Sonntag, 20. März 2016

Gewebte Bilder: Barbara Jedermann in Spandau


Während ich gerade ein bißchen in Leipzig unterwegs bin, möchte ich euch eine Ausstellung in Spandau sehr empfehlen, die noch bis zum 3.April läuft. Im schon für sich sehenswerten Gotischen Haus, dem ältesten Haus der Spandauer Altstadt, sind gewebte Bildteppiche von Barbara Jedermann zu sehen.

Wer sich schon länger mit der Textilkunstszene Berlins beschäftigt, dem mag Barbara Jedermann bereits ein Begriff sein: Die jetzt 97-jährige, ursprünglich studierte Grafikerin, arbeitet seit 1962 in Berlin als Bildweberin. Sie war in den 1970er und 1980er Jahren mit der Friedensbewegung und Anti-Atomkraft-Bewegung verbunden, webte Teppiche mit weißen Friedenstauben auf blauem Grund, figürliche Szenen mit fröhlichen Multikulti-Kindern oder politischen Forderungen. 

Die jetzt ausgestellten Bilder sind vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten entstanden, sie sind persönlicher und abstrakter. Barbara Jedermann webte Landschaften und Stimmungen, den Strand der Insel Amrum bei Ebbe, Erdschichten und Uferzonen, Felder und Höhenzüge, den Ort, wo Himmel, Meer und Strand sich treffen, den Sommer oder einen Rittersporn, der sich in lauter blaue Stoffkleckse auflöst. Ausgangspunkt ist immer eine Entwurfszeichnung oder ein Aquarell, das als Vorlage für die Weberei vergrößert wird.

Barbara Jedermann webt mit Garnen aus Wolle und mit Stoffstreifen, die sie mal glatt, mal in dicken, plastischen Strängen durch die Kettfäden zieht. Die Bilder zeigen daher einen überraschend unterschiedlichen Charakter, je nachdem, ob man sie aus der Nähe oder aus einiger Entfernung betrachtet. Von Nahem fallen vor allem die unterschiedlichen Strukturen, die unterschiedlichen Materialien ins Auge, die sich erst aus der Ferne zu einem Bild zusammensetzen. Aus der Ferne scheinbar einfarbige Flächen bestehen oft aus mehreren, gemeinsam verarbeiteten Strängen unterschiedlichen Materials, so wird zum Beispiel ein dunkelbrauner Stoffstreifen mit violetter flauschiger Wolle zusammen verwebt, wodurch das dominierende Dunkelbraun eine besondere Tiefe erhält.    


Die Bilder werden durch diese Tiefe ungeheuer vielschichtig, ich habe mich beim Betrachten sehr lange in ihnen verloren und mich in einige regelrecht verliebt - schade, dass mein Budget einen Kauf absolut nicht hergibt. Auf der Webseite von Barbara Jedermann sind ein paar Bilder abgebildet, aber Fotos können wirklich nur einen ungefähren Eindruck geben. Schaut euch die Ausstellung an, zwei Wochen ist noch Gelegenheit!


Barbara Jedermann - Gewebte Bilder
Gotisches Haus
Breite Straße 32, 13597 Berlin (Spandau)

Noch bis 3. April, geöffnet Dienstag - Sonntag 12:00 - 18:00 Uh, am 25. 3. (Karfreitag) geschlossen.
Eintritt frei

2 Kommentare:

  1. Ein schöner Bericht, vielen Dank, das müßte man sicher wirklich ganz aus der Nähe sehen.Vielleicht gerade noch so zu schaffen. Toll, wenn man im dem Alter so aktiv und kreativ sein kann.Kunst hält jung.
    Farbige Grüße, K.

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  2. Mir war der Name gar kein Begriff, aber ich bin sofort auf das Bild auf der Einladung angesprungen, die hier in der Buchhandlung lag. In Echt habe ich die Stücke noch nicht gesehen, aber ich kann mir vorstellen, dass das Haptische, Nähe und Ferne auf jeden Fall dazu gehört. Danke für die Empfehlung!

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