Heute sammelt Suschna - Textile Geschichten die Beiträge der Stoffspielerei. Oberhemden sind ja sozusagen ein Lieblingsthema von mir: Ich mag die typischen Stoffe sehr gerne und hebe daher jedes Hemd mit durchgescheuertem Kragen auf. Aus Hemden habe ich schon Blusen gemacht (hier, hier und hier) und einmal einen Rock, viele andere wanderten in Patchwork, wurden zu Taschenbeuteln oder Belegen verarbeitet.
Dieses Mal wollte ich eine Anleitung aus einem Buch ausprobieren, das ich schon lange habe: Cut-up Couture von Kakao Yamase (gibt es inzwischen auch auf Deutsch).
In dem Buch werden XXL-Sweatshirts, Oberhemden und Wollschals zu anderen Kleidungsstücken umgearbeitet, das Ganze ist sehr cool fotografiert - jedes Kapitel in einem anderen Stil - und die genähten Teile sind teils normal tragbar wie das T-Shirt mit den angesetzten Ärmeln eines Hemdes, teils ziemlich gewagt wie das drapierte Sweatshirtkleid. Die alten Kleidungsstücke fungieren nicht einfach nur als Stofflieferanten, typische Elemente werden bei der Verwandlung beibehalten.
Wie man es aus japanischen Nähbüchern kennt, sind die schriftlichen Anleitungen knapp gehalten, aber werden durch sehr gute und sehr klare Grafiken ergänzt.
Ich habe mir den "Arm-in-arm Skirt" aus zwei Oberhemden vorgenommen, für den ich zwei wunderbar grün-bunt und blau gestreifte (und daher schlecht zu fotografierende) Ex-Lieblingshemden des Liebsten gehortet hatte.
Das Konstruktionsprinzip des Rocks ist eigentlich ganz einfach, was aber nicht bedeutet, dass ich selbst jemals darauf gekommen wäre. Bei beiden Hemden werden Passen samt Kragen und die Ärmel abgeschnitten, dann die obere Kanten eingekräuselt und an einen Bundstreifen aus den Passen angenäht. Der hintere Bund wird beim Tragen nach vorne gebunden, der vordere nach hinten, und beide Hemden werden an den Seiten zusammengeknöpft. Anscheinend gibt es einen Standard für den Knopfabstand bei Oberhemden, bei mir passten nämlich zwei Hemden völlig unterschiedlicher Fabrikate perfekt zusammen.
Die abgeschnittenen Ärmel von Hemd 1 bilden das Bindeband des Vorderteils - die Manschetten werden einfach zusammengefaltet und aufgesteppt.
Die Anleitung für die Rocktaschen ist leider ziemlicher Quatsch: Man soll die Ärmel 4 cm von der Achsel entfernt durchschneiden, den Ärmelstumpf auf links drehen, zunähen und als Taschenbeutel in den Rock ziehen. Das kann man zwar machen - oben im Bild sieht man den Tascheneingriff, also den ehemaligen Armausschnitt - der Taschenbeutel ist dann aber mehr oder weniger dreieckig und hat da, wo es drauf ankommt, nur eine Tiefe von 4 cm minus Nahtzugabe, ist also selbst für eine Kinokarte zu klein. Verlängern kann man ihn aber auch nicht ohne weiteres, weil der restliche Ärmel dann als Bindeband zu kurz wäre.
Aber ich will nicht meckern: Ich habe keine drei Stunden an diesem
Rock genäht. Am Samstag von halb elf bis halb eins nach einem langen Tag
im Stoffgeschäft, und heute am Sonntag nochmal eine Dreiviertelstunde
vor dem Frühstück. An dem heißen Tag heute zog ich ihn gleich an, der schöne kühle, glatte Stoff und die locker fallende Stoffmenge sind ideal bei Hitze. Ein bißchen aufregender und avantgardistischer hatte ich mir den Rock schon vorgestellt, selbst der Saum ist ziemlich langweilig gerade geworden! Vielleicht verbessere ich das Teil noch, indem ich die Taschenbeutel mit anderem Stoff erweitere, und statt Kräuseln würden Falten in Knopfleistenbreite sicher eleganter aussehen und den Blick stärker auf die Knopfleisten lenken. Die gehen jetzt im Gekräusel etwas unter und sind ja eigentlich der Clou der ganzen Sache.
