Dienstag, 26. April 2016

Upcycling-Workshops beim Lillestoff-Festival 2016


Wenn man Außenstehenden erzählt, dass sich an einem Wochenende im September sechs- bis siebenhundert Frauen in einer Messehalle bei Hannover treffen, um ein Wochenende lang zu nähen, kann man beobachten, wie sich in einer Denkblase über dem Kopf des Gegenübers ein riesiges Fragezeichen materialisiert. Nähnerds aber wissen sofort, dass das eine tolle Sache sein muss. Das Wochenende wird von der der Firma Lillestoff organisiert, Herstellerin hochwertiger Jerseys, und neben Nähen bis zum Abwinken gibt es jedes Mal Workshops zu Nähthemen, zum Fotografieren und Siebdrucken.


Ich freue mich total, dass ich beim Lillestofffestival 2016 zwei verschiedene Upcycling-Workshops geben werde und bin schon ganz neugierig auf die Veranstaltung. Im Workshop Neues Leben für alte Hemden werden abgewetzte Oberhemden verwandelt. Hemden sind mein Lieblingsmaterial beim Upcyceln, weil die Stoffe so schön und hochwertig sind. Mit etwas Einfallsreichtum werden Röcke, Blusen oder Kindersachen daraus, man muss sich nur trauen, hineinzuschneiden und improvisierend zu nähen. Der Workshop läuft jeweils am Samstag und am Sonntag vormittags (17.+18. 9.), dauert ca. 3,5 Stunden und kostet 35 Euro.     


Den zweiten Workshop habe ich den T-Shirt-Notarzt genannt, denn darin werden wir T-Shirts mit kleinen, aber lebensbedrohlichen Verletzungen retten: Oft sind T-Shirts ja im Prinzip intakt und tragbar, aber oft finden sich ausgerechnet auf der Vorderseite kleine Löcher oder nicht mehr entfernbare Flecke. Ich werde euch zeigen, wie man mit "umgekehrten" Applikationen (auch Negativapplikation genannt) solche Kandidaten vor der Tonne retten kann. Ein Beispiel seht ihr oben - und ja, es wird mit der Hand genäht, aber das ist gar nicht so langwierig, wie sich das anhört. Dieser Workshop läuft jeweils am Samstag und Sonntag Nachmittag, dauert ca. 2 Stunden und kostet 20 Euro.

Das gesamte Programm des Wochenendes findet ihr hier im Lillestoff-Blog (Klick auf das Bild öffnet ein pdf mit dem Programmflyer), die Karten für Wochenende und Workshops bestellen könnt ihr unter dem Menüpunkt "Lillestofffestival" im Shop. Ich bin unheimlich gespannt, wie das alles wird und wen ich wohl im September beim Festival treffen werde. Und ich freue mich sehr, denn ein ganzes Wochenende, in dem es nur ums Nähen geht, kann ja eigentlich nur gut werden.

Ergänzung 27. 4. 2016: Die Workshops sind schon ausverkauft. 
Falls es neue Workshops gibt, findet ihr die Termine auf der Extraseite hier im Blog (siehe oben unter dem Reiter "Termine"). 

Sonntag, 24. April 2016

Stoffspielerei im April: Plissee


Kann man Plissee selber machen? Ich hatte schon mal im Vorbeigehen im Netz aufgeschnappt, dass es möglich sei, dauerhafte Falten in Stoff in der Mikrowelle zu erzeugen und hatte Lust, diese Technik genauer unter die Lupe zu nehmen. Beim Nähbloggerinnentreffen in Köln im letzten November hatten wir außerdem Plissee Becker, einem alt eingesessenen Laden in der Kölner Innenstadt, einen Besuch abgestattet. Der Inhaber Rolf Teichmann hatte uns in der Werkstatt die ziehamonikaähnlichen Formen aus dünner hellbrauner Pappe gezeigt, in die der Stoff von Hand eingelegt wird und die in einer halben Stunde bei Hitze und Dampf in einem Spezialofen messerscharfe Falten in den Stoff pressen. Wenn der Stoff mindestens 50% Polyester enthält, sind die Falten dauerhaft.

Plissee ist ist zur Zeit auch wieder ein Thema in der Mode: In der Sommerkollektion 2016 von Issey Miayke, der seit den 1990ern mit Plissees experimentierte, wurde eine neue Plissier- und Färbetechnik vorgestellt, bei der die hervortretenden Falten durch das Bedrucken mit einer Art Leim erzeigt werden.  

