Freitag, 31. Januar 2014

Wochenrückblick: Puppenhäuser, make do and mend und noch eine neue Schnittmusterfirma

 
Die Rubrik der Wochenrückblicke ist in letzter Zeit mal wieder ins Hintertreffen geraten hier. Es ist aber auch nicht viel passiert: erst war kein Winter, dann doch, und ganz Berlin tat überrascht. Für meine Büropflanze ist sowieso Frühling, egal was die anderen sagen. Ich strickte eine vor Urzeiten angefangene Strickjacke fast fertig und mir gelang es, das Futter für die Helgolandjacke doch noch aus eigentlich viel zu wenig Stoff zuzuschneiden. Die kleinen Triumphe eines Nähnerds.  

Die Links der Woche sind diesmal ein buntes Sammelsurium:

Puppenhäuser sind nicht nur für Kinder. Über Twitter gelangte ich zu Stef und ihrem ebenso beeindruckenden wie zauberhaften Haus. Diese Details, diese Akribie! Ich bin von den Bildern begeistert und schon ganz gespannt auf die Vorstellung der einzelnen Zimmer. Zufällig ging es bei SpOn in der letzten Woche auch um Puppenhäuser: Die reiche Erbin Frances Glessner Lee sorgte mit einer Stiftung für die erste rechtsmedizinische Fakultät der USA - und baute in den 1930er Jahren Puppenhäuser, in denen die Schauplätze von Verbrechen detailversessen abgebildet waren. Die Schaukästen wurden über Jahrzehnte in der Ausbildung von Kriminaltechnikern verwendet. Frances Glessner Lee erfüllte sich damit nach ihrer Scheidung einen Traum und verband ihr Interesse an Medizin und "ihren unbändigen kreativen Drang, mit dem sie früher nur auf das Unverständnis ihres Ex-Mannes gestoßen war". Das Wohnhaus der Glessners in Chicago ist heute ein Museum, und das Museumsblog lässt erahnen, wie unbändig Frances' kreativer Drang gewesen sein muss: Sie spielte selbst Geige, baute ein Miniatur-Symphonieorchester und richtete sich im Keller unter dem Esszimmer eine Silberschmiedewerkstatt ein.

"Make do and mend" war in den 1940er Jahren in Großbritannien die Devise: Kleidung reparieren, ändern, umarbeiten - wie es dieser alte Werbefilm zeigt. Ob das Babybett tatsächlich praktikabel ist, kann ich nicht beurteilen - den gequilteten Morgenmantel aus Stoffresten finde ich aber große Klasse!

Indie-Schnittmusterhersteller und kein Ende: Aus England kommt gatherkits.com, gegründet von zwei nähbegeisterten Freundinnen. Im Moment gibt es einen Schnitt für ein Kleid und einen Zierkragen, die Illustrationen auf der Seite sind hübsch retro, und ich frage mich gerade, wie viele kleine Schnittmusterfirmen die Welt eigentlich ernähren kann - hoffen wir das beste!

Dienstag, 28. Januar 2014

Thema der Stoffspielerei im Februar: Gewebe


Am 23. Februar ist wieder Stoffspielerei, hier an dieser Stelle. Das Thema gibts diesmal schon besonders früh, damit Zeit zum Überlegen und Werkeln bleibt - Petra, die am letzten Stoffspielerei-Sonntag danach fragte, hat ja ganz recht.

Ich schlage Gewebe als neues Thema vor. Gewebe, das sind zum Beispiel gekreuzte Fäden in Kette und Schuss, das ist Stoff mit unterschiedlichen Webstrukturen, aber auch Spinnweben könnte man als Gewebe bezeichnen. Man kann Gewebe selbst herstellen, oder auf oder mit vorhandenen Geweben etwas anstellen - was ihr macht, ob groß oder klein, praktisch oder experimentell ist euch überlassen. Ich verlinke euch hier im Laufe des Sonntags, und wenn ihr nicht sowieso jedes Mal mitmacht, wäre es gut, wenn ihr mir dann (oder schon vorher) ganz kurz einen Hinweis gebt, dass ihr dabei seid.

Sonntag, 26. Januar 2014

Stoffspielerei im Januar: Kinderleichte Bargello-Stickerei


Als Suschna für diese Folge der Stoffspielereien das Motto "Kinderleicht" ausgab, ließ ich gedanklich die allerersten Handarbeiten, die ich gemacht hatte, Revue passieren. Ich habe ja mit Taschentücher-Stickpackungen für Kinder sticken gelernt, die ich öfter von meinen Tanten aus Dresden oder Berlin geschenkt bekam. Die fertig gesäumten Taschentücher mit vorgedruckten Mustern und das Stickgarn waren immer sehr dekorativ in einem Karton mit durchsichtigem Plastikdeckel arrangiert. Später folgte eine Gobelinstickerei-Phase (auch dafür gibt es Stickpackungen), wobei ich noch später sogar dazu überging, eigene Muster zu sticken.

Kinderleicht ist das zum Beispiel mit der Bargello-Stickerei oder Florentiner Stickerei, sofern man dicke Wolle und Stramin benutzt. Bei der Bargellostickerei werden graphische Muster, meistens Zacken oder Wellen, aus mehreren, aufeinander abgestimmten Farbtönen auf einen auszählbaren Untergrund gestickt.          


Ursprünglich wurde Bargellostickerei mit Wolle auf Leinenuntergrund gestickt und für Möbelbezüge und Wandbehänge verwendet- dafür gibt es einige Beispiele aus dem frühen 17. Jahrhundert. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden die verwendeten Garne und Stoffe feiner, bestickte Brieftaschen mit Bargellostickerei kamen in Mode. Im Burda Stick-Lehrbuch von 1982 wird die Technik unter dem Namen Florentiner Stickerei beschrieben, nun verwendete man Perlgarn und auszählbare Handarbeitsstoffe. Im deutschsprachigen Netz gibt es aktuell nur wenig Informationen zu dieser Technik, aber wie so oft ist der Eintrag in der englischsprachigen Wikipedia recht ausführlich und bei apartment therapy gab es auch einmal einen Überblicksartikel. Bilder und Anleitungen findet man jedenfalls besser mit englischen Suchbegriffen - bargello stitch, flame stitch oder German brick stitch - zum Beispiel hier.  


Das Nadelkissen und die Nadelmappe stammen noch aus meiner ersten Bargello-Phase.


