Donnerstag, 26. Februar 2009

Das Notizbuch ist mein bester Freund



Ich gebe zu, als ich (vor fast drei Wochen - ja, ich bin zur Zeit so langsam) bei Allerleirauh zwischen all den seelenvollen Filzkunstwerken ihren Text über die Quellen ihrer Inspiration entdeckte und dass sie Award und Frage an mich weiter gibt – fühlte ich mich zwar wahrhaftig ausgezeichnet und habe mich darüber sehr gefreut, dachte aber gleichzeitig: „Inspiration? Iiich? Ich nähe doch nur fertige Schnittmuster nach und probiere manchmal ein paar Sachen aus, und das ergibt sich dann doch alles irgendwie. Also was soll die Frage?“

24 Stunden später hatte ich dann immerhin die Aufgabenstellung verstanden, nämlich dass die Frage doch gerade ist, wie und warum „sich dann doch alles irgendwie“ ergibt. Das würde ich nicht unbedingt als "Inspiration“ bezeichnen, der Begriff ist mir für mein Tun zu hoch gegriffen, aber über die Frage "woher kommts?" habe ich bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal nachgedacht.

Lange Zeit hatte ich nie Ideen systematisch gesammelt und festgehalten. Ab und zu notierte ich ein paar Sätze auf lose Zettel, die lagen dann als Lesezeichen in Handarbeitsbüchern, oder in einem Stapel mit anderen Papieren auf meinem Schreibtisch, oder in einem Zeitschriftenstapel, oder einem Schuhkarton zwischen den gesammelten Postkarten, oder in einer Schublade wo auch die Hefter mit den alten Kontoauszügen lagen, oder hineingefaltet in ein Stück Stoff, das für die Umsetzung dieser Idee gerade recht wäre, oder im Keller im Karton mit den Pinseln und Farben oder in diversen Kramecken auf dem Nachttisch, dem Küchentisch und noch einigen anderen Tischen. Wenn ich unterwegs war, kritzelte ich manchmal auf alte Kassenzettel oder Kinokarten, die sich nach ein paar Wochen zerknüllt und unlesbar im Bodensatz meiner Tasche wiederfanden oder eher nicht wiederfanden. Hatte ich gar nichts zu schreiben dabei, versuchte ich mir meinen Einfall bis zuhause zu merken und dann zu notieren - auf einem Zettel, und der lag dann bis zum nächsten Aufräumen an einem der oben bezeichneten Plätze.
Man kann sich nun vorstellen, dass ich a) ein eher unordentlicher Mensch bin und dass b) die meisten dieser Einfälle irgendwann, irgendwie verloren gingen.

notizbuchseiteSo sieht eine "schöne" Doppelseite aus - normal wäre mehr Gekrakel, Durchgestrichenes und kaum erkennbare Zeichnungen

Seit Februar 2005 habe ich nun ein kleines Notizbuch, das mich zusammen mit einem Stift fast immer begleitet und auch zuhause in Reichweite liegt. Dorthinein schreibe und skizziere ich, was mir einfällt, ich notiere Material-, Farb-, Stoffkombinationen, die mir draußen an Menschen oder in Schaufenstern auffallen, ich nehme das Büchlein mit in Museen und Ausstellungen, wo man meistens ohnehin nicht fotografieren darf, und es vertreibt mir Wartezeiten, denn dann lese ich alte Einträge und spinne sie weiter.

Und dabei kommt es dann wirklich zu dem Punkt, an dem sich alles irgendwie ergibt, dann fügen sich nämlich ganz verschiedene Einträge quasi von selbst zusammen, werden ausgebaut und erweitert und ergeben etwas Neues. Ich sammele also beständig Puzzleteilchen auf, notiere sie in meinem Buch, und eines Tages stelle ich fest, dass ein komplettes neues Bild vor mir liegt, scheinbar ganz von selbst. Die eng auf den Buchseiten angeordneten Ideenschnipsel scheinen sich gegenseitig zu befruchten, wachsen, vermehren sich, mutieren und sterben manchmal auch. Im Rückblick sehe ich, dass mich manche Dinge wieder und wieder beschäftigen, oder wie sich bestimmte Ideen vom ersten Auftauchen an wandeln und schließlich zu etwas ganz anderem führen als ursprünglich geplant. Das finde ich recht interessant, und auch wenn sich die Quote dessen, was ich tatsächlich umsetze, gegenüber der Zettelphase nicht merklich verbessert hat, geht so wenigstens nichts mehr verloren. In dem Buch notiere ich auch Stoffmengen und Zubehör für anstehende Projekte, falls ich noch etwas einkaufen muss oder über längere Zeit nach ganz bestimmtem Material suche. Und sollte ich zufälligerweise Zeit zum Nähen haben, aber ganz und gar ideenlos sein, hilft natürlich ein Blick ins Buch.