Es gibt eine ganze Reihe englischsprachiger Anleitungen, die das Plissieren behandeln. Die historischen Näherinnen experimentieren, wie das berühmt Delphos-Kleid von Mariano Fortuny nachgearbeitet werden könnte. Das Kleid, das in der Art griechischer Gewänder aus zwei Stoffbahnen besteht, war in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ein bequemes, etwas exzentrisches Nachmittagskleid für künstlerisch veranlagte Damen. Bilder und Beschreibungen gibt es zum Beispiel hier, hier und hier - sehr schön auch dieses Foto von 1922, wo man sieht, wie so ein Kleid an echten Menschen aussieht. Die Bahnen aus Seidenstoff, die Fortuny selbst färbte, waren der Länge nach in unregelmäßige Falten gelegt und passten sich dem Körper locker an.

Man weiß nicht genau, wie die Falten erzeugt wurden, anscheinend wurde der Stoff von Hand eingereiht  und in erhitzen Keramikrohren fixiert. Nach allem, was ich dazu gelesen habe, waren die Plissierung auch nicht ewig haltbar: Die Kundin konnte ihr Kleid jederzeit zu Fortuny nach Venedig zurückschicken, wo es kostenlos erneut plissiert wurde. Eine Anleitung zum Nacharbeiten dieses Kleides habe ich zum Beispiel hier gefunden, und auf dieser deutschen Seite wird die Seide nicht nur eingedreht, sondern mit Dauerwellflüssigkeit behandelt, was sich sinnvoll anhört, schließlich besteht Seide aus Eiweiß, so wie Haare auch.

Über das Plissieren von Polyester fand ich widersprüchliche Angaben: Mal reichen angeblich nur wenige Minuten in der Mikrowelle, mal wird der Backofen verwendet, mal wird der Stoff im Topf gekocht. Einen systematischen Vergleich der verschiedenen Hitzequellen gab es in diesem Aufsatz von Sherry J. Haar. Sie testete folgende Methoden mit Probestücken aus Polyesterorganza und Polyesterfutterstoff:

- Kochen im Dampfkochtopf (auf einem Dämpfeinsatz über Wasser, 30 Minuten unter Druck)
- Kochen in einem Topf mit Wasser (30 Minuten)
- Erhitzen in der Mikrowelle (Mikrowelle mit 1100 W, bei 80% der Leistung 30 Minuten)
- Backen im Backofen (30 Minuten bei 202°C auf Alufolie)
- Alle Proben konnten 18 Stunden abkühlen
- Besonders wirkungsvoll war das Kochen im Dampfkochtopf und das Backen im Backofen bei trockener Hitze

Beim Erhitzen lockern sich die Verbindungen zwischen den Molekülen, aus denen die Fasern bestehen. Sie verfestigen sich beim Abkühlen wieder, aber nun in der neuen Form, die erst wieder durch Hitze und/oder Druck und Feuchtigkeit aufgelöst werden kann. So weit zumindest die Theorie.


Praktisch erwies es sich schon als kompliziert, einen Stoff aus Polyester oder zumindest mit hohem Polyesteranteil im Lager zu finden. Den ersten Versuch habe ich mit ein paar sehr chemiefaserhaltigen Resten unternommen, die ich (siehe alleroberstes Foto) über eine Form aus gefaltetem Papier in Zieharmonikafalten gelegt hatte. Beim professionellen Plissieren sind die Formen aus einer speziellen, hellbraunen Pappe, die mehrere Plissiervorgänge im heißen Dampf aushält, aber das konnte ich hier außer Acht lassen.


Die verschnürten Bündel feuchtete ich etwas an und tat sie bei 200° für 25 Minuten in den Ofen (der wegen einem Auflauf sowieso heiß war). Das Auspacken war spannend!


Wunderbare Falten! Und sie kommen mir auch ziemlich haltbar vor. Das lässt sich natürlich erst richtig beurteilen, wenn die Stücke getragen und ein bißchen beansprucht werden. Da die Sache Potential zu haben scheint, habe ich anschließend gleich ein größeres Stück der unteren Stoffprobe eingereiht, ein transparenter Batist, der wohl aus Polyester und Viskose oder Baumwolle besteht.