Alle Hemdenverwandlungen der Stoffspielerei im August findet ihr gesammelt bei Suschna.
Ergänzung 4. 9. 2015: Eine Verlinkungsaktion zum Thema Hemdenrecycling gibt es gerade bei Maike von Liaison: Altes Hemd - neues Gewand.
Danke für die Einladung, Maike!
Das Thema der nächste Stoffspielerei am 27. 9. sind Falten, gesammelt bei Griselda/Machwerk.
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Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile
Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues
probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich
vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat
sammeln wir die Links mit den neuen Werken – auch misslungene Versuche
sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.
Der vorläufige Plan für die nächsten Monate, kurzfristige Terminänderungen sind möglich:
27. September – Machwerke – Thema Falten
25. Oktober – Karen – Thema Spitze
29. November – Nahtzugabe
27. Dezember – WINTERPAUSE
Sonntag, 30. August 2015
Freitag, 28. August 2015
Ernähe die Möglichkeiten
Um Vernunft versus Gefühl, "Kopfnähen" versus "Herznähen", kreisten in den vergangenen Wochen einige Nähblogs: Mamamachtsachen plädierte für Kopf- und Herznähen, Zuzsa schrieb über das Nähblog als Spielwiese, Meike über Veränderungen und La Couseuse dachte unter anderem über Nähnerd-Mode im Vergleich zur Fußgängerzonenmode nach.
Ich finde solche Diskussionen sehr spannend. Man merkt: Beim Nähen gehts den Meisten eben nicht nur um Kleidung in materieller Hinsicht, um Stoff, Garn, Kurzwaren und um Verarbeitungstechniken, die gemeinsam ein Kleidungsstück ergeben. Es geht genauso um die Gefühle, Assoziationen und sozialen Codes, die mit Kleidung verknüpft sind. Um die geht es beim Anziehen ja tagtäglich - auch wenn das Vielen sicher nicht bewusst ist - aber mir scheint, wir Selbermacherinnen haben darauf viel unmittelbarer Zugriff, als die Kleidungskäuferin, die nehmen muss, was in den Geschäften angeboten wird, wir denken zwangsläufig darüber nach, weil ein Kleidungsstück von uns aus Material und Schnitt von Grund auf erdacht werden muss, ehe es Realität werden kann.
Die Welt der Bekleidungsmöglichkeiten, die sich auftut, sobald man einigermaßen die Grundtechniken des Nähens beherrscht, die kann einen schon schwindelig machen. Wenn man begreift, dass es letztlich nur eine Frage des Aufwands, der Entschlossenheit und der Hingabe ist, sich jeden Kleidungswunsch zu erfüllen, dann setzen Nähnerd-Allmachtsphantasien ein, die ab und an durch ein verkorkstes Teil wieder zurückgestutzt werden. Aber das Dazulernen und dass bei diesem Lernen kein Ende in Sicht ist, dass es immer wieder neue Materialien, Techniken, Nähideen und Verfeinerungen geben wird, die ich noch nicht ausprobiert habe, macht für mich schon seit den ersten Nähten den größten Reiz des Hobbys Nähen aus.
Das Entdecken der Nähblogs, erst der englischsprachigen als Leserin, dann die Vernetzung in der deutschsprachigen Nähblogosphäre, veränderte aber für mich noch einmal die Qualität meines Nähens. Bevor es Blogs gab, wurschtelte ich halt vor mich hin, nähte mal einen Schnitt von Burda, mal einen von Brigitte und war damit nicht unzufrieden. Natürlich war das Nähen in vor-Blog-Zeiten auch schon ein kreativer Prozess, ich nähte nie ein Modell aus einer Zeitschrift 1:1 nach. Aber erst durch die Blogs wurden mir die unglaublichen Möglichkeiten richtig bewusst. Den einfallsreichen Umgang anderer Selbermacherinnen mit Stoffen und Schnitten zu beobachten, gibt für mich den Anstoß, beim Nähen mal etwas anderes als das Gewohnte auszuprobieren, und zwar ganz anders, als das die durchinszenierten Serviervorschläge in Schnittmusterzeitschriften leisten können.