Jetzt kramte ich die seit Jahren nicht mehr angefassten Garnvorräte heraus, einen Rest Stramin hatte ich auch noch da. Die Stickwolle verwendete ich doppelt, sonst wird der Untergrund durch die senkrecht verlaufenden Stiche nicht komplett verdeckt. Für größere Flächen habe ich früher aber auch ganz normales Strickgarn verwendet, der Kauf von Stickwolle führt nämlich schnurstracks zur Verarmung, das Zeug ist ähnlich teuer wie Druckertinte oder Wimperntusche. Was das Verhältnis von Garnstärke und Untergund betrifft, muss man einfach ausprobieren, was zusammenpasst: hier ist  es Stramin 18/10, das heißt mit 18 "Löchern" auf 10 cm, Wolle mit 90 m Lauflänge auf 50g passt gut dazu. Wahrscheinlich könnte man auch mit Baumwollgarn sticken, mit bunten Resten vom Häkeln, zumindest stelle ich mir vor, dass das eine schöne matte Fläche gäbe.


Ich dachte an robuste Broschen für den Wintermantel und zeichnete mir ein paar Umrisse vor - die rechteckige Stickerei oben rechts ist so groß wie eine Streichholzschachtel. Interessanterweise fand ich das, was ich als "ganz einfach" in Erinnerung hatte, jetzt nach Jahren gar nicht mehr so simpel. Man muss sich vorher schon ein paar Gedanken machen, wie die Zacken verlaufen sollen und welche Farben man nebeneinander setzt.


Den unbestickten Straminrand schlug ich nach hinten um, heftete ihn fest und bügelte dann einmal mit ein bißchen Dampf drüber. Die Stärke im Stramin wird dadurch erst etwas angelöst, trocknet dann wieder und der Stramin hält bombenfest die Form. Eine Filzrückseite und eine kleine Sicherheitsnadel nähte ich von Hand auf.


Was mir erst später auffiel: die unregelmäßigen bunten Zacken der Stickerei passen perfekt zum wildgemusterten Futter meines Mantels! Ob ich vielleicht doch mal wieder etwas Größeres sticke? Es macht schon Spaß, mit bunter Wolle auf Stramin zu malen. Andererseits liegen hier noch zwei größere Stickereien von früher, aus der Gobelin-Phase herum, und ich habe keine Verwendung dafür. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum die Wollstickerei bei mir nur eine Phase war und wohl auch eine Phase bleibt.

Alle kinderleichten Handarbeiten sammelt heute Suschna.

Donnerstag, 23. Januar 2014

Eine neue Tasche für den Liebsten


Ich hatte mir ja fest vorgenommen, zu Weihnachten keine Tasche zu nähen. Wie ich bestimmt schon zwei- oder dreimal erwähnt habe, macht mir das Nähen von Taschen nicht besonders viel Spaß, deshalb wollte ich für die mittlerweile total verschlissene Herrenhandtasche von 2009 einen Ersatz auf dem Weihnachtsmarkt in der Kreuzberger Markthalle besorgen. Aber als Selbermacherin kommt man eben doch immer wieder aufs Selbermachen zurück.

Auf dem Markt hatte ich zwar eine ganze Menge Taschen in der Hand, aber wirklich keine, die ich gerne gekauft hätte. An dem einen Stand fand ich das Planenmaterial hässlich, die Taschen aus Fahrradschläuchen fand ich - ganz abgesehen vom Geruch - auch nicht sonderlich attraktiv, und an einem dritten Stand gefielen mir zwar Material und Verarbeitung, aber dafür gab es nur ungünstige Formate. Entweder deutlich kleiner als DinA4 oder deutlich größer, so dass man einen großen Aktenordner oder einen großen Laptop transportieren könnte. Für mich liegt die ideale Taschengröße irgendwo dazwischen: so, dass eine Zeitschrift, eine dünne Mappe oder ein kleines Netbook gut hineinpassen.   


Zuhause fing ich dann also doch wieder an, aus Zeitungspapier Schnittteile auszuschneiden und mit Tesa zusammenzukleben, hier abzuschneiden und da zuzugeben. Wenn ich keinen fertigen Taschenschnitt benutze, baue ich den Taschenkorpus immer erst aus Papier zusammen, sonst kann ich mir nicht vorstellen, wie groß das ganze wird. Noch am Sonntagabend begann ich mit Zuschneiden und Nähen - lieber die Energie nutzen, solange sie da ist, und der Geheimprojektbegünstigte weilte im Voralpenland.


Bei so einem spontanen Nähvorhaben erweist sich mal wieder der Vorteil eines guten Lagers: Die blaue Plane ist ein Rest der Paco-Tasche - von der Optik und der Strapazierfähigkeit her ein ganz tolles Material, nur nicht ganz einfach zu vernähen, es lässt sich zum Beispiel nicht bügeln. Säume und verstürzte Kanten bekommt man daher nur flach, wenn man sie absteppt, was mit einer Haushaltsnähmaschine aber nur unter Schwierigkeiten möglich ist. Die untere Kante der Taschenklappe bekam darum einen Beleg aus einem Stück dünnem Nylongurtband (ebenfalls Fundus), auf dem zweiten Bild kann man das mehr erahnen als sehen. Weil das Gurtband so steif ist, liegt die Kante flach, das hätte mit eingeschlagener und festgesteppter Plane alleine nie geklappt.   

Die Vorderseite der Tasche besteht aus einem Rest grauen Wollstoff, den ich mit einer Lage Gewebeinlage zum Aufbügeln und Vlieseline H630, einem dünnen, aufbügelbaren Volumenvlies verstärkt habe. Das Futter ist ein Rest vom Trenchcoat, es hätte gerne etwas farbiger sein können, aber in diesem Fall geht Strapazierfähigkeit vor Farbe. Reißverschlüsse, Karabiner und Schnallen für den Träger hatte ich ebenfalls zuhause, nur das Gurtband musste ich besorgen. Ich nahm das Baumwollgurtband aus dem Nähkontor, von dem ich übrigens ganz begeistert bin: sieht viel besser aus als Nylongurtband und meine Nähmaschine mag es auch lieber. Außerdem gibt es das Band nicht nur in verschiedenen Farben, sondern auch in unterschiedlichen Breiten, so dass die Schnalle vorne mit einem Band in der gleichen Farbe wie der Träger befestigt werden kann.    


