Dienstag, 29. Dezember 2009

Woll-Landschaft mit Becher



Weihnachten ohne Verpflichtungen ist herrlich! Ohne Überfressen-sein, ohne Autobahn, ohne Herumsitzen in überheizten Räumen, sondern schöne lange Ferien zu zweit zuhause, mit gemeinsamen Ausflügen und viel Zeit, in der jeder tun darf, was er möchte. Was man dann tut ist naturgemäß unterschiedlich - manche lesen erst einen 450-Seiten-Roman, sortieren dann 5000 Digitalfotos und schmoren eine Lammschulter, andere (ich) wechseln zwischen Nähmaschine, Stoffvorrat, Stoffstempeln und textiler Fachliteratur. Herrlich!

Vor kurzem wurde ja im Nahtzugabe-Haushalt die Forderung nach "mehr Bauhaus" gegenüber meinen Hervorbringungen erhoben. Aus dem Shibori-Filz von Anfang Dezember wurde daher ein nur mäßig dekorierter großer Untersetzer für heiße Teekannen und -Becher. Der Becher vom Bild ist von Helmut Menzel (ohne Webseite, jeden ersten Freitag im Monat auf dem Wochenmarkt Arkonaplatz).



Ich kann dabei versichern, dass die Stickerei (Sticktwist dreifädig) völlig funktional ist: sie verbindet nämlich die Filzoberseite mit einer wattierenden Zwischenlage (dünnes Volumenvlies, Quiltwattierung oder Fleece). Auf der Unterseite ist dann zusätzlich noch ein Baumwollstoff, aus dem ich auch die Einfassung wie bei einem Quilt genäht habe.

Anette zeigte gerade vor kurzem mit vielen Bildern, wie das geht, so dass die Ecken auch schön werden: Stoffstreifen aneinandersetzen, Ecken nähen, Anfang und Ende verbinden, Ecken falten.



Die Stickerei von Spiralen um die "Hubbel" des Filzes herum dauerte drei Abende auf dem Sofa, offensichtlich jeder mit einer anderen Stimmung, die sich in einer anderen Stichlänge, -dichte und Fadenspannung niederschlug. Wenn mans weiß, sieht man an dem fertigen Teil genau, welcher Bereich jeweils an einem anderen Abend gemacht wurde.



Einen Teil unserer Weihnachtsdekoration möchte ich auch noch dokumentieren. Neben Weihnachtshühnern vom letzten Jahr hängen rosa Kugeln, ein skeptischer Engel und ja, ganz hinten, eine weiße Pseudo-Quietsche-Ente mit rosa (!) Schnabel, überflüssiges Werbegeschenk eines bekannten Kameraherstellers, vom Bauhaus-Befürworter selbst ins Haus geschleppt und mit dekorativer Absicht aufgehängt. Die Ente hat auf der Unterseite ein Knöpfchen (daher ist sie auch nicht wasserdicht), drückt man es einmal, zweimal oder dreimal, leuchtet sie rot, grün oder blau. Drückt man das Knöpfchen dreimal ganz kurz hintereinander, was gar nicht so einfach ist, beginnt sie psychedelisch in rot-grün-blau zu flackern. Meine Damen und Herren, ist dieses Disco-Küken etwa Bauhaus? Sogar die Hühner wenden sich mit Grausen ab.

"Die Ente bleibt draußen!"

Sonntag, 20. Dezember 2009

Die Gewinnerinnen und ein paar Antworten



So, mein Glücksfee-Notar war Freitag Vormittag arbeiten, daher habe ich die Verlosung selbst in die Hand genommen, Nummern gezogen und Kommentare abgezählt.

Nummer 7 - Stellamaria/ Das kleine Haus
Nummer 14 - Petra/ bei flickr
Nummer 32 - Ingrid/ Allerleisocken

Stellamaria und Ingrid konnte ich kontaktieren, und ich hoffe Petra kommt hier vorbei, liest dies und schreibt mir eine Mail mit ihrer Adresse an nahtzugabe AT gmail PUNKT com.

Allen Mitmacherinnen herzlichen Dank - sagte ich schon, wie sehr ich mich immer über Anmerkungen und Fragen von euch freue? Und dieses Mal habe ich auch noch eine ganze Menge Blogs entdeckt, die ich noch gar nicht kannte.

Wie Ingrid und Teresa schon richtig vermutet hatten, liegen unter den Steinen einige der Häkeltaschentücher von meiner Oma. Ich benutze sie nicht als Taschentücher (viel zu schade!), und leider auch sonst nicht, obwohl ich schon lange darüber nachdenke, sie irgendwie zu vernähen (natürlich ohne sie zu zerschneiden), aber die richtige Idee ist mir noch nicht gekommen.

Guilitta fragte nach einer Anleitung - Margaret Oomen, die Erfinderin dieser Häkelsteine, veröffentlichte in der September/Oktober-Ausgabe der amerikanischen Häkelzeitschrift Crochet today eine Anleitung für umhäkelte Steine, lacy river rocks. Da ich diese Zeitschrift noch nie in der Hand hatte, kann ich überhaupt nicht beurteilen, ob es sich lohnen würde, das Heft zu beschaffen. Ich bin aber mit nur ein paar Versuchen auch zu einem Ergebnis gekommen - man muss ja nicht gleich mit dem feinen Spitzenhäkelgarn anfangen.

Für die Mitte suche ich mir jeweils ein Spitzenmuster, das in Runden von der Mitte aus zu häkeln ist. An das Muster anschließend häkele ich Luftmaschenbögen, zuerst mit fünf Luftmaschen pro Bogen, in der nächsten Runde mit sieben Luftmaschen, dann mit neun, und so weiter, so dass ein flaches Spitzengebilde entsteht. Wenn die Fläche so groß ist, dass sie die Oberseite des Steins fast bedeckt, verkürze ich die Luftmaschenbögen in jeder Runde wieder um zwei Maschen.

