Mittwoch, 28. September 2011

Me-made Mittwoch* - So hat Lagerfeld sich das aber nicht gedacht!

Mal ganz unter uns: Ich bin ja auch so ein gehirngewaschenes Kind des Kapitalismus, das immer, wenn irgendwo „Designer“ draufsteht, Witterung aufnimmt und aufmerksam wird wie Nachbars Lumpi vor der Wursttheke. Ich weiß, es ist eigentlich Quatsch. Sogar das simpelste T-Shirt aus dem hinterletzten Billigladen hat einen Designer, der sich das Ding ausgedacht hat. Trotzdem: die Sache mit den großen Namen und den bekannten Labels verfängt auch bei mir. In der Friedrichstraße klebe ich an den Schaufenstern, und wenn ich Geld zum Ausgeben für sowas hätte – Leute, ich würde es ausgeben. Aber hui.


Kein Wunder also, dass ich auf den Designerschnitt von Karl Lagerfeld 136 in Burda 10/2010 ansprang – Lumpi, Wursttheke! Nach der ersten Phase des aufgeregten Geschnüffels und Gehechels angesichts eines hübschen schwarzen Rocks, der an eine Herrenanzughose erinnert, fiel mir der Haken am Schnitt auf: Der Rock ist im Original nur 33 Zentimeter lang. 33 Zentimeter. Gut, hier in Berlin werden zur Zeit Leggings als vollwertige Hosen getragen (was meistens genauso schlimm aussieht, wie es sich anhört), da sind geradeso-Po-bedeckende Röcke, die man auch oft sieht, ja noch die bessere Alternative. Den Zuschlag für „muss ich unbedingt nähen“ erhielt der Rock aber, als ich Carolyns um 12 cm verlängerte Version fand.


Die Verlängerung also wie bei Carolyn, aber anders als sie behielt ich den Gummizug im Rückenteil bei – das ist für mich überhaupt der Clou an dem Schnitt, denn der Rock soll mit dem breiten Bund in der Taille sitzen, und Dank Gummizug und reichlicher Weite in der Hüftregion ist das nun ein sehr bequemer, aber nicht nach Bequemkleidung aussehender kleiner schwarzer Rock. Ich habe ihn wegen der Falten im Vorderteil nicht gefüttert, sondern trage ihn mit Unterrock. Der Stoff könnte sogar noch etwas fester sein als die Wollmischung vom Markt – man braucht auf jeden Fall ein Material, das sich gut in Form bügeln lässt, damit der Aufschlag am Saum nicht traurig herunterhängt und nicht schon durch einmal Hinsetzen zerstört wird. Die Bügelfalten im Vorderteil sind hingegen dauerhaft abgesteppt.


Was die Verunstaltung des genialen Lagerfeld-Designs durch eine 12-Zentimeter-Verlängerung betrifft, fühle ich mich übrigens auf der sicheren Seite. Sicher habt ihr auch noch das öffentlichkeitswirksame Geschimpfe des Meisters im Ohr, der sich im November 2004 nach der Kooperation mit H&M darüber beklagte, man habe dort seine Entwürfe einfach in größere Konfektionsgrößen übertragen.


Tja, was Chanel recht ist, kann H&M (und mir) nur billig sein: Die übliche Chanel-Kundschaft besteht nun auch nicht aus lauter rehbeinigen Neunzehnjährigen, schätze ich. In der genialen arte-Dokumentation Signe Chanel über das Couturehaus (hier auf youtube) erhält man auch einen Einblick in das Allerheiligste des Hauses in der Rue Cambon, in den Raum, in dem die Schneiderpuppen mit den Maßen der Stammkundinnen verwahrt werden. Jede Kundin, die im Jahr mehrere der handgearbeiteten Coutureteile (Preise fünfstellig bis nach oben offen) in Auftrag gibt, hat ein alter ego, das bei den Anproben hilft und das von der Hüterin der Puppen an die schwankenden Maße der Damen angepasst wird. Da schmiegen sich Watteschichten wie Jahresringe um die Hüften und Bäuche und zusätzliche Vlieslagen polstern anschwellende Hinterteile... Und dass alternde Oligarchen-Gattinnen nur-geradeso-Po-bedeckende Röcke tragen, wage ich auch zu bezweifeln.

