Donnerstag, 27. November 2014

Hosen-Herbst - die erste Probehose oder: Fast so schlecht wie gekauft.

Was wurde aus meinen Hosenplänen zum Hosen-Herbst? Zur Erinnerung: FrauCrafteln hatte den Hosen-Herbst ausgerufen, als kollaborative Wissenssammlung rund um die Themen Hosenformen, Hosenschnitte, Hosenpassform, Hosenverarbeitung. Jeden Monat werden Beiträge zu einem bestimmten Thema gesammelt.

Vor ein paar Wochen nahm ich auch endlich die erste Hose seit etwa sechs oder sieben Jahren in Angriff und hatte schnell etwas aus braunem Cord produziert, das einer durchschnittlich schlecht sitzenden Kaufhose ähnelt. Ich finde das schon deprimierend: bei Röcken und zunehmend auch bei Oberteilen habe ich es im Laufe der Jahre gelernt, mit überschaubaren Änderungen gut passende und bewegungsfreundliche Teile zu produzieren, die mit Gekauftem überhaupt nicht zu vergleichen sind. Selbst genähte Röcke, Kleider, Mäntel, Oberteile sind Kaufkleidung in der Preisklasse, die ich mir leisten könnte, in jeder Hinsicht überlegen. Bei Hosen werde ich wieder auf den Anfängerstatus zurückgeworfen. Das ist hart. 

Den Schnitt hatte ich etwa 2004 von einer verhältnismäßig gut sitzenden gekauften Hose aus Cord abgenommen. Denn wenn ich mal zurückdenke: eine Liebesaffäre war das mit den Hosen und mir noch nie. Meine Hosenerfahrungen sahen immer so aus, dass ich pro Einkaufsversuch etwa 20 verschiedene anprobierte, um dann die am wenigsten schlecht sitzende zu kaufen. (Ja, "die am wenigsten schlecht sitzende". Es verbietet sich, in diesem Zusammenhang von einer "gut sitzenden" oder gar von "der am besten sitzenden" Hose zu sprechen!) Wenn die Hose an den Oberschenkeln einigermaßen passte, konnte ich vorne am Bund immer noch jemanden mit reinnehmen, es war zum Verzweifeln.

Das Nachnähen von Kaufhosen erleichterte dann eine Weile mein Leben. Allerdings machte ich schon vor ein paar Jahren die Erfahrung, dass das Material einen sehr großen Anteil daran hat, wie die Hose ausfallen wird. Die letzte, etwa vor vier Jahren aussortierte Hose mit dem hier verwendeten Schnitt war zum Beispiel aus einem Baumwollcord mit Elasthananteil genäht, der sich nach einer halben Stunde auf dem Sofa perfekt an die Körperformen anpasste. Der jetzt verwendete braune Cord ist zwar schmiegsam, aber nicht im mindesten elastisch und durch den Polyesteranteil neigt er weniger zum Ausleiern.

Nach dem Zusammennähen war die Hose also erstmal zu eng. Da das letzte überlebende Exemplar nach diesem Schnitt schon seit Jahren in textilen Recyclingkreisläufen verweilt, ließ sich nicht überprüfen, ob die Enge auch noch auf Figurveränderungen meinerseits zurückzuführen ist - ich vermute: ja. Aber, wie sagt man so schön: So lange noch Nahtzugabe da ist, ist auch noch Hoffnung da.


Ich ließ die Nahtzugaben aus, wobei die Zugabe der Vorderhose nicht ganz ausreichte, um eine senkrecht verlaufende Seitennaht zu erzielen, an einer Stelle wird sie immer noch nach vorne gezogen. Beim Ansetzen des Bundes (der zu schmal und schlecht verstärkt ist), erging ich mich in lustigem Hin- und Herändern: zu weit, immer noch zu weit, nur noch hinten zu weit, annehmbar. Nach kurzem Probetragen - der Zustand ist auf dem Foto abgebildet - ist die Hose obenrum wieder zu weit, das bleibt jetzt aber erstmal so, ich schaue mir die Passform nochmal genauer an, wenn die Hose frisch gewaschen ist. 

