Sonntag, 29. Januar 2017

Stoffspielerei im Januar: Ecken und Kanten mit der Nähmaschine gestickt


Die Stoffspielereien, eine monatliche Aktion für textile Experimente, sind eine gute Gelegenheit, um im kleinen Maßstab Techniken auszuprobieren und zu testen, ob sie für ein größeres Projekt geeignet wären. Heute zum Thema "Ecken und Kanten"(gesammelt bei Ines - Nähzimmerplaudereien)  habe ich mich mit dem Selbermachen eines durchbrochenen Stoffes beschäftigt. Ich mag nämlich Stoffe mit Lochstickereien, aber meistens sind diese Stoffe weiß mit Blümchenmuster und ich fände schwarz mit grafischen Mustern viel interessanter. Und wenn das Muster zum Beispiel als Bordüre angeordnet werden könnte, wäre es sogar noch besser. Ich wollte also testen, ob  man sowas mit der Nähmaschine selbst sticken und ausschneiden könnte und wie lange das dauern würde.  


Als Teststoff verwendete ich ein Stück dünne schwarze Jeans und zeichnete das Muster mit einer Papierschablone und Kreidestift vor. Bei einem dünneren Stoff müsste man auf jeden Fall ausreißbares Stickvlies unterlegen - sogar der derbe Jeansstoff wellte sich ein bisschen durch das Sticken und Ausschneiden.


Ich steppte die aufgezeichneten Linien mit dickem Garn als Oberfaden und normalem Garn als Unterfaden nach. Die Rauten, deren Mitte ausgeschnitten wird, sind mit ganz eng gestelltem Zickzack umnäht. Gar nicht so einfach, denn man muss sich überlegen, ob die Nadel an den Wendestellen rechts oder links im Stoff stecken muss, damit die Spitzen der Rauten wirklich spitz werden. Ich habe einfach drauflosgenäht und die Rauten mit überkreuzten Enden einfach so gelassen, einige Male auch das Ende nicht ganz getroffen. Ein durchsichtiger Stickfuß, bei dem man sieht, was man tut, wäre dafür praktisch.


Das Innere der Rauten schnitt ich mit einer kleinen Schere vorsichtig aus.


Und damit etwas Sinnvolles aus dem Probestück wird, nähte ich eine kleine Tasche mit gelbem Futter.


Ganz hübsch, aber aus der Nähe man sieht gut, dass man sehr sorgfältig (sorgfältiger als ich hier) sticken müsste, damit das Muster wirklich schön wird - andererseits würden sich bei einem größeren Stück und bei einer Stickerei Ton in Ton die Unregelmäßigkeiten verlieren. Ein vorsichtiges "Ja" also zu der Frage, ob man Stoff mit Lochstickerei selber machen könnte  - mit etwas Ausdauer und guter Vorzeichnung durchaus.

Die Stoff-Mitspielerinnen sammelt heute Ines - Nähzimmerplaudereien.

Die nächste Stoffspielerei ist am 26. Februar, Gastgeberin ist Gabi - Made with Blümchen mit dem Thema "Kopfputz".

Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat sammeln wir die Links mit den neuen Werken – auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.

Der vorläufige Plan für die nächsten Monate, kurzfristige Terminänderungen sind möglich:
26. Februar 2017_ “Kopfputz” (Gabi – Made with Blümchen)
26. März 2017: „Shibori“ (Karen – Feuerwerk bei KaZe)
30. April 2017: “Seltene Techniken” (Suschna – Textile Geschichten)
28. Mai 2017:  Thema noch offen (Griselda – Machwerk)
25. Juni 2017: Thema noch offen (Lucy – Nahtzugabe)
Juli/August  2017: Sommerpause

Mittwoch, 25. Januar 2017

Wenona, das Kleid mit den Brustschuppen

Ich bin ein großer Fan der modernen Schnittmuster von named aus Finnland. Gleichzeitig kann ich mir die oft auf -i endenden Namen der Schnitte nur schlecht merken. Bei der Annäherung in Bielefeld erzählte jemand - leider weiß ich nicht mehr, wer - die Namen hätten auf Finnisch eine Bedeutung, der eine Schnitt hieße zum Beispiel "Wolke", der andere "Perle", und so gab ich gerade hochmotiviert das Wort "Wenona" in den Google Übersetzer ein. Tja, die Übersetzung von "Wenona" lautet offenbar "Wenona", und nun bin ich genauso schlau wie vorher. Aber macht nichts: Für mich ist Wenona sowieso "das Kleid mit den Brustschuppen".


