Freitag, 25. März 2016

Prada-Sewalong II - Projektvorstellung. Konstruktion und Farbe

Bei diesem zweiten Treffen des Prada-Sewalongs geht es um die Vorstellung des geplanten konkreten Nähprojekts. Bei der Inspirations- und Ideensammlung letztes Mal hatte ich ja zwei an unmöglicher Stelle gefundene, sehr pradahaftige Stoffe gezeigt - die ich jetzt doch nicht vernähen werde. Den schwarz-weiß-blau gemusterten Stoff vermachte ich Monika, während der schwarzgrundig-neonpinke Stoff noch nicht zu mir gesprochen hat. Ich schwanke zwischen einem mittelweiten Rock oder einer Kimonojacke oder etwas ganz anderem, möchte die Entscheidung aber nicht übers Knie brechen.

Konstruktion


Stattdessen verfolge ich meine Ideen vom Anfang, vor dem überraschenden Stoff-Fund weiter. Das ist zum einen ein schmaler, schwarzer, knielanger Leinenrock aus der Frühjahrskollektion 2015, der aus sechs (?) Bahnen besteht, die jeweils aus drei Teilen patchworkartig zusammengesetzt sind. Die Einzelteile sind offenkantig, links auf rechts verarbeitet worden und wurden mit großen, sichtbaren Steppstichen aus dickem Garn zusammengenäht. Möglicherweise sind die Steppnähte eine Reminiszenz an die Absteppungen der Lederwaren, die die Firma Prada in den ersten siebzig Jahren seit der Gründung produzierte? 

Bei dem Laufstegfilm fliegen ziemlich viele lose Fäden um den Rocksaum herum, und auch in der Vergrößerung der Fotos auf der Vogue-Seite sieht man Fäden. Ich habe aber noch anderes Bildmaterial wiedergefunden, das die Frage der Konstruktion beantwortet. Zufällig hatte ich nämlich zwei Modelle der Kollektion im Frühjahr 2015 in einem Schaufenster am Kudamm fotografiert - die offenkantige Verarbeitung hatte mich damals ganz unabhängig von der Marke interessiert.    


Das Leinenkostüm ist am Rock und an den Blenden der Jackenvorderteile mit Borten aus aufeinander gesteppten schwarzen und weißen Leinenstreifen verziert. Man beachte die Korrespondenz zwischen den hellen Absteppungen der Borten und den Absteppungen an der Prada-Tasche links!


Der Rock aus der Nähe: Man erkennt, dass die Leinenstreifen und der nicht umgeschlagene Rocksaum mit kleinen Zickzackstichen an der Kante befestigt wurden. Die Absteppung ist nicht weiß, sondern hellbeige bis cremefarben, es sieht so aus, als sei dasselbe Garn wie bei den Absteppungen der Tasche verwendet worden.


Hier noch ein Detailfoto eines zweiten Saums (Look 9), schwarzes Leinen in Kombination mit einem Blumenjacquard, der für die blauviolette Borte umgedreht wurde, man sieht dort die linke Stoffseite. Auch der Jacquard wurde am Saum mit Zickzackstich abgekettelt - bei dem Laufstegmodell anscheinend nicht, da franst es ganz schön.


Die Konstruktion des Rocks sollte keine großen Probleme bereiten: Als Grundlage nehme ich den Skyline Skirt aus dem Buch Twinkle Sews, dessen acht Bahnen ich zu sechs Bahnen modifizieren werde. Eine schräge Unterteilung der Bahnen bringt der Schnitt ja schon mit, die zweite Unterteilung zeichne ich parallel zur ersten ein.

Ich werde eine Tüte schwarzer Leinenreste vernähen, die ich mit dem Gedanken an ein Patchworkkleidungsprojekt schon vor einiger Zeit gesammelt hatte. Der Test der offenkantigen Verarbeitung links auf rechts war auch zufriedenstellend: Absteppen werde ich mit einem kräftigen weißen Garn und mit Standardgarn in der Unterfadenspule. Ganz so markant wie die Steppnähte bei Prada wird das nicht, aber noch dickeres Garn kann eine Haushaltsnähmaschine nicht mehr verarbeiten. 