Schnitt: 136 aus Burda 10/2010
Änderungen: 12cm verlängert
Material: ca. 1,20m Wollmischung dunkelgrau bis schwarz in Köperbindung - einen Stoff verwenden, der sich gut in Form bügeln lässt.


*) Bei Me-made Mittwoch geht es darum, Selbstgemachtes zu tragen und dies zu dokumentieren. Die Teilnehmerinnen von heute finden sich hier und organisiert wird das ganze wie immer von Catherine.

Montag, 26. September 2011

Selbstgemacht - Wochenrückblick KW 38



1. Selbstgenäht: Ob ich mir mit der Miniaturisierung einen Gefallen getan habe, muss sich erst noch zeigen. Aber Reginas Ringpatchwork gefällt mir zu gut - und nach Miriam und Aylin bin ich nun auch auf den English paper piecing-Zug aufgesprungen.
Außerdem ist der Wollrock vom heißesten Tag des Jahres fertig, das Lagerfeldmodell aus Burda 10/2010 - am Mittwoch mehr darüber.

2. Fotografiert zwischen Jordanstraße und Kiefholzstraße - das Bild ist gemalt, und für die blautürkisen Partien verwendete der Maler einen gesprayten Schriftzug, der vorher schon da war. 

Außerdem Selbstgebacken: Schwedischen Apfelbiskuit nach diesem Rezept (halbiert für eine Springform) - sehr gut, weil man kaum Zutaten braucht. In in der Vorwoche französischen Apfelkuchen nach einem Rezept von Lea Linster (ich nehme für den Guß immer 100ml Sahne und nur 50ml Milch, wird cremiger und nicht zu viel).

Selbermacher geklickt: Die neuen Herbststrickmuster von Knitty - diesmal springt mich nichts direkt an, aber vielleicht ist ja etwas für euch dabei?

Samstag, 24. September 2011

Paper piecing, erster Versuch: Ein Block für Floh

In diesem Jahr habe ich mich ja einer textilen Selbsthilfegruppe angeschlossen (übrigens sind „Neue“ in der Berlin modern quilt guild immer herzlich willkommen – die Termine findet ihr immer hier). Wir treffen uns einmal im Monat, bilden einen Stuhlkreis, verraten uns gegenseitig, wie lange wir "es" schon tun, und zeigen unser Genähtes. Dabei kommen so viele unterschiedliche Stile und Techniken zusammen - großformatige Decken oder winzige Täschchen, mit der Maschine genäht oder mit der Hand, aus alten oder neuen Stoffen, japanisch oder amerikanisch inspiriert - das ist immer wie eine kleine Quiltausstellung.


Ich staune jedes Mal, erfahre von Patchwork- und Quilttechniken, von denen ich noch nie gehört hatte, lerne so langsam die englischen Fachbegriffe, und ab und zu wird das Neue dann auch angewendet: Floh wünschte sich für einen Quilt mit Meeresthema Patchworkblöcke in Blautönen in der Größe 20 mal 20cm. Prima, sowas liegt ganz auf meiner Linie, und eine Idee und einen Entwurf – viele dreieckige Wimpel vor einem Hintergund aus verschiedenen hellblauen Stoffen – hatte ich also relativ schnell. Aber wie näht man nun bitte so einen kleinen Musterblock, der aus mehr als 60 Einzelteilen besteht? Vor den Quilttreffen hätte die naheliegendste Antwort wohl „gar nicht“ gelautet – aber ich hatte ja noch den Standardsatz der versierten Quilterinnen im Ohr:
„Das Muster kann man ja auch gut auf Papier nähen.“


Im Schaffensrausch hatte ich keine Zeit, erst großartig Anleitungen zu lesen und legte nur mit einer vagen Vorstellung ausgestattet los. Es funktionierte einigermaßen, aber natürlich gibt es auch hier Tricks, mit denen man sich das Leben einfacher macht, in den Kommentaren vor ein paar Wochen hattet ihr lauter Praxistipps, die nicht verloren gehen sollen. Ich bin von der Technik sehr angetan, denn für Leute wie mich, deren Stärke nicht gerade im exakten Zuschneiden liegt und die gerne Stoffschnipsel verarbeiten, ist Nähen auf Papier geradezu ideal: Das Muster wird ganz präzise und sieht super ordentlich aus - zumindest auf der Vorderseite. Das mache ich also bestimmt noch öfter.