Bei so einer Stilvielfalt und so viel herumschwirrenden Ideen stellt sich eher das Problem, sich in dieser Fülle der Möglichkeiten nicht vollkommen zu verzetteln. 2009 schrieb ich hier im Blog schon mal über mein Nähnotizbuch, ein Büchlein in Postkartengröße, das ich immer mit mir herumtrage, so dass Stoff- und Schnittideen, schöne Details an Kaufkleidung in Schaufenstern oder auf der Straße, Stoffeinkäufe und Nähpläne sofort notiert werden können. Ich habe noch immer solche Notizbücher, und für mich haben sie sich sehr bewährt.
Besonders interessant finde ich die Entwicklung von Ideen, die sich in den Notizen nachverfolgen lässt: Manche Stoffe waren im Notizbuch schon drei, vier verschiedenen Schnitten zugedacht und sind bis heute nicht verarbeitet worden. Andere Ideen hingegen werden von der ersten Skizze über konkrete Planung und einen gezielten Stoffkauf schnell und konsequent umgesetzt. Für manche Ideen ist die passende Jahreszeit schon vorbei, wenn sie notiert werden, und wenn ich sie im nächsten Winter oder Sommer wieder aufblättere frage ich mich manchmal, was ich mir dabei bloß gedacht haben könnte? Manches hat sich schon nach kurzer Zeit überholt, anderes finde ich auch noch nach Jahren gut.
Es ist lustig - und zugleich ein bisschen entlarvend - sich selbst in den Notizbüchern bei der Meinungsänderung zugucken zu können. Noch vor ein paar Monaten hätte ich zum Beispiel jeden Gedanken an einen Jumpsuit weit, sehr weit von mir gewiesen. Jetzt machen mich die Jumpsuits von Nina und Sybille ganz wuschig (hier und hier und hier), und der von Nastjusha sowieso(hier), und ich bin gespannt, wo das noch enden wird.
Als Näh-Typ würde ich mich letztlich weder als reine "Kopfnäherin", noch als "Herznäherin" bezeichnen, oder genauer gesagt: Ähnlich wie Mamamachtsachen argumentierte, sehe ich dort keinen Widerspruch. Ich nähe grundsätzlich nur Sachen, die mir gerade Spaß machen - es ist schließlich mein Hobby. Gleichzeitig bin ich vielleicht so phantasielos - oder man könnte auch positiv formulieren: so pragmatisch - dass ich nur Dinge nähen möchte, für die ich eine Verwendung habe. Da ich die meiste Zeit tragen kann, was ich möchte, sind das eine ganze Menge Dinge, und da die meisten Nähideen schon einige Zeit im Notizbuch ablagern konnten, sind sie meistens auch gut durchdacht und passen ganz gut zu mir und in meinen Kleiderschrank. Spontane Nähflashs, die alles Geplante über den Haufen werfen, gestehe ich mir aber trotzdem zu, und auch mein derzeitiges Interesse an Alltagskleidung muss nicht für immer sein: Wer weiß, wenn mir das eines Tages langweilig wird, nähe ich vielleicht als nächstes Kleider des 18. Jahrhunderts mit der Hand. Mal sehen, was in den nächsten Jahren noch kommt, ich lasse mich einfach von mir selbst überraschen.