Das Netz aus Luftmaschenbögen ist sehr flexibel und passt sich allen Unregelmäßigkeiten des Steins sehr gut an. Die Umhüllung muss also nicht von vorneherein passgenau gehäkelt werden. Wenn man das halbfertige Häkelwerk immer wieder über den Stein zieht, merkt man schon, ob man eher mehr oder eher weniger Luftmaschen braucht. Die Luftmaschenbögen verkleinere ich so immer weiter, bis das Netz auf der Rückseite "zusammengehäkelt" werden kann.



Das Bild von der Rückseite hier ist nun ausgerechnet ein schlechtes Beispiel, hier verwendete ich nämlich ein Muster aus Stäbchengruppen abgewechselt mit Luftmaschen, keine Bögen. Aber das Prinzip ist das gleiche.
Einen schönen vierten Advent und nur Mut beim Einhäkeln von Lieblingssteinen, es ist nicht schwer!

Montag, 14. Dezember 2009

Weiße Weihnacht


Heute darf ich das 15. Türchen in Ellens Adventskalender füllen und bei mir gibt es heute umhäkelte Ostseesteine. Diese Idee, die eine biedere Oma-Handarbeit, ein zartes Fadengebilde, mit einem urwüchsigen Material konfrontiert, stammt von der kanadischen Bloggerin Margaret Oomen.


Meine Oma umhäkelte Taschentücher - in meiner Erinnerung unaufhörlich -, und zu jeder sich bietenden Gelegenheit gab es diese Taschentücher als Geschenk, natürlich nicht zu meiner Begeisterung. Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass ich eines Tages selbst häkeln würde, und noch weniger, dass ich Steine umhäkeln, diese fotografieren, sie "ins Internet" stellen und mich über dieses und andere Themen austauschen würde. Überraschend, wohin eine Oma-Handarbeit führen kann.


Ohne Euch, ohne eure Anmerkungen, eure Anteilnahme und eure zahlreichen Besuche, wäre es nie so weit gekommen. Dann hätte ich nämlich schon längst die Lust auf wortreiche Beiträge verloren. Deshalb verlose ich drei umhäkelte Steine, die sich gut als Briefbeschwerer eignen, unter allen Kommentaren, die bis Freitag um 9.00 Uhr hier eingehen.



Und schaut bei Gelegenheit bei resurrection fern, Margaret Oomens Blog vorbei. In Ontario sind die Wälder dichter, das Herbstlaub bunter als hier, und weiße Weihnacht ist garantiert, denn es gab schon Anfang Dezember richtigen Schnee. In einem dieser urwüchsigen kanadischen Wälder liegt ein halbes Dutzend umhäkelter Steine am Fuß knorriger Bäume und wird langsam von Moos und Flechten überwachsen und von totem Laub bedeckt. Die Veränderung des Arrangements durch die Einflüsse von Jahreszeiten und das Pflanzenwachstum der Umgebung dokumentiert Margaret Oomen fotografisch.

Sonntag, 13. Dezember 2009

Kuschelige Anti-Bauhaus-Stulpen


"Anti-Bauhaus" ist vielleicht ein wenig schroff formuliert, so als würde ich die Prinzipien des Bauhauses aktiv ablehnen und wollte qua Handstulpe ein Zeichen dagegen setzen - dem ist nicht so, aber von vorne:

Aus einem Teil des gefilzten Pullovers vom letzten Mal nähte ich mir gestern Abend kuschelige Handstulpen (oder sagt man Armstulpen?) nach der Anleitung von Elvira. Das mitgefilzte gerippte Bündchen der Pulloverunterkante dient jetzt als als unterer Abschluss. Längs der oberen Kante nähte ich ein dunkelviolettes Samtband auf, nicht nur weil es dekorativ ist, sondern auch, weil der Abschluss dann nicht mehr ausleiern kann. Die Häkelrosetten (ein selbst ausgedachtes Muster) sind aus dünner Sockenwolle in einem ganz eigenartigen blauviolett, das sich fotografisch anscheinend nicht wiedergeben lässt. Die Häkelteile waren noch nicht befestigt, und ich hatte in meinen Vorräten zufällig genau passende dunkelviolette Glasperlen und aufnähbare Strasssteine gefunden - da entdeckte der Liebste mein halbfertiges Werk und fragte "Warum nähst du denn da dieses Geschnörksel drauf? Mach doch mal Bauhaus!"


Was für eine Frage! Mehr ist mehr, jedenfalls was solche Stulpen angeht, finde ich. Wenn es um Möbel geht, lasse ich gerne mit mir reden.

Bei der Suche nach Elviras Elfenstulpen-Anleitung in meinen Lesezeichen fand ich noch eine Menge andere gespeicherte Links mit Anleitungen und Inspirationen für Pulloverfilz wieder - Frau Liebe nähte sich zum Beispiel Fäustlinge aus einem gefilzten Pullover, und da wurde mir auch klar, wo meine Idee mit der Häkeldekoration ihren Anfang nahm. Wie gerufen kommt da der Fäustling-Schnitt, den man ganz neu im Blog von Cut herunterladen kann.


Grundsätzlich kann man gefilzte Pullover bei allen Schnitten verwenden, für die Wollwalk, Filz oder fieser Fleece als Material angegeben ist. Die Bloggerin von two kitties näht Plüschtiere, unter anderem knuffelige gemusterte Schweine aus Pulloverfilz; Filzbälle, Ansteckblumen und kleine Vogelanhänger gibt es bei kleas. Oder wie wäre es mit einem 20er-Jahre-Glockenhut von Absinthe and orange (mit Schnittmuster)? Hüllen für Handys, mp3-Player, Iphones und anderen geliebten Technikkleinkram lassen sich auch gut aus Pulloverfilz nähen und eventuell verschenken, oder auch Wärmflaschenhüllen, Unhängetaschen in fast jeder Größe und wärmende Manschetten für Kaffebecher, für den, ders gebrauchen kann.

Als Geschenk für Weihnachten 2010 oder 2011 kann man sich jetzt schon eine Decke aus gefilzten Pullovern vormerken, Inspirationen zum Beipiel bei Betz White, bei Recovergirl und bei Craftstylish. Wenn man die Farbaufteilung geschickt anfängt, könnte sogar etwas ähnliches wie Bauhaus dabei herauskommen. Aber ob sich die Familie dazu bewegen lässt, alle Pulloverkäufe in Zukunft mit der Deckennäherin abzustimmen, damit das Farbkonzept stimmt? Früher oder später wird sich jemand opfern und einen grasgrünen oder orangenen Pullover tragen müssen.