Der Schnitt Wenona, den es auch in einer Blusen-Version gibt, hat nämlich ein Schnittteil mit großen, schuppenartigen, gesteppten Falten, das in der Mitte des Vorderteils zwischen den oberen und den unteren Teil gesetzt wird. Auf welcher Höhe diese Schuppen beim fertigen Kleid liegen würden, war mir längere Zeit nicht klar, denn Wenona lässt sich erst anprobieren, wenn man schon viel genäht hat: Ein Stoffstreifen läuft über die Oberseite der Ärmel bis in den Halsausschnitt, und er wird erst eingenäht, wenn die Seitennähte und der untere Teil der Ärmel schon fertig sind.


Ich hatte Glück und die Designerinnen von named hatten nachgedacht: Die Schuppen bilden keinen Brustpanzer, sondern liegen über der Brust, und ich finde, sie sehen schnittig aus, wie die Kiemenöffnungen eines Hais oder die Lüftungsschlitze eines alten amerikanischen Autos. 


Für das Schuppenteil, den Kragen und den Ärmel-/Schulterstreifen verwendete ich schwarzen Baumwollsatin, der leider etwas dazu neigt, Fusseln anzuziehen. Der Hauptstoff ist eine schwer fallende und wenig knitternde Viskose vom Markt mit kleinem, hellbeigen Konfettimuster. Die Knöpfe aus Claudias - Buntekleiders - beeindruckender Knopfsammlung passen perfekt dazu - vielen Dank noch mal! Unter den Knöpfen für die Kragenecken habe ich auf der Innenseite kleine gefaltete Stoffstücke untergelegt und mit angenäht, damit der Stoff stabilisiert wird - das habe ich mir von gekauften Button-down-Oberhemden abgeguckt. 


Der Kragen läuft hinten in einer Spitze aus und wird dort ebenfalls geknöpft. Die Schulterpasse im Rückenteil habe ich mit dem schwarzen Baumwollsatin gefüttert. In der Anleitung wird die Passe einlagig verarbeitet, das erschien mir bei dem dünnen, etwas weichen Stoff nicht stabil genug. 


Raffiniertes und einfach zu nähendes Detail: Der Ärmelschlitz liegt zwischen Ärmel-/Schulterstreifen und unterem Ärmelteil. Da braucht es keine Belege oder Einfassungen. Eben wegen dieser vielen Details mag ich den Schnitt sehr und es machte großen Spaß, ihn zu nähen.

Ob sich das Kleid als Kleiderliebling entpuppen wird, kann ich noch nicht abschätzen: Die locker fallende Form ohne Taillierung ist ungewohnt für mich. Zwar unschlagbar bequem, aber eben auch formloser als sonst.

Übrigens hatte ich mich bei der Auswahl der Größe an der Tabelle mit den Maßen des fertigen Kleidungsstücks orientiert. Wenona ist mit sehr viel Mehrweite konzipiert, und ganz so weit wollte ich das Kleid nicht haben, weil oversize an mir meistens nur wie zu groß aussieht. Ich habe den Schnitt daher in Größe 36 genäht, während ich bei named bei körpernahen Schnitten sonst Größe 40 nehme. Das Kleid sitzt immer noch sehr locker. Die bequeme Weite ließ auch zu, Taschen in die Seitennähte einzuarbeiten, die waren im Schnitt nicht vorgesehen - aber beim Selbermachen lässt sich diesem Mangel ja leicht abhelfen. Ich wette, dass die meisten Kleidungsstücke Taschen haben, die heute beim MeMadeMittwoch gezeigt werden.