Ich finde solche Diskussionen sehr spannend. Man merkt: Beim Nähen gehts den Meisten eben nicht nur um Kleidung in materieller Hinsicht, um Stoff, Garn, Kurzwaren und um Verarbeitungstechniken, die gemeinsam ein Kleidungsstück ergeben. Es geht genauso um die Gefühle, Assoziationen und sozialen Codes, die mit Kleidung verknüpft sind. Um die geht es beim Anziehen ja tagtäglich - auch wenn das Vielen sicher nicht bewusst ist - aber mir scheint, wir Selbermacherinnen haben darauf viel unmittelbarer Zugriff, als die Kleidungskäuferin, die nehmen muss, was in den Geschäften angeboten wird, wir denken zwangsläufig darüber nach, weil ein Kleidungsstück von uns aus Material und Schnitt von Grund auf erdacht werden muss, ehe es Realität werden kann.
Die Welt der Bekleidungsmöglichkeiten, die sich auftut, sobald man einigermaßen die Grundtechniken des Nähens beherrscht, die kann einen schon schwindelig machen. Wenn man begreift, dass es letztlich nur eine Frage des Aufwands, der Entschlossenheit und der Hingabe ist, sich jeden Kleidungswunsch zu erfüllen, dann setzen Nähnerd-Allmachtsphantasien ein, die ab und an durch ein verkorkstes Teil wieder zurückgestutzt werden. Aber das Dazulernen und dass bei diesem Lernen kein Ende in Sicht ist, dass es immer wieder neue Materialien, Techniken, Nähideen und Verfeinerungen geben wird, die ich noch nicht ausprobiert habe, macht für mich schon seit den ersten Nähten den größten Reiz des Hobbys Nähen aus.
Das Entdecken der Nähblogs, erst der englischsprachigen als Leserin, dann die Vernetzung in der deutschsprachigen Nähblogosphäre, veränderte aber für mich noch einmal die Qualität meines Nähens. Bevor es Blogs gab, wurschtelte ich halt vor mich hin, nähte mal einen Schnitt von Burda, mal einen von Brigitte und war damit nicht unzufrieden. Natürlich war das Nähen in vor-Blog-Zeiten auch schon ein kreativer Prozess, ich nähte nie ein Modell aus einer Zeitschrift 1:1 nach. Aber erst durch die Blogs wurden mir die unglaublichen Möglichkeiten richtig bewusst. Den einfallsreichen Umgang anderer Selbermacherinnen mit Stoffen und Schnitten zu beobachten, gibt für mich den Anstoß, beim Nähen mal etwas anderes als das Gewohnte auszuprobieren, und zwar ganz anders, als das die durchinszenierten Serviervorschläge in Schnittmusterzeitschriften leisten können.
Bei so einer Stilvielfalt und so viel herumschwirrenden Ideen stellt sich eher das Problem, sich in dieser Fülle der Möglichkeiten nicht vollkommen zu verzetteln. 2009 schrieb ich hier im Blog schon mal über mein Nähnotizbuch, ein Büchlein in Postkartengröße, das ich immer mit mir herumtrage, so dass Stoff- und Schnittideen, schöne Details an Kaufkleidung in Schaufenstern oder auf der Straße, Stoffeinkäufe und Nähpläne sofort notiert werden können. Ich habe noch immer solche Notizbücher, und für mich haben sie sich sehr bewährt.
Besonders interessant finde ich die Entwicklung von Ideen, die sich in den Notizen nachverfolgen lässt: Manche Stoffe waren im Notizbuch schon drei, vier verschiedenen Schnitten zugedacht und sind bis heute nicht verarbeitet worden. Andere Ideen hingegen werden von der ersten Skizze über konkrete Planung und einen gezielten Stoffkauf schnell und konsequent umgesetzt. Für manche Ideen ist die passende Jahreszeit schon vorbei, wenn sie notiert werden, und wenn ich sie im nächsten Winter oder Sommer wieder aufblättere frage ich mich manchmal, was ich mir dabei bloß gedacht haben könnte? Manches hat sich schon nach kurzer Zeit überholt, anderes finde ich auch noch nach Jahren gut.