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Es führt ein Link nach nirgendwo...








... mit nicht nur mir als Passagier. Und nicht nur ein Link, nein, Dutzende.

Tante Burda hat nun die lange angekündigte neue Webseite ins Netz gebracht - und damit alle Modellbilder und Modellzeichnungen vom Netz genommen. Zwar kann man unter dem Reiter "Magazine" sowohl ein Archiv für Burdastyle (die Hefte seit August dieses Jahres), als auch für die Ausgaben des alten Burda Modemagazins seit 2004 erreichen, aber sieht dort außer dem Titelbild nur noch Überschriften. Sonst nichts. Kein Bild, keine Zeichnung, nada.

Alle Links, die ich (und viele andere Nähbloggerinnen da draußen) zu Burda-Heftschnitten gesetzt hatten, gehen jetzt ins Leere. Schöner Mist, mehr fällt mir dazu im Moment nicht ein.

Ist es ein Hoffnungsschimmer, dass die anderssprachigen Seiten unter burdafashion.com noch so funktionieren wie früher, mit Modellbildern und allem drum und dran? Werden die Fotos in die neue deutsche Seite noch eingepflegt? Ich versuche mal, auf der neuen Burdaseite eine Emailadresse zu finden, der ich diese Fragen stellen kann. Laut Burdaforum werden diese Bilder wieder zur Verfügung gestellt, das dauert aber noch.

Einstweilen findet man hier in Artikeln mit dem Label "Burda" ziemlich viele nicht funktionierende Links. Wenn ich Weihnachten gar nix vor haben sollte, dann stelle ich sie auf die italienische, französische oder russische Burdaseite um, Wenn die Modellbilder wieder verfügbar sind, schaue ich mir den Schlamassel nochmal neu an, bis dahin: Tut mir Leid. Kein Anschluss.

(Und gerade sehe ich hier bei Marion/ Nowaks Nähkästchen, dass man die Burdablogger ohne Benachrichtigung vor die Tür gesetzt hat. Dagegen sind meine paar nicht funktionierenden Links ja gar nichts.)

P. S. Einen interessanten Artikel über die Hoffnungen, die der Burdaverlag mit der neuen Webseite verbindet, gibt es hier bei Meedia. Werbung und Schnittmusterverkauf tragen jeweils zur Hälfte zum Ertrag der Seite bei, wer hätte das gedacht?

P. P. S. Das Lied zur Überschrift kann man hier bei youtube anhören - aber Vorsicht, ein ganz schlimmer Schlager erwartet euch!

Sonntag, 6. Dezember 2009

Shibori-Filz aus der Waschmaschine

Shibori-Filz mit Knöpfen
Shhibori-Filz leicht angefilzt
Shibori-filz abgebundenDrei Stadien einer Filzlandschaft

Winterzeit ist Filzzeit, und wie vor fast einem Jahr konnte wieder ein alter Wollpullover per Waschmaschinentrommel in ein zweites Leben überführt werden.

Meine übliche Pulloverfilz-Brachialmethode besteht einfach darin, den Pullover bei der 60-Grad-Buntwäsche mitzuwaschen, wenn nötig auch mehrmals, bis er einen schönen dicken, flauschigen Filz ergibt und zu Stulpen, Handytaschen und allerlei Kleinigkeiten verarbeitet werden kann. Bisher klappte das gezielte Verfilzen immer ganz ausgezeichnet, die Pullover färbten weder ab, noch fusselten sie die andere Wäsche voll. (Bei der Akquise von Filz-Rohmaterial muss ich allerdings in Zukunft etwas vorsichtiger vorgehen. Wenn Pulloverspender anfangen, demonstrativ kleine aufmunternde Gespräche mit ihren Pullovern zu führen ("Hab keine Angst, die böse Filztante bekommt dich nicht!"), bedeutet das wohl, dass ich den Bogen ein wenig überspannt habe.)

Shibori-Filzen ist eine Abbindetechnik ganz ähnlich wie beim Färben. In ein Stück lockeres Wollgewebe oder -gestrick werden kleinere oder größere Perlen, Knöpfe, Münzen, Steine oder sogar Pingpongbälle eingebunden. Beim Filzen schrumpft und verdichtet sich dann das Grundmaterial, nur rund um die eingebundenen Objekte kann es das nicht und so entstehen interessante, dauerhaft haltbare Hubbel und Blasen. Wie immer beim Filzen ist auch ein Rest Zufall dabei, je nachdem wie sich das Material verhält und wie stark man es verfilzen lässt, sieht das Ergebnis immer etwas anders aus.

Bei meinem Filzexperiment habe ich einfach eine ganze Menge kleine Plastiknöpfe mit dünnem Baumwollgarn fest eingebunden, erstmal testweise an einem Ärmel, und das ganze dann gewaschen. Insgesamt vier Mal, denn der Pullover hatte wohl eine Anti-Filz-Ausrüstung und kam aus der ersten Wäsche fast unverändert heraus. Hier im Blog von Craft gibt es ein paar Beispiele für gefilzte Schals mit weiterführenden Links zu Anleitungen. Auf Deutsch findet man zum Shibori-Filzen im Jeromin-Blog ganz detaillierte Anleitungen, erstaunlicherweise lässt sich nicht nur Wolle so verformen. Also wieder mal unendliche Möglichkeiten!
Aus dem blauen Filz werde ich mir ein paar Handstulpen nähen. Aber ich lauere schon auf den nächsten Pullover, da plane ich einen Kissenbezug mit unterschiedlich großen Hubbeln auf der Vorderseite, am liebsten in grau - das müsste aussehen wie teuer beim Designer gekauft und wäre auch ein schönes Weihnachtsgeschenk für Leute, die nichts für Rüschen übrig haben.