  
Die Passform der Rückseite entspricht ungefähr dem, was ich von einer gekauften Hose erwarten würde. Als ich die Fotos gemacht hatte, fand ich den Anblick zuerst so scheußlich, dass ich nicht sicher war, ob ich diesen Zustand wirklich hier dokumentieren wollte.

Dass ich inzwischen etwas Abstand gewonnen habe und die Falten nicht mehr so schlimm finde, liegt nicht nur an FrauCraftelns klugem Artikel und ihre Argumentation für mehr Gelassenheit und weniger Hosen-Perfektionismus, sondern auch daran, dass ich seit Wochen die Hosenpassform bei fremden Menschen auf der Straße (und bei Menschen in meiner Umgebung) begutachte. Als eine meiner Schreibtischnachbarinnen, eine sportliche Größe 36, Modedesignerin und Schnittdirectrice (also: superschlank und vom Fach) neulich den Geschirrspüler ausräumte, in einer relativ weit geschnittenen Kaufhose, die auf der Rückseite ein einziges, wüstes Faltengebirge zeigte, hatte ich ein Aha-Erlebnis. Wer bin ich, mich über meine moderaten Querfalten in der Selbstgenähten aufzuregen, wenn eine zum Perfektionismus neigende Expertin nichts dabei findet, in einem Faltengebirge unter Leute zu gehen?

Natürlich lässt sich die Passform meines Hosenschnittes noch verbessern, und darauf werde ich im Laufe der Zeit in den nächsten Versionen hinarbeiten. Ich werde zunächst die größten Änderungen auf den Schnitt übertragen, herausfinden, womit ich den Bund am besten verstärke, darauf achten, dass ich den Reißverschlussuntertritt nicht zu kurz zuschneide (ein Fehler bei dieser Hose), und mich in Trippelschnitten der Verbesserung annähern.

Perfekte Hosen werden nicht an einem Tag genäht - und wer sagt, dass es die perfekte Hose überhaupt gibt? Ich glaube nämlich, FrauCrafteln hat recht, wenn sie sich und uns fragt, ob die angebliche "perfekte Hose" nicht nur eine verklärte Erinnerung ist. Selbst bei diesem relativ stabilen Cord hier veränderte sich die Passform schon innerhalb einer halben Stunde. Was wäre also "perfekt": ein Hose, die gleich nach dem Anziehen faltenfrei passt? Eine Hose, die nach einer Stunde faltenfrei passt? Eine Hose, die im Stehen perfekt sitzt? Eine Hose, mit der ich bequem auf dem Sofa herumhängen kann? Das sind wiedersprüchliche Anforderungen, die eine einzige Hose gar nicht erfüllen könnte! Also: eine ganz gute Hose zu nähen reicht vorerst aus. Und wenn ich an die vergangenen Hosenkaufdramen zurückdenke, die in Umkleidekabinen vergeudete Zeit und den Frust, dann bin ich mit der Cordhose gut dran: so eine Hose hätte ich damals gekauft und wäre damit sehr glücklich gewesen.

Mittwoch, 19. November 2014

Mit Dakota II beim Me-made-Mittwoch


Heute bin ich mal wieder Gastgeberin beim Me-made-Mittwoch. Ich trage ein gerade fertiggestelltes Dakota-Kleid (Dakota Shawl Collar Dress) nach einem Schnitt von named clothing aus Finnland. Über die Tücken des Schnitts hatte ich hier bei der ersten Version schon geschrieben. Kurz gefasst: bei nicht-elastischem Stoff kommt man nicht ohne Reißverschluss rein, und die Ärmel sind recht eng.