Das Stück war gestern während des Frühstücks im Ofen, mit Alufolie abgedeckt, dann bin ich zu einem Nähkränzchen losgefahren und kümmerte mich erst heute früh wieder darum. Der Stoff ist tatsächlich immer noch feucht, deshalb lasse ich ihn jetzt noch etwas im Ofen nachtrocknen und packe ihn erst heute Abend aus.

Aber jetzt bin ich gespannt, was die Mitpielerinnen aus dem Plissee-Thema gemacht haben.


Nachspiel zur Stoffspielerei: Gabi hat sich noch tiefer in das Thema eingearbeitet, eine Plissieranstalt in Graz besucht und ein schönes, sehr aufwendiges Schuppenplissee ausprobiert.

Die nächste Stoffspielerei zum Thema Schrift im/auf Textil ist am 29. Mai bei Karen.

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Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat sammeln wir die Links mit den neuen Werken – auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.

Der Plan für die nächsten Monate, kurzfristige Terminänderungen sind möglich:

26. Juni Frifris, Thema “Löcher”

SOMMERPAUSE

Wiederaufnahme voraussichtlich am 25. September bei Susanne, Thema: Von Gold bis Blech – Metallstickerei

Mittwoch, 20. April 2016

Mit Beignet von Colette Patterns und Westknits auf dem Tempelhofer Feld


Vor Wochen hatte ich das Theater hier mit einer spannenden Frage verlassen: Welche Knöpfe bekommt der graublaue Beignet-Rock von Colette Patterns? Graublau Ton-in-Ton oder abstechend rotbraun marmoriert? Das Ergebnis möchte ich euch noch zeigen - die Fotos fast schon traditionell unter widrigen Umständen aufgenommen, an einem sehr windigen Tag auf den Tempelhofer Feld, der aber das Vertices-Unite-Tuch von Westknits schön flattern ließ.


Die grüne Strickjacke (eigene Berechnung) hatte ich hier schon vorgestellt, und für die Details hier zusätzlich Bilder vom Bügel, ohne Wind.


Den Rock habe ich komplett mit dem Futter verstürzt, auch am Saum. Bis auf die merkwürdige Größentabelle, die wenig mit den tatsächlichen Maßen des Stücks gemeinsam hat (ich berichtete) ist Beignet ein schöner Schnitt mit schönen großen Taschen. Ich finde, er würde auch gut zu Wildleder(imitat) oder Cord passen. Oder ist das zu Neunziger? Und wäre das schlecht?


Die Frisur sitzt nicht, und was man nicht sieht: 15 Meter links neben mir steht ein mobiler Kaffeestand. Glücklicherweise guckt in Berlin niemand, wenn man vor einer Kamera herumhampelt, und mir ist mittlerweile fast nichts mehr peinlich. Was tut man nicht alles für den Me made Mittwoch, die Versammlung selbstgenäht bekleideter Damen und Herren im Netz! Ja, auch Herren, denn Gastgeber ist heute zum ersten Mal ein nähender Mann.

Dienstag, 19. April 2016

Nahtzugabe auf Reisen: Beim Stoffdruckkurs von Kristina Schaper in Hamburg


Es gibt doch nichts Schöneres, als kreative Leute aus dem Internet "in echt" zu treffen und noch dazu gemeinsam mit Stoff und Farbe zu werkeln! Das Wochenende verbrachte ich nämlich in Hamburg beim Siebdruck-mit-Papierschablonen-Workshop von Kristina Schaper - Am liebsten Bunt. Öfter mal wegzufahren, Kurse zu besuchen und Neues auszuprobieren hatte ich mir Anfang des Jahres vorgenommen, und das war eine gute Maßnahme - heute Morgen wieder zurück in Berlin kam es mir vor, als wäre ich zwei Wochen weggewesen. Und ich verbrachte einen Teil des Nachmittags mit der Recherche von Siebdruck-Equipment. Nicht, dass ich jetzt sehr dringend irgendetwas bedrucken müsste, aber das Drucken machte großen Spaß und ist wirklich auch in der Wohnung umsetzbar, ohne alles zu verwüsten.   