Dienstag, 1. Dezember 2009

Textile Monatsseite August: Mauersegler



Jaja, ich weiß, das kommt zur Unzeit, die Seite war zwar seit August im Kopf fertig, umgesetzt habe ich sie aber erst vor drei Wochen. Also Lametta beiseite - kennt ihr Mauersegler eigentlich auch aus eurer Stadt?

"Mauersegler sind extrem an ein Leben in der Luft angepasst. Außerhalb der Brutzeit halten sie sich über mehrere Monate höchstwahrscheinlich ohne Unterbrechung in der Luft auf. Im Hochsommer sind die geselligen Vögel im Luftraum über den Städten mit ihren schrillen Rufen sehr auffällig. [...]
Vor allem in Gesellschaft und bei Kämpfen sind Mauersegler außerordentlich ruffreudig. Am auffallendsten ist das hohe, schrille, oft gereiht vorgetragene „srieh srieh“, mit dem die Vögel auch den Verkehrslärm in Städten übertönen können."
(Quelle: Wikipedia)



In unserem Karree lebt nämlich ein kleiner Mauerseglerschwarm. In der ersten Zeit hier fielen mir die Vögel gar nicht besonders auf - da sie so schnell sind, sieht man sie quasi kaum. Sie sind schon wieder gegenüber die Fassade hoch und übers Dach, ehe man sie richtig ins Auge fassen kann. Die Rufe (wer auch mal hören will: hier) ertönen von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, besonders an trockenen Tagen. Von Anfang Mai bis Mitte August bilden sie einen Klangteppich, den ich nur selten bewusst wahrgenommen habe.



Erst im Spätsommer begann ich mich für diese unscheinbaren aber höchst erstaunlichen Vögel zu interessieren. Und nachzulesen. Und dann, an einem Tag im August, waren sie weg, und sie fehlten mir. Die Stille morgens war für mich in dem Moment hörbarer als das Rufen die ganze Zeit davor. Im Mai werden sie wieder zurück sein und ich hoffe, den Tag nicht zu verpassen - dann wird es nämlich Sommer!



Die Monatsseite besteht diesmal aus vielen verschiedenen Stoffen, die ich anschließend mit der Nähmaschine ziemlich wild bestickt habe. Die Stoffstücke klebte ich mit einem ganz normalen Papierklebestift fest und ließ die Collage einen Tag trocknen, bevor es an die Nähmaschine ging. Das kann ich emfehlen, denn wenn man sowieso vorhat, mehrmals über jede Stoffkante zu nähen, muss man sich mit Vliesofix gar nicht erst abmühen. Der Klebestift schlägt zumindest bei mitteldicken Baumwollstoffen nicht auf die Vorderseite durch und versteift das Gewebe ein wenig, wenn er trocken ist.
Durch die Stickerei hat mein Mauersegler etwas an Umfang zugelegt (oder war der etwa heimlich an den Keksen?), so dass er ein wenig fluguntüchtig wirkt, eher wie ein dicker, gutmütiger Papagei.



Meine Absicht war es ja, auf der Vorderseite die verschiedenen Stoffe durch die Näherei zu verbinden, dabei ist auf der Rückseite eine ganz interessante Zeichnung entstanden. Die Seite ist daher noch nicht gefüttert, weil ich noch gar nicht sicher bin, ob ich nicht die ursprüngliche Rückseite zur Vorderseite machen soll. Mal sehen.



Weitere textile Monatsseiten in letzter Zeit:
Griseldas Monatssets entstehen mit bewunderungswürdiger Regelmäßigkeit, sie werden aber auch gebraucht, denn zum Weihnachtessen (ha! also doch noch Lametta!) sollen alle zwölf bei ihr auf dem Tisch liegen. August und September sind jedenfalls fertig.
Suschnas Monatsblumenbilder waren sogar schon einmal zu einem Geburtstag im Einsatz, die Juli- und Augustblumen gab es vorher schon im Detail zu sehen.
Tallys Monatsseite Juni, Wege wohin sie führen entstand aus ihren Wegen im Sommer.
KaZe zeigte als Ausblick zuletzt Katzen (aber mit T!).

Donnerstag, 19. November 2009

Druckvorschau



Derzeit bekomme ich gefühlt überhauptnichts fertig, geschweige denn fotografiert und geschrieben. Das Gestempel oben entstand Dienstag Abend im Lampenlicht (problematisch), und nach und nach wird noch mehr folgen, so dass ich mich auch in den Druckaustausch einreihen kann. Die Stempel sind aus aufgeklebtem Moosgummi, was für nicht allzu differenzierte Formen ganz gut funktioniert.

Mit welchen Materialien sich filigranere Stempel schnitzen und montieren lassen, verrät übrigens Bastisrike in diesem Artikel. Wie man an ihren schönen Sachen sieht ist sie ein Stempelprofi.

Kann mir vielleicht jemand eine Tüte Tageslicht schicken? Ein bis zwei Stunden pro Tag extra würden schon helfen.

Urheberrecht, Geschmacksmuster & Co - eine kleine Blogapotheke

Ein Huhn, wild frei und ungebunden - von wegen!

Bis vor kurzem bildete ich mir ja ein, ich hätte Urheberrecht im Internet, Markenrecht, Geschmacksmusterschutz und so weiter einigermaßen verstanden, wenigstens dem Prinzip nach (mehr als "einigermaßen" ist bei der Materie kaum möglich, nicht umsonst gibt es nur relativ wenige Fachanwälte).

Bis letzten Freitag, da las ich bei Bianca/Home of Limetrees, dass die kleinen Tetraeder-Stoffhühner, selbst schon häufig genäht, dem Geschmacksmusterschutz unterliegen. Tja, ein Blick ganz banal zum Wikipedia-Artikel belehrte mich, dass für Geschmacksmuster zwar die Kriterien "Eigenart" und "Neuheit" gelten, diese Kriterien aber bei der Musteranmeldung nicht überprüft werden. Da müsste man erst prozessieren.