Die Schnalle stammt aus einem Onlineshop, den es schon lange nicht mehr gibt und ist eine Verwandte des Magnetdrehknopfes, der an der ersten Tasche befestigt war. Auch die Schnalle namens Fidlock Slider schließt magnetisch und kann außerdem als Nadelkissen zweckentfremdet werden. Beim Schließen werden die beiden Seiten der Schnalle durch die Magnete von selbst in die richtige Position gezogen und rasten fest ein, so dass die Schnalle unter Zug nicht mehr aufgeht. Wenn man weiß wie, kann man sie dennoch leicht öffnen: die untere Hälfte nach links und oben schieben, dann trennen sich die beiden Teile wieder. Tolle deutsche Ingenieurskunst aus Hannover! Der Beschenkte schätzt sowas sehr. Nun bin ich mal gespannt, wie lange die neue Tasche ansehnlich bleibt. Das Vorgängermodell war nach vier Jahren vollkommen zerschlissen.

Und nicht zuletzt möchte ich auf Monikas Sammelaktion Winter HerrMann hinweisen - Monika sammelt jetzt vier Mal im Jahr Genähtes und Gestricktes für den Mann. Mit Thread Theory und Walden, der Männer-Schnittmusterlinie von Colette Patterns, gibt es ja nun endlich auch eine größere Auswahl interessanter Schnittmuster für Männersachen. Und wer weiß, vielleicht bald auch einige nähende und bloggende Männer? 

Sonntag, 19. Januar 2014

From a far away place: Entwurf (Nix für Lemminge 1/2)

Also die Nix-für-Lemminge-Challenge entwickelt sich zum Interesssantesten, was die nähnerdige Blogosphäre gerade zu bieten hat. Bei der Inspirationssammlung vor zwei Wochen zeichnete sich ja schon ab, dass sich eine ganze Reihe Teilnehmerinnen in Richtung Korea aufmacht. Das wird spannend, wie verschiedene Leute den gleichen Ausgangspunkt interpretieren und in ein heute tragbares Kleidungsstück übersetzen!

Ich habe seit dem letzten Mal noch ein bißchen weiter in Sachen Hanbok, dem traditionellen koreanischen Ensemble aus kurzem Jäckchen und langem, weiten Rock mit hoher Taille geforscht. Glücklicherweise gibt es überall auf der Welt Enthusiasten, die historische Trachten nachschneidern und dies im Netz dokumentieren. Über eine interessante Serie von Posts über das Nachschneidern eines Hanboks, allerdings auf Grundlage eines kommerziellen Schnittmusters, gelangte ich zu einem Artikel über den Formwandel des Hanboks seit dem 16. Jahrhundert.    

Korea 1904. Cornell University Library via flickr, public domain
Im Verlauf von 500 Jahren schrumpfte  die Jacke immer mehr, wurde kürzer und enger, bis um 1900 die heute so charakteristische Silhouette erreicht war, mit einer sehr kurzen, gerade die Achseln bedeckenden Jacke und und einem Rock bzw. Kleid, das schon auf oder unmittelbar unter der Brust gekräuselt ist. Auf alten Fotos sieht man, dass die Röcke im Alltag nicht bodenlang getragen wurden, sondern über einer pludrigen langen Hose. Die Kragenform der Jacke, die relativ weiten Ärmel und das Schließen der Jacke links über rechts wurden hingegen beibehalten.

Ein Test: Jacke nach einem rekonstruierten Schnitt aus dem 16. Jahrhundert

Im Zuge meiner Suche fand ich auch zu einer Seite mit einem rekonstruierten Schnittschema einer koreanischen Jacke aus dem 16. Jahrhundert, und um mich einzugrooven und ein Gefühl für die Sache zu bekommen, nähte ich ein Probeteil dieser Jacke. Die Konstruktion ist sehr interessant: die Jacke besteht im wesentlichen aus Rechtecken, deren Maß anhand der Körpermaße des Trägers bestimmt wird. Das Maß von Handgelenk zu Handgelenk bei ausgestreckten Armen, durch sechs geteilt, bestimmt die Breite der einzelnen Elemente. Die Teile sind äußerst einfach zusammenzunähen, denn es gibt nur gerade Nähte - und dabei entsteht ein wirklich ansprechendes Kleidungsstück. Aus dem richtigen Material, zum Beispiel aus Wollwalk, ergäbe das eine absolut alltagstaugliche Jacke, unter der man auch noch einen dicken Pullover tragen könnte. Das hat mich schon überrascht, ich hatte etwas erwartet, das sich viel mehr wie eine Verkleidung anfühlt.


Mit dem getesteten Schnittschema werde ich nun weitermachen. Mir schwebt eine engere, kürzere Jacke vor, die sich wie eine Strickjacke tragen lässt - ich werde die Jacke quasi so schrumpfen, wie es in der historischen Entwicklung auch passiert ist. Die Jacke sollte knapp über der natürlichen Taille enden. Der Kragen, die gerade Naht zwischen Schulter und Ärmel, die eingesetzten Seitengodets und die abgeschägten Vorderteile mit dem asymmetrischen Verschluss sind die wesentlichen Elemente, die ich erhalten will. Wie man bei den gesammelten Hanbok-Beispielen auch sieht, gibt es aktuell durchaus eine größere Variationsbreite, was die Position der Taille betrifft - ich werde mich an den Beispielen orientieren, bei denen die Taille im Verhältnis zur natürlichen Taille nur leicht erhöht ist. 


Hier die endgültige Stoffauswahl. Die Jacke wird aus dem moosgrünen Wollstoff genäht, in Kombination mit dem passenden grün-blauen Karostoff. Die Aufteilung stelle ich mir ungefähr so wie bei dieser Jacke vor - die Seitenteile und Zwickel aus Karostoff.

Den weißen Stoff mit den Blumen habe ich als Futter für die Jacke vorgesehen, er soll mit einem leichten Vlies unterlegt und versteppt werden. Vlies muss ich noch besorgen, oder genauer gesagt: mir überhaupt überlegen, was ich dafür nehme. Ich möchte ein ganz dünnes Steppfutter, das der Jacke mehr Substanz gibt, aber ohne sie zu versteifen. 

Dazu kommt ein weiter, in der Taille sitzender Rock aus dem grauen Jacquard, Schnitt noch unklar, eventuell ein Tellerrock. Außerdem ein langärmeliges T-Shirt aus weiß-schwarz-geringeltem Baumwolljersey und möglicherweise auch noch eines aus magentarotem Viskosejersey.

Meine Route bis zum nächsten Treffen am 2. 2. ist also soweit klar: das Probeteil zu dem geplanten Jackenschnitt weiterentwickeln und über den Rockschnitt nachsinnen. Heute aber bin ich erstmal sehr gespannt, was die anderen Mitnäherinnen sich überlegt haben. Der Stand der Dinge wie immer bei Mamamachtsachen. 