Um Patchwork auf Papier zu nähen, braucht man zunächst einmal eine Vorlage. Für viele Muster gibt es Vorlagen im Netz, man sucht am besten nach paper piecing oder foundation piecing und nach patterns oder templates. Für diesen Block hatte ich mir nur für die Wimpel eine Vorlage gemacht - sie sind 2,5cm hoch und 4cm breit (ohne Nahtzugaben).

Man näht die Stoffstücke direkt auf dem Papier so aneinander, dass die offenen Kanten jeweils vom nachfolgenden Stück verdeckt werden, das Papier wird zum Schluss weggerissen. Die grundlegende Arbeitsweise zeigt diese Fotoanleitung von Ula, gefunden über Sewperstitious, die hier noch weitere Tutorials verlinkt hat.

  • Unterlage: entweder man nimmt möglichst dünnes Druckerpapier (Claudia empfahl Papier mit 60g/qm anstatt des üblichen 80g/qm), oder Windelvlies aus dem Drogeriemarkt (Tipp von Katjaquilt), das ist ein waschbares Vlies, das nicht entfernt wird. Oder ein wasserlösliches Vlies, auf das man die Vorlage mit Bleistift durchpaust (ebenfalls ein Tipp von Claudia). Teresa gab allerdings zu bedenken, dass es sich auf Vlies doch nicht so exakt näht wie auf Papier
  • Das Windelvlies lässt sich auch bedrucken, wenn man es etwas kleiner als DinA4 zuschneidet und an der Kante, die zuerst in den Drucker eingezogen wird, mit Tesa auf ein Blatt Papier klebt - wenn man den Quilt dann einmal waschen will, könnte allerdings die Druckertinte ausfärben, daher ist das nicht für Gebrauchsquilts geeignet, so Claudia.
  • Die Papierunterlage vor dem Nähen einmal an allen Nahtlinien knicken - das Papier lässt sich so leichter entfernen (Tipp von Katjaquilt).
  • Beim Nähen: Eine geringe Stichlänge verwenden (1-2), und/oder eine dickere Nadel als üblich, so dass das Papier ordentlich perforiert wird (bei einer Vliesunterlage, die drinbleibt nicht nötig) (Tipp von Katjaquilt und Claudia). Die Nähte ordentlich vernähen (Tipp von Teresa).  
  • Beim Papierentfernen sehr hilfreich: eine Pinzette (Tipp von Claudia/machen und tun)
Zwei Fähnchen konnte ich in Flohs Block nicht unterbringen, mit denen mache ich vermutlich gleich weiter. Mir schwebt ein ganz buntes Wimpelkissen mit dunklerem Untergrund vor, mal sehen...

Montag, 19. September 2011

Selbstgemacht - Wochenrückblick KW 37





1. Selbstgenäht: Mehr blieb nicht von dem Kona Cotton Charm pack übrig - mein noch streng geheimer Quilt für die Unistoffe-Challenge in der Berlin modern quilt guild hat mich die ganz Woche beschäftigt, oder besser gesagt: absorbiert und ist jetzt fertig.

2. Auch das ist street art - das Schwarzweißfoto (ist das vielleicht eine Filmszene? Kennt das Bild jemand?) ist auf Spanplatte aufgezogen und hing an einem Bauzaun an der Glogauer Brücke. An der Stelle der Augen Löcher, dahinter ein Reflektor vom Fahrrad, schätze ich. Und so schaute dieser Junge bei bestimmtem Lichteinfall mit unheimlich rot funkelnden Augen auf die Kreuzung.

3. Die Givebox: Traditionellerweise ist ja der Pappkarton auf dem Gehweg die Berliner Sachenverschenkbörse - ihr erinnert euch vielleicht an die Tischdecke von letzter Woche.

