Freitag, 23. Januar 2015

... und sie ratterten glücklich dem Sonnenaufgang entgegen. Die Annäherung in Bielefeld


Wenn Nähmaschinen stimmungsvoll die Nacht erhellen - dann ist Annäherung in Bielefeld! Schon letztes Jahr hatten Alex, Susi und die Drehumdiebolzeningenieurin die Idee für ein Nähwochenende in der Bielefelder Jugendherberge, mit Übernachtung und Essen und allem - und was wichtiger ist, sie hatten auch Lust und Zeit dieses Näh-Komplettpaket für knapp 40 Bloggerinnen zu organisieren. Dieses Jahr gab es die Wiederholung, und da bei mir diesmal freie Zeit und ein freier Platz glücklich zusammentrafen, konnte ich mich am letzten Freitag mit Yvonne und Wiebke nach Bielefeld aufmachen.

Zwar wurden wir kurz vor Bielefeld durch einen Stau eine Stunde aufgehalten, doch nach einem Zwischenstopp bei Claudia (wo es neben Suppe und Kuchen auch den letzten richtig guten Kaffee des Wochenendes gab - Danke!), erreichten wir pünktlich zu Abendessen und Vorstellungsrunde die Jugendherberge. 

Ein bißchen aufregend ist das ja schon immer, so eine große Gruppe von Nähbloggerinnen zu treffen, in der man die meisten nur über ihre Blogs kennt. Als wir vor der Jugendherberge vorfuhren und ich durchs Fenster die ersten virtuell bekannten Gesichter entdeckte, hatte ich einen kurzen uuuh, vielleicht ist das doch keine gute Idee - darf ich bitte wieder nach Hause fahren?-Moment, aber ich lief einfach Wiebke hinterher, und nach der Vorstellungsrunde, als die Nähmaschine ausgepackt und zwischen Antjes und FrauCraftelns angeschlossen war und im Chor mit den anderen ratterte, war alles in Ordnung.


Überhaupt - das war mir gar nicht so bewusst - nähe ich wirklich, wirklich gerne, und das Rattern von Nähmaschinen ist für mich das schönste Geräusch der Welt. Ich hatte vorher noch nie ein Wochenende durchgenäht, nächtliche Näh-Exzesse gabs zuletzt während des Studiums, ich war mir vorab gar nicht so sicher, ob ich durchhalten und ob ich es genießen würde. Aber ich hielt nicht nur durch - als ich Freitag und Samstag Nacht jeweils gegen halb eins den Stecker zog, geschah das aus Vernunft, und weil der Rest der Truppe schon mehr oder weniger zum lustigen Teil des Abends übergegangen war. Ich hätte bis zum Morgengrauen weiternähen können.

Freitag Nacht war mein erstes Nähprojekt, eine ungefütterte Wolljacke (133 aus Burdastyle 11/2010) bis auf die Blende fertig. Samstag früh fand ich als erstes vier komische Stofflappen aka zugeschnittene Taschenbeutel auf meinem Arbeitstisch - Schnittteile beim Zusammennähen zu vergessen wird bei mir langsam zur Gewohnheit. Trotzdem konnte ich am Samstag Nachmittag mein zweites Projekt, eine hoffentlich unspießige weiße Bluse (das Tyler Shirt von named patterns) zuschneiden und bis Sonntag Mittag bis auf Kragen und Saum fertignähen. Der Kragen passte nicht ins Halsloch (nächtliches unpräzises Nähen bei sieben Nähten, die im Halsloch münden, rächt sich), und das war ein Problem, das ich in meinem leicht übermüdeten Zustand nicht mehr lösen konnte.


Die Zeit verging außerdem sehr nett mit Plaudereien am Bügeleisen, mit dem Begutachten fertiger und halbfertiger Teile, mit der Diskussion von Änderungsoptionen, mit Fachsimpeln über Paspelknopflöcher und Nähzubehör, Traumnähmaschinen und Schnittmuster, und das war mindestens genauso toll wie das Nähen - auch wenn ich ziemlich an der Maschine klebte und weit weniger zu Plauderrunden aufbrach, als ich das gedacht hatte.