Letzteres ist für mich gerade richtig und aus meiner Sicht einer der Pluspunkte des Schnitts, je nach Arm kommt das aber manchmal eben nicht hin. Beim BürofürschöneDinge, der Sachenmacherin und  BunteKleider gabs in den letzten zwei Wochen auch Versionen des Schnittes - wie man sieht, funktioniert Dakota in ganz unterschiedlichen Stoffen.


Dass die Passform außerdem je nach Material sehr unterschiedlich ausfallen kann, habe ich bei diesem Kleid auch gemerkt. Dakota I nähte ich aus einem mitteldicken Wollköper, der für seine Dicke aufgrund der Webart recht schmiegsam ist. Außerdem - das lernte ich am Sonntag bei einem Besuch in einem Webatelier hier in Berlin - sind Gewebe aus Wolle immer ein ganz klein wenig elastisch, weil die Wollfaser elastisch ist, im Gegensatz zu Stoffen aus Baumwolle oder Leinen. Das Karo-Dakota sitzt auch um einiges enger als das Wollkleid, oder zumindest ist das Tragegefühl anders.

Grundsätzlich aber scheine ich mit Dakota den für mich in jeder Lebenslage passenden, wandlungsfähigen geht-immer-Kleidschnitt gefunden zu haben (oder ist das nur eine halbbewusste Taktik, mit der ich vor mir den für mich hohen Preis des Schnittmusters rechtfertige?): ich mag den geschwungenen Saum, die Taschen sind ungeheuer praktisch, ich ziehe mich in Herbst und Winter gerne in mehreren Schichten an -  und ich hätte gerne noch ein Exemplar aus einem schönen einfarbigen Wollkrepp und eines aus fließender Viskose, die sicher wieder ganz anders ausfallen und ganz anders wirken würden. Selbstgemachte Kleider gibt es jetzt wieder beim Me-made-Mittwoch. Ich bin gespannt, ob heute wieder Dakotas dabei sind, denn der Schnitt steht bei einigen Bloggerinnen auf der Nähwunschliste.

Samstag, 15. November 2014

Wochenrückblick: Frühling im Herbst, erste Stiche am Stoffwechsel-Rock und die Handarbeitslinks der Woche

In den ersten Novembertagen hatten wir die irrsten Sonnenuntergänge und immer noch schönstes Wetter. Das setzte mich ein wenig unter Druck, so viel Zeit wie möglich draußen zu verbringen, denn graue Tage, an denen man nicht vor die Tür gehen mag, wird es noch genug geben. Für die Nachwelt muss festgehalten werden, dass man in Berlin am ersten November draußen Kaffee trinken konnte!

Den BerlinerInnen möchte ich die Fotoausstellung von Ara Güler im Willy-Brandt-Haus empfehlen. Güler fotografierte seit den 1950er Jahren immer wieder seine Heimatstadt Istanbul. In den sechziger Jahren arbeitete er für internationale Magazine, unter anderem für den Stern und brachte interessante Bilder aus allen möglichen fremden Weltgegenden mit. Beeindruckend, wie nahe er den fotografierten Menschen offenbar gekommen ist, Kindern auf der Straße im Istanbul der 1950er Jahre genauso wie Menschen in Ägypten, Japan und der Mongolei, Prominenten wie Picasso oder Maria Callas genauso wie vollkommen Unbekannten.  
(Ausstellung bis 1. 2. 2015, beachtet die Öffungszeiten und nehmt einen Ausweis mit.)


Ich kaufte den beklopptesten Stoff aller Zeiten, einen schön fallenden, schweren Viskosedruck. Auf einer Hälfte der Bahn wiederholt sich das große Einzelmotiv mit Weste, Schal, Krawatte, Manschettenknöpfen, Hut und Taschenuhr, die andere Hälfte der Stoffbahn ist mit einem passenden All-over-Muster bedruckt. Das ist ein Stoff für wahnsinnig originelle, "jugendliche" Herrenhemden - wisst ihr, was ich meine? Mir gefallen die Farben, und da sie sich grundsätzlich gut in meinen Kleiderschrank einfügen, glaube ich fest daran, dass sich eines Tages genau der passende Schnitt dafür finden und sich alles aufs Schönste zusammenfügen wird. 