Neuerdings gibt es aber etwas viel besseres: Die Givebox ist eine wetterfeste Verschenk- und Tauschstation, bislang vier Mal in Berlin, außerdem in Hamburg, Düsseldorf, Köln, Wien und bald auch in Frankfurt. Noch brauchbare Dinge können in den Giveboxen abgelegt werden, finden unbürokratisch einen neuen Besitzer in der Nachbarschaft und fliegen nicht durchnässt auf der Straße herum. Das gibt unnützen Anschaffungen, zu großem oder zu kleinem doch noch einen Sinn und schont Ressourcen. Die hübsche Ausstattung, hier in der Kreuzberger Falckensteinstraße eine rosa gestreifte Tapete, Gardinen, Kleiderstange und Bücherregal, animiert dazu, nur wirklich noch Verwendbares abzugeben und mit den Sachen pfleglich umzugehen. In Kreuzberg wird die neue Givebox gut angenommen, sie ist augenscheinlich keine neue Müllecke im Viertel, sondern ein Anlaufpunkt, wo Leute miteinander ins Gespräch kommen. Die Standorte der Giveboxen, mehr über das Konzept und über Möglichkeiten zum Mitmachen und Giveboxen-Bauen hier.

4. Selbstgefangen: Die beste Party findet immer in der Küche statt - klar. Das wissen auch Mäuse - meinetwegen - aber wie finden sie in mehrstöckigen Mietshäusern zu uns? Wir begleiteten den unerwünschten Gast Samstag früh nach draußen - aber Samstag Abend war schon ein neuer da und platzte abends im Wohnzimmer in unser Gespräch. In Berlin ist man eben immer mit der Natur auf Du und Du.

Selbermacher geklickt: Die Gemüsehäkeleien von jungjung (gefunden über Elizabeth Abernathy /absinthe and orange).

Dienstag, 13. September 2011

Ein Kleid mit "Passt!"

Das Buch „Passt! Selberschneidern nach Maß“ hatte ich ja vor ein paar Tagen vorgestellt – aber zwei interessante Fragen waren offengeblieben: Ist die Software leicht zu bedienen? Und, noch wichtiger: Kommt am Ende ein passender Schnitt heraus? Bei mir ist vor allem ein Sommerkleid herausgekommen, so wie ich es mag: luftig sitzend aber nicht sackig, ein Überwerfen-und-gut-ist-Kleid.


Ich gebe ja zu, ich war anfangs skeptisch. Besonders, als es beim Anhalten der Schnitteile so aussah, als wäre die Taillenlinie wie bei jedem Fertigschnitt ein bißchen zu hoch. Das entpuppte sich aber als Irrtum: der Schnitt passt. Überall. Die ganzen Problemstellen, die ich zum Beispiel von Burda kenne – Taille zu hoch, Schultern zu breit, Armausschnitt zu weit – sitzen richtig. Eine einzige Änderung nahm ich nachträglich vor, und zwar verschmälerte ich die Taille im Rückenteil noch um zwei Zentimeter in der Mitte - das hätte man aber ohne weiteres auch so lassen können. Der Stoff ist eine relativ feste Baumwoll-Viskose-Mischung vom Markt, die leicht glänzt und dunkelblau-messingbraun changiert, so dass sowohl altmessingfarbene Knöpfe als auch dunkelblaue Zackenlitze farblich passen.


Das Schnittmuster erstellt man ja, wie schon gesagt, auf der Grundlage der eigenen Maße. Tatsächlich ist das Messen bzw. Ausmessen-lassen der aufwendigste Teil der ganzen Prozedur. 34 Körpermaße müssen ermittelt werden, das geht nur mit einem Helfer, dann ist die Sache aber überraschend schnell erledigt: wir brauchten etwa eine Viertelstunde. Beim Eintippen der Werte baut sich am Bildschirm nach und nach eine stilisierte Figur auf: Ich. Ich bin eine gestauchte Sanduhr!

Der ausgedruckte Schnitt

Das Verändern des Schnittmusters am Rechner hilft schnell über diesen Schock hinweg, das geht nämlich sehr einfach und macht Spaß. Die Schnittgrundlage bildet ein Kleid mit sogenannter Prinzessteilung, also mit Teilungsnähten, die in Vorder- und Rückenteil von den Schultern ausgehend über Brust, Taille, Hüfte laufen und den Körper so nachmodellieren. Mit wenigen Klicks lassen sich verschiedene Optionen anwählen, und die Zeichnung des Kleides verändert sich am Bildschirm gleich mit. Es gibt fünf verschiedene Weiten – von einer Minus-Weite für Jersey über eine eng anliegende Passform, taillierte und wenig taillierte Passform, außerdem verschiedene Längen von Mini bis bodenlang mit Schleppe, mit kleinem oder großem, eckigem oder rundem oder V-Ausschnitt, mit langen Ärmeln oder mit Puffärmeln.