Bester Beweis ist der braune Spannteppich in einem der Kursräume im Bürgerhaus Barmbek - hier vor dem Stoffdruckkurs - aber hinterher sah er noch genauso aus. Siebdruck ist eine ziemlich saubere Sache, die Siebdruckfarbe (Dekaprint) stinkt nicht und lässt sich mit Wasser auswaschen. Der Griff der bedruckten Stoffe hat mir auch gefallen. Die Farbe bildet zwar eine Schicht auf der Oberfläche, aber eine dünne, und die Farbe trocknet nicht allzu hart und krustig auf. Wenn die Motive eher klein und nicht so flächig sind, könnte man durchaus auch dünne gewebte Viskose bedrucken, ohne dass sie bretthart wird.


Vom Drucken selbst habe ich nur ein paar Fotos gemacht. Die Technik, die Kristina uns vermittelt hat, ist genial einfach: Man schneidet sich eine Schablone aus ganz normalem Schreibmaschinenpapier, platziert sie auf dem Stoff, das Sieb darüber, Lücken werden mit Klebeband abgeklebt, und die Farbe mit einer Rakel (im Prinzip eine Art Plastikkarte mit einem Gummirand) durch das Sieb auf den Stoff gedrückt. Wenn man das Sieb anhebt, bleibt die Papierschablone durch die feuchte Farbe daran kleben, und man kann mit Sieb und Papier noch eine ganze Menge weiterer Motive drucken. Ich hatte bisher ja nur Stempeln auf Stoff ausprobiert und bin von den farbsatten und gestochen scharfen Drucken ganz begeistert. Es war jedes Mal ein kleines Erfolgserlebnis, das Sieb anzuheben.

Der Palmwedeldruck vom Foto oben war mein erster Versuch. Für den roten Stoff hätte ich mir wohl besser vorher einen Rapport, also eine regelmäßige Anordnung überlegt, aber ich hatte nicht bedacht, dass ich an manche Stellen mit dem Rahmen schlecht herankomme, jedenfalls nicht, wenn ich den Stoff nicht zwischendurch anders aufspannen möchte. Das Drucken selber fand ich übrigens einfach. Schwierig war es, die Farbmenge richtig einzuschätzen - erstmal saugt anscheinend jeder Stoff unterschiedlich viel auf, und große, flächige Motive brauchen erstaunlich viel Farbe. Ich musste mehrmals Farbe nachmischen, was dann natürlich nur ungefähr so wurde wie die vorige Partie. Aber das macht nichts, Unperfektes ist gut! Und sehr schwierig fand ich, die Motive gezielt zu platzieren. Wenn das Sieb einmal mit Farbe bedeckt ist, sieht man nur noch sehr schlecht, was man da macht. Selbst wenn es Linien zur Orientierung gibt. Oder zumindest sehe ich das nicht und war dann einige Male doch etwas überrascht. Es ist also vorteilhaft, sich Motive auszudenken, die man luftig verstreut irgendwohin drucken kann. 


Bei der gestickten Tischdecke habe ich das so probiert und auch einfach quer über die Stickerei gedruckt - das ist sehr schön geworden. Auf dem allerersten Foto ganz oben kann man rechts einen Zipfel der Decke sehen, ich muss davon aber nochmal gute Bilder machen.

Kristina hat einige Anleitungen zum Siebdruck zuhause mit Bordmitteln hier auf einer Extraseite zusammengestellt. Wenn es neue Kurse gibt, erfahrt ihr das sicher zuerst in ihrem Blog. Stempeln und mit Gelatineplatten drucken ist im Juni noch möglich (Termine siehe hier), das ist bestimmt auch klasse.


Für ein bißchen Touristenprogramm war am Wochenende natürlich auch noch Zeit. Es war seltsam, nach so langer Zeit mal wieder in Hamburg zu sein. Ich komme ja aus Hamburg, aber habe die Stadt einige Jahre regelrecht gemieden, weil sie für mich mit den Wirrungen einer auseinanderbröselnden Familie und einer Menge trauriger Ereignisse verknüpft ist. Jetzt dachte ich, dass ich endlich neue Erinnerungen an die Stelle der alten setzen muss, und Hamburg macht es einem in der Hinsicht sehr leicht. Hier wird sehr unsentimental abgerissen und neu gebaut und nicht viel in die Vergangenheit geschaut. 


Vieles, was ich von früher kannte, war viel kleiner, als ich es in Erinnerung hatte. Die Landungsbrücken entlang: Nur ein Minispaziergang. Das Hanseviertel: So putzige kleine Geschäfte! Nur die Elbphilharmonie - die ich noch nicht kannte - ist wirklich groß. Und wie man hört im nächsten Frühjahr fertig. Noch vor dem BER. 


