faszinierend - es ist ein kleiner Anbau in einem Winkel zwischen zwei Wohnhäusern. Neben herzigem Schnickschnack, Postkarten, Bildern, kleinen Möbeln und Genähtem werden dort auch Selbermach-Kurse abgehalten, Stricken und Häkeln, oder am 21. Dezember ein aller-allerletztes Weihnachtsgeschenkebasteln. Leider war geschlossen, als ich vorbeikam - am besten erfährt man wohl im Wunderschick-Blog, was so los ist.

    Liljedal Verkhus



    Der zweite Berliner Laden mit Drops-Garnen, das Liljedal Verkhus Handarbeits-Atelier, eröffnete letzten Freitag quasi vor meiner Haustür. In meinem Kiez!

    Ich muss etwas ausholen, warum das so unglaublich ist: niemals, wirklich niemals hätte ich vor gut sechs Jahren mit sowas gerechnet, als der Liebste und ich in diese Gegend zogen. Meine Straße war eine lange, graue Straße mit heruntergelassenden Rolläden. Die Gegend, früher auf östlicher Seite im Schatten der Mauer gelegen, wirkte entvölkert und immer noch wie abgeschnitten vom Rest der Welt. (Was die Internetverbindung betrifft, ist das übrigens noch nicht viel besser geworden). Fast alle Geschäfte standen leer. Ein bißchen deprimierend war es schon da draußen, aber dafür waren der Landwehrkanal, die Spree, der Görlitzer und der Treptower Park nicht weit, und man gelangte schnell nach Kreuzberg, Mitte oder andere aufregendere Orte. Wir hatten den richtigen Riecher, denn mittlerweile ist es bei uns richtig nett geworden. Und ein Wollladen vor meiner Haustür ist natürlich die Krönung!

    Ich war sehr gespannt - dass in dem Geschäft gewerkelt wurde, war mir schon vor zwei, drei Monaten aufgefallen. Dann tauchten Blumenkübel vor der Tür auf, ab und zu waren die Rolladen hochgezogen und ich konnte einmal ein paar Nähmaschinen erspähen. Die Chefin des Lieblingsrestaurants erzählte mir vor ein paar Wochen ganz begeistert, dass sie dort Wolle gesehen habe - Wolle! Vor kurzem wurde das Schild mit der vielversprechenden Aufschrift "Handarbeits-Atelier" montiert - und als ich am letzten Wochenende den großen Aufkleber "Autorisierter Drops-Händler" auf dem Briefkasten sah, wäre ich am liebsten in Ohnmacht gefallen.            


    Das Liljedal Verkhus ist tatsächlich sowohl Woll- als auch Nähladen: neben Drops-Wolle gibt es eine kleine, feine Auswahl Westfalenstoffe, Schrägbänder und anderes Nähzubehör. Im Nebenraum stehen schon einige Nähmaschinen bereit - im nächsten Jahr soll es hier auch Kurse geben. Das kommt aber alles erst nach und nach, im Sommer wird die Tochter der Inhaberin mit einsteigen, dann werden die Öffnungszeiten verlängert, und das Stoffangebot soll sich nach Möglichkeit vergrößern, so erzählte mir die Besitzerin. Wie sich der Laden entwickelt, hängt natürlich davon ab, wie er bei uns im Kiez angenommen wird. Ich setze große Hoffnung in meine Nachbarinnen und Nachbarn und kaufte am Mittwoch gleich mal drei Knäuel Wolle.

    In der Drops-Händlerliste wird das Liljedal Verkhus im Moment noch nicht aufgeführt - ich erinnere mich an die Garnsorten Merino extra fine, Big Merino, Karisma, Lace, Andes, Fabel, Nepal, Safran, das neue Cotton-Merino und das neue, mohairartige Alpaca-Silk. (Sobald es einen Händlereintrag mit Garnliste gibt, verlinke ich ihn hier). Ergänzt: hier ist der Händlereintrag mit Garnliste.


    und die aktuellen Öffnungszeiten (Stand 12. 12. 2013):
    MI, DO 15.00-19.00 Uhr
    SA 10.30-15.30 Uhr

    Liljedal Verkus Handarbeits-Atelier
    Karl-Kunger-Str. 9
    12435 Berlin

    Geöffnet zur Zeit MI und FR Nachmittag und Samstag
    Haltestelle: Treptower Park (S41/42) oder Herrmannplatz (U7/U8) und weiter mit dem Bus 194 bis Lohmühlenstraße.