Das Entspannte an solchen Treffen unter Nähbloggerinnen ist, dass das ganze unauffällig-abcheckende Gesprächsvorplänkel wegfällt, das man mit gänzlich unbekannten Menschen unternehmen muss: was ist das grundsätzlich für eine? Liegen wir einigermaßen auf einer Wellenlänge? Ist sie mir wohlgesonnen? Finden wir ein gemeinsames Thema? Man fängt gleich auf einer vertrauten Ebene an, manche Bloggerinnen, die ich seit Jahren lese, kamen mir vor, als würde ich sie wirklich schon Jahre kennen. Das ist wirklich schön, und ich bin sehr froh, dass die Leipzigerinnen im Mai ein großes Nähbloggerinnentreffen (ohne Nähen) organisieren, bei dem die Gespräche fortgeführt werden können (Informationen zum Nähbloggertreffen in Leipzig siehe hier.)

Weitere Berichte (viele davon mit besseren Fotos als meinen) gibt es bei Alexandra - Mamamachtsachen, der ich, ebenso wie der Drehumdiebolzeningenieurin und Susi - Alle Wünsche werden wahr (mit der wahrscheinlich tollsten Nähmaschine des Treffens) nochmal sehr für die Organisation und überhaupt die Initiative danken möchte. Die Nähbloggerinnengemeinschaft, in der ich mich zuhause fühle, wird durch so ein Treffen auf eine neue Ebene gehoben, es ist großartig, nicht nur einsam vor sich hinzunähen und nicht nur virtuell verbunden zu sein, und ich kann nur jeder Selbermacherin empfehlen, sich am Wohnort ein Nähkränzchen zuzulegen - und wer weiß, vielleicht pflanzt sich die Annäherungs-Initiative ja fort, in den süddeutschen Raum, ich hoffe es.

11 Kommentare:

  1. NEID-NEID-NEID!!!

    Oh, ihr seelig Glücklichen!!!

    Ich verfolge (als nicht-bloggende-Nähnerdin), regelmäßig eure blogs!

    Wie schön, dass ihr eine so tolle Zeit zusammen hattet und euch - falls in real life unknown - kennenlernen durftet!

    So eine "convention" wäre mal was für mich!!!!

    Obwohl: so ganz unbedarft bin ich nicht, eher auch gesegnet, da ich mich mit meinen "Nähschwestern" , sechs an der Zahl, nebst Schneiderlehrerin - wöchentlich für drei Stunden - zum geselligen Maschinenrattern - seit drei Jahren treffen darf.

    Ein Glücksfall!

    Trotzdem: die "Annäherung" - ein Bombenevent!!!

    Lasst es krachen. Mädels!!!

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  2. Wie wundervoll! In meinem nähenden Freundeskreis treffen wir uns regelmässig zum zusammen werkeln, aber so viele Leute bekomme ich dann doch nicht zusammen. Ich fühle mich immer wahnsinnig inspiriert durch die anderen und es ist so schön, dass bei Problemen und Nachfragen jemand da ist! Vielleicht nehme ich nächstes Mal auch teil? Ich fände es sehr spannend...

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  3. Eine Tramreise, Deine Schilderung ist mal wieder schön zu lesen.
    Hier unten im Süd-Osten fühle ich mich etwas einsam als reale Näherin, gut dass es Nähblogs gibt.
    LG Ute

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  4. Dieses Gefühl "ob ich da richtig bin?" hatte ich letztes Jahr auch. Dieses Jahr nur noch Vorfreude pur, da ich wusste, dass wir alle "da" richtig sind.
    Das gemeinsame Interesse schafft wirklich direkt eine andere Ebene.

