Donnerstag, 11. April 2019

Cord und kontroverse Kunstfell-Nostalgie: Jacke Burdastyle 104 aus Heft 11/2018

Das Jahr 2019 lässt sich etwas holprig an - nach der ersten Januarwoche und der auch dieses Mal wieder wunderbaren Annäherungs-Nähwochenende in Bielefeld knockte mich eine Erkältung aus und zwei Wochen später eine weitere Erkältung, und jetzt ist schon April und ich habe das Gefühl,  dieses Jahr noch nichts Wesentliches auf die Reihe gekriegt zu haben. Objektiv betrachtet stimmt das nicht ganz (ein neues Buch ist bald fertig), in Bielefeld wurde ein Wintermantel zu zwei Drittel fertig, und auch den Stoffstapel vom Januar habe ich abgearbeitet.


Aus dem dunkelgrünen Cord wurde die Jacke 104 aus Burdastyle 11/2018, aber mit den aufgesetzten Taschen von Modell 105. Ich nahm sie zugeschnitten und halbfertig nach Bielefeld mit, weil ich hoffte, auf dem Stofftauschtisch einen irren Stoff - Fell, Gestepptes oder etwas mit Struktur - für die Taschen zu finden. Und der Tauschtisch enttäuschte mich nicht: Es gab Ozelotplüsch von Frau Crafteln! Die war allerdings gar nicht begeistert, als ich das Plastikfell an mich nahm und meinen Taschen-Plan verkündete, sie versuchte nachdrücklich, mir die Taschen aus diesem Material auszureden, sekundiert von weiteren Fraktionen meines Nähtisches. (Marja Katz, die hier über die Annäherung bloggte, warf an dieser Stelle die Frage auf, ob ich vielleicht am falschen Tisch säße?)


Ich habe die skandalösen Felltaschen dann lieber zuhause genäht - wären sie wirklich scheußlich geworden, hätte ich sie hier gar nicht gezeigt und so das Gesicht wahren können. Und jetzt finde ich, dass die Taschen genau richtig sind und genau so sein müssen (auch wenn ich jede verstehen kann, die das nicht findet).


Das Kunstfell löst bei mir nämlich eine gewisse Nostalgie aus: Zu Abiturzeiten hatte ich einen sehr schönen und sehr unpraktischen, weil verschlusslosen Wintermantel in Hängerform aus schwarzem Wollflausch mit einem langgezogenen, bis zum Saum des Mantels reichenden Schalkragen aus ähnlichen Fell wie diesem. Der Mantel war wirklich außerordentlich unpraktisch, weil man ihn vorne permanent geschlossen halten musste - glücklicherweise trug man zu der Zeit auch Rucksäcke, und so waren die Hände dafür frei. Ich habe diesen Mantel sehr geliebt und, wie man sieht, nie vergessen, daher macht es mich so glücklich, wieder ein Stück mit künstlichem Ozelotfell zu besitzen.


Als es vor ein paar Tagen etwas wärmer war, habe ich die Jacke schon getragen und ich bin gespannt, ob sie es wirklich auf Dauer in meine Garderobe schafft. Auf eine gewisse Weise ist die Jacke so detailüberladen mit Fell und roter Einfassung und Bling-Bling-Druckknöpfen (aber nur diese passten zu den Zähnchen des Reißverschlusses), dass sie schon wieder sehr kombinationsfreudig ist - irgendein Detail passt immer. Das Nähen hat auf jeden Fall großen Spaß gemacht, es lohnt sich, ab und zu von den üblichen Pfaden abzuweichen.

Eines noch: Der Jackenschnitt hat überschnittene Schultern, allerdings mit einem normal geformetn Armloch, das geht aus der Schnittzeichnung nicht hervor. Wenn man ihn so lässt ist die Jacke um die Schultern herum sehr voluminös und der Ärmel beginnt erst auf der Höhe des Oberarms. Ich habe die Schultern um etwa 2 cm verschmälert, damit sind sie immer noch ziemlich breit, aber auch sehr bequem. Die Schulterbreite also unbedingt überprüfen, ehe der Ärmel eingenäht wird! 

Die Fakten zur Jacke

Schnitt: Burdastyle 104 aus Heft 11/2018, Taschen von Modell 105
Material: Breitcord dunkelgrün (1,20 m reichte aus), schwarzes Viskosefutter
Reißverschluss, Druckknöpfe, Baumwollschrägband, Rippjersey, Kunstfell
Änderungen: Bei Größe 40 Schulter um ca. 2 cm verschmälert