Den Award und die Frage nach den Quellen der Inspiration würde ich gerne - natürlich ohne Zwang zu antworten! - an diejenigen weitergeben, die sich gerade auch mit textilen Monatsseiten beschäftigen, und die jede für sich eine anderen Zugang zu dem Thema gewählt haben: Tally stellt ihr Jahr unter das Motto "Leichtigkeit", Kaze macht nicht nur wunderschöne Glasperlen, sondern folgt dem roten Faden, Griselda legt ihr Nähjahr und ihren außerordentlichen Sinn für Farbharmonien in Tischsets nieder und wollixundstoffix ist gerade aufgesprungen und wird jeden Monat etwas nähen. Was liegt wohl diesen ganz unterschiedlichen Ansätzen zugrunde?

Donnerstag, 19. Februar 2009

Tauschgeschäft



Der Zufall bringt doch die schönsten Geschenke. Nur der Zufall in Gestalt eines kaputten Handrührgeräts war es nämlich, der mich vor knapp zwei Wochen auf die Webseite der Berliner Stadtreinigung und dann weiter auf die Seiten des BSR Tausch- und Verschenkmarkts führte. Was für den einen völlig wertlos ist, könnte für jemand anderes noch brauchbar sein - und in den Zeiten des Internets muss man sich von diesem "Müll" nicht mehr finden lassen, sondern kann Dinge und Menschen relativ einfach zusammenbringen.

Ich las ein wenig durch die Anzeigen, wunderte mich über Angebote wie "Tausche Laptop gegen Kratzbaum" und entdeckte ganz zum Schluss eine ältere Anzeige „Tausche altes Handarbeitsgarn, aus DDR-Produktion, Reste, gegen eine Flasche Olivenöl, z.B. von Aldi.“ Und tatsächlich fuhr ich letzte Woche mit einer Flasche Olivenöl gen Tempelhof und kehrte mit einem großen Karton zurück.

Das „Handarbeitsgarn“ entpuppte sich als Garnvorrat einer versierten Häklerin mit einer Vorliebe für Weiß- und Naturtöne und ich fühle mich reich beschenkt. Die Vorbesitzerin, ich nehme an eine ältere Verwandte der Tauschpartnerin, kaufte Material für ihr Hobby immer gleich in größeren Mengen: weißes, cremeweißes und beiges Garn für Filethäkelei und Taschentuchspitzen jeweils zehn Mal, buntes Spitzengarn in türkis, fliederlila, pastellgelb, hellblau und in Mischungen dieser Farben jeweils vier bis sechs Mal. Dazu noch Garn mit Leinenanteil, weißes Klöppelgarn, Viskose-Glanzhäkelgarn und Sticktwist. Zufällig genau die Farben und Garne, die ich mir erhofft, aber in einer Menge, von der ich nicht zu träumen gewagt hatte. Die meisten Knäuel sind noch unversehrt, die Zeit hat ihnen nicht geschadet und hinsichtlich der Qualität kann ich im Moment keinen Unterschied zu „Westware“ erkennen.

Die bunten Garne werden in die Februar-Monatsseite einfließen, ich war nämlich schon drauf und dran, Häkelgarn zu kaufen und wollte mich vorher nur noch über die Stärke der Häkelnadel schlau machen. Die Pastellfarben entsprechen genau meiner Vorstellung von dieser Seite und und ich freue mich besonders, dass ich hier wieder altes Material benutzen kann, das schon einen eigene Geschichte mitbringt.
Was die schönen weißen und cremeweißen Garne in verschiedenen Stärken betrifft, so habe ich noch keine konkreten Pläne. Aber ich habe jetzt Garn genug für alle möglichen Experimente, noch dazu ressourcenschonend erworben, und schon das Vorhandensein des Materials lässt mich Filethäkelgardinen mit anderen Augen betrachten.

Wer auch sein Glück bei der Suche nach solchen alten Handarbeitsschätzen versuchen will: Solche Tauschbörsen gibt es in vielen Städten, auf dieser Seite findet sich ein Überblick. Der Liebste fühlte sich von meinem Tausch gleich animiert, seinen Computersammlung zu durchforsten, um selbst etwas anbieten zu können.