Vorletztes Wochenende lud Nina wieder zum Nähkränzchen ein, eine prima Gelegenheit, mehr als eine Naht am Tag an den laufenden Projekten weiterzukommen. Ich begann den Rock aus dem Stoffwechselstoff. Zu viel will ich jetzt noch nicht verraten, nur eines: wie sich ja schon abzeichnete, entschied ich mich für einen anderen Schnitt als den zuerst geplanten Bleistiftrock, weil der Stoff keinen Elasthananteil hat und ich mich kenne: was nicht bequem ist, ziehe ich auch nicht an. Ich nähte also einen anderen Rock, einen asymmetrischen, und bin bisher sehr, sehr zufrieden. In der letzten Nähkränzchen-Stunde verstürzte ich aus lauter Begeisterung über mein Werk die obere Rockkante direkt mit dem Futter und fand dann erst zuhause beim Auspacken zwei komische Stoffstreifen in meiner Projekttüte: die Belege. Ach ja. Inzwischen ist das aber alles getrennt und vorschriftsmäßig verstürzt, es bleiben nur noch die Säume.


Handarbeitslinks der Woche

Zuletzt noch ein paar Leseempfehlungen im Netz: Österreich hat ein Frauenmuseum, in Hittisau unweit von Bregenz, Bodensee, deutscher und Schweizer Grenze. Bis Anfang Februar läuft dort noch eine Ausstellung von gestickten Spruchtüchern, Zeugen von Alltagskultur und Rollenverteilungen, die zu größten Teil schon Geschichte sind. Oder etwa doch nicht? Das kleine Haus schrieb vor zwei Wochen über ihre Eindrücke von der Ausstellung.

Die Textile Art, die große Messe für Textilkunst und Handarbeiten hier in Berlin, hat jetzt ein Onlinemagazin, oder besser gesagt: ein Blog. Auf textile-art-magazine.com wird in unregelmäßiger Folge über Ausstellungen, Künstlerinnen und Künstler, Fachliteratur und verwandte Themen berichtet.

Drapieren gehört zu den Dingen, die ich früher oder später auch einmal lernen möchte. Den Beitrag von Starcross Sewing über einen Wiener Workshop von Shingo Sato, einem Drapierexperten aus Japan, habe ich deshalb verschlungen. Und das beste: viele Tutorials von Shingo Sato sind bei youtube frei verfügbar.  

Neumon nahm das Vintage-Sonderheft von Burdastyle zum Anlass, die Mode der 1950er Jahre zu rekapitulieren. Die "echte" Mode, möchte ich fast sagen: das, was wirklich tagtäglich getragen wurde, nicht die schulterfreien Tanzkleidchen, die auch in den 50ern besonderen Anlässen vorbehalten waren.   

Nähnerd-News: Im Me-made-Mittwoch-Blog hat der Weihnachtskleid-Sewalong begonnen. Das erste Treffen zur Ideensammlung ist bereits morgen, man kann aber auch später noch jederzeit einsteigen (und bei meiner derzeitigen Unfähigkeit, zusätzliche Termine einzuhalten, wird es wohl auch für mich bestenfalls darauf hinauslaufen.)

Donnerstag, 6. November 2014

Blogtour zum Buch: C. June Barnes, Quilten in der dritten Dimension


Die meist sorgfältig gemachten Textilbücher des Schweizer Haupt-Verlags schätze ich schon lange, daher war ich sehr interessiert, als mich der Verlag anschrieb, um mir ein Rezensionsexemplar des gerade erschienen Buches „Quilten in der dritten Dimension“ von C. June Barnes anzubieten. 