Farbe


Miucchia Prada hat ein Faible für "schwierige" Farben, die sie ungewöhnlich kombiniert. Im Pradasphere-Band wird Pradas Einsatz von Farben folgendermaßen charakterisiert:

Pradas Ready-to-wear wurde 1988 lanciert, als Miucchia Prada in Mailand eine Showroom- Vorstellung von "Uniformen für leicht Ausgegrenzte" abhielt. Ausgehend aus dem dort entwickelten Schock des Knallrosa "als eines bejahenden Symbols von Weiblichkeit" , hat Pradas Frauenkleidung die Breite und Tiefe der Farbpalette und gleichzeitig die unendlichen Möglichkeiten von Schwarz-Weiß ergründet. Kobalt, Kirsch und knallgrün spielen in ihrem gesättigtsten Ton auf, während Pastellfarben oft geschichtet sind, mit einer Süße, die ans Kränkliche grenzt. Eine kennzeichnende Palette ist aus Polsterungen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts geborgt, einer Epoche in Tönen von Erbsensuppe, Avocado, Chartreuse und der Sicherheitsfarbe Reinorange, während eine weitere Palette in Nuancen von Karmesin, Burgunder, und Violett-Schattierungen schwelgt. Eine wiederkehrende Kombination ist die von blau und braun. "Braun ist eine Farbe, die niemand mag", hat Prada gesagt. "Freilich deswegen mag ich sie, denn sie ist schwierig und unansprechend."

Die Übersetzung ist ein bißchen ungelenk (mal wieder an der falschen Stelle gespart), mit "Polsterungen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts" sind wohl Möbelbezugsstoffe aus den 1950er Jahren gemeint und ein für die 50er Jahre charakteristisches Gelb-Grün, ein Ton zwischen Ockergelb, Messing und ja, Erbsensuppe.

So einen erbsensuppigen Stoff besitze ich, es ist ein Meter dünner Blusenstoff aus Baumwolle, aus dem ein Oberteil werden könnte. Für die Fotos habe ich ihn mal mit zwei anderen Farben zusammengelegt, pink und helltürkis:

 

Die beiden Stoffe passen von Gewicht und Fall her aber nicht zu der dünnen Baumwolle, ich werde also noch etwas anderes suchen müssen, obwohl mir die Kombination mit helltürkis schon ganz gut gefällt. 


Ein Blick auf den Einsatz der Farbe Erbsensuppe in verschiedenen Kollektionen verrät, dass so gut wie alles möglich ist. Mal sehen.

Die Mitnäherinnen im Prada-Projekt finden sich in diesem Beitrag, moderiert von Monika
Und werjetzt  immer noch Lust auf Prada hat: Dieser Artikel über die Zusammenarbeit Pradas mit dem französischen Künstler Christophe Chemin für die Kollektion Herbst-Winter 2016 lief mir dieser Tage zufällig über den Weg.

14 Kommentare:

  1. Vielen Dank für Deine ausführliche Beschreibung von Verarbeitungsdetails und Farbpalette von Prada. Langsam werde ich doch schwach ... Ich kann mir Deinen Bahnenrock gut vorstellen, nur mit dem erbensgrünen Stoff fremdele ich noch. Bin gespannt, wie Du ihn schließlich kombinierst. LG, Manuela

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    1. Ja, die Farbe ist schwierig - ich hatte mich schon gefragt, warum ich ihn mal gekauft hatte (wahrscheinlich nur, weil die Stoffqualität so schön ist), denn die Farbe steht mir eher nicht. Aber für das Experiment jetzt ist er genau richtig.