    http://liljedal.de/

    Sonntag, 17. November 2013

    Weihnachtskleid-Sewalong I


    Weihnachten kommt für mich immer so überraschend! Ich weiß aus erster Hand von Leuten, die schon seit Wochen Pläne für das Weihnachtskleid schmieden, schon vor Monaten vorausschauend Stoff kauften und die nun bestens präpariert in den mittlerweile traditionellen Weihnachtskleid-Sewalong starten können. Nicht so ich. Den ersten Gedanken an das Weihnachtskleid verschwendete ich Dienstag Abend, als ich erfuhr, dass der Sewalong im Blog vom Me made Mittwoch beim Mittwochsbeitrag schon mal angekündigt werden sollte. Was, war es also schon wieder so weit? „Ich habe keine Idee!“ war der erste, „Ich habe keinen Stoff!“ der zweite und „Ich habe keine Zeit“ der dritte Gedanke, die mir durch den Kopf schossen.

    "Kein Stoff" ist natürlich unendlicher Blödsinn [Gelächter vom Band bitte dazudenken], die Idee entwickelt sich meistens aus dem Material, nur der Zeitmangel ist derzeit nicht ganz von der Hand zu weisen. Daher präsentiere ich für heute erstmal hochfliegende Pläne, was davon umzusetzen ist, wird sich zeigen. 


    Also: ich habe da noch gut drei Meter leichten, karierten Kleiderstoff mit Wollanteil in weihnachtlichem rot-grau-schwarz. Ein sehr toller Stoff, der schon seit Anfang 2012 bei mir lagert. Nachdem der Fabrikverkauf vor einigen Wochen aber noch viel schönere Stoffe erbracht hat, bin ich eher geneigt, die älteren schönen anzuschneiden. Für das Karo schwebte mir jedenfalls schon lange ein Schnitt vor, bei dem das Karo durch Raffungen oder Falten aufgebrochen wird. Sowas wie Kleid 108 aus Burdastyle 3/2012, ein Kleid aus Webstoff mit einem zum Knoten geschlungenen Oberteil.

    Bei dem Schnitt kome ich nicht um ein Probeteil herum, um herauszufinden, wie und wo der Knoten wirklich sitzt, außerdem ist das Schnittmuster eine Langgröße, und Ärmel (dreiviertellange?) sollte mein Kleid auch bekommen. Da ich die Nähanleitung nicht ganz verstehe, wäre es ohnehin gut zu wissen, welches Teil wohin kommt, weil ich beim Zuschneiden ja das Karo platzieren muss. Ich habe eine relativ genaue Vorstellung, wie das später aussehen soll – nämlich wahnsinnig schick nach Vivienne Westwood! Oder Alexander McQueen! Bei Pinterest habe ich zum Beispiel auf diesem Board einige Inspiration gefunden.

    Jetzt bin ich aber gespannt, ob es beim Weihnachtskleid-Sewalong noch mehr Karokleider geben wird - Katharina sammelt die Teilnehmerinnen im Me-made-Mittwoch-Blog.  


    Donnerstag, 14. November 2013

    Woche 45


    So eine Woche voller schlechter Nachrichten in meiner Umgebung habe ich noch nie erlebt - ich würde es sehr begrüßen, wenn das auf absehbare Zeit jetzt erstmal alles gewesen wäre. Noch dazu fühlt sich die Arbeit an, als müsste ich eine Wanne voll Gedanken-Fleischsalat ordnen: alle Wurststreifen schön parallel zueinander ausrichten und aus den Gurkenwürfeln wieder intakte Gurken zusammenpuzzlen. Das deprimiert. Ich schleppte mich auch mehr schlecht als recht durch die Woche, besuchte den Tag der offenen Tür bei Lebenskleidung und brachte - wenigstens ein Erfolg zum Anfassen - sehr ansehnliche Paspeltaschen zustande.

    Lebenskleidung ist ein Großhandel für Bio-zertifizierte Stoffe, vor allem hochqualitative Jerseys und Sweatshirtstoffe. Normalerweise gibts die Stoffe also nur ballenweise für Großabnehmer, aber am letzten Samstag konnte man in der Kreuzberger Fabriketage der Firma alle Qualitäten befühlen und auch in kleinen Mengen kaufen. Ich ging mit drei Metern blau-weiß gestreiftem Strickfrottee nach Hause, aus denen ein Bademantel für den Mann werden soll, und mit der Idee, hier demnächst einmal einen Artikel über Biostoffe in Berlin zu schreiben. 