C. June Barnes ist eine britische Textilkünstlerin, die nach Anfängen im klassischen Patchwork in den letzten Jahren vielfach für ihre experimentellen textilen Arbeiten ausgezeichnet wurde. Barnes erschafft dreidimensionale Skulpturen aus Stoff, die an überdimensionale Seeigel erinnern, an Samenkapseln oder Blütenkelche, an Einzeller oder an muschelverkrustete Felsen. Manchmal wachsen die organischen Formen aus einer rechteckigen Fläche heraus, das Objekt kann also wie ein herkömmlicher Quilt an die Wand gehängt werden, häufiger jedoch stehen oder schweben die Gebilde frei im Raum. Die gequilteten Flächen bearbeitet Barnes oft noch mit Farbe oder bestickt sie mit Perlen und Pailetten.


Das Buch liefert einen Einblick in die Herstellung dieser textilen Skulpturen: teils werden die Formen aus Veränderungen der Fläche oder der Oberfläche entwickelt, der Stoff wird gerafft, gefaltet, gewickelt, gestapelt oder verdreht; teils gehen die Gebilde von geometrischen Formen aus. Die vielen großformatigen Bilder eignen sich sehr gut zum Schmökern, C. June Barnes scheibt außerdem über ihre Inspirationsquellen und ihren Entwurfsprozess. In einem Galerieteil werden die Arbeiten einiger anderer Textilkünstlerinnen vorgestellt, die ebenfalls mit dreidimensionalen Formen experimentieren und andere Ansätze als Barnes verfolgen.   


Die grundlegenden Herstellungsweisen dieser Gebilde werden anhand von Zeichnungen beschrieben. Dabei gibt es meistens keine detaillierten Anleitungen, wie ein bestimmtes Objekt 1:1 nachzuarbeiten wäre, die Erklärungen verraten nur das allgemeine Vorgehen bei der Grundkonstruktion und beim Zusammensetzen - den Maßstab, das Material, die Oberflächengestaltung bleiben offen. Die Abschnitte über Materialien und Nähtechniken hätte ich mir denn auch ausführlicher gewünscht. Gerade über unübliche Materialien wie Peltex, Lamitex, Timtex sind deutschsprachige Informationen schwer zu beschaffen. Dass sich dreidimensionale Gebilde mit Hilfe von Kabelbindern oder Korsettstangen versteifen lassen, darauf wird sicher jede experimentierfreudige Quilterin selber kommen - aber wie verarbeitet man das am besten? Und was ist mit dem Woll-Viskose-Filz gemeint, der in der Waschmaschine schrumpft? Es mag sein, dass alle diese Materialien in Art-Quilt-Kreisen auch im deutschsprachigen Raum wohlbekannt sind. Um die Bezeichnung des Buchs als "Handbuch" zu rechtfertigen, hätte ich dennoch mehr Informationen erwartet, die auch Neulingen den Einstieg in dieses Gebiet ermöglichen.


Als Inspirationsquelle und als Anregung, beim Quilten über den Quiltrand hinauszublicken ist dieses Buch allerdings großartig. Das Kapitel über die so genannten D-Formen, kapselartige Gebilde, von denen ich noch nie gehört hatte, faszinierte mich besonders. So eine einfache D-Form probierte ich auch aus. Aus einer Form, die aus zwei verbundenen Kreisen besteht, zweimal zugeschnitten, lässt sich eine abgeflachte Kugel nähen - bei mir eher ein abgerundeter Quader, siehe erstes Foto.


Fazit: C. June Barnes' Buch bietet einen faszinierenden Einblick in das Atelier einer Quiltkünstlerin, die hier sicher nicht alle Tricks und Geheimnisse verrät. Ein Ideenfundus für experimentierfreudige Quilterinnen, die sich auf neue Wege führen lassen möchten und die nicht auf detaillierte Anleitungen angewiesen sind.