Es ist lustig - und zugleich ein bisschen entlarvend - sich selbst in den Notizbüchern bei der Meinungsänderung zugucken zu können. Noch vor ein paar Monaten hätte ich zum Beispiel jeden Gedanken an einen Jumpsuit weit, sehr weit von mir gewiesen. Jetzt machen mich die Jumpsuits von Nina und Sybille ganz wuschig (hier und hier und hier), und der von Nastjusha sowieso(hier), und ich bin gespannt, wo das noch enden wird.
Als Näh-Typ würde ich mich letztlich weder als reine "Kopfnäherin", noch als "Herznäherin" bezeichnen, oder genauer gesagt: Ähnlich wie Mamamachtsachen argumentierte, sehe ich dort keinen Widerspruch. Ich nähe grundsätzlich nur Sachen, die mir gerade Spaß machen - es ist schließlich mein Hobby. Gleichzeitig bin ich vielleicht so phantasielos - oder man könnte auch positiv formulieren: so pragmatisch - dass ich nur Dinge nähen möchte, für die ich eine Verwendung habe. Da ich die meiste Zeit tragen kann, was ich möchte, sind das eine ganze Menge Dinge, und da die meisten Nähideen schon einige Zeit im Notizbuch ablagern konnten, sind sie meistens auch gut durchdacht und passen ganz gut zu mir und in meinen Kleiderschrank. Spontane Nähflashs, die alles Geplante über den Haufen werfen, gestehe ich mir aber trotzdem zu, und auch mein derzeitiges Interesse an Alltagskleidung muss nicht für immer sein: Wer weiß, wenn mir das eines Tages langweilig wird, nähe ich vielleicht als nächstes Kleider des 18. Jahrhunderts mit der Hand. Mal sehen, was in den nächsten Jahren noch kommt, ich lasse mich einfach von mir selbst überraschen.
Montag, 17. August 2015
Nähzubehöraufbewahrung mit Messer und Gabel
Die Überschrift ist natürlich ein großer Blödsinn, ich bin aber gerade ganz glücklich über meine Idee zur Nähmaschinenzubehöraufbewahrung (uff!), dass ich die Idee mit euch teilen möchte.
Meine neue Maschine brachte für das Zubehör nur ein weder besonders schönes, noch besonders praktisches Reißverschlusstäschchen mit, in das man alle Teile ungeordnet hineinwerfen konnte. Weil mich das nervte, benutzte ich stattdessen eine Pappschachtel, aber die erstens schwer aufging, und zweitens etwa 2 mm zu flach für den Knopflochfuß war und mich deshalb genauso nervte. Dann fiel mir heute in meinem eigenen Bücherregal eine Bento-Box in die Hände, und es machte Klick.
Die Box ist vom Tiger-Shop, einem dänischen 1-Euro-Laden in schick, und war vor ein paar Monaten ein dämlicher Spontankauf, weil ich mir zwar manchmal Essen mit zur Arbeit nehme, aber nie Dinge, die in so eine japanische Mini-Essensschachtel reinpassen würden. Außerdem schließt die Bentobox viel schlechter, als alle Plastik-Frischhaltedosen von Ikea bis Tupper, die wir im Regal haben. Was die Tiger-Shop Bentobox aber kann und was die anderen Plastikdosen nicht können: Gut aussehen.
Die zwei Etagen haben jede für sich einen eigenen Innendeckel, in die obere, höhere, passt der Knopflochfuß hinein. Dass man die Dosen geschlossen aufeinander stapeln kann, finde ich sehr praktisch. Unter dem Abschlussdeckel ist Platz für ein Picknickbesteck, da passt also z. B. eine kleine Schere hinein. Ich bin sehr zufrieden und habe schon ein viel weniger schlechtes Gewissen, dass ich unnötigerweise so ein Plastiktrumm gekauft habe, das ich gar nicht brauche.
(Hier gibt's auch bald wieder etwas Substanzielleres - in den letzten Wochen habe ich mein zweites Nähbuch fertiggeschrieben, mir dann die Rippen geprellt und die heißen Abende damit verbracht, mich nach einem Tag in der Wohnung im Freien auszulüften - wegen der Rippen mehr oder weniger bewegungslos. Nähen war nicht, und das Schmerzmittel machte mich so schläfrig, dass Bloggen auch nicht drin war. Aber jetzt geht es langsam wieder aufwärts.)