Manche Schiffe sind auch sehr groß.


Bei der Rundfahrt "Abenteuer Hafen" von Stattreisen e.V. lernt man das alles kennen, die Tour kann ich sehr empfehlen.

Demnächst gibt's auch endlich mal den Bericht von den Workshops zur Leipziger Buchmesse. In Leipzig wars nämlich auch schön.

Sonntag, 10. April 2016

Prada-Sewalong: Zwischenstand

Kurz bevor die Linkliste schließt, möchte ich noch meinen Zwischenstand im Prada-Sewalong zeigen - viel ist da noch nicht passiert, ich habe gerade einiges um die Ohren und deshalb wenig Zeit zum Nähen und Posten.

Bisher habe ich angefangen, für den Patchwork-Bahnenrock (hier im 2. Teil gab es eine Skizze) einen Schnitt herzustellen, ich wandelte dafür einfach einen vorhandenen 8-Bahnen-Rock in einen 6-Bahnen-Rock um und zeichnete die schrägen Unterteilungen der Bahnen nach dem Vorbild des Skyline Skirt ein. Zugeschnitten ist er bis zur Hälfte, dann waren die Leinenreste alle, aber inzwischen habe ich noch mehr schwarze Leinenreste gefunden, sobald Zeit ist, geht es weiter.


Für das zweite geplante Teil, ein Oberteil aus einem feinen Baumwollstoff in erbsensuppiger Farbe habe ich einen passenden Kombinationsstoff gefunden, der das Gelbgrün für mich etwas tragbarer macht, nämlich einen sehr schönen bordeauxroten Viskosestoff.


Die Stoffe sind immerhin schon mal gewaschen. Als Schnittgrundlage nehme ich möglicherweise Schnitt 114 aus Burdastyle 4/2016, ein kleines ärmelloses Oberteil mit überschnittenen Schultern, schneide die Halsbelege aus dem dunkelroten Stoff zu und verstürze sie auf die rechte Seite, also so dass der Ausschnitt rundherum eine dunkelrote Blende bekommt. Das ist zumindest schon mal ein Plan, mal sehen, wieviel sich bis zum Finale am 24. April umsetzen lässt.

Die Prada-Mitnäherinnen finden sich hier im MeMadeMittwoch-Blog, einige sind schon bei ihrer zweiten Prada-inspirierten Kollektion, ich bin ganz ehrfürchtig!

Dienstag, 5. April 2016

Noch mehr Upcycling: ReDesign - Neues nähen aus alten Kleidern [Rezension im Rahmen einer Blogtour]


Wie ihr wisst, ist das Upcycling von Texilien - also auf Deutsch: aus alten Klamotten etwas Neues zu machen - schon lange eines meiner Lieblingsthemen, nicht nur hier im Blog. Es ist nicht nur vernünftig und nachhaltig, die Stoffressourcen alter Kleider zu nutzen, es macht auch großen Spaß, denn mit diesem Material lässt es sich oft unbefangener experimentieren als mit neu gekauftem Stoff.

Auf das Buch ReDesign von Sonja Wöhrenschimmel-Wahl alias Frau Jona&son war ich daher schon neugierig, als ich die erste Ankündigung las und noch bevor der Verlag mir ein Exemplar zur Besprechung anbot. Schließlich hatte ich mir im letzten Jahr als ich mein Upcycling-Buch schrieb lange Gedanken gemacht, wie ich den Spaß am Umgestalten vermitteln könnte, welche Materialien und welche Projekte am besten in so ein Buch einfließen, wie ausführlich das Nähen beschrieben werden müsste  - jetzt war ich gespannt, wie eine studierte Modedesignerin und Textilkünstlerin das Thema angehen würde.


Frao Jona&sons Buch bietet nicht nur Nähanleitungen und Tipps zum Färben und Bedrucken, Besticken und Patchen, sondern beginnt mit dem Grundlegenden: Dem Sortieren des Kleiderschranks, dem Identifizieren der Stücke, die durch kleine Reparaturen zu retten sind, und den anderen, den ungeliebten Kleidungsstücken, die das Ausgangsmaterial für neue Kreationen bilden können.