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Dieser Beitrag ist Teil einer vom Haupt-Verlag organisierten Blogtour. Die weiteren Beiträge der Tour erscheinen in den nächsten Tagen hier:

07.11.2014 Sunset Sewing
08.11.2014 Hans und Grete
09.11.2014 like to quiltblog
10.11.2014 Nadel Garn Tee
11.11.2014 Quiltecke 
12.11.2014 Quilt it Out

Im Blog des Haupt-Verlags läuft bis zum 15. 11. eine Verlosung des Buchs.  

Samstag, 1. November 2014

Schnittmusterparade Oktober

Hier kommt der erste Beitrag der neuen Rubrik "Schnittmusterparade", eine Zusammenstellung der subjektiv interessantesten Schnittmuster-Neuerscheinungen der letzten Zeit. Im Moment plane ich diese Rubrik einmal im Monat, aber nagelt mich nicht darauf fest - einerseits bin ich ja keine Redaktion, hier läuft ganz viel nach Lust und Laune und Zeit, andererseits hängt die Rubrik ja auch davon ab, ob neue Schnitte erscheinen. Zur Zeit finde ich es geradezu aberwitzig, wie viel Neues  jede Woche herauskommt, und meistens ebenso schnell wieder vergessen ist. Die Zeiten, als sich manche Schnitte zu Dauerbrennern entwickelten und man beobachten konnte, wie sie nach und nach durch die Blogs wandern - letztes Jahr im Sommer z. B. der Anna-Schnitt von By Hand London - sind wohl vorbei. Ich bin gespannt, ob das so weitergeht, oder ob wir in ein paar Jahren auf diese verrückte Zeit zurückblicken werden, als die Indie-Schnittmusterfirmen wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden schossen. 

Neue Nähzeitschrift: "La Maison Victor"

 

 

Eine neue Zeitschrift im großen Stil auf den Markt zu bringen ist unfassbar teuer und sehr risikoreich. Viele Hefte verschwinden nach kurzer Zeit wieder, wie die deutschen Ausgaben der italienischen La Mia Boutique (man hätte wohl doch auch ein bisschen Geld für eine professionelle Übersetzung und Lektorat ausgeben sollen). Nun versucht ein belgischer Verlag sein Glück mit einem Heft, das in Belgien und den Niederlanden bereits etabliert ist. La Maison Victor erscheint vier Mal im Jahr, bloggen-leben-nähen entdeckte die Zeitschrift als erste und schrieb hier darüber - bei ihr findet ihr auch noch mehr Fotos, einen weiteren Eindruck gibt es auch hier auf der Webseite des Magazins.

Pepita und Frau Crafteln waren auch schon ganz begeistert, daher fasse ich mich kurz: Das Heft für 7,95€ enthält 12 Schnitte: Für Damen gibt es zwei Kleider, ein Top, eine weite Hose, Leggings und zwei Jacken, jeweils in den Größen 34-48, zum Teil bis 54 (eine Jacke, ein Kleid, Leggings). Für Kinder sind ein Sweatshirt (92-176), ein Regencape, ein Kleid (92-152) und eine Hose (56-92) enthalten, für Männer gibt es eine Jacke. Dazu kommen Anleitungen für schöne schlichte Stricksachen und ein bißchen Gebasteltes. Die Schnitte finden sich auf einem eingehefteten Bogen aus dickem Papier, die sehr ausführlichen Anleitungen mit vielen Zeichnungen folgen gleich im Anschluss an die Modellfotos. Die Texte sind zwar zum Teil etwas ungelenk - da scheint die Übersetzung durch - aber grundsätzlich macht das alles einen guten Eindruck. Das Heft ist eine gute Erweiterung des Nähzeitschriftenangebots bei uns und ich würde mich freuen, wenn es sich in Deutschland etablieren würde. Mit den nicht überkomplizierten Schnitten und Bildanleitungen könnte es die Einstiegsdroge für BekleidungsnäherInnen sein, für die es ansonsten ja nicht gerade ein üppiges Angebot gibt.