Beim Schnittmuster ist ein Deckblatt mit Modellzeichnung und eine Übersicht über die Seitenverteilung dabei

Bei diesem Schritt ist Erfahrung mit dem „Lesen“ von Schnittmusterzeichnungen sehr von Vorteil. Die nackten technischen Zeichnungen geben eben nur die Grundlinien wieder, den Stoff, Knöpfe, Taschen und so weiter muss man sich denken. Ich bin es ja gewöhnt, dass mir die Burdas die Position jeder Taschenklappe vorgeben und saß zuerst ratlos vor dem Bildschirm, mein Respekt vor echten Designern wuchs ins Unermessliche. Was trägt man denn so zu Zeit? Und was will ich eigentlich nähen? Schließlich wählte ich das Kleid in Knielänge, mit taillierter Passform, großem rundem Ausschnitt, stark ausgestelltem Rockteil und langen Ärmeln, die ich am Papierschnitt in kürzere umwandeln wollte.

Zusammengeklebt und verändert

Ausdrucken und Zusammenkleben finde ich bei Schnitten immer dezidiert unspaßig (die traumatisierenden 126 Seiten vor einem Dreivierteljahr sind noch nicht vergessen), es ging aber selbst für meine Verhältnisse schnell, und ein Farbdrucker ist meines Erachtens auch nicht nötig.

So sollte es werden: Schnittzeichnung mit den geplanten Veränderungen

Das Schnittmuster enthält neben den üblichen Markierungen für Fadenlauf, Passzeichen, Belege, zusätzliche Linien auf Brust-, Taillen- und Hüfthöhe, nützlich als Orientierung für weitere Änderungen direkt am Schnitt. Damit vervielfachen sich die Möglichkeiten: mit anderen Ärmelformen, selbst konstruiertem Kragen, Taschen, Knopfleisten, Teilungsnähten kann das Kleid ein ganz anderes Aussehen annehmen. Wie das geht, wird zum Beispiel in dem mehr als siebzig Jahre alten Buch Modern Pattern Design von Harriet Pepin erklärt, das Andrea von Michou loves Vintage zum Herunterladen anbietet und das bei weitem das vollständigste ist, was ich in punkto Schnittveränderungen kenne.


Ich machte aus den langen Ärmeln kurze, mit einer Blende am Abschluss, bastelte in die seitlichen Vorderteile Hüftpassentaschen, auch mit Blende, fügte in der vorderen Mitte eine Knopfleiste an und legte in der Taille die Schnitteile zusammen, um einen fünf Zentimeter breiten, durchgehenden Einsatz zu erhalten. Solche Veränderungen bedeuten zwar Schneiden, Ansetzen, Kleben, wenn sich der Grundschnitt aber erst einmal als passend erwiesen hat, kann dabei aber nicht viel schiefgehen - anders als bei Passformänderungen, wenn man eigentlich nicht genau weiß, was man da tut.


Wie wäre es mit dem Kleid in taillierter Passform, ohne Ärmel, leicht ausgestellt, aus Tweed, um es im Herbst über langärmeligen T-Shirts zu tragen (eine Idee von Meike)? Das Kleid mit engem Rock, eckigem Ausschnitt und Dreiviertelärmeln (aus dem gekürzten langen Ärmel) könnte ich mir als "kleines Schwarzes" vorstellen. Näht man nur den oberen Teil, ärmellos und mit tiefem Ausschnitt aus verstärktem Stoff mit Futter, erhält man ganz eindeutig ein Dirndlmieder. Und ich überlege, wie sich der Schnitt zum Wickelkleid machen lässt – Wickelschnitte müssen nämlich richtig gut passen, sonst sind sie unbequem, und hier wittere ich meine Chance.

Montag, 12. September 2011

Selbstgemacht - Wochenrückblick KW 36





1. Selbstgestrickt: Henkel für ein sehr süßes und sehr kleines Täschchen aus Patchwork Style von Suzuko Koseki. Eine Stricklieselschnur aus Baumwollgarn gibt eine schöne Kordel.
Die Tischdecke ist selbstgefunden - in Berlin stehen ja häufig Kartons mit einem Zettel "zu verschenken" auf der Straße. Meistens handelt es sich um Bücher, die zu Recht nie wieder jemand lesen wird, um häßlichen Nippes, unbrauchbare Küchengeräte, kurz: Müll. Diese Woche hatte ich Glück, denn die Tischdecke ist nicht nur tiptop in Ordnung, sondern - Luft anhalten bitte - handgestickt.

