Gerade noch rechtzeitig vor dem Beginn der Winterkälte hier im Nordosten ist mein Wollmantel fertig geworden. Ich hatte das Projekt im Januar 2019 bei der Annäherung in Bielefeld begonnen, und es scheint bei mir ein Naturgesetz des Nähens zu sein, dass ein Mantel immer erst ein Jahr ablagern muss (mindestens!) bis er fertig gestellt wird. In Bielefeld brauchte ich ewig für die Taschen - Paspeltaschen mit Klappe, auf die die Teilungsnaht im Oberteil zuläuft - fürs Zusammennähen, fürs Bügeln, und ich wDar dann schon ganz stolz, dass ich mit einer zusammengenähten Mantel-Außenhülle nach Hause fahrren konnte. Der Schnitt, Nurmmer 107 aus Burdastyle 10/2018 ist immerhin ein Vier-Punkte-Projekt bei Burda.
Der Mantel hing dann - auch das ist mittlerweile Tradtion - den ganzen Sommer auf einem Kleiderbügel hinter der Tür meines Nähzimmers. Der Herbst 2019 verging, ich hatte keine Lust, mich ans Füttern zu machen.
Es wurde Winter, der Jahreswechsel kam und die Annäherung 2020 näherte sich. Ich dachte an den Mantel, an das Futter und stellte fest, dass ich keine Ahnung hatte, wo sich der herauskopierte Schnitt des Mantels befand. Ich suchte einen halben Nachmittag und schaute in gefühlt tausend Klarsichthüllen und kam dann zu der Überzeugung, dass ich den Schnitt bestimmt bei einer Aufräumaktion weggeworfen hatte. Alles nochmal schnell neu auskopieren, damit der Mantel vor dem Nähtreffen 2020 fertig werden konnte? Niemals! Ich nähte in Bielefeld einfach was anderes, der halbfertige Mantel blieb auf dem Bügel hinter der Tür.
Irgendwann im Frühjahr (genau erinnere ich mich nicht), fing ich tatsächlich an, den Futterschnitt noch einmal herauszukopieren - also zumindest die Ärmel, da relativ kleine Teile. Diese Anstrengung versandete aber irgendwann. Da fand ich eines Tages, als ich Regal mit den Nähbüchern etwas ganz anderes suchte, meine Schnittkopie von 2019 wieder. Ich hatte sie - sicher mit dem Gedanken, dass ich sie ja bald brauchen würde - zusammengefaltet quer auf eine Reihe Bücher ins Regal geschoben, von vorne leider so gut wie unsichtbar. Das Wiederfinden des Schnittmusters motivierte mich ein wenig, aber nicht so sehr, als dass ich im (heißen) Sommer einen wolligen Mantel zuendegenäht hätte. Das schaffte erst das virtuelle Nähkränzchen am Wochenende vor zwei Wochen, wo ich mich zuerst in Plänen und Träumen über schöne, neue Nähprojekte erging, ehe ich wieder an den Mantel dachte und dann wirklich, aber jetzt WIRKLICH das Futter für den Mantel zuschnitt und im Laufe des Wochenendes einnähte.
Es gab auch so gut wie keine Pannen dabei - außer:
1. Das Futter war - nach Anleitung zugeschnitten - etwa 5 cm zu kurz. Das ist mir tatsächlich bei Burda-Schnittmustern schon öfter passiert, nach meiner Erfahrung reicht es nie, wenn man wie angegeben die Futterteile mit nur 1,5 cm Saumzugabe zuschneidet. Leider war mir dieses Wissen im entscheidenden Moment entfallen, aber ich schreibe es hier noch einmal auf, dann erinnere ich mich vielleicht beim nächsten Mal daran. Ich fand es dann etwas doof, schwarzes Futter anzustückeln, sondern verwendete einen Rest hellblauen Futterstoff, gut zum dunkelroten Oberstoff passt. Das ist sogar ein ganz guter Kompromiss, denn ich hatte zuerst überlegt, ein farbiges Futter einzunähen, mich dann aber doch für langweiliges Schwarz entschieden.
2. Ich schnitt bei dem Versuch, die Nahtzugabe des Futters am Schlitz im Rückenteil zurückzuschnieden, auf einer Seite in das Futterrückenteil. Das sah zuerst ziemlich dramatisch aus, aber irgendwie war an der Stelle genügend Futterstoff vorhanden, so dass ich den Einschnitt beim Ansäumen am Schlitzbeleg nach innen schieben konnte. Ich verstehe im Grunde nicht ganz, wie das sein kann, aber auf jeden Fall sieht das Futter OK aus, der Schnitt ist weg, es spannt nirgends - also bin ich zufrieden. Die feinheiten des Abfütterns, bei denen ich nicht besonders fit bin, sind wahrscheinlich das, was den vierten Schwierigkeitspunkt bei diesem Schnitt ausmacht.
Hier nochmal zum Angeben die Paspeltasche aus der Nähe!
Beim MeMadeMittwoch versammeln sich heute wieder Menschen im Selbstgenähten - ich bin gespannt, wie viele Mäntel dabei sind.
Details zum Schnitt:
Schnittmuster: 107 aus Burdastyle 10/2018
Stoff: ca. 3,20 m dunkelroter Wollstoff , ca. 2 m schwarzes Viskosefutter und ein Futterstreifen in hellblau von ca. 7,5 cm Breite
4 Druckknöpfe
Einlage: auf dem gesamten Vorderteil, Kragen, ein Streifen auf Ärmelsäumen und Säumen und auf den Schlitzkanten im Rückenteil. Ärmelfische und dünne Schulterpolster.