Neue Einzelschnitte (Papier)


Die Londoner Drei-Frauen-Firma By Hand London gibt es erst seit Mai 2012, sie gehören aber schon jetzt zu den "Großen" unter den kleinen Indie-Designern. Zur Zeit bringen sie einen Schnitt nach dem anderen heraus: zuletzt den Jumpsuit Holly, wahlweise mit kurzen oder langen Hosenbeinen, mit Trägern oder kurzen Ärmeln, und das Kleid Sabrina (nur als Download), ein Prinzesskleid mit Trägervariante und Knöpfen. Das Faible der drei für Ärmelloses (die vorangehenden Kleider Flora und Georgia haben ebenfalls nur Träger), wundert mich ein bißchen. An meinem Kleidungsbedarf geht das vorbei, frieren denn Engländerinnen gar nicht?

Colette patterns ist eine der Firmen, mit denen der ganze Indie-Pattern-Hype überhaupt angefangen hatte, und auch sie sind ungeheuer umtriebig - wenn ich allein beobachte, in welcher Frequenz das Firmenblog mit wirklich substanziellen Artikeln bestückt wird, wird mir ganz schwummrig. Die Schnitte schienen mir in letzter Zeit ein bißchen nichtssagend und sehr simpel, aber mit der Neuerscheinung Dahlia (auch als pdf) einem Kleid mit Taillenband und rundem Ausschnitt, knüpft Colette Patterns wieder an die alten Zeiten an. 

Spezialistin für retro-angehauchte, aber nicht muffige Schnitte ist auch Bluegingerdoll. Dort gibts jetzt mit Bonnie einen Pulloverschnitt wie aus den 40ern (auch als pdf): taillenkurz, mit hohem Bund, rundem Ausschnitt oder U-Boot und wahlweise mit Dreiviertelärmeln oder weiten, kurzen "flutter sleeves", für die mir gerade keine gute deutsche Übersetzung einfällt. 

Über République du Chiffon, ein Schnittmusterlabel aus Frankreich, wollte ich schon lange schreiben, nun ist die Herbstkollektion der Papierschnittmuster herausgekommen, das ist doch ein guter Anlass. Eine schmale Hose, eine Jacke mit abgerundeten Vorderteilen, einen kurzen Trenchcoat, zwei Blusen und ein wunderbares Kleid umfasst diese Kollektion, schlichte moderne Sachen, für die Fotos genäht aus angenehm zurückgenommenen, aber nicht unscheinbaren Stoffen, so dass die Linien der Schnitte zur Geltung kommen. Auf der Webseite sind einige ältere Schnitte auch als Downloads verfügbar, außerdem veröffentlichte die Designerin hinter République du Chiffon in Frankreich ein Buch, aus dem Bunte Kleider schon einiges ausprobiert hat.

Den Schnitt für das Linden Sweatshirt (auch als pdf) von Grainline Studios - ein lockeres Oberteil mit Rundhalsausschnitt und Raglanärmeln - braucht man vielleicht nicht unbedingt, sowas Simples findet man auch woanders, aber Jennifer Beeman ist schon fast eine Veteranin im Schnittmustergewerbe. Und bei dem bedächtigen Wachstum ihrer Firma wird es sie wahrscheinlich immer noch geben, wenn hundert Eintagsfliegen längst Geschichte sind.

Auch Sew Serendipity ist schon lange im Geschäft, ein Großteil dieses Geschäfts besteht allerdings aus Applikationsvorlagen, mit denen Pullover passend zur Jahreszeit dekoriert werden können, was ich ehrlich gesagt etwas absonderlich finde. In letzter Zeit erschienen aber auch ernst zu nehmende Schnittmuster: in der neuen Herbst-Winter-Kollektion ein Mantel (mit Dekovorschlägen!), eine Bluse mit rundem Ausschnitt und das Retro-Kleid Isabella mit herzförmigem Ausschnitt und höher gelegter Taille, das ich sehr charmant finde - das könnte im Sommer ein Hit werden, sofern sich dann noch jemand daran erinnert.   