Donnerstag, 16. Januar 2014

Die zweite Woche: falscher Frühling und Fashion Week, Chinamode und japanische Stoffbälle

Die Vögel zwitschern hier in Berlin so ausdauernd, dass der Frühling schon um die Ecke zu schauen scheint. Aber wer weiß.

Nach drei Abendveranstaltungen in Folge und dementsprechend wenig Zeit zuhause, kann ich nur ein paar Strickfortschritte vorweisen, und für die Helgolandmorgenjacke muss ich erst Futter besorgen und überlegen, wie es weitergeht. Das Paste-up von Alias namens "Suitcase Bomb" ist ein Fundstück aus der Boxhagener Straße.

Ansonsten ist in Berlin Fashion Week, was ich auf meinen täglichen Routinewegen praktisch gar nicht merke. Die Büronachbarin hingegen, die in der Nähe des Flughafens Tempelhof wohnt, wo gerade die Bread&Butter läuft, klagt über hipsterverstopfte Bushaltestellen auf dem Weg zur Arbeit. Wie jedes Jahr gibt es bei den Showroom Days eine ganze Reihe allgemein zugänglicher Veranstaltungen und Ausstellungen - vielleicht gehe ich am Samstag selbst noch gucken.

Eine ebenfalls interessant klingende Ausstellung über chinesische Mode, ihren Wandel im Laufe der Zeit und den Einfluss westlicher Kleidung, läuft bis zum 7. 2. im Konfuzius-Institut der FU in Dahlem. Die Öffnungszeiten (Montag bis Donnerstag jeweils von 14.00 bis 18.00 Uhr) sind zwar eine Herausforderung, aber ich werde mir die Ausstellung nicht entgehen lassen - hätte ich rechtzeitig davon gewusst, hätte ich mich für China als Thema der ersten Nicht-für-Lemminge-Challenge entschieden.

NanaAkua via flickr: Apr2009_my 88yrs old grandma's works : TEMARI, unter CC-Lizenz

Selbermach-Links der Woche:


Täusche ich mich, oder taucht die Vorschau für das nächste Burda-Heft immer früher und früher auf? Es ist gerade einmal Mitte Januar, und schon gibt es erste Bilder aus der Märzburda. Und ein Burda-Plus-Heft für Frühling und Sommer wird es auch geben - in Russland erscheint es am 26. Februar, den Erscheinungstermin in Deutschland habe ich nicht herausfinden können.

Temari heißen in Japan Bälle aus Stoff, die kunstvoll mit Garn umwickelt und bestickt werden. Man verschenkt sie traditionell zum neuen Jahr. Über boredpanda.com stieß ich auf dieses phantastische Temari-Bilderset auf flickr, aus dem auch das Foto oben stammt: Die jetzt 92-jährige Großmutter der flickr-Nutzerin NanaAkua stellt seit dreißig Jahren Temari-Bälle her. Die mehr als 400 Fotos dokumentieren sie Stück für Stück und zeigen einen unglaublichen Farben- und Formenreichtum. Es gibt Bälle mit geometrischen Mustern, mit Sternen, mit Blumen, mit Kranichen, mit Gesichtern, mit Weihnachtsmännern oder mit Kirschblüten. Unglaublich, was nur mit Nadel und Faden erschaffen werden kann. 

Sonntag, 12. Januar 2014

Auf meinem Nähtisch: Die Helgoland-Morgenjacke

"Ein Morgenmantel ist mehr als nur ein Kleidungsstück. Er ist schon fast eine Frage des Lebensstils. In einen hübschen, kleidsamen Morgenmantel gehüllt, läßt sich der Tag viel vergnügter beginnen." (Das große Buch vom Schneidern, München 1979, S. 256)

Wer wollte dem widersprechen, besonders seitdem hier, hier und hier wunderbare Morgenmäntel aufplöppten? Dass ich so ein Ding unbedingt brauche, wurde mir schon am zweiten Januar klar, beim Aufstehen früh um halb sieben, als ich wie immer irgendeine Strickjacke von dem Kleiderhaufen neben meinem Bett nahm und über den Pyjama zog. Wieso ich jahrelang ohne Morgenmäntel ausgekommen war - und vor allem, ohne diese gravierende textile Lücke überhaupt zu bemerken - ist mir nicht erklärlich.

Meinen letzten Morgenmantel besaß ich vor etlichen Jahren, als ich in einer Wohnung mit Ofenheizung und Klo auf halber Treppe wohnte. Er war allerdings keine Frage irgendeines Lebensstils, sondern eine Notwendigkeit. Nach dem Umzug in eine zentralbeheizte Bleibe wurde er bald ausgemustert. Wegen meiner Schusseligkeit am Morgen sind Kleidungsstücke mit weiten Ärmeln für mich in der Küche nicht besonders praktisch - ich sage nur: Marmeladenbrote, Butterstücke, fließendes Wasser. All das und noch mehr sammelte ich mit meinen weiten Ärmeln auf.

Mittlerweile aber hat sich mein Lebensstil tatsächlich verändert: für das Kaffeekochen am Morgen ist der Liebste zuständig, ich trinke nur noch. Ein Kurzurlaub auf Helgoland steht bevor und verlangt nach einer angemessenen Bekleidung beim stundenlangen Auf-dem-Sofa-sitzen-und-aufs-Meer-schauen.

Das 1979er-Modell aus dem Buch, aus dem auch das Eingangszitat stammt, hätte ich ja gerne genäht, aber 5, 20 Meter Cordsamt gibt das Stofflager nicht her.

Morgenmantel 1979
Im Lager fand ich einen schönen, schwer fallenden altrosa Viskosestoff mit Punkten in schwarz, türkis, grün und hellrosa, leider nur etwas über zwei Meter. Für einen Mantel reicht das nicht, aber für Schnitt 116 aus Burdastyle 12/2013, eine hüftlange Jacke, die als Kostümjacke oder als reguläre Oberbekleidung gedacht ist, zumindest legt Burdas Serviervorschlag das nahe. Aber das macht nichts - ich sehe in dem Schnittmuster eine elegante, halb-asiatische Morgenjacke.

Gestern, am Samstagabend, schnitt ich zu und nähte heute im Laufe des Nachmittags schon mal den Kragen. Kragen und Belege sind aus festem, schwarzen Baumwollsatin, so dass ich mir die Einlage sparen konnte.  