Man lernt nicht aus. Am Wochenende ging die heimische Diskussion dann in einem ganz anderen Zusammenhang um Urheberrecht, und da ich nun mehrmals mit dem Thema zu tun hatte, dachte ich, dass eine kleine Linksammlung zu verlässlichen Quellen vielleicht auch für andere ganz nützlich wäre. Betrachtet sie einfach als Hausapotheke: Nicht besonders spannend, man steht nun auch nicht stundenlang vor dem Schränkchen und schaut sich die Pflaster an, ist aber irgendwann froh, sie griffbereit zu haben.

Wenn ihr noch gute Links und Tipps habt, immer her damit, ich ergänze dann.

- Die kostenlosen Ebooks der Kanzlei Päsel, Reiff, Seifried (Download hier).
In der Broschüre "Rechtssicher werben" findet man eine ebenso knappe wie verständliche Zusammenfassung der Begriffe Marke, geschäftliche Bezeichnung, Unternehmenskennzeichen, Geschmacksmuster und ein Kapitel über urheberrechtsgeschützte Materialien (Fotos, Texte, Screenshots, Stadtpläne), jeweils mit Beispielen aus der Praxis. Das Ebook ist sehr gut zum Einstieg in die Thematik geeignet.

- Das Ebook "Abgemahnt? Die Erste-Hilfe-Taschenfibel" auch bei Päsel, Reiff, Seifried (wie oben) gehört zu den Ratgebern, von denen man immer hofft, dass man sie niemals brauchen wird. Falls es aber doch passiert, werden hier mögliche Strategien aufgezeigt, man kann nachlesen und sich gedanklich sortieren, bevor man sich einen fähigen Anwalt sucht.

- Die Webseite iRights.info informiert, wie der Titel schon sagt, über Urheberrecht in der digitalen Welt, und zwar auch hinsichtlich Computerspielen, Software und Musik, die in den oben genannten Broschüren nicht behandelt werden. Aber auch über Bilder und Texte im Internet findet man eine Menge, außerdem Artikel zur jeweils neuesten Rechtsprechung.

- Recherche nach eingetragenen Marken über das deutsche Patent- und Markenamt www.dpma.de (direkt hier), Geschmacksmuster findet man über eine andere Datenbank hier.

Die Suche ist allerdings eine Wissenschaft für sich. Wenn man mit Begriffen nicht weiter kommt (das Stoffhuhn habe ich nicht finden können!), kann man sich dem Gesuchten auch über die Klassifikationen nähern. In den Klassifikationen werden Waren und Dienstleistungen (oder auch die Bestandteile von Bildmarken) hierarchisch aufgeschlüsselt - praktisch, wenn das gesuchte "Ding" keinen Namen hat, oder zumindest keinen, auf den man kommt. Bei den Datenbanken gibt es auch eine Menge anklickbare Hilfen, das Durcharbeiten ist leider nicht in ein paar Minuten erledigt, aber wer im Netz etwas verkaufen will, dem bleibt wohl kaum etwas anderes übrig.

Ergänzung 20. 11. 2009:

- Contentklau erkennen und dagegen vorgehen: Ein mehrteiliger Artikel bei Lorelle on Wordpress, auf Englisch, bezieht sich z. T. auf die us-amerikanischen gesetzlichen Gegebenheiten, die generelle Vorgehensweise lässt sich aber übertragen. Außerdem jede Menge weiterführende Links zum Thema. (Danke für den Tipp, Suschna!)

- Shopbetreiber-blog.de befasst sich mit allen Fragen rund um das Betreiben von Webshops - Widerrufsrecht, Abmahnungen, Produktbeschreibung, Informationspflichten etc. (Tipp von Rike/ bastisRike, Danke!)

Dienstag, 10. November 2009

Alles Einstellungssache!

Noch viel Verbesserungspotential, aber immerhin ein Anfang

„Mein Gott, jetzt hab ichs!“ Die richtigen Einstellungen. Nach vielen rückseitig sehr schlaufigen Fehlversuchen und Fadenriß nach Fadenriß stellte ich fest, dass die Stickerei bei mir am besten funktioniert, wenn ich fast alle Empfehlungen ignoriere.

Freies Sticken mit der Nähmaschine bedeutet ja im Prinzip, dass man die Nähmaschine im Geradstich in Bewegung setzt und den Stoff unter den Nadel frei in alle Richtungen bewegt. Das nötige Umdenken – letztlich handelt es sich ja um Zeichnen oder Malen, nur dass nicht das Zeichengerät, sondern der Untergrund bewegt wird – erfordert sowieso ein paar Hirnverschlingungen, die ich bis dato noch nicht so recht gemeistert habe.

Im allgemeinen wird die freie Beweglichkeit des Stoffes ereicht, indem man den Transporteur versenkt, der ansonsten den Stoff ständig nach hinten befördern würde. An den meisten Maschinen ist das die Einstellung "Stopfen", oft auch durch ein Symbol ähnlich diesem: # gekennzeichnet. Dann gibt es meistens noch die Möglichkeit, einen speziellen Stick- oder Stopffuß einzusetzen - Tally möchte ohne diesen Fuß gar nicht mehr sein (viele weitere Bilder und Stick-Tipps von ihr hier), während Suschna ihre wunderbaren Stickzeichnungen mit dem normalen Nähfuß anfertigt.

Dies und die Diskussion in den Kommentaren zu Suschnas Beitrag hatte mich dann auch bewogen, mich über die erste Empfehlung aus der Gebrauchsanweisung meiner Maschine hinwegzusetzen: Da sie keinen Stick- bzw. Stopffuß hat, soll man ganz ohne Fuß arbeiten - meine Herren Nähmaschineningenieure, das geht ja gar nicht! Mit Fuß ging es schon erheblich besser, ohne Fadenrisse, aber noch mit Schlaufen.

Spaßeshalber probierte ich auch aus, was passiert, wenn ich den Transporteur wieder heraufhole und den geringstmöglichen Füßchendruck einstelle - und genau das war die Lösung! Der Stoff lässt sich seltsamerweise besser bewegen, die Schlaufen verschwinden, die ganze Maschine läuft runder und es bilden sich vernünftige Stiche, die sogar einigermaßen gleichmäßig sind. Die Stopfeinstellung ist bei meiner alten Dame offensichtlich nicht so sonderlich ausgereift.

