Mittwoch, 1. August 2018

Anna (by hand London) aus selbstgefärbtem Batikstoff oder: Vier Jahre von Idee bis Ausführung


Es gibt ja Studien - habe ich kürzlich irgendwo gelesen - die besagen, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Vorhaben wirklich umzusetzen, dramatisch sinke, wenn man es nicht quasi sofort in Angriff nimmt. Und, das ist zumindest meines Beobachtung, wenn das Umsetzen des Vorhabens ins Stocken gerät, wird es oft schwierig, wieder einzusteigen und es tatsächlich abzuschließen.


Dieses Kleid belegt diese These recht gut: Den Stoff dafür färbte ich bei der Stoffspielerei im März 2017. Ich wollte nach der poppig-lauten Miami-Vice-Anna vom Sommer 2014 schon die ganze Zeit eine seriösere Variante des Schnitts nähen: Dunkelblau  mit einem Batikmuster im unteren Teil des Rocks. Es dauerte also nur etwa zwei Jahre, um nach der ersten Idee den Stoff tatsächlich herzustellen.


Dann begann ich zu nähen, nicht etwa direkt nach dem Färben, sondern etwas später im Sommer 2017, was dazu führte, dass das Kleid vor dem Herbst nicht mehr fertig wurde. Das Oberteil ist mit einem Futter aus schwarzem Baumwollvoile verstürzt und der Rockteil ist bis zum Schlitz ebenfalls mit Voile gefüttert. Das Futter führte dazu, dass die Passform des Oberstoffs wirklich stimmen muss, ehe man verstürzt, sonst wird das Ändern ziemlich aufwendig, und das hielt mich auf.

Ich erinnere mich daran, dass ich bei einem Nähtreffen hier in Berlin im Herbst bei schlechtem Wetter unter anderem an dem Kleid weiternähte, mit einem eingehefteten Reißverschluss nach Hause fuhr und dachte: "Jetzt habe ich's, das sind doch nur noch Kleinigkeiten".


Zur Annäherung, dem großen Nähtreffen in Bielefeld im Januar 2018 nahm ich das Kleid wieder mit, als Zweitprojekt. Danach war der Reißverschluss fest eingenäht und das Oberteil verstürzt, das Futter musste "nur noch" an den Reißverschluss gesäumt und der Rock gefüttert werden. "Jetzt habe ich's, das sind ja nur noch Kleinigkeiten", dachte ich, als ich nach Hause fuhr.

Muss ich extra betonen, dass das Kleid danach wochen-, nein monatelang auf dem Bügelbrett im Nähstapel lag und in diesem Stapel immer weiter nach unten wanderte? Es zog mit mir in die neue Wohnung um, in der es ein Arbeits- und Nähzimmer für mich gibt (und keinen Nähstapel auf dem Bügelbrett - ich habe mir fest vorgenommen, das Bügelbrett mindestens einmal in der Woche zusammenzuklappen und wegzuräumen).


Dass das Kleid tatsächlich fertiggestellt wurde, bevor der Sommer vorbei ist, ist letztlich nur der Fußballweltmeisterschaft zu danken: Wenn ich mal fernsehe - und besonders, wenn es sich um Fußball handelt - brauche ich nebenher eine Beschäftigung. Das Futter mit der Hand einzustaffieren und das Kleid zu säumen war die passende Tätigkeit für eines dieser langen Spiele mit Verlängerung und Elfmeterschießen.

Die riesigen Blätter in der Rabatte hinter mir sind übrigens Mangold
Und dann war das Kleid tatsächlich fertig, pünktlich zur Hitzewelle, und es funktioniert genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte: Der lange Rock wirbelt die Luft beim Gehen schön auf und das Kleid sitzt insgesamt lockerer als die erste Version des Schnitts. Darin kann man gut einen heißen Sommertag verbringen. Wobei: An dem Tag auf der Pfaueninsel, als die Bilder entstanden, war es eigentlich noch gar nicht so heiß wie im Moment, ich konntefür die Fotos sogar eine Weile in der Sonne stehen, ohne umzukippen.

Mehr Hochsommerkleidung heute im Me-made-Mittwoch-Blog nebst Ankündigung des Hamburger Nähbloggerinnen-Treffens, organisiert von Der feschen Lola und Frau Küstensocke!

Die Details auf einen Blick

Schnitt: Anna von by hand London
Material: Baumwollbatist, selbstgefärbt, etwa 2,30 m - mit fortgeschrittenem Zuschnitttetris, von dem gewünschten Stoff war nicht mehr da.
Futter schwarzer Baumwollvoile von Stoff&Stil, etwa 1m oder 1,20 m
Änderungen: Oberteil ohne Belege, komplett mit Voile verstürzt, Rockteil auch gefüttert. Am Reißverschluss im Rücken angepasst. Schnittteile für den Rock schon vor dem Zuschneiden stark gekürzt, der Schnitt ist übermäßig lang.