116 aus Burdastyle 12/2013
Ein bißchen kniffelig an dem Schnitt sind die unteren Ecken am Kragen und die Ecken am Ärmeleinsatz: Man muss dort die erste Naht genau an der Ecke enden lassen, den Stoff einschneiden und die Quernaht ebenfalls an der Ecke beginnen bzw. enden lassen. Da das beim Kragen wider Erwarten prima funktionierte, nähte ich gleich noch die Ärmel ein.

Ärmelecke von innen...
... und von außen
Der Stoff ist für den Schnitt ein Glücksfall: weich, legt sich gut in Form und lässt sich gut bügeln, franst aber nicht übermäßig. Ich bin mit dem Fortschritt jedenfalls schon sehr zufrieden. So ein Nähprojekt, bei dem es nicht so sehr auf die Passform ankommt, ist zwischendurch sowieso sehr entspannend: Nicht dauernd überlegen und anprobieren, sondern einfach alles mit 1,5 cm Nahtzugabe zuschneiden und stumpf zusammennähen. 

Unbedingt türkises  Futter
Nur für das Futter muss ich mir noch etwas überlegen. Ich hatte einen dicken, türkisen Jersey, so eine Art Sommerfrotttee, aus dem Lager gezogen, zufällig genau das gleiche Türkis wie die türkisen Punkte. Die Ärmel wollte ich mit einem Rest schwarzen Futterstoff füttern, den Korpus mit dem Jersey. Die Stoffe lagen ein paar Tage gemeinsam auf einem Stapel, und die Kombination Punkte - schwarz - türkis gefiel mir immer besser und besser. Oben habe ich mal demonstriert, wie das aussehen würde. Denn leider stellte ich am Samstag fest, dass der Jersey nur 1, 20 Meter breit liegt, viel zu wenig also. Mittlerweile bin ich so auf türkis fixiert, dass ich mir die Jacke ohne türkises Futter gar nicht mehr vorstellen kann. Da sehe ich noch einige Schwierigkeiten voraus, denn Stoff in Wunschfarbe kaufen funktioniert ja meistens überhaupt nicht.

Donnerstag, 9. Januar 2014

Die erste Woche 2014: Bummeln, Kaffeesatzleserei und ein kostenloses Schnittmuster

 
 
Das Schönste an Feiertagen: Ausschlafen und sich durch den Tag treiben lassen. In der Dämmerung über den beleuchteten Kudamm bummeln und Schaufenster gucken. Bei Max Mara einen zweifarbigen Mantel bewundern, mit raffinierten Taschen in der Querteilungsnaht - Preis: niedrig vierstellig - und sich den Schnitt fürs Nachnähen merken. Die Goltzstraße entlangschlendern, Muskatnüsse kaufen und Postkarten, in der Barbarossastraße eine umhäkelte Wasserpumpe entdecken und im Café Savo einkehren.

Das erste Nähprojekt des Jahres: ein Pyjama (mein Standardschnitt dafür: 125 aus Burda 12/2006), mit Streberpaspel an Ärmeln und Tasche. Das nächste Vorhaben steht fest, seitdem zuletzt hier und hier bombastische Morgenmäntel auftauchten und mir klar wurde: Sowas brauche ich auch ganz dringend. Wieso ich die letzten ca. 15 Jahre auf  einen Morgenmantel verzichten konnte, kann ich mir nicht erklären. Meine Lebensumstände müssen sich geändert haben.     


Selbermachlinks der Woche:

Die französische Schnittmusterfirma Deer and Doe bietet einen kostenlosen T-Shirt-Schnitt zum Download an, mit langen, kurzen oder dreiviertellangen Ärmeln, Anleitung englisch und französisch. Zum Herunterladen muss man zuerst ein Kundenkonto anlegen - oben links unter "sign in".

Die Denunziation der Stricknadel: Ein wohltuend differenzierter Artikel im Tagesspiegel über die Vorgeschichte des derzeitigen Handarbeitstrends und über ein neues Buch der Erziehungswissenschaftlerin Juliane Jacobi, ein Grundlagenwerk zur Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung in Europa, die häufig eine Geschichte des Handarbeitsunterrichts war. (Via Suschna)

Und dann gabs in der vergangenen Woche ja noch jede Menge Ausblicke und Prognosen: "Was nächstes Jahr wichtig wird" - "Welche Politiker 2014 wichtig werden" - "Die 10 wichtigsten social media/e-commerce/beliebiges_Buzzword_hier _einsetzen -Trends 2014" und so weiter und so fort.  Kein selbsternannter Experte ohne Prognose für sein Fachgebiet.

Das Nahtzugabe-Blog darf dabei nicht fehlen. Selbsternannter Experte bin ich schon lange, Bauchgefühl habe ich jede Menge, außerdem liebe ich Listen. Auf dieser Grundlage ist es ein Leichtes, ein paar wohl fundierte Vorhersagen für die wichtigsten DIY-Trends 2014 zu formulieren. 

Das geht: Eulen, Rehe, Gelb, Grau, Holzfällerkaro
Das bleibt: Füchse, Leder, Paisleymuster, Halbedelsteine
Das kommt: Schmetterlinge, Ameisenbären, Grün, Magenta, Madraskaro

Wichtigste Indie-Schnittmuster-Newcomer 2014: Papercut Patterns (Neuseeland), Named Clothing (Finnland). Indie-Pattern-Absteiger 2014: Colette Patterns.

Werden wir 2014 weniger nähen: Retrokleider
Werden wir 2014 mehr nähen: Blusen, Dirndl, Morgenmäntel

DIY-Absteiger 2014: Häkeln
DIY-Aufsteiger 2014: Makramee, Ministeck

Sonntag, 5. Januar 2014

From a far away place: Inspirationssammlung (Nix für Lemminge 1/1)

Im Jahresrück- und Ausblick hatte ich ja schon davon erzählt, dass die Nix-für-Lemminge-Designchallenge von Alex für mich bisher das einzige fest geplante Vorhaben für das Nähjahr 2014 ist. Kurz gesagt geht es bei der Challenge darum, zu sechs von Alex vorgeschlagenen Themen innerhalb von je zwei Monaten Kleidungsstücke zu entwickeln und herzustellen. Das passt prima zu meinen Plänen, wollte ich doch in diesem Jahr wagemutiger (und bunter!) nähen und Neues ausprobieren. Hand in Hand mit anderen Nähnerds unterwegs zu sein, mindert hoffentlich meine Tendenz, mir einfach einen engen, grauen Rock oder andere, auf Sicherheit und "passt immer" bedachte Kleidungsstücke zu nähen. Ich habe außerdem vor, im Rahmen der Challenge vor allem schon vorhandene Materialien zu verwenden - die Stoffspeicher sind zum Bersten gefüllt.