Sonntag, 2. August 2015
Die Farben von Erde, Himmel, Wind und Regen: Kimonoausstellung im Bröhan-Museum in Charlottenburg
Der Berliner Westen muss hinter der Museumsinsel immer ein bißchen zurückstecken, dabei findet sich am Charlottenburger Schloss mit dem Museum Berggrün, der Sammlung Scharff-Gerstenberg und dem Bröhan-Museum eine ganz erhebliche Ansammlung von Ausstellungsfläche. Aber ehrlich gesagt schaffte ich es selbst erst vor kurzem zum ersten Mal ins Bröhan-Museum, das auf Kunsthandwerk aus Jugendstil und Art Déco spezialisiert ist. Derzeit läuft dort (und noch bis zum 6. September) eine Ausstellung zeitgenössischer japanischer Kimonos und europäischen Kunsthandwerks aus der Zeit um 1900, in dessen Dekoren sich die damalige Japanbegeisterung zeigt, und den textilen Teil wollte ich auf keinen Fall verpassen.
Die Kimonos stammen von Fukumi Shimura und ihrer Tochter Yoko Shimura, in Japan mehrfach ausgezeichnete Textilkünstlerinnen. Das Seidengarn für die Stoffe der Kimonos wird von Fukumi Shimura selbst mit Pflanzenteilen gefärbt - vom zartesten, klarsten Blassrosa bis hin zu tiefdunklem, intensiv leuchtenden Violett oder Burgunderrot. In der Welt der Shimuras ist mit dem Färben, den Pflanzen und den Mineralien in der Beize, die am Färbeprozess beteiligt sind, eine ganze Naturphilosophie verbunden, die Mondphasen spielen beim Färben ebenso eine Rolle, wie die Umgebung, in der eine Färbepflanze gewachsen ist. Einen Einblick in dieses Denken und in den Herstellungsprozess der Kimonos bekommt man in einem kurzen Film in der Ausstellung.
Mich begeisterten vor allem die klaren, leuchtenden Farben und ich musste an Suschnas Fazit der Stoffspielerei im April nach ihren Experimenten mit wilden Farben denken: Naturfarben sind nicht zwangsläufig nur grau-braun-erdig. Selbst Zwiebelschalen (mit denen ich schon mal fleckige rotbraune Ostereier gefärbt hatte) ergeben auf Seide, und von einer Expertin gefärbt, einen tief leuchtenden Honig- bis Kupferton. Die Seidengarne wurden für die Kimonos auf alten Webstühlen zu schmalen Bahnen verwebt, besonders beeindruckend die Stoffe in Ikat-Technik, bei denen Kett- und Schussfäden vor dem Färben so abgebunden werden, dass sie in verwebter Form ein Muster bilden - im Prinzip so ähnlich wie bei selbstmusternden Sockengarnen.
Spannend ist auch der zweite Teil der Ausstellung, der die Inspiration durch japanische Dekore und Gestaltungsprinzipien in europäischer Kunst und europäischem Kunsthandwerk um 1900 zeigt, allerdings vor allem anhand von Objekten aus Glas, Porzellan, Keramik und Silber. Textilien sind auch in der Dauerausstellung des Bröhan-Museums kaum vertreten - aber das ist eine andere Geschichte: Für Sammler wie Historiker haben Textilien lange Zeit nicht den gleichen Stellenwert wie Gegenstände aus anderen Materialien gehabt, und vielleicht ist das sogar bis heute so.
Die Kimono-Ausstellung läuft bis zum 6. September. Einen Vorgeschmack (und vor allem sehr schöne Fotos!) liefert die Webseite von Fukumi Shimura, die zur Ausstellungseröffnung im Juni sogar in Berlin war und einen Färbe-Workshop an der UdK gab, wo unter anderem mit Berliner Linden gefärbt wurde - Fotos des Workshops hier.
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