Gleißend helle Tage, glühend heiße Tage, trockene, staubige Tage, schwül-dumpfige Tage, frische und sonnige Tage nach dem Gewitter, laute Tage, agressive Tage, auch ein paar Regentage – im Juli ist nun endlich und unmissverständlich der Sommer da, auch in Berlin. Die Straßen sind voller Menschen, der Holzbildhauer in unserer Straße sitzt auf einem Gartenstuhl vor seinem Atelier und der Maßschuhmacher schräg gegenüber hat sich Arbeit mit hinausgenommen. Sogar die Eckkneipe vom Typus „Alt-Berliner Säuferkneipe“ mit vergilbten Gardinen und verstaubten Plastikblumen auf den Tischen bietet auf einmal Eis an. In jeder Ecke eröffnet eine Strandbar, jedes noch so kleine Lokal in jeder noch so kleinen Straße stellt Tische und Stühle heraus. Straßen, Parks, Flussufer und Brücken sind bis tief in die Nacht von jungen Menschen bevölkert, die Stadt eine einzige, meistens friedliche internationale Freiluftparty.
Menschen unterhalten sich, telefonieren, zerbrechen Flaschen, lachen und rufen. Autotüren klappen, Menschen steigen ein und aus, Autoradios dudeln. Haustüren klappern, Rollkoffer rattern über das Pflaster, Autos hupen, die Feuerwehr bahnt sich mit Sirene und Blaulicht den Weg. Ein Wagen mit aufgedrehter Musikanlage fährt vorbei, wie eine rollende Disko, und der Nachbar feiert eine Party, bei offenen Fenstern. Die Nacht bringt kaum Abkühlung, die Straßen und Häuserwände strahlen die Hitze noch ab, auch wenn die Sonne schon lange untergegangen ist. Die Leute schlafen schlecht – und nach ein paar heißen Nächten merkt man das auch tags auf der Straße. Fußgänger schreien Radfahrer an und umgekehrt. Frau zerrt Kind am Arm über die Straße, Kind brüllt. Ein vollbesetztes Auto rast immer im Kreis um den Herrmannplatz herum, ein anderer fährt noch schnell bei Rot.
Dann kommt endlich der Regen, ein Gewitter, jeder bleibt mal einen Tag zu Hause, bei geschlossenen Fenstern, und tatsächlich kann man eine Nacht nichts anderes als den Donner und das Geräusch leise fallender Tropfen hören. Zeit zum Durchatmen.
In manchen Situationen beame ich mich in Gedanken in unseren schattigen alten Garten, früher, mit vermoostem Rasen, rauschenden Pappeln und im Juli (oder eigentlich immer) voller Giersch, dem Schrecken des Gärtners. Auch wenn ich ihn oft genug ausrupfen musste, erinnere ich mich gerne an den würzigen Geruch der Blätter, an die weißen Blütendolden. Hässlich ist der Giersch nicht - nur wenn man ihn lässt, überwuchert er alles andere. Ausrotten kann man ihn nicht - wenn man ihn loswerden will, muss man selber wegziehen. Oder lernen mit ihm zu leben, ihn nur dort einzudämmen, wo er wirklich stört.
Für die Monatsseite Juli griff ich wieder in meine Restetüte und sammelte weiße, naturweiße, hellgraue, blassblaue und ein paar rot-orangene Reste heraus, Baumwolle, Leinen und Seide. Ähnlich wie bei der Monatsseite vom März nähte ich sie zu einem unregelmäßigen Patchwork zusammen. Zur Stabilisierung bügelte ich vor dem Sticken eine Gewebeeinlage auf die Rückseite des Patchworkteils, wobei an zwei Stellen bei besonders dünnen Stoffen der Kleber etwas durchgeschlagen ist, die Nahtzugaben schimmern hier und da auch durch - darauf würde ich beim nächsten Mal achten und die wirklich dünnen Stücke aussortieren.
Die Stickerei wie immer mit der Hand, das schätze ich als Tätigkeit immer mehr, weil man irgendwo sitzen und sich dabei noch nett unterhalten kann, und das obwohl ich mir seit Anfang des Jahres vornehme, das Sticken mit der Nähmaschine endlich ernsthaft auszuprobieren. Steht für August natürlich wieder auf der Agenda, diesmal aber wirklich!
Griseldas Monatsset Juli kann man hier schon erspähen, und jetzt wo die Urlaubszeit vorbei ist, gibts sicher auch bald wieder monatsseitiges bei KaZe, Suschna und Tally.