    Die Paspeltaschen (nach der vortrefflichen Anleitung von Stella) gehören zum Rock 130 aus Burdastyle 8/2013, der nicht gefüttert wird, daher fasste ich die Nahtzugaben mit Schrägband aus Futterstoff ein und verwendete dabei zum ersten Mal fertig vorgeschnittenes Schrägband aus dem Fabrikverkauf. Geiles Zeug! Mit dem exakt 2,5 cm breiten Band wird die Einfassung wie von selber super ordentlich, mal ganz abgesehen davon, dass das Schneiden von Schrägbändern aus flutschigem Stoff sowieso nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört.  

    Und das letzte Bild - das war (natürlich) in Neukölln. Wer sagt denn, dass man einen Möbelwagen braucht, solange es die U-Bahn gibt?

    Handarbeitslinks der Woche:

    Zum Nähen: Colette Patterns brachte zwei neue Schnitte heraus und lancierte damit gleichzeitig eine neue Linie mit Schnittmustern für Männersachen. Neu sind der Dufflecoat Albion (auch in Frauengrößen) und die Tasche Cooper, die als Umhängetasche, Rucksack und Fahrradtasche funktioniert. Die Tasche gefällt mir, für den Dufflecoat sehe ich in nächster Zeit hier keinen Bedarf - aber grundsätzlich begrüße es sehr, wenn die Indie-Pattern-Designer nun ihr Angebot auf Männerkleidung ausweiten. Nicht nur, weil einige Selbermacherinnen für ihre Männer, Söhne, Neffen nähen wollen, sondern weil es auch nähende Männer gibt, denen nun endlich mehr geboten wird, als mal ein Hemd oder eine Hose bei den großen Anbietern. Die Kanadische Firma Thread Theory hat sich sogar ganz auf Schnittmuster für Männerkleidung spezialisiert. 

    Zum Stricken: Komischer Zufall - heute erschien auf SpOn ein Artikel über die Pariser Modedesignerin Elsa Schiaparelli, die große Konkurrentin Coco Chanels in den 1930er Jahren. Vor zwei Tagen schon stieß ich zufällig auf die Anleitung für Schiaparellis Schleifenpullover, das Paradestück, mit dem sie in Paris den Durchbruch schaffte. Ich bin Feuer und Flamme für dieses Teil, das in meiner Strick-Wunschliste gleich nach ganz oben gewandert ist. Als Material kommt nur eine besonders weiche Sockenwolle in Frage (falls es das gibt), und dann muss ich mir überlegen, ob ich den Pullover strikt nach Anleitung in der "armenischen" Stricktechnik stricke, wie sie in der Anleitung genannt wird, oder ob ich nur das Einstrickmuster für die Schleife nehme und mir drumherum meinen eigenen Pullover nach meinem eigenen Schnitt ausrechne. 

    Habt ihr schon mal vom Armenischen Stricken gehört? Gibt es dafür eine deutsche Bezeichnung? Im Englischen scheint das ein bekannter Terminus zu sein, 2010 ist ein Buch dazu erschienen, Armenian Knitting von Meg Swansen und Joyce Williams. Wenn ich die Beschreibung beim Schleifenpullover richtig verstanden habe, dann handelt es sich um eine Technik des zweifarbigen Strickens, bei der die gerade nicht benutzte Farbe auf der Rückseite mitläuft und in regelmäßigen Abständen mit dem Arbeitsfaden verschlungen wird. Es entstehen auf der Rückseite also keine längeren Spannfäden. Das Gestrickte ist anscheinend ziemlich dick und etwas weniger dehnbar als glatt rechts Gestricktes. Auf der Vorderseite blitzt die nicht benutzte Farbe immer ein bißchen durch, was einen leicht unregelmäßigen Tweed-Effekt ergeben soll. 

    In der Projektgalerie bei ravelry erkennt man die Unterschiede zwischen armenisch gestrickten Schleifenpullovern und den Schleifenpullovern in Intarsientechnik sofort: bei ersteren wirkt das Muster nicht so hart, das Schwarz ist nicht richtig schwarz - bei den Intarsienpullovern kommt die Schleife besser heraus, wirkt aber auch lauter und plakativer. Ich weiß noch nicht, was mir besser gefällt.

    Zum Kennenlernen: Wer beim Nähwochenende in Bielefeld im Januar wie ich nicht zum Zuge gekommen ist, der bekommt im Frühjahr vielleicht doch noch die Gelegenheit, die Stadt zu besuchen, die es eigentlich gar nicht gibt: Die Bielefelder Nähbloggerinnen Frau Knopf, Mema, Dasbürofürschönedinge und Bunte Kleider würden ein Nähbloggertreffen im März organisieren, mit Kulturprogramm, Stoff-Fabrikverkauf und allem drum und dran, wenn sich Interessentinnen dafür fänden. Klingt gut? Finde ich auch! Schaut euch doch mal hier z. B. bei Frau Knopf die Details an