2. Selbstgenäht: So klein wird die eben erwähnte Tasche - ist das nicht süß? Außerdem ist die Quiltoberseite für die Unistoffe-Challenge der Quiltgruppe fertig. Wir wollen uns gegenseitig überraschen, daher verrate ich nur, dass es kein Suppenbüffet geworden ist.

3. Selbstgebacken: Nichts, aber beim Erika und Hilde am Weigandufer/Ecke Elbestraße kann man schön draußen sitzen und bekommt sehr guten, von anderen selbstgebackenen Kuchen, zum Beispiel Käsekuchen.

4. Selbstgewundert: Am Kühlregal des Grauens über den neuesten Streich der Lebensmittelindustrie: Burger für den Toaster, vier Wochen haltbar. Die Zutatenliste ist übrigens länger als ein durchschnittlicher Blogeintrag von mir.

Selbermacher geklickt: Französische Nähblogs - zur Zeit machen viele beim Septembre fait main mit, sowas wie der Me-made Mittwoch, läuft aber den ganzen Monat. Zum Beispiel L'armoire d'Eolune (dieses Stricktuch muss ich mir merken), oder Félicie à Paris (besonders hoher Hach-Faktor).

Freitag, 9. September 2011

Passt! Selber schneidern nach Maß


Wenn das Genähte schließlich trotz aller Mühe nicht passt, dann ist das wohl die größte Quelle für Frust und Enttäuschung beim Selbernähen. Ihr kennt das sicher: stundenlang bastelt man am Schnittmuster herum, eine Änderung hier zieht eine Änderung da nach sich, und irgendwann ist man mit seinem Latein und den Nerven am Ende. Zu diesem Zeitpunkt starb bei mir schon so manches Projekt einen frühzeitigen Tod, einfach weil das Probeteil nicht saß und ich nicht wusste, wie ich es verbessern könnte. Selbst wenn die Sache schließlich glückt, beschleicht mich oft das Gefühl, dass ein komplett selbstgemachtes Schnittmuster auch nicht aufwendiger gewesen wäre. Daher war ich auch sehr interessiert, als mir der Verlag für die Frau ein Rezensionsexemplar seiner Neuerscheinung „Passt! Selberschneidern nach Maß“ von Jörg Schwanz anbot.


Passt! enthält nämlich eine Software-CD mit Grundschnitten für ein Kleid und eine Jacke, die angepasst auf die eigenen Maße (und die Maße beliebig vieler weiterer Personen) erstellt und ausgedruckt werden können. Im Baukastenprinzip lassen sich verschiedene Längen und Weiten - darunter eine negative Weitenoption für Jersey - und verschiedene Ärmel- und Ausschnittformen wählen, so dass sich für jeden Schnitt mit wenigen Klicks unübersehbar viele Variationsmöglichkeiten ergeben. Vom Strandkleid aus Jersey bis zum Abendkleid und von der Weste bis zum Wintermantel ist eine Menge möglich.


Das Buch nimmt einen beim Maßnehmen, der Schnitterstellung am PC, dem Ausdrucken und schließlich bei der Materialauswahl, dem Zuschneiden und Nähen bei der Hand und erklärt mit Hilfe vieler Fotos die grundlegenden Verarbeitungsschritte, die nötig sind, um vom Schnittmuster zu einem tragbaren Kleidungsstück zu gelangen. Passt! ist also neben einem Begleitbuch zu Software und Schnitten auch ein elementares Nähbuch, das Nähanfängern sicher die meisten technischen Fragen beantwortet.


Sehr sympathisch finde ich den persönlichen Ton, den der Autor Jörg Schwanz anschlägt: er plädiert dafür, sich nicht von Kleidergrößen verrückt machen zu lassen und ermutigt zum Ausprobieren, dem Experimentieren mit Stoffen und Materialien. Die Software, auf der Passt! basiert, entwickelte er vor mehr als zehn Jahren, sie bildet auch die Grundlage der golden pattern-Schnittmuster, die er über seine eigene Webseite vertreibt.