Es begann als Blume und endete als explodierende Milchstraße

Meine genähten Formen sind im Moment noch alles andere als gleichmäßig, weil ich bei laufender Maschine gerne in Hektik oder Schockstarre verfalle, aber zumindest bin ich jetzt technisch so weit, dass das Weitermachen lohnt. Manchmal gerate ich in einen Flow, manchmal eher nicht, aber das Zen des Stickens mit der Nähmaschine scheint in Reichweite.

In welche Richtung es gehen soll sieht man andeutungsweise auf dem Foto oben - Stoffcollagen mit Näherei drauf. Es wird hier aber noch viel Garn vernäht werden, bis das Ergebnis dem nahekommt, was ich mir vorstelle.

Sonntag, 8. November 2009

Winter-Kanzashi

Kanzashi rot Wollstoff
Kanzashi schwarz-weiß Tweed

Auch japanische Stoffblumen ziehen sich im Winter etwas wärmer an und greifen dabei, wie die meisten von uns, zu Wolle - kuschelig! Nein, Quatsch, kuschelig sind sie nicht gerade, aber nach dem Hemdenstoffen wollte ich ausprobieren, wie sich Kanzashi aus Wollstoffen falten lassen.
Fazit: Mit wirklich dünnen Stoffen, wie man sie für Hose oder Rock verwendet, geht das Blütenfalten sogar besser als mit Baumwolle, weil die Wolle kaum knittert und das Gewebe von vorneherein eine gewisse Sprungkraft besitzt. Sprühstärke ist nicht nötig. Die rote Blüte ist so ein Fall, da rundeten sich die Blütenblätter fast von allein.
Die schwarz-weiße Blüte verarbeitet Reste meines Wintermantels vom letzten Jahr und da der Stoff doch ziemlich dick ist, ist die Blüte ein recht rustikaler Klopper geworden. Nicht gerade sehr japanisch, eher schottisch oder irisch.
Alle drei sind längst verschenkt an eine sehr sympathische strickende Bloggerin, die ich unlängst treffen durfte. Cecie hat aber auch eine Nähmaschine und plant kombinierte Strick-Näh-Projekte - ich bin gespannt!

Kanzashi hellgrün

Freitag, 6. November 2009

Eine kleine Alternative zum Maybachmarkt



Der Wochenmarkt am Maybachufer Dienstag und Freitag mit seinen Stoff- und Kurzwarenständen ist ja eine feste Größe im Wochenplan vieler Berliner Stoffjunkies. Habt ihr euch aber auch schon mal gefragt, was die Stoffhändler eigentlich an all den anderen Wochentagen machen? Der Stand von Naturstoffe Lindemann mit seinen ungefärbten Baumwoll- und Leinenstoffen ist am Samstag auf dem Winterfeldtplatz, dort, wo es auch die guten Scheren gibt. Aber alle anderen? Verdienen die an zwei Markttagen genug?

Zum Teil anscheinend ja, zum Teil nein, und diese zweite Gruppe steht am Mittwoch und am Samstag auf dem Markt in der Crellestraße, Nähe Yorckstraße in Schöneberg. Der kleine Wochenmarkt dort hat es bisher noch nicht in die Berlin-Reiseführer geschafft und liegt auch nicht in einem aufstrebenden Szenebezirk, daher ist das Angebot äußerst bodenständig: Weißkohlköpfe im 10kg-Sack und Großmarktware statt Biogemüse, Topfsets und voluminöse Steppdecken für türkische Großfamilien. Und etwa acht Stoffstände, ein großer Kurzwaren- und Perlenstand und ein kleiner Reißverschlussstand.

Die Preise sind eher noch niedriger als auf dem Markt am Maybachufer, ja mir scheint, dass dort auch zwei, drei Händler stehen, die man gar nicht auf dem Maybachmarkt findet (was wieder die Frage aufwirft, wo diese Anbieter denn den Rest der Woche verbringen, aber gut). Was die Auswahl betrifft kann der Markt in der Crellestraße zwar nicht mit dem Maybachmarkt mithalten, aber durch den Samstagstermin kommen Wochenendbesucher mit Stoffkaufwunsch nun auch zum Zuge. (Und wenn man mit der U7 eine Station weiter fährt, ist man nach kurzem Fußmarsch auf dem Winterfeldtplatz und kann dem Besuch noch einen Markt mit ganz anderem Charakter zeigen.)


Wochenmarkt Crellestraße
Mi und Sa ca. 10-15.00 Uhr

direkt am Ausgang Yorckstraße/Großgörschenstraße (S1)
erreichbar auch mit S2/S25 oder U7 (Yorckstraße)

Dienstag, 3. November 2009

Ein anderes Jackenabenteuer

Diese Jacke darf nicht mehr auf die Straße

Nicht nur wir Frauen kennen die Schwierigkeiten, gefallende und vor allem passende Kleidungsstücke zu finden – auch der Liebste, der Einkaufsbummel meidet wie der Hase den Försterball, hat so seine liebe Not, vor allem mit den Jacken. Zur Zeit wirkt die Männer-Jackenmode noch dazu wie aus dem Katalog eines Militärausrüsters entnommen – Herbstjacken in khakigrün, feldgrau, wüstenbeige, mit tausend Taschen und Schulterklappen, da fehlen nur noch die Rangabzeichen. „Wir“ befinden uns ja in Afghanistan ganz sicher nicht im Krieg, das kann man gar nicht oft genug wiederholen, ansonsten könnte man auf die Idee kommen, dass sich hier gewisse gesellschaftliche Befindlichkeiten direkt in Farben und Formen widerspiegeln.

Aber wie auch immer, die Jackensuche im Frühjahr war erfolglos, und nachdem wir einer Verkäuferin ganz alten Schlags in die Hände gefallen waren (die mich fragte „Hat er denn die Jacke schon anprobiert?“, während er, weder taub noch blöd, daneben stand), also danach hatte nicht mal ich mehr Lust, die Suche fortzusetzen. Die einzig wahre Lieblingsjacke, dünnes Leder und schon secondhand gekauft, löste sich mehr und mehr auf, eingerissene Taschenpatten, zerfetztes Futter, abgeschabte Ärmel, durchgescheuerter Kragen, also langsam richtig schäbig.