Die technischen Details

Schnitt: Wenona von named clothing
Hauptstoff: schwarze Viskose mit beigem "Konfetti", knapp 2 m
Akzentstoff: schwarzer Baumwollsatin, etwa 0,5 m

Änderungen:

Größe 36 genäht statt Größe 40 laut Maßtabelle
hintere Schulterpasse doppellagig verarbeitet
Taschen in die Seitennähte eingefügt

Sonntag, 22. Januar 2017

Uli Richter revisited. Ausstellung im Kunstgewerbemuseum Berlin


Am Berliner Kulturforum läuft noch bis zum 5. März eine Ausstellung über den Berliner Modeschöpfer Uli Richter, Uli Richter revisited - "revisited" deshalb, weil es zum Jahreswechsel 2007/2008 schon einmal eine große Uli-Richter-Schau im Kunstgewerbemuseum gab.

Ich erinnere mich sehr gut daran, denn ein Artikel über diese Ausstellung war im Januar 2008 der zweite Beitrag überhaupt hier im Nahtzugabeblog und das Plakat hängt noch immer neben meinem Schreibtisch. Ein bißchen vergrätzt bin ich deswegen auch, schließlich werden wir in Berlin nicht gerade mit Modeausstellungen verwöhnt. Wenn das Kunstgewerbemuseum nur etwa alle 10 Jahre eine Modeausstellung bringt (aktueller Erfahrungswert), dann hätte es ja jetzt mal etwas anderes sein können. 

Modelle von Uli Richter

Was ist jetzt also anders als 2007/2008? Neben etwa 20 für den Richter-Stil typischen Modellen, die zwischen 1949 und 1986 entstanden - Capemäntel und Mantel-Kleid-Ensembles, Kostüme und Anzüge aus Wollstoffen mit unterschiedlichen Mustern und Texturen - sind Studentenentwürfe zu sehen, die aus Richters Kursen an der UdK hervorgingen. Richter hatte sein Modehaus in den 1980er Jahren aufgegeben und - zusammen mit dem Fotografen F. C. Gundlach - an der Hochschule unterrichtet.

In den Ausstellungstexten erfährt man recht wenig darüber, aber der Unterricht schien sehr praxisorientiert gewesen zu sein: Die Studierenden entwarfen zu einem vorgegebenen Thema und mit Stoffen aus Richters Fundus und mussten sich außerdem über die Verkaufbarkeit ihrer Modelle und über die Kalkulation der Herstellungskosten Gedanken machen. Zum Abschluss wurden die Kleidungsstücke im Fotostudio oder vor Berliner Kulisse in Szene gesetzt und fotografiert. Etwa zehn dieser Modelle werden in der Ausstellung gezeigt. Es wäre interessant gewesen zu erfahren, ob ihre Schöpferinnen und Schöpfer nach dem Studium wirklich den Weg ins Modegeschäft einschlugen, und ob sie immer noch in der Mode tätig sind. 

Von Uli Richter inspirierte Entwürfe von heute

Der dritte Teil der Schau zeigt Entwürfe Berliner Designer, die sich von Richter-Modellen inspirieren ließen. Es sind vor allem diejenigen Jungdesigner ausgewählt worden, die aktuell und im vergangenen Jahr als die neue große Hoffnung der Berliner Modeszene herumgereicht wurden: Marina Hoermanseder, Barre Noire, Michael Sontag, Steinrohner, Nobi Talai, Philomena Zanetti und Sample-cm, außerdem William Fan, über den es im Magazin der Frankfurter Allgemeinen zur Berliner Modewoche gerade eben einen langen Artikel gab (leider nicht online, kurz vorgestellt wird William Fan hier.).

Das ist alles sehr vernünftig und tragbar und von hoher handwerklicher Qualität und daher schön anzusehen. Ich komme natürlich nicht drumherum, diese Ausstellung immer mit der weit umfangreicheren Schau von 2007/2008 zu vergleichen, mir fallen daher besonders die Wiederholungen auf.

Der hellblaue Seidenmantel und das perlenbesetzte Abendkleid, die Richter für Rut Brand entwarf, sind aber auch beim zweiten Mal immer noch schön. Ein Abendkleid aus gelbgrundiger bedruckter Baumwolle wurde dieses Mal, umgeben von großformatigen Fotos, in eine unglückliche abgelegene Nische hinter den Fahrstühlen gequetscht und ist nicht einmal beschriftet. Überhaupt haben die Ausstellungsmacher zu den Kleidern selbst oft wenig bis gar nichts zu sagen: Die Schilder verraten meistens nur das Entstehungsdatum und bestenfalls die Materialzusammensetzung, manchmal wird der Name der Käuferin und jetzt Leihgeberin genannt, mehr nicht. Sogar ein Film, der zwei Modeschauen in Richters Couturehaus aus den 1980er Jahren zeigt, lief schon in der ersten Ausstellung in Dauerschleife - damals aber mit Ton, was ich sehr interessant fand, weil Richter die Schauen im Stil eines Conferenciers selbst moderierte.