Die CD zum Buch enthält zwei Schnitte, ein Kleid mit Prinzessnähten, also von den Schultern ausgehenden Teilungsnähten, und eine einfache Jacke. Zwei Schnitte, das erscheint auf den ersten Blick wenig, vor allem da das Potential der Schnittmuster durch die Modellbilder im Buch nicht recht vermittelt wird. Aber abgesehen davon, dass sich in dem Programm sehr leicht Maßsätze für beliebig viele Personen – Frauen, Männer, Kinder und sogar Puppen – speichern lassen, so dass sich tatsächlich der gesamte Gesangsverein einheitlich einkleiden ließe, erweitern sich die im Programm angelegten Möglichkeiten ja noch einmal beträchtlich, wenn man die ausgedruckten Papierschnittmuster weiter bearbeitet. Aus einem Kleid mit körperferner Passform und langen Ärmeln könnte mit einer Knopfleiste vorne zum Beispiel ein Mantel werden, Kleidober- und Unterteil einzeln betrachtet ergeben einen ganzen Kleiderschrank voll verschiedener Röcke und Blusen und so weiter.

Das Kleid, das ich mit dem Passt!-Schnittmuster nähte, zeige ich euch in den nächsten Tagen, dann gehe ich auf den Schnitt und die Veränderungsmöglichkeiten auch noch einmal genauer ein. Das Wichtigste kann ich aber schon verraten: Das Kleid passte auf Anhieb besser als alle Fertigschnittmuster, die ich bisher unter der Nadel hatte. Experimentierfreudigen und phantasiebegabten Selbermacherinnen, besonders wenn sie Proportionen zu benähen haben, die von den Standards abweichen, dürfte Passt! daher viel Frust ersparen, denn hier führt Schnittbastelei tatsächlich zum gut sitzenden Einzelstück.

Jörg Schwanz
Passt! Selberschneidern nach Maß
Verlag für die Frau Leipzig 2011

Systemvoraussetzungen: Windows XP service pack 2, Windows Vista oder Windows 7, die Schnittmuster werden als pdf ausgegeben
Hier beim Verlag kann man in das Buch hineinblättern.

Ergänzung 14. 9. 2011: Und das Kleid findet man hier.

Montag, 5. September 2011

Hallo Berlin! Leserinnen- und Bloggerinnen-Treffen 2011


Liebe Leute!

Vor jetzt bald einem Jahr hatten wir Berliner Nähbloggerinnen euch, Leserinnen und Mitbloggerinnen, zum Kennenlernen im "echten Leben" eingeladen und miteinander einen interessanten, lustigen und unvergesslichen Nachmittag verbracht. Wir waren uns damals gleich einig: das muss unbedingt wiederholt werden.

Jetzt ist es soweit! Cathérine, Floh, Suschna, Melleni und ich laden zum analogen Kennenlernen am Sonntag, den 6. November 2011, ab 11.00 Uhr. Damit wir planen können (und rechtzeitig wissen, ob wir die Arena mieten müssen oder ob eine Reservierung im Cafe doch reicht), wäre es gut, wenn ihr euch möglichst verbindlich bei mir (nahtzugabeÄTgmail.com) oder einer der anderen Einladenden kurz per Mail meldet - den Ort des Treffens teilen wir auch dann per Mail mit, sobald er feststeht. Ich freue mich jedenfalls sehr darauf, mit euch allen ins Gespräch zu kommen und kann euch versichern: traut euch, letztes Mal war es gar nicht peinlich.

Selbstgemacht - Wochenrückblick KW 35




1. Herbst-Nähkränzchen in Mini-Besetzung: drei Nähmaschinen und eine Overlock

2. Am vermutlich heißesten Tag des Jahres Wollstoff vernäht, aber es hieß ja Herbst-Nähkränzchen

3. Auf dem Markt sind die Winterstoffe da!

...und sonst?
Selbstgebacken: Am Bedarf vorbei - auf der Party am Samstag (Brownies) waren nur 30 Leute, nicht 50, und jemand anderes hatte die gleiche Idee wie ich. Beim Nähkränzchen (Suschnas Explosionsbrot) nur drei Näherinnen, nicht fünf oder sechs, und ich bin mit mehr Gebackenem (Kuchen von Melleni) nach Haus gegangen, als ich mitgebracht hatte. Nächste Woche back' ich nix.