Aber jetzt gibt es ja einen Klon

Der naheliegende Gedanke, diese Jacke nachzuschneidern, kam mir natürlich erst drei Wochen vor des Liebsten Geburtstag. Auf dem Markt am Maybachufer fand ich wunderbaren mittelbraunen Cord, im Sommer, wenn das kein Zeichen ist!

Den Schnitt des Jackenwracks nahm ich mit Abdeckfolie extra stark aus dem Baumarkt ab. Das war viel einfacher als befürchtet, weil die Jacke aus vielen kleinen übersichtlichen Teilen besteht – allein der Rücken aus sechs Teilen plus Schulterpasse. Ich breitete die Jacke also Schnittteil für Schnitteil möglichst flach aus, steckte die Folie mit Stecknadeln glatt darauf und zeichnete die Nahtlinien jedes Einzelteils mit Folienschreiber nach.

Schon gut eingetragen

Und das funktionierte! Die Teile fügten sich aus Cord ganz problemlos wieder zusammen, und da zeitraubendes Anprobieren und Schnittänderungen wegfielen - der wahre Vorteil von Geheimprojekten - kam ich sogar schnell voran, obwohl ich nur abends und am Wochenende nähte, wenn ich allein zuhaus war. Nur die letzten Tage vor dem Geburtstag musste ich zwei heimliche Tagesschichten einlegen.



Ein paar Fehler sind mir in der knappen Zeit dann doch unterlaufen: Der Oberkragen hätte gut einen Zentimeter mehr Länge vertragen, da habe ich das Volumen des Cords unterschätzt, und jetzt bedeckt der umgeklappte Teil des Kragens eben nicht, wie es sein sollte, den gesamten Kragensteg und die Kragenecken neigen zum Hochstehen. Beim Zuschneiden des Futters vergaß ich, im Vorderteil die Breite des Vorderteilbelegs abzurechnen und wunderte mich dann über zu viel Stoff, aber das ließ sich hinschummeln, obwohl die Innentaschen schon genäht waren.

Der Liebste hatte als Geburtstagsgeschenk zwar eine Hängematte erwartet (fragt nicht!), war dann aber mit der Jacke hochzufrieden, so dass sie auf den Bildern schon gut eingetragen ist. Cord neigt ja etwas dazu, sich den Körperformen anzupassen. Und ich habe jetzt einen wunderbaren Schnitt, den ich auch noch einmal nähen würde, falls Bedarf besteht.

Sonntag, 1. November 2009

Winterfest

Korrekter Sitz eines Zugluftstoppers

Wohnen im Altbau mit Original-Stuckdecke, Dielenboden und Jugendstil-Messingtürklinken ist ja was feines. Wenn allerdings wie bei uns die Doppelfenster auch von circa 1908 sind, dann wird es drinnen doch merklich frischer, sobald der Herbstwind draußen die Blätter von den Bäumen bläst. Aber auch der Neubaubewohner kennt vielleicht den unangenehmen Luftzug von der Haus- oder Wohnungstür. Mit dem Kälteeinbruch haben bei uns auch die Zugluftstopperrollen (was für ein Wort) wieder ihre Plätze in den Fenstern und vor der Balkontür eingenommen.

Dass der nicht-nähende Zeitgenosse hingegen nur die Wahl hat, gegen die Zugluft eine scheußliche Plüschrolle mit Dackel- oder Tigerkopf aus dem asiatischen Sweatshop zu kaufen, oder auf das etwas überteuerte Produkt eines bekannten Gute-Dinge-Versandes zurückzugreifen, wurde mir so recht erst klar, als ich in einem Blog über ein diesbezügliches Lamento stolperte. Dabei lässt sich ein einfaches, optisch unauffälliges Modell auch von Eigentlich-nicht-Nähern leicht und billig herstellen.

Tür- oder Fensterrollen gegen Zugluft erhöhen den Kuschelfaktor der Wohnung beträchtlich, senken den Energieverbrauch und kommen damit der Umwelt zugute, also uns allen. Der Individualitätsfaktor kommt als Bonus noch oben drauf: die selbstgemachten Türrollen kann man sich auch passend zur Wohnungseinrichtung oder im beliebten Fliegenpilzdesign nähen.

Die Rollen gegen Zugluft bekommen bei mir eine Füllung aus Sand - eine Idee aus Spanien. Sand dichtet Ritzen weit besser ab als Füllwatte, und glaubt mir, Spanier wissen, wie man den Winter in schlecht isolierten Wohnungen ohne Heizung übersteht! Der Umfang einer Rolle liegt bei etwa 13 Zentimetern, das passt für Kastenfenster wie ich sie kenne, aber auch für die meisten Türen. Ich nähe für die Rollen außerdem noch einen separaten Bezug, den man abziehen und waschen kann, nötig ist der für die Funktionalität der Rolle aber nicht.

Also man braucht für die Zugluftrollen:
  • dicht gewebten Stoff für den Innenbezug: Nessel, Futtertaft oder einen schon vorhandenen Stoff z.B. Bettwäsche, Hauptsache nicht löchrig. Wenn kein Außenbezug geplant ist, sollte er einem auch gefallen, ansonsten ist das egal
  • Vogelsand (Tierhandlung, Baumarkt) oder sauberen Sand aus anderer Quelle (Strand). Zwei Kilo Sand reichen etwa für eine Rolle mit einem Meter Länge.
  • Nähmaschine, Garn, Schere, ein paar Stecknadeln und ein Maßband oder etwas anderes zum Messen
  • einen großen Trichter oder einen Joghurtbecher, bei dem man den Boden herausschneidet zum Einfüllen das Sandes

1. Messen
(alle Fotos lassen sich durch Anklicken vergrößern)


Für ein Doppelfenster die Breite des Fensters im Zwischenraum zwischen innerem und äußerem Fenster messen, Maß aufschreiben. Zu diesem Maß kommen 8 Zentimeter für den Rollenabschluss und die Nahtzugaben, das ergibt die Länge des benötigten Stoffstreifens. Für eine Tür hängt die Länge davon ab, in welche Richtung die Tür aufgeht, ob sie bündig mit dem Rahmen abschließt und wie viel Platz seitlich vorhanden ist. Plant die Rolle so, dass sie alle Ritzen schön abdeckt. Auch zu diesem Maß kommen 8 Zentimeter dazu. Die Breite des Stoffstreifens beträgt in jedem Fall 15 Zentimeter, da ist 1 Zentimeter Nahtzugabe an jeder Seite schon eingerechnet.