Sonja Wöhrenschimmel-Wahl spricht dabei von "Re-Design": Das neue Kleidungsstück wird durch die Umgestaltung hochwertiger, als es das Ausgangskleidungsstück war, der Wert der Handarbeit verändert nicht nur das Kleidungsstück, sondern auch seine Trägerin, die eine neue Unabhängigkeit erlangt:

"Wenn Sie beginnen selbst zu gestalten, werden Sie selbst zur Produzentin und machen sich unabhängig von der Industrie. Sie schaffen mit Ihren Händen Neues, wann und wie oft Sie wollen."  

Die Autorin beschreibt den Zauber des Gestaltens und dieser Unabhängigkeit so mitreißend und vermittelt so viel Elan, dass man gerne bereit ist, das nichts-anzuziehen-Problem endlich einmal anzugehen und sich mit den 80% des Kleiderschrankinhalts zu beschäftigen, die im Durchschnitt nicht oder kaum getragen wird. Und: wie immer beim Haupt-Verlag ist das Buch auch optisch und haptisch ein Genuss, es wurde sehr klar, gut lesbar und luftig gestaltet von Christina Diwold, die auch die Fotos gemacht hat und die man unbedingt ebenso wie die Autorin nennen muss, denn so ein Anleitungsbuch lebt ja nicht zuletzt von den Bildern.


Im zweiten Teil des Buches geht es dann ans Nähen: Die 45 Projekte, bei denen ausschließlich Kleidung und Accessoires für Frauen gestaltet werden, sind in vier Schwierigkeitsstufen unterteilt. Wie die Ausgangskleidungsstücke zerschnitten, gedreht, gewendet und neu zusammengesetzt werden, wird durch kleine Grafiken verdeutlicht, während der Nähprozess und die Verarbeitungsdetails ohne Bilder auskommen müssen. Für ungeübte Bekleidungsnäherinnen könnten Projekte wie das Nähen eines Faltenrocks aus zwei alten Hemden, einer Sixties-Jacke aus einem Mantel oder eines einseitig schulterfreien Kleides aus einer Hose technisch ein bißchen zu kompliziert sein, aber Frau Jona&son empfiehlt ohnehin, mit einfachen Projekten zu beginnen, sich an die Schwierigeren langsam heranzutasten und sich nicht von "wie-gekauft"-Perfektionismus stressen zu lassen. 


Die Projekte zur Oberflächengestaltung haben mir besonders gut gefallen: Da wird Jersey auf Jersey appliziert, mit Kartoffelstempeln gedruckt, oder, besonders interessant, mit Stofffarben und Pinsel ziemlich hemmungslos gemalt. Das muss ich unbedingt ausprobieren! Wenn es sich "nur" um ein altes T-Shirt handelt, das bemalt wird, erlange vielleicht sogar ich die nötige Wildheit, so dass das Ergebnis interessant aussieht. 


Besonders spannend finde ich auch die Stücke, bei denen Raffungen und Smok mit Gummifaden als Unterfaden in der Nähmaschine die Form des Ausgangsskleidungsstücks verändern. Aber längst nicht alle Projekte sind so ungewöhnlich, es gibt auch ganz cleane Designs wie das Trägeroberteil aus einem Sweatshirt, die Bluse aus einem Hemd, das Kleid aus zwei Hemden oder das Oberteil mit Dreiviertelarm aus einem übergroßen Pullover. Wie man an dieser Aufzählung sieht, sind die Ausgangsmaterialien so gewählt, dass wohl jede etwas Ähnliches in ihrem eigenen Kleiderschrank finden wird und gleich mit dem Nacharbeiten beginnen kann, auf dass aus dem dem toten Kleiderkapital im Schrank neue Lieblingsstücke werden.

Frau Jona&Son
ReDesign. Neues nähen aus alten Kleidern
Haupt Verlag, 224 Seiten, 29,90€

Auf der Seite des Verlags gibt es eine Leseprobe und im Magazin des Haupt-Verlags kann man eines von fünf Exemplaren gewinnen.

Schaut auch noch in die wirklich interessanten Blogs der Blogtour hinein: 

Donnerstag, 24. März gesehen und gesehen werden
Dienstag, 29. März Green Friday
Mittwoch, 30. März simply zero
Freitag, 1. April Re:belle upcycling

In den nächsten Tagen folgt dann noch:

Mittwoch, 6. April Christinaa
Donnerstag, 7. April Ich kauf nix!
Freitag, 8. April widerstandistzweckmaessig

[Das Buch wurde mir vom Haupt-Verlag für die Rezension zur Verfügung gestellt.]