Sonntag, 4. September 2011

Neues Leben für alte Kleider im August (und ein Ex-Drahtpullover)

Ein spätes Willkommen zu aus alt mach anders im August - nach diesem seltsamen Sommer wirft der Herbst seine Schatten voraus, und da man ja in letzter Zeit nie so richtig wusste, wo man sich jahreszeitentechnisch befindet, haben wir dazu passend sowohl Schals, als auch Sommerkleider im Angebot. Was gerade besser passt, muss man ja im Moment von Tag zu Tag entscheiden.

Frau Siebensachen gehört zur Sommerfraktion: aus einem Vorhangfutterstoff entstand ein tolles luftiges Sommerkleid, das später noch gefärbt wurde, und aus alten Jeans Täschchen für das Opinelmesser.

Wenn es aber nun tatsächlich Herbst wird und ihr eure Pullover sortiert: die löchrigen nicht wegwerfen! Siebensachen-zum-Selbermachen zeigt, wie man mit Hilfe von ein paar Knöpfen und der Waschmaschine einen geradezu avantgardistisch anmutenden Schal filzt. Einen fleckigen Rock hat sie auch noch gerettet - mit einer Applikation, denn die müssen durchaus nicht immer bunt sein.

Apropos Rock: alte Jeans aufzutrennen und in einen Rock zu verwandeln ist ja ein Klassiker der Wiederverwertung (und manchmal kann man sogar Jeansröcke kaufen, die nur so aussehen, als wären sie aus einer Jeans gemacht worden...) - hier bei Kawi sieht man nochmal, wie das aussehen kann, und da sie von einer "ungeliebten Hose" schreibt: das lohnt sich richtig bei Jeans, die nicht richtig passen und deshalb unbequem sind.

Danyeela kann ja aus nahezu allem etwas machen, den Eindruck habe ich zumindest immer, wenn ich ihr Blog lese. Diesmal ist es ein Farblumpen - ein Stück Stoff mit Farbklecksen, das als Unterlage beim Malen diente. Nun schaut euch an, was für eine Umhängetasche daraus geworden ist - der Taschenverschluss ist auch recycelt.

Um Taschen ging es auch bei der Perlendiva: aus einem alten T-Shirt wurde ein sehr praktischer Einkaufsbeutel - gut für T-Shirts, bei denen wie meistens zuerst das Halsbündchen durchgescheuert ist.



Bei meinem - lächerlich einfachen - Augustprojekt kam der erste Schal der Saison heraus. An einem heißen Tag wie heute natürlich völlig deplaziert, aber zwischenzeitlich war ja schon Schalwetter, und wer weiß schon, wie es morgen ist.

Eine Pullover in einen Loopschal zu verwandeln ist simpel, im einfachsten Fall braucht man nur eine Schere und einen dünnen Pullover, eventuell noch Jersey zum Füttern. Ich verwendete ein Teil aus dem Klamottentauschladen, das ich wegen des interessanten Materials mitgenommen hatte: 60% Viskose, 40% Kupfer. Wie man sieht ist der Pullover blöd geschnitten - breiter als lang -, hat einen ewig tiefen Ausschnitt, das Material ist leicht transparent, zieht leicht Fäden und fasst sich drahtig an. Als Pullover eine Fehlbesetzung, aber: der Kupferanteil glänzt sehr edel (was auf Fotos leider nicht so gut herauskommt) und das Gestrick lässt sich interessant in Falten knautschen.


Ideal also für einen Schal mit vor allem dekorativer Funktion. Ich schnitt den Pullover unter den Armen durch, nähte einen Schlauch aus blaugrünem Jersey in gleicher Größe und fütterte den Pulloverschlauch damit. Wenn man einen Pullover aus nicht-kratzigem Material verwurstet, kann man sich das Füttern sparen: Pullover durchschneiden, Bündchen abschneiden, den Schlauch einmal beherzt in die Breite ziehen - die Schnittkanten rollen sich ein - als Schal tragen und der Herbst kann kommen.

Das nächste Mal neues Leben für alte Kleider am 2. Oktober - die bisherigen Monate sind alle hier am Ende des Artikels verlinkt.