2. Innenbezug nähen
Stoffstreifen der Länge nach in der Mitte falten, mit ein paar Stecknadeln entlang des Bruchs fixieren - so kommen sie einem nicht beim Nähen in die Quere.
An der Maschine eine kleine Stichlänge (etwa 1mm) einstellen, sonst rieselt nachher der Sand aus der Naht.
An einer Schmalseite am Bruch mit dem Nähen beginnen, Naht durch kurzes Rückwärtsnähen befestigen, dann in etwa einem Zentimeter Abstand von der Kante nähen - erst die Schmalseite, um die Ecke, dann die lange Seite. Die zweite Schmalseite bleibt offen.
(Um die Ecke nähen: am Eckpunkt anhalten, die Nadel mit dem Handrad nach unten drehen, falls sie nicht sowieso unten im Stoff steckt. Nähfuß hochstellen, Stoff um 90 Grad drehen, Fuß absenken und weiternähen.)

3. Schlauch umstülpen und Sand einfüllen
Ein Trichter oder ein Becher ohne Boden ist hilfreich. Schlauch nur zu ungefähr vier Fünfteln füllen, dann kann sich der Schlauch flexibel an den Fensterrahmen anpassen.

4. Schlauch zunähen

Kanten am Schlauchende etwa zwei Zentimeter nach innen stülpen und durch alle Stofflagen feststecken.







Ganz dicht an der Kante zunähen. Nahtanfang und -ende mit ein paar Rückwärtsstichen befestigen.







Jetzt ist der Schlauch zu.

Falls die Rolle nicht mit beiden Enden an die Fensterlaibung anstößt, lieber noch einmal auftrennen und länger machen.




Rollenbezug nähen (optional)


Man braucht:
  • Stoff nach Wunsch - aber bedenken, dass die Rollen im Fenster viel UV-Licht abbekommen und viele Stoffe dort nicht lange schön bleiben. Einen tollen Designer-Patchworkstoff würde ich lieber woanders einsetzen
  • dünnen Bindfaden, Baumwollgarn oder etwas ähnliches für den Verschluss (sieht man später nicht mehr)
  • Nähwerkzeug wie oben

1. Zuschneiden
Einen Stoffstreifen in 17 Zentimeter Breite und 7 Zentimeter länger als die gefüllte Rolle zuschneiden.

2. Tunnel für den Verschluss nähen
Schmalseite des Stoffstreifens in etwa drei Zentimeter Abstand zur Kante falten, in den Falz ein längeres Stück Schnur oder Baumwollgarn einlegen.







Tunnel festnähen - in etwa zwei Zentimeter Abstand vom Bruch. Die Schnur dabei nicht mit festnähen.





3. Bezug zusammennähen

Stoffstreifen der Länge nach falten, linke Seite außen. Stecken. In etwa einem Zentimeter Abstand von der Kante nähen. Dabei die Naht nicht ganz oben beginnen, sondern etwa 1,5 Zentimeter freilassen, damit der Tunnel offen bleibt, genauso am Ende der Naht: auch hier den Tunnel offen lassen.



Oben sieht das dann so aus.









Bezug über die Rolle ziehen, Schnur zusammenziehen, verknoten und die Schnurenden nach innen stopfen.






Ergänzung vom 14. 1. 2010:

Eine Leserin hat den Tipp aus den Kommentaren ausprobiert, Feinstrumpfhosen für den Schlauch zu verwenden und stellte fest, dass es so nicht funktioniert: "der Sand rieselt gnadenlos durch die Strumpfhosen und überall ist Sand - also wirklich nicht praxistauglich, schade."
Schade, dem schließe ich mich an. Also nicht losstürmen und Strumpfhosen kaufen, und darauf achten, dass der Stoff für die Rollen dicht gewebt ist. Danke, Laetitia, für den Hinweis!

Dienstag, 27. Oktober 2009

Piroschka, du machst mir Sorgen

Das gefällt mir nicht so.

Habe ich es selbst heraufbeschworen? Oder ist es unvermeidlich? Meine Bemerkung vom letzten Mal, es sei noch Stoff für ein Vorder- oder Rückenteil oder einen Ärmel übrig, hätte ich mir wohl lieber verkniffen.

Denn der Anblick des zusammengenähten Rückenteils gefällt mir nicht so recht. Die Rückennaht der Piroschka-Jacke ist ziemlich stark geschwungen, daher ist sie auch so schön tailliert, und in meiner Naivität nahm ich an, dass sich das Muster einigermaßen symmetrisch und halbwegs ansehnlich aufteilt, wenn ich die Schnitteile in der Nähe des Stoffbruchs auflege. Das tut es aber nicht, wenn es sich wie hier um ein Stoffmuster mit Richtung handelt. Und auch wenn ich meinen Stoffrest hervorhole und einen Musteranschluss versuche, dann erreicht man den letztlich auch nur an einer Stelle (aber immerhin).

Aber ist es so besser?
Oder so? (In den Bildern sind 23 Unterschiede versteckt. Finden Sie sie!)

Ich überlege trotzdem, ein Rückenteil neu zuzuschneiden. Auch wenn die Nähtruppe gestern auf "überhaupt nicht schlimm" plädierte und ganz zu Recht auf alle weiteren Nähte hinwies, die noch kommen würden, und wenn ich da auch noch einen Musteranschluss haben wollte, bräuchte ich nicht nur weitere drei Meter Stoff, sondern könnte mich gleich irgendwo einweisen lassen.

Nennt man es Perfektionismus, oder ist es Wahnsinn? Darüber werde ich noch ein wenig nachdenken müssen. Ich melde mich ggf. wieder (falls man mich lässt).