Mittwoch, 6. Mai 2020

MeMadeMittwoch, Use-what-you-have-Edition

Die allerbeste private Investition der letzten Jahre: mein Stoff- und Nähzutatenlager. Hand hoch, wer sich in den letzten sechs Wochen auch zufrieden auf die Schulter geklopft hat, beizeiten ausreichende Materialvorräte angelegt zu haben! Ich konnte zuhausebleiben und weiternähen, als ob nichts wäre, und ich hätte noch Material für Projekte für die nächsten paar Monate, wenn nicht Jahre, wenn es darauf ankäme, und danach könnte ich immer noch mit den Resten weiternähen.


Die beiden Kleidungsstücke vom Foto sind aus Resten entstanden, allerdings schon Anfang des Jahres. Ich werfe Stoffreste bis auf ganz kleine Abschnitte nicht weg, sondern hebe sie, ordentlich zusammengefaltet, mit dem Gedanken auf, sie irgendwann als Kombinationsstoff zu verwenden oder mehrere Reste zu etwas ganz Neuem zu kombinieren. Wie man sich unschwer denken kann, ist es dazu bisher nicht so oft gekommen, wie ich mir gewünscht hätte. Nur die Restesammlung wurde immer größer.



Zum Jahreswechsel stand dann "endlich was aus den Stoffresten nähen" ziemlich weit oben auf der Projektliste, und dann erschien auch noch ein Artikel über Daniel Silverstein alias Zero Waste Daniel in der New York Times. Irgendwo hatte ich vor einiger Zeit schon einmal eine Artikel über seine Mode aus Stoffresten gelesen und einen Bericht gesehen (ich glaube es war dieser Beitrag) und daraufhin angefangen, alle Jerseyreste separat zu sammeln, aber es gilt ja das ewige Gesetz: Stoff sammeln ist einfacher als Stoff vernähen. Die Sache war dann doch wieder ins Hintertreffen geraten. Der NYT-Artikel war dann der Anlass, mich zur Inspiration durch Webseite und Instagram zu wühlen - außerdem gibt es einen Zero-Waste-Daniel-Youtubekanal, wo auch ein bisschen gezeigt wird, wie aus Resten ein neuer Stoff zusammengesetzt wird.



Das Shirt ist dann an einem Nachmittag entstanden. Ich suchte farblich zusammenpassende Jerseyreste aus, schüttete sie auf einen Haufen und setzte sie von den größeren Stücken ausgehend mit der Overlock zusammen. Die Schnittteile für das Shirt legte ich immer wieder auf, um gezielt Stoffstücke anzunähen, wo noch etwas fehlte. Es machte Spaß, mal so richtig ausgiebig mit der Overlock zu nähen, ich nähe ansonsten nicht viel mit Jersey. So ein Resteshirt ist das richtige Projekt, wenn man mal viel geradeaus nähen und wenig denken möchte.


Das Futter ist auch ein Rest, und weil es etwas kurz war, habe ich am Saum eine Spitzenborte angesetzt. (Außerdem muss man sich bei dem flutschigen Futterstoff dann nicht mit dem Säumen abplagen.)
Der Rock enstand auch Anfang Januar (in diesem Beitrag lag er schon auf dem Nähstapel). Der Schnitt für den "Skyline Skirt" aus dem Buch "Twinkle sews" eignet sich sehr gut für Reste, ich horte seit Jahren lauter 40-cm-Wollstoffreste allein für diesen Schnitt. Hier kombinierte ich einen Rest dunkelgraue Viskose-Wollmischung mit einem Pfeffer-und-Salz-Tweed mit Glitzer, den ich einmal in Bielefeld vom Tauschtisch mitgenommen hatte (und der beim Bügeln ziemlich giftig roch, wahrscheinlich wegen dem Lurex). Ich hätte aber noch Reste für zwei oder drei weitere Skyline Skirts.



Normalerweise würde ich diese beiden Kleidungsstücke nicht unbedingt miteinander kombinieren. Gerade was das Shirt betrifft, ist die Grenze zu merkwürdiger Ökomode wahrscheinlich fließend (oder möglicherweise je nach Betrachterin auch schon überschritten). Trotzdem hat es etwas sehr Befriedigendes, aus einer Tüte Stoffreste, die man auch hätte wegwerfen können, wieder ein richtiges Kleidungsstück zu nähen, und ich ziehe das Shirt regulär im Wechsel mit meinen anderen Langamrshirts an, meistens unter einer Strickjacke oder einem Pullover. Weitere werden sicher folgen, öko oder nicht - auch Stoff ist ein Rohstoff, mit dem man sparsam umgehen sollte, und davon abgesehen macht auch das Nähen einfach Spaß. Ein Detailfoto vom Shirt liefere ich hier noch nach - mir fällt erst jetzt ein, dass das ja interessant gewesen wäre! Bilder oben eingefügt (7.5.2020)


Menschen in ihrer selbstgenähten Kleidung treffen sich heute - wie jeden ersten Mittwoch im Monat - beim MeMadeMittwoch.