Bild: Mamamachtsachen.de

Bei der ersten Herausforderung, die heute beginnt, geht es um die Beschäftigung mit einer nicht-europäischen Kleidungssilhouette, deren "Essenz und einzelne Elemente in unser Hier und Jetzt" übersetzt werden sollen, so Alex.

Wir hier in Mitteleuropa sind ja traditionell im großen und ganzen auf eine Sanduhrform des weiblichen Körpers fixiert, die in früheren Zeiten mit Korsetts und Hüftpolstern, Reifröcken oder Krinolinen künstlich hergestellt wurde. Nichts anderes machen auch die zur Zeit so beliebten Petticoats: die Taille erscheint noch schmaler, wenn mehrere Lagen Tüll um die Knie wuscheln. Zwar gab und gibt es auch bei uns ab und zu modische Abweichungen von der Sanduhrsilhouette, zum Beispiel zur Zeit Napoleons in Directoire und Empire, oder aktuell in Neukölln, wo manche Hipstermädchen kastige, gerade pobedeckende Kleidchen tragen, aus denen sehr, sehr dünne Beine in Leggings herausschauen, aber von diesen Ausreißern abgesehen, ist die als ideal geltende weibliche Körperform über die Jahrhunderte hinweg erstaunlich konstant geblieben.  

Ganz anders in großen Teilen Asiens. Ich sah mich für diese Aufgabe in Korea um, weil mich ein gewisses kulinarisches (sehr leckeres Essen) und kulturelles (gute Filme) Interesse mit dem Land verbindet, und nicht zuletzt, weil mir das, was die Bildersuche hinsichtlich koreanischer Textilien zutage fördert, sehr gefällt.

Meine Recherche mit englischen Begriffen ist dabei ungefähr so fundiert, als ob eine begeisterte Selbernäherin aus Seoul, Südkorea, die noch nie in Europa war, ihr Wissen über Deutschland aus dem Kino bezieht und das deutsche, so exotische Essen im Seouler Restaurant Bärlin liebt, im Netz nach deutschen Dirndlkleidern sucht, um sich etwas Ähnliches nachzunähen und zwar so, dass es zu ihr passt und sie es im Alltag anziehen kann. Aber auf die Genauigkeit kommt es hierbei nicht an, es geht um ein generelles Gefühl, eine Stimmung.

South Korea 2010: Jirisan. Foto: Ronengelbert via flickr, unter CC-Lizenz
Gyeonghwon Sanseong (Gyeon Hwon Fortress). Foto: korea.net via flickr, unter CC-Lizenz
Igidae Coastal Walkway. Foto: Lee Phelps Photograpy via flickr, unter CC-Lizenz

In meinem Phantasie-Korea sprudelt kaltes Gebirgswasser über glattpolierte Steine, die dunkelgrünen Pinien an den Berghängen verschwinden im Nebel und auf den Gipfeln liegt Schnee. Es gibt schroffe, felsige Küsten, mit Steinplatten gepflasterte Wege, verborgene Seen und dichte Wälder. Kurzum: ein Land wie in Kim Ki-Duks Film Frühling, Sommer, Herbst, Winter und Frühling.

ChungNo Hanbok Shop. Foto: danielcraig via flickr, unter CC-Lizenz
Hanbok for man and female. Foto: Republic of Korea via flickr, unter CC-Lizenz
Women used to wear jangot when going out of the house. Foto: Republic of Korea via flickr.com, unter CC-Lizenz

Die traditionelle koreanische Kleidung Hanbok besteht aus einem langen, weiten, gekräuselten Wickelrock, dessen Bund sehr hoch sitzt - unmittelbar unter der Brust oder zum Teil sogar darüber. Dazu gehört eine kurze, links über rechts geschlossene Jacke mit meist weiten Ärmeln und einem weißen Streifen am Kragen, darüber kann außerdem ein langer, weiter Mantel getragen werden. Die charakteristische Form die sich daraus ergibt, ähnelt einem Dreieck, die Taille ist kaum vorhanden oder sitzt sehr hoch. Die Tracht wird heute zum Teil noch bei festlichen Anlässen, zum Beispiel Hochzeiten getragen, daher gibt es in Südkorea recht viele Designer, die traditionelle Hanboks oder moderne Abwandlungen herstellen - auf pinterest findet sich eine Menge.  

Was sich aber fast gar nicht finden lässt sind Bilder, die den Rock, Chima, ohne die Jacke (Jeogori) zeigen - einen Eindruck, wie die Einzelteile aussehen, bekommt man am ehesten noch in diesem Video, das das Anziehen von Chima und Jeogori zeigt. Wie man sieht, wird der  Wickelrock hier von Trägern auf den Schultern gehalten und über der Brust gebunden. Bei anderen Beispielen scheint der Rock ein enges, bustierartiges Oberteil zu haben, ähnelt also einen schulterfreien Kleid, und die Kräusel setzen zum Teil erst unter der Brust an. 


Burdastyle 3/2012 stellt mit Modell 106 sogar ein Schnittmuster dafür bereit. Aber Spaß beiseite: das Burda-Modell wir es natürlich nicht! Ich werde mich vor allem mit dem Schnitt des Jäckchens genauer auseinandersetzen. Der Rock dazu wird voluminös, das steht fest, aber sicher nicht bodenlang. Auf historischen Fotografien aus Korea sieht man, dass die bodenlange Variante im Alltag von Frauen, die arbeiten mussten, nicht getragen wurde - die langen Röcke waren Hof- oder Festkleidung. Aber dazu komme ich beim nächsten Termin am 19. Januar noch einmal zurück.


Zum Abschluss ein erster Blick auf die Stoffe, die ich im Auge habe. Von links nach rechts: ein jacquardähnlicher, aber locker gewebter Kleiderstoff (v. a. Viskose) mit metallischem Glanz in schiefergrau. Der Stoff ist für sein Volumen sehr leicht und fällt etwas störrisch. Als nächstes kommt ein moos- bis khakigrüner Wollstoff in Köperbindung, den ich 2012 schon zu einer Jacke nach Pattern magic verarbeitet hatte. Ich habe noch einen großen Rest davon und würde auch die alte Jacke opfern, denn die Schnittform ist nicht besonders bequem und das Teil hängt vor allem im Schrank. Als drittes und viertes folgen ein grün-blau karierter Wollstoff, von dem ich ein paar Reste habe, und ein gemusterter Viskosestoff (auch Rest), der mir aber in diesem Zusammenhang  möglicherweise zu klischeehaft-asiatisch aussieht. Das ist auch erst eine grobe Vorauswahl, ich habe irgendwo noch gestreifte Dupionseide in petto.