Bei mir hinterließ Uli Richter revisited daher den Eindruck, dass hier schnell eine Ausstellung aus dem Fundus zusammengestellt wurde, die überall ein bißchen an der Oberfläche kratzt. Wer die Vorläuferausstellung nicht kennt, wird sich sicher mehr darüber freuen können als ich. Ich ging doch ziemlich enttäuscht nach Hause. Und mein altes Uli-Richter-Ausstellungsplakat kann ich nicht einmal mit dem neuen ergänzen, weil von dem neuen Plakat keine Exemplare für den Verkauf gedruckt wurden. Aber das Planen konsequent an Besucherinteressen vorbei scheint mir oft typisch zu sein bei den Berliner Staatlichen Museen.

Aber, um diesen Beitrag positiv enden zu lassen, heute ist ja nicht alles schlechter als früher: Während zur Zeit der ersten Ausstellung das Fotografieren noch strengstens verboten war, hat das Kunstgewerbemuseum nun vor der Flut der Handykameras kapituliert und niemand sagt mehr etwas, wenn man in der Ausstellung herumknipst, daher kann ich hier wenigstens einen Eindruck zeigen.


Ein Besuch im Kunstgewerbemuseum lohnt sich für Modeinteressierte trotzdem, denn es gibt ja noch die Mode-Dauerausstellung, über die ich hier geschrieben hatte. Im letzten Herbst kam noch ein schöner, lichter Veranstaltungsraum im obersten Stock hinzu, in dem Workshops für Kinder und Erwachsene angeboten werden, zur Zeit unter anderem Schnittänderungsworkshops anhand eines Uli-Richter-Schnittmusters. Besonders klasse: Der Raum ist immer offen und es gibt große Stoffproben zum Befühlen und Korsetts und Reifröcke verschiedener Epochen zum Anprobieren. Man erreicht den Veranstaltungsraum über eine Treppe vom Rundgang durch die Modegalerie aus - sie geht in einer Nische rechts ab, wenn ihr am Ende der Treppe das Wort "Anprobe" seht, seid ihr richtig. Vom Haupttreppenhaus aus muss man durch die Jugendstil-Abteilung, dann findet man den Veranstaltungsraum hinten links in der Ecke.

Uli Richter revisited
Kunstgewerbemuseum, noch bis 3. 5. 2017

U-Bahn U2 oder S-Bahn S1, S2, S25 (Potsdamer Platz)
DI-FR 10-18.00 Uhr, SA und SO 11-18.00 Uhr

Mittwoch, 18. Januar 2017

Niederländischer Barock-Rock, ein Falten-Tellerrock nach 700Sachen


Manche Kleidungsstücke leben allein von dem Stoff, nicht vom Schnitt, oder werden überhaupt erst erdacht, weil es einen bestimmten Stoff gibt. Mit dem barocken Blumenrock, desen Muster mich an ein altes, niederländisches Stilleben erinnert, ging es mir genau so: Ich fand den Stoff auf dem Markt an meinem Lieblingsstand und hätte ihn fast übersehen, weil das riesige Muster auf dem Ballen gar nicht zu erkennen war. Man sah vor allem unattraktive gelb-grün-Nuancen, aber weil der Stoff einen schwarzen Untergrund zu haben schien (Schwarz geht immer!) und sich gut anfühlte, rollte ich ihn ein Stück aus.

Suppentellergroße Blüten und fleischige Blätter erwarteten mich - ich glaube, es sind Pfingstrosen. Den ausgebreiteten Stoff hatte ich kurz nach dem Fund im November 2015 schon hier gezeigt. Die Messingtöne der Blüten passen zufällig sehr gut zum Schirmständer im Nähkontor, wo das Foto gemacht wurde.