Auf ein anderes Zufallsgeschenk kürzlich, über das ich mich auch sehr gefreut habe, möchte ich auch noch aufmerksam machen: Im Blog der neuen Kreativ-Community wanaba wurden meine Inchies vorgestellt. Inchies sind nämlich, so der Entschluss der Bastelbuchverlage und Agenturen, DER neue Kreativtrend im Jahr 2009, daher gibt es dort im Blog im Februar einen thematischen Schwerpunkt „Inchies“ mit Buchbesprechungen und Vorstellung einiger Inchie-Bastler. Ich werde aufmerksam verfolgen, ob sich dieser Trend im realen Leben tatsächlich zum Trend auswächst – wenn ich zum ersten Mal in freier Wildbahn ein Inchie sehe oder jemand, den ich tatsächlich kenne, mit der Inchie-Bastelei anfängt, gebe ich Bescheid.
Im wanaba-Blog läuft übrigens noch bis zum 15. März eine Inchie-Mitmachaktion, bei der man etwas gewinnen kann.

Dienstag, 10. Februar 2009

Alles auf Anfang



Nur ein kurzer Zwischenbericht vom galoppierenden Strickwahnsinn: Am Wochenende war die Tussie-Jacke so im groben fertig (siehe oben) und erwies sich als eng, vor allem an den Ärmeln, und als kurz. Da außerdem mehr als 50 Gramm Wolle übrig blieben, ribbelte ich noch am gleichen Abend wieder auf (ehe ich es mir anders überlegen konnte) und stricke jetzt eine Nummer größer. Uff!

Zur seelisch-moralischen Erbauung sage ich mir beständig Sprüche vor wie: "Durch Aufribbeln wird das Stricken erst schön!" und beglückwünsche mich zu meiner Entscheidung, weil ich ja jetzt bei gleicher Wollmenge doppelt so langen Strickspaß haben werde.

Sehr aufbauend ist auch die Lektüre alter Handarbeitsbücher in den Strickpausen. Dr. Gertrud Oheim schreibt beispielsweise in ihrem "Praktischen Handarbeitsbuch", Gütersloh 1969:

"Daß darüber hinaus die Handarbeit auch viele praktische und erzieherische Funktionen erfüllt, weiß jeder, der sich einmal mit ihr beschäftigt hat. Wenn man etwas Hübsches schaffen will, muß man Geduld haben. Man muß sauber und ordentlich arbeiten, man darf nicht "schludern". Man darf sich nicht davor scheuen, eine Arbeit wieder aufzutrennen und noch einmal von vorne anzufangen, wenn sie vor den kritischen Blicken nicht besteht. Das erfordert Selbstüberwindung und Selbstbeherrschung. Es verschafft aber auch Genugtuung und Befriedigung darüber, daß man mit der Tücke des Objekts fertig wurde und sich nun an einer gelungenen Arbeit freuen kann."

Na denn! Ich hoffe also auf spätere "Genugtuung und Befriedigung", habe das gute Gefühl, alles richtig gemacht zu haben und klopfe mir einstweilen wegen meiner Charakterstärke selbst auf die Schulter.
In meinem Fundus habe ich auch schon passende Knöpfe gefunden. Das Kärtchen mit schönen alten Perlmuttknöpfen, dunkelgrau mit grünem Schimmer, habe ich vor etwa zwei Jahren in einem Oxfam-Laden gekauft, für einen Euro oder einen ähnlich lächerlich geringen Preis.

Donnerstag, 5. Februar 2009

Monatsseite Januar - die Zusammenfassung, ein Inchie und ein Ausblick auf Februar

Inchie Silberperlen









Nun gibt es auch bei den Mitstreiterinnen des textilen Kalenderprojekts die Januarseiten zu sehen, und weil ich es gerne übersichtlich habe (vor allem für mich, dann muss ich die Links nämlich nie wieder suchen, hehe), hier die einzelnen Beiträge mit den Ergebnissen:
Tally zeigt hier ihr blau-türkises Neujahrsfeuerwerk in ganzer Pracht. Dank einer Tasche auf der Rückseite ein echter Erinnerungsspeicher.
Griselda näht ein benutzbares Nähtagebuch – ein Patchwork-Tischset aus den Resten ihrer Jaunuarprojekte.
Kazes Tyvek-Experiment wartet noch auf Vollendung (Link dann auch hier). ist zu einer Winterlandschaft mit rotem Faden geworden.

Am Sonntag habe ich dann noch ein Inchie nachgeschoben, aus den gleichen Materialien wie die Hauptseite. Die grobe Idee ist, dass ich die großen Monatseiten später entweder wie ein Buch oder wie ein Leporello verbinde und dass die allererste Seite (oder ein etwas festerer Umschlag) mit den zwölf Monatsinchies gestaltet wird, etwa so wie ein Inhaltsverzeichnis. Mal sehen, so weit sind wir ja noch lange nicht.