Die Farbstimmung geht in Richtung Schiefer, Moosgrün, Kupfer, verwittertes Holz, Lorbeer - eventuell mit einigen bunteren Akzenten. Wichtig ist vor allem der Kontrast zwischen dem glänzenden Jacquard und dem matten Wollstoff, alle anderen Materialien sollten sich dem unterordnen. Mögliche Schnittformen und ein paar Bilder zur Farbstimmung habe ich bei pinterest gesammelt.

Ehe der Text hier zum Roman wird, verweise ich jetzt lieber auf die anderen Teilnehmerinnen, die sich heute bei Alex versammeln. Ich bin sehr gespannt, wie andere die Vorgabe umsetzen werden, vor allem da ich in Alex' Pinterestsammlung auch einige Hanboks entdeckt habe.

Freitag, 3. Januar 2014

Loben und Lästern: Burdastyle 1/2014

Da war ich im Dezember voll des Lobes über das Burdaheft - heute nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil!

Als Norddeutsche kann ich den Faschingskostümen in der Januarausgabe sowieso nie besonders viel abgewinnen. Warum man sich als Baum verkleiden wollen würde, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Die Clownsfamilie beschert mir regelrecht Alpträume - stellt euch mal vor, ihr würdet diesem maskierten Trupp, einem großen, einem mittleren und einem kleinen Clown auf der Straße begegnen! Wissenschaftler fanden vor ein paar Jahren heraus, dass Kinder keine Clowns mögen - leider wurde nicht dazu gesagt, ob die Begegnungen mit Clownsfamilien im Fasching die Auslöser für die so genannte Coulrophobie sind. 


Den ersten Eindruck, ein Heft voller Faschingskostüme durchzublättern, wurde ich auch bei den anderen Themen im Heft nicht los. Was ist denn zum Beispiel das hier?


Ein Jetikostüm (Modell 101)? In Langgröße, Jetis sind bekanntlich groß. Und pelzig. Ehrlich gesagt hatte ich mir Jetis bisher einfarbig hellgrau vorgestellt, aber offenbar gibt es auch eine mehrfarbige Varietät mit interessanter Fellzeichnung, und die sehen wir hier.


Zu Modell 112, dem One-Shoulder-Kleid, fallen mir als erstes Abwandlungen für den Kostümfundus ein: Als traditionell gekleidete Inderin den Schnitt bis zum Knöchel verlängern, mit einem knappen, kurzärmeligen Tshirt in Knallfarbe, vielen Armreifen, Glitzerschmuck und Sandalen kombinieren. Oder als Römerin: Kleid verlängern und aus weißem Leinen nähen, dazu einen breiten, goldenen Gürtel und einen Lorbeerkranz tragen, eventuell mit einem Tonkrug oder ein paar Weintrauben ergänzen.

Auf den zweiten Blick mache ich mir Sorgen, wie dieses Kleid überhaupt am Körper halten soll: das Rockteil ist um die Hüften eng geschnitten, in der Taille weit, das Oberteil fällt blusig und hat einen riesigen Armausschnitt, und das alles aus unelastischem Stoff. Schiebt sich da nicht unweigerlich das Rockteil nach oben, es sei denn, man klebt es auf der Unterwäsche fest? 

Auf dem schmalen Grat zwischen Kleid und Verkleidung findet sich eine Designerkopie, das Schachbrettkleid (Modell 121), das einem Kleid aus der letzten Frühjahrskollektion von Louis Vuitton nachempfunden ist. Yvonet hatte im Frühjahr einen Anlauf genommen, genau dieses Kleid nachzunähen, vermutete aber schon damals: "Wenn es mir gelingt, dann hab ich ein LV-Knockoff inspiriertes Kleid und wenn nicht... dann eben ein Karnevalskostüm." Ich bin froh, dass sie das so gesagt hat, ich hätte mich nicht getraut - es handelt sich immerhin um Vuitton! Ohne das auffällige Stoffmuster bleibt nur ein Schnitt für ein nicht im mindesten tailliertes Kleid mit langen Ärmeln übrig.  


Nur zwei Schnitte gefallen mir ohne Einschränkungen: der Rock 115, ein Wickelrock aus dünnem, fließenden Stoff mit Faltendrapierung, leider ohne Futter, und das Raglanoberteil 122 aus Jersey mit Raffungen, die sich bei Ringeljersey besonders gut machen. Für das Raglanshirt gibt es eine Bilderanleitung im Heft. Der einreihige Blazer 120 hat immerhin einen ganz klassischen Schnitt und fällt daher in die Kategorie "kann man immer brauchen". Die Schnittmuster für Männersachen (Jackett 125, Hemd 127) finde ich noch ganz interessant. Gut möglich, dass ich das Hemd eines Tages einmal umsetze - das Jackett mit Sicherheit nicht, ich bin nämlich nicht überzeugt, dass ich sowas mit meiner Hobby-Nähausrüstung zuhause überhaupt ordentlich verarbeiten könnte.

Davon abgesehen freue ich mich lieber auf Heft 2/2014, das in der Vorschau vielversprechend aussieht. Aber jetzt bin ich neugierig: was sind eure Lieblingsschnitte? Habe ich etwas Vielversprechendes übersehen?   

Mittwoch, 1. Januar 2014

Tops und Flops 2013 und ein Ausblick auf 2014

Im Me-made-Mittwoch-Blog hatte ich gerade schon über meine Lieblingsstücke 2013 geschrieben, ich möchte hier aber trotzdem noch einmal eine Näh-Blog-Bilanz ziehen - mit den Lieblingsstücken, denn sonst würde ich hier ja nur über die Flops schreiben.

Meine Nähbilanz ist symptomatisch für mein gesamtes Jahr 2013: Ich hatte im Jahresverlauf oft das Gefühl, dass ich nicht ganz so konnte, wie ich wollte. Nach dem ungeheuer anstrengenden Jahr 2012 fehlte mir oft der Elan, oder besser gesagt: mir fehlte nicht unbedingt der Wille, aber die Energie. Und die Zeit sowieso. Ich habe also nicht viel fertiggestellt: Vier Röcke, drei Kleider, eine Bluse, ein Sommermantel, ein Bademantel (für andere) und eine Tasche (für andere), und zwei Projekte für mich, die ich noch nicht fotografiert habe, mehr war es nicht. Bei den Stricksachen sind drei Strickjacken (davon eine für andere), ein Cape und vier Paar Stulpen und Handschuhe fertig geworden.