Den in Muster und Stoffqualität so wunderbaren Fund wollte ich schon im Rahmen des Vivienne-Westwood-Sewalongs vernähen, zu einem Rock, wie es sie in der Anglomania-Kollektion gibt, wusste aber nicht so recht, nach welchem Schnitt. Der Stoff wanderte erst auf den "bald-nähen"-Stapel auf dem Bügelbrett und nach und nach auf weiter entfernte Stapel.


Im Lauf des letzten Sommers fiel mir dann die Anleitung für einen Falten-Tellerrock von Siebenhundertsachen wieder ein: Sie hatte den Schnitt eines H&M-Rocks analysiert und ein Schema für die Konstruktion bereitgestellt. Es handelt sich im Prinzip um einen halben Teller, der in Kellerfalten und Quetschfalten gelegt ist - einfach, aber sehr wirkungsvoll.


Für den Bund habe ich einen Formbundschnitt von irgendeinem Burdarock verwendet, der hier als Standard-Bundschnitt herumfliegt. Der Saum ist mit schmalem schwarzem Schrägband verstürzt.

Weil der Stoff viel Stand hat, ist der Rock ziemlich voluminös, fällt aber trotzdem angenehm und knittert wenig. Der Stoff ist aus reiner Baumwolle, würde ich sagen, etwas gekreppt, mit eingewebter Struktur - wie ein typischer Küchengardinenstoff Jahrgang 1965, also ungefähr das gleiche Material, aus dem Die Luise heute als Gastgeberin beim MeMadeMittwoch einen Rock zeigt, nur dass ihr Stoff  wirklich alt ist.

Material: "Vorhangstoff" aus Baumwolle, etwa 1,80 m vom Markt, schwarzes Schrägband, nahtverdeckter Reißverschluss, schwarzer Futterstoff. 

Schnitt: Faltentellerrock, selbstgemacht nach Schema von Siebenhundertsachen
Strickjacke: selbstgemacht aus drops Baby Merino kombiniert mit Kid silk, hier noch nicht verbloggt.

Mittwoch, 4. Januar 2017

Näh-Jahres-Rückblick und Nähstatistik 2017

Zum Anfang des neuen Jahres noch ein bißchen Statistik und Rückschau auf das Genähte des letzten Jahres. Mit Plänen und Vorsätzen für 2016 hatte ich mich beim letzten Jahresrückblick im Januar 2016 ja gar nicht erst aufgehalten, aus der Erfahrung des vorangegangenen Jahres, dass ich im Zweifel doch immer nach Lust und Laune nähe und sich die Nähzeit im Voraus schlecht verplanen lässt. Den Rock mit suppentellergroßen Blumen, den ich im Januar 2016 erwähnte, nähte ich letztlich bei einem Nähkränzchen im November, er ist schon fotografiert, ich zeige ihn demnächst - so ist das mit den Zeitplänen bei mir.


So ein bißchen Statistik finde ich immer ganz interessant, denke ich doch jedes Jahr, dass ich nun wirklich so gut wie nichts produziert habe. Aber das Nachzählen zeigt: Es war sogar mehr als im Jahr davor (und - das fällt mir gerade noch ein -  die zwei Knoten-T-Shirts nach Burda (hier und hier) fehlen in der Auflistung sogar noch, so dass ich also sogar noch 2 Meter mehr vernäht habe).

Neu war 2016 auch, dass ich Schnitte mehrfach verwendete, nicht nur die erwähnten Knotenshirts, sondern auch 3 Pam-Blusen aus La Maison Victor (eine mit Vögeln, eine dunkelblaue und eine mit Ananas) - da war die reine Not am Werk, ich brauchte im Sommer dringend Oberteile. Einige schnelle, einfache Teile, die ich nähte, fanden gar nicht den Weg ins Blog, vor allem Teile aus Stoffen meines Nebenjob-Arbeitgebers, die ich bei der Arbeit im Stoffladen anziehe. Das anspruchsvollste Projekt, der Trenchcoat, ist auch noch nicht gebloggt, weil ich die Knopflöcher ewig hinausschob, bis kein Trenchcoat-Wetter mehr war. Die beiden Jacken waren Nähen für andere - die grüne Cordjacke vom Sommer und die kürzlich erwähnte Tweedjacke, die jetzt ein Futter hat, bei der aber, das wird jetzt niemanden besonders überraschen, noch Knöpfe und Knopflöcher fehlen (das wird aber nicht wieder so lange verschleppt, weil die Jacke sehnlich erwartet wird).