Einen ersten Ausblick auf die Februarseite zeigt das Foto unten – im Februar wird sich bei mir alles um Rosetten drehen. Diese aus Papier werden als Schablone dienen, aber es wird auch noch welche aus Stoff geben. Dazu aber später mehr, denn wie sich mein Bild im Kopf technisch umsetzen lässt, ist mir selbst noch nicht ganz klar.

Scherenschnittrosetten

Sonntag, 1. Februar 2009

Monatsseite Januar: Wege im Nebel


Im Januar hatte ich unerwartet viel Zeit, um an der Monatsseite zu arbeiten und auch viel Zeit, um über den Januar nachzudenken. Der Januar, Winterfreunde mögen mir verzeihen, ist für mich der schlimmste Monat des Jahres. Der Winter dauert noch lange, Schnee hat den Reiz den Neuen verloren, es ist dunkel, es ist kalt, es gibt keine besonderen Tage, auf die man sich freuen kann.


Dann die Sache mit dem Jahreswechsel. Als Rationalistin sage ich mir, dass der 1. Januar ein Tag ist wie jeder andere auch, dass nur die Willkür unseres kalendarischen Systems ihn zum ersten Tag des neuen Jahres bestimmt. Hätten wir einen anderen Kalender, würde ein anderer Tag diesen Stempel tragen. Dennoch kann ich mich von einem gewissen Januar-Aberglauben nicht ganz frei machen. Denn wer möchte schon am Anfang alles vermasseln? Wer möchte gleich auf der ersten Seite des neuen Schulhefts einen dicken Fehler machen? So geht es mir auch mit dem neuen Jahr. Obwohl ich weiß, dass es irrational ist, glaube ich doch ein bisschen daran, dass jetzt die Karten neu gemischt werden, dass alles möglich ist, im Guten wie im Schlechten, dass Entwicklungen gerade hier ihren Anfang nehmen, deren Fortgang wir jedoch noch nicht überblicken können.


Und wohl selten hat ein Jahr so mit Ungewissheiten begonnen wie 2009. Was wird kommen? Stecken wir mitten in einem Paradigmenwechsel? Werden wir in Zukunft anders leben als jetzt? Oder wird sich nach einer Phase der Krise das Weiter-So durchsetzen? Soll man es fürchten, das neue Jahr, oder es freudig begrüßen? In diesem Januar wurde so oft der Ausspruch zitiert, dass die gegenwärtige Krise als Chance zu begreifen sei, dass man es langsam glauben möchte.


Tja, wie man sieht sind einfache mechanische Tätigkeiten, die wenig Konzentration für die Tätigkeit selbst verlangen, hervorragend geeignet, die Gedanken schweifen zu lassen und sich mehr oder minder tiefschürfende Gedanken zu machen. Ich verbrachte während meiner Erkältung sicherlich Stunden damit, ein Quadrat aus dem Batikstoff mit Vorstichen zu besticken, zuerst den Stoff alleine, später mit einer dünnen Schicht Polyesterwattierung darunter. Durch die Stiche zog sich der Stoff ein wenig zusammen, so dass eine kleine Hügellandschaft entstand, die ich dann auch nicht mehr gebügelt habe.


Im Verlauf der Arbeit verbreiterten sich die einmal angelegten Wege wie gut eingelaufene Trampelpfade immer mehr, zum Teil entstanden kleine planierte Flächen. Die "Inseln" dazwischen mit ihrer schwächeren oder stärkeren Batikmusterung bekamen zum Schluss ein paar farblich passende Perlen - grauviolett, silbern, permuttfarben - oder Knötchenstiche und damit das ganze Stück nicht nur wie eine grau in graue Suppe aussieht (wo bleibt denn das Positive?) kamen auch ein paar bunte gestickte Flecken dazu.


Den Schriftzug "Januar" stickte ich ganz simpel auf ein Stück breites Baumwollköperband. Dieses Etikett wollte ich zuerst auf der Vorderseite festnähen, letztendlich sah das aber, egal wo, wie ein Fremdkörper aus, so dass ich es schließlich auf der Rückseite befestigte.


So, und nun warte ich gespannt auf weitere Januar-Monatsseiten. Tally ist im Harz und kann gerade nicht bloggen, Kaze hat etwas mit Tyvek vor und Griselda zeigte hier schon mal einen kleinen Teaser...