    LG

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  5. Wunderbare Überschrift! Fehlt nur noch der Film dazu!
    Ich habe sehr gern die verschiedenen Schilderungen gelesen.
    LG, Luise

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  6. Ja, ein schöner Titel. Und auch eine schöne Beschreibung. Mir war das vorher fast ein bisschen zu viel Hype, eure Berichte klingen da erfreulich geerdet. Hoffentlich ergeben sich ganz viele Ableger, für alle, die Nähmaschinenrattern auch lieben.

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  7. Ja, diese leichten Zweifel kenne ich auch noch vom letzten Jahr, aber zum Glück vergehen die ganz schnell wenn die Maschinen rattern :-)
    Es war sehr nett, dich "in echt" kennen zu lernen,
    lg, C.

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  8. Und noch ein schöner Bericht über die Annäherung! Ich war ja ebenfalls "Novizin" und froh, mit dem vertrauten Nähtrupp aus dem Rheinland anreisen zu können. Auch ich fühlte mich direkt zuhause und zugehörig. Ich hätte nie gedacht, aus einem solchen Treffen so viel Motivation mit nach Hause zu nehmen! Wie überaus befriedigend, ein Ufo fertigzustellen, bei dem man nach zigfachem Trennen weiß, dass es genau so werden sollte, weil man genügend Stunden am Stück zur Verfügung hat, um zu probieren und -vor allem - wunderbaren Zuspruch und gute Ideen von allen Seiten einen nicht aufgeben lassen.
    Für nächstes Jahr habe ich mir fest vorgenommen, vorher zuzuschneiden (nach Mitternacht habe ich offensichtlich eine andere Vorstellung von Strichrichtung eines Stoffes...) und mehr herumzuwandern. Dann bringe ich mir kein Projekt zum "Festbeissen" mit.
    Ich habe mich sehr gefreut, Dich kennenzulernen und würde es großartig finden, das nächstes Jahr intensivieren zu können.
    Und ja, am Kaffee könnten sie in der JH sowohl an Menge als auch an Qualität noch deutlich arbeiten...
    LG, Bele

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  9. Als ich gestern Abend um 10 meine Nähmaschine ausschaltete, habe ich auch noch an die lange Bielefeler-Nähnacht gedacht. In Gesellschaft mit Gleichgesinnten näht es sich einfach länger :-).
    Beim letzten Treffen ging es mir wie Dir, kannte ich doch "nur" die Bielefelder Blogger vom Stoffeinkauf in Verl. In diesem Jahr war es wie nach Hause kommen. Wellnessurlaub mit Nähmaschine sozusagen. Schön, Dich endlich kennengelernt zu haben!
    Liebe Grüße Rita

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  10. Der süddeutsche Raum würde sich über sowas auch freuen - zumindest ich wäre begeistert, wenn das in einigermaßen erreichbarer Nähe wäre (und der Gatte nicht im Ausland ist, das Kind versorgt ist und überhaupt... puh!).
    Dein Bericht klingt so, als wäre das wirklich ein perfektes Wochende gewesen. :)
    Ein bißchen vermisse ich den persönlichen Austausch mit Gleichgesinnten - hier gibt's ja weder Stoffshop noch Nähkränzchen, und dann bin ich wieder froh über WhatsApp, Instagram und Blogs. Wobei das halt trotzdem nicht "persönlich" ist.

    So freue ich mich an Deinem Bericht und gebe zu: Auch ich verschludere zugeschnittene Sachen gern mal... inzwischen pinne ich mir alles zusammen, sonst isses weg. Ein bißchen Chaos gehört ja immer zum Arbeiten dazu, nicht wahr?! :)

    Liebe Grüße
    Katrin

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  11. Hach ja, endlich bin ich auch dazu gekommen deinen Bericht zu lesen. Das erste Foto ist echt der Knaller. Da lag ich wohl schon im Bett! Aber am Wochenende davor hatte ich aber auch schon die Nacht durchgemacht und bis um 11 genäht und dann mit Kollegen in der Schanze gefeiert - natürlich im gerade erst genähten Rock!
    Einen Trip am Freitag nach Berlin werde ich dieses Jahr auf jeden Fall in meine Urlaubsplanung aufnehmen!

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