Natürlich geht das Jahr wieder mit einem Stoffzuwachs zuende: 20 Meter (bzw. mit den nicht gezählten T-Shirts 18 Meter) - wobei ich damit sicher im Durchschnitt der Selbermacherinnen mit Textilfimmel nur einen der unteren Plätze belege. Aber: Der jährliche Zuwachs macht mir schon Gedanken. Geht das jetzt immer so weiter? Das sind in 5 Jahren dann 100 Meter und in 10 Jahren 200 Meter, bei durchschnittlicher Lebenserwartung würde ich noch knapp 800 Meter Stoff akkumulieren und ab etwa 2035 ein zusätzliches Zimmer nur für die Stofflagerung benötigen. So formuliert ist das natürlich lustig und etwas überzogen, aber hat insofern einen wahren Kern, dass ich es für mich nicht stimmig finde, Stoff fürs Lager zu kaufen, und damit den Kleidungskonsum einfach durch Stoffkonsum zu ersetzen. Möglichst aus den Vorräten zu nähen und aus dem Vorhandenen etwas zu machen, wird damit ein Motto für 2017. Schließlich gibt es zu so gut wie jedem Stoff, der hier liegt, schon eine Projektidee.

Den Kauf von Nähzeitschriften - auch wenn hier schon mehr als genug Schnitte liegen - werde ich mir hingegen nicht verbieten. Ich mag Zeitschriften auf Papier, und für mich ist das Zeitschriften-Lesen von klein auf mit Ritualen verbunden: Auf der Fahrt nach Hause mit der frisch gekauften Zeitschrift schon mal kurz reinblättern. Das Lesen zuhause für einen Moment aufheben, wenn das Sofa frei und ein Kaffee in Reichweite ist, und nicht zuletzt - wenn es um das jeweils aktuelle Burda-Heft geht - das Augenrollen über merkwürdige Fotoarrangements und merkwürdige Texte.

Im vergangenen Jahr hat sich das Angebot an Nähzeitschriften ganz schön erweitert: Neben Burda und Ottobre gibt es nun das zweite Jahr La Maison Victor, und wenn der Eindruck nicht trügt, den die Nähblogs vermitteln, ist die Zeitschrift sehr erfolgreich. Ich kaufe längst nicht jede Ausgabe, weil mich die Kinder- und die Herrenschnitte nicht so sehr interessieren, und die Damenschnitte eben nur manchmal, aber mir scheint im Durchschnitt enthält jedes Heft einen Knaller-Schnitt, der überall rauf und runter genäht wird, wie zuletzt das Kleid "Raven". Fashion Style, die deutschsprachige Ausgabe der Knipmode, hat sich ebenso etabliert. Auch hier kaufe ich nicht jedes Heft, aber ich bin sehr froh über mehr Vielfalt und Konkurrenz im Zeitschriftenregal.

Auf eine Blogaktion für das kommende Jahr freue ich mich ganz besonders, auf die Blogserie "Was wir tragen, was wir sind" bei Nico - Art und Stil. Letztes Jahr erschien das wunderbare Buch "Frauen und Kleider. Was wir tragen, was wir sind" von Leanne Shapton, Sheila Heti und Heidi Julavits, ein Buch mit sehr persönlichen, anrührenden, anekdotischen Einblicken in die Kleiderschränke ganz unterschiedlicher Frauen. Diese Einblicke sind ganz unterschiedlich gestaltet, mal in Form eines Interviews, mal ist es eine Geschichte, mal eine Reihe von Fotos. Den roten Faden bilden eine Reihe von Fragen, die zum Anfang des Buches abgedruckt sind - Nico wird alle 14 Tage eine oder einige Fragen herausgreifen und zum Beantworten einladen. Die Beiträge laufen bei ihr, bei Art und Stil zusammen, wo man den eigenen Beitrag dann verlinken kann. In der nächsten Woche geht es los.

Allen Leserinnen wünsche ich ein gutes neues Jahr 2017, mit viel Zeit zum Nähen und für andere Dinge, die Freude machen, Gesundheit, Glück, Erfolg und vor allem Zufriedenheit!