Neue Einzelschnitte (Download)

Einheimische Indie-Schnittmuster stelle ich hier so gut wie nie vor. Das liegt vor allem daran, dass die meisten deutschen Indie-Labels ihre Schnitte schon selbst so aggressiv über Nähblogs und Freundinnen-Connections vermarkten, dass ich mich lieber heraushalte. Auf eine kleine, sympathische Firma und ihre Schnitte möchte ich aber heute aufmerksam machen: b-patterns ist das Projekt von Ingrid, einer gelernten Textildesignerin. Im Moment gibts Schnitte für schöne Taschen aus Filz und Leder, Filzkörbe und Etuis, im nächsten Jahr ist auch Bekleidung geplant.

In der letzten Zeit sind mir erstmals Schnittmuster aus den Niederlanden besonders aufgefallen. Der Peppernoot hooded coat, ein Mantel mit Kapuze wurde schon bei twitter herumgezeigt, entdeckt hatte ihn sewing addicted. Die Designerin hinter der Firma Waffle patterns ist eine Japanerin, die in Amsterdam lebt, und ich finde, dass auch ihre anderen Schnittmuster ganz vielverprechend aussehen. Kleidermanie probierte die Jacke Luffa aus und war begeistert, Bunte Kleider ist am Kleid Snowball dran, das sie noch nicht ganz bezwungen hat - aber das ist nur eine Frage der Zeit. 

Die Macher von Paprikapatterns kommen ebenfalls aus Holland, sie sind aber mit einem umgebauten Lastwagen in Europa unterwegs und campieren zur Zeit in Südfrankreich. Schnittmuster liegen bei diesem Lebensmodell nicht unbedingt nahe - haben Campingpläze eigentlich WLAN? - aber andererseits: würde ich mit einem Lastwagen herumziehen, würde ich meine Nähmaschine ja auch mitnehmen. Ihr erster Schnitt ist der Rock Jade, ein kurzer, enger Rock aus Jersey mit interessanten eingelegten Falten im Vorderteil.

Liesl Gibson kannte ich zuerst als Designerin von Quiltstoffen und Schnitten für Kinderbekleidung. Von ihrem Label liesl+Co stammt aber auch der Culotte-Schnitt, den Grüne Blume am letzten Mittwoch zeigte, und der bei mir ein gewisses Haben-wollen-Gefühl auslöste. Was ihre anderen Schnitte betrifft, weiß ich nicht so recht: ich finde sie ein bißchen betulich. Anfang Oktober neu erschienen ist das Bistro dress, ein kurzärmeliges Kleid mit Kragen oder geschlitztem Ausschnitt. Ob das wie ein Kittel oder wie ein Kleid aussieht, hängt meiner Ansicht nach sehr vom Stoff ab, sprich: besser keinen kleingeblümten Quiltstoff verwenden.

Eine ganze Herbst-Winter-Kollektion, bestehend aus einer Jacke, einem lockeren TShirt, einem Schößchentop, einem langen Jerseykleid und einem ärmellosen Top ist bei SeeKateSew erschienen. Bin ich übermäßig pingelig, wenn ich mich wundere, warum die Modelle aus Webstoffen so schlecht (oder gar nicht) gebügelt wurden? Einen professionellen Eindruck macht das ja nicht, und ich übertrage diesen Eindruck automatisch auf die Schnitte, möglicherweise zu Unrecht.
 

Schnittmusterverzeichnis für Indie-Schnitte


Wer jetzt die Übersicht verloren hat: Im Sewing Pattern Directory, einer ganz neuen Seite, sind derzeit schon mehr als 40 Indie-Firmen vertreten. Die Schnitte lassen sich geordnet nach Herstellern oder Kleidungstücken durchforsten - besonders nützlich, wenn man mal irgendwo "ein schönes Kleid" gesehen hat, sich aber an den Namen des Schnittes nicht mehr erinnern kann.