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  2. Die ausführliche Projektbesprechung macht Laune!
    Und Erbsensuppe scheint ein ähnliches Chamäleon zu sein wir Khaki. Das helle Türkis gefällt mir dazu gut, auch der kräftige Blauton der Sicherheitshandschuhe passt aber toll. Wobei ich bei der Arbeit immer wieder feststellen darf, dass der zu ziemlich vielen Farben klasse aussieht...
    Falls du einen kräftigeren Kontrast haben möchtest als deine Absteppnähte (damit hadere ich bei der Haushaltsmaschine auch immer...), könntest du vielleicht das Aufsteppen einer hellen Kordel in Erwägung ziehen. Ist das bei deinem fotografierten Beispiel nicht auch so gemacht?
    LG, Bele

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    1. "Falls du einen kräftigeren Kontrast haben möchtest als deine Absteppnähte" der Dreifachstretchstich würde sich auch noch anbieten.

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    2. Bei dem fotografierten Beispiel war das tatsächlich eine Steppnaht, aus einem locker gezwirnten, leicht glänzenden Garn. Das könnte wirklich mit einer Ledernähmaschine gemacht worden sein (oder einer speziellen Absteppmaschine, die es in der Industrie gibt, so weit ich weiß). Der Dreifachstepptstich ist eine gute Idee, das werde ich probieren! Kräftiges Blau oder Rot nimmt Prada auch ab und zu zu diesen undefinierten Farben. Ich brauche auf jeden Fall einen Kontrast, sonst sehe ich so gelbgrün aus wie der Stoff, wenn ich das trage...

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  3. Mir hat dein Wochenbericht sehr gut gefallen. Ich muss zugeben, dass mir mach deinem Post der vorgestellte Rock noch viel besser gefällt. Die feinen Details konnte ich bisher nicht erkennen. Das wird garantiert ein tolles Projekt.
    LG Martina

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    1. Ich hoffe, vor allem wird es eins, das ich wahrscheinlich sehr gerne anziehen werde, und das war für mich die Hauptsache.

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  4. Danke, wieder was gelernt!
    Das mit dem Zickzackstich findeich irgendwie rührend, bin gespannt was du daraus entwickelst,
    Lg sybille

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    1. Ja, "rührend" trifft es gut, so ging es mir auch. Selbst Prada kocht nur mit Wasser oder genauer gesagt: Selbst bei Prada nimmt man eine ganz normale Nähmaschine und zackelt an der Kante lang, so wie Hobbyschneiderinnen auf der ganzen Welt.

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  5. Irgendwie beruhigend, diese Zickzack-Nähte. Wer will schon Kleidung, die sich beim Tragen auflöst? "Dein Rocksaum ist kaputt!" "Nee, das ist Prada!" Wenn Du an eine Cover-Maschine herankommts, kannst Du die Nähte auch mit einem Kettstich absteppen, und dann kannst Du sogar ziemlich dickes Garn verwenden. Ich habe den Eindruck, dass die von Prada das auch so gemacht haben, der Stich sieht tatsächlich so aus, als hätte man Kordel übernäht.
    LG, Stefanie

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    1. Danke für den Tipp! Meine Overlock kann auch einen Kettstich separat, aber nicht mit dickem Garn. Mal sehen, ich bin noch beim Zuschneiden...

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  6. Ja, die Farbpalette ist wirklich spannend, sehr reizvoll. Ich finde ja "Erbsensuppe" (wie treffend!) an sich toll, aber es stimmt, leicht zu kombinieren ist die Farbe nicht. Mir scheint aber, mit dem Schwarz hast du die perfekte Lösung gefunden. Und dazu das rot vielleicht? Das würde mir noch besser gefallen als das blau. Bin gespannt!!
    Liebe Grüße,
    N

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    1. Es wird jetzt bordeauxrot, eine Farbe, die bei Prada auch ziemlich häufig vorkommt. Hoffentlich schaffe ich den Beitrag noch bis zum Wochenende.

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  7. Ich bin beeindruckt, wie ausführlich du alles recherchiert hast - danke für das interessante Lesefutter! Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinem interessanten Projekt.
    Herzliche Grüsse von
    Berry

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