Aber auch wenn die Quantität nicht besonders groß war, mit der Qualität bin ich sehr zufrieden, ich ziehe fast alles sehr gerne und regelmäßig an. Mein genähtes Lieblingsstück 2013 ist, trotz aller seiner Mängel, der Trenchcoat nach Burda 118 aus 12/2011.

 
Alle Einwände, die ich bei seiner Fertigstellung hatte - die öde Farbe, der überraschend unförmige Schnitt - bestehen weiterhin, aber das ist völlig egal: andererseits passt der Trench zu einfach allem, er ist in den Wochen im Herbst mit moderaten Temperaturen und viel Regen unschlagbar praktisch. So vielseitig und praktisch, dass ich mich frage, was ich eigentlich angezogen habe, bevor ich den Mantel hatte.

Das gestrickte Lieblingsstück 2013 ist das Miss-Marple-Cape nach eigener Idee.


Im Gegensatz zum Mantel ein Spaßprojekt, das sich sogar als sehr wärmend erwiesen hat. Während man mit dem Trench in der Menge untergeht, zieht das Strickcape sogar in Berlin einige Blicke auf sich, und das gefällt mir. Ich empfinde das Cape als lustig im positiven Sinne - also nicht als nervend-peinlich-lustig, als würde ich im Clownskostüm auf die Straße gehen, sondern als beschwingt-fröhliches, stimmungsaufhellendes Accessoire.

Ein richtiger Nähflop 2013 war das Retrokleid nach dem re-macher-Schnitt


Das Projekt scheiterte an der Materialauswahl: ein unbügelbarer Stoff in ungünstiger Farbe, fertig ist der Kittel für die adrette Servicefachkraft. Das Kleid habe ich bereits als Papierkorb verwurstet. Ich danke euch trotzdem sehr herzlich für die vielen Kommentare und Rettungs-Tipps beim ursprünglichen Post. Letztlich probierte ich nichts davon aus, weil ich nicht noch einmal Arbeit investieren wollte in ein Kleid, das selbst in glattgebügeltem Zustand kein Lieblingskleid werden würde. Mit dem Schnittmuster bin ich aber noch nicht fertig, das kommt für den nächsten Sommer wieder auf den Plan, dann wird sich zeigen, ob das doch noch etwas wird mit Retro und mir.



Die dunkelblaue Strickjacke aus Drops Baby Alpaca-Silk entpuppte sich leider mehr oder weniger als Strickflop 2013: das Garn bildet an den strapazierten Stellen Knötchen und fusselt herum. Komischerweise sieht das am schlimmsten aus, wenn ich an mir heruntergucke, auf dem Foto wirken die Knötchen nicht besonders eindrucksvoll. Mag also sein, dass ich ein bißchen überempfindlich reagiere, aber Tatsache ist: von der Jacke hatte ich mir mehr versprochen und ich ziehe sie daher nicht mehr so richtig gerne an.

Der beliebteste Blogpost 2014 war der Nähnerd-Test, dicht gefolgt vom ersten Teil der Übersicht über Schnittmusterzeitschriften. Den für mich wichtigsten Artikel schrieb ich im Nachklapp zur #waagnis-Aktion über das Nähen, um sich selbst mehr zu mögen.

Und darum geht es immer noch: Um das Kleidermachen und um die Freiheit, die das bedeutet. So richtig wieder bewusst wurde mir das, als ich Brontes Jahresrückblick las und ihre kluge Feststellung, dass sie ihr Hobby nicht als "Nähen" bezeichnet, sondern sagt "Ich mache meine Kleidung selbst." Das ist so viel mehr, als einfach irgendwas irgendwie zusammenzurattern. Wahrscheinlich kommen die ganzen Missverständnisse, wenn wohlmeinende Bekannte mit einem Stapel zu kürzender Hosen ankommen und denken, sie täten einem damit einen Gefallen - "Du nähst doch so gerne!" - wegen dieser tiefstapelnden Bezeichnung "Nähen" zustande, die bei Außenstehenden vollkommen falsche Vorstellungen hervorruft.

Und wie geht's nun weiter?

 Ich werde in diesem Jahr weiterhin meine Kleider selber machen - weil es mir großen Spaß macht und weil ich es kann, nicht weil ich es muss. Wie ich im Me-made-Mittwoch-Blog schon schrieb, möchte ich in diesem Jahr wagemutigere Lieblingsstücke herstellen, nachdem ich schon Kleidung für alle Gelegenheiten in schwarz, grau und dunkelblau besitze.

Bild: Mamamachtsachen.de
   
Deshalb freue ich mich sehr auf die Design it yourself - Nix für Lemminge-Challenge, die sich Alex ausgedacht hat: im zwei-Monats-Rhythmus werden Gesamtoutfits zu vorgegebenen Themen entwickelt, genäht und präsentiert. Für mich ist das eine gute Gelegenheit, die ausgetretenen Näh-Pfade zu verlassen, oder genauer gesagt: mich von Alex von den ausgetretenen Pfaden weglocken zu lassen. Bei den Stoffspielereien habe ich schon oft erlebt, dass das Spielen entlang  einer Vorgabe ganz unerwartete Ergebnisse hervorbringen kann, und wie interessant es ist, den Weg der MitstreiterInnen zu verfolgen. Außerdem gefällt mir sehr, dass sich die Challenge flexibel an die persönlichen Kleidungsbedürfnisse und -wünsche anpassen lässt: welche Stücke letztlich hergestellt werden und aus welchen Materialien bleibt jeder selbst überlassen. Das erste Thema - From a far away place - fordert dazu auf, sich mit einer nicht-europäischen Kleidungssilhouette zu beschäftigen, am Sonntag gehts los.

Mehr nehme ich mir für 2014 nicht vor, denn aus Erfahrung weiß ich, dass es mich am zufriedensten macht, wenn ich mal hier, mal da etwas ausprobieren kann und mich hier im Blog einfach mit dem beschäftige, was mich im Moment am meisten interessiert.

Nicht zuletzt möchte ich euch allen da draußen, LeserInnen und MitbloggerInnen, für euer anhaltendes Interesse und die immer wieder interessanten Gedankenanstöße, Ideen und Bemerkungen in den Kommentaren danken. Ich freue mich sehr darüber, lerne jede Menge dazu, und der Austausch hier ist für mich unverzichtbar geworden.

Also auf in ein neues Nähjahr! Alles Gute für euch, an der Nähmaschine und wo ihr euch sonst noch aufhalten mögt.