Am vergangenen Wochenende war ich mal wieder in der Jugendherberge in Bielefeld, bei der Annäherung, dem jährlichen großen Nähtreffen, das schon viele andere Treffen dieser Art inspiriert hat. Das Programm dieses Wochenendes ist immer ganz simpel: Freitag Nachmittag ankommen, Nähmaschine aufbauen, nähen, Abendessen, nähen. Samstag: Nähen, unterbrochen von drei Mahlzeiten. Sonntag: Nähen, unterbrochen von Frühstück und Mittagessen, Abschlusspräsentation, Aufräumen, Abreise. Sonntag Abend zuhause erschöpft, aber glücklich ins Bett fallen. Klingt für Menschen ohne Hobbys sicher seltsam - Nähende wissen, wie himmlisch das ist.
So kann mans ein ganzes Wochenende aushalten |
Seit fünf Jahren gibt es dieses Treffen, ich war vier Mal dabei, und es ist mir so wichtig geworden, dass ich alle anderen Termine verschiebe und frühzeitig dafür sorge, dass ich an dem Freitag und Samstag nicht arbeiten muss (und am besten auch am Donnerstag nicht oder nur wenig, um in Ruhe zuschneiden zu können).
Dieses Jahr hatte meine Planung nicht so gut geklappt, ich war bis zum Donnerstag Nachmittag mit Arbeit eingedeckt und merkte erst am Mittwoch, dass mir für mein eigentlich geplantes Nähprojekt noch wichtige Zutaten fehlen, ein langer teilbarer Reißverschluss und Bündchenware. Für beides hätte ich nach Charlottenburg fahren müssen, das war am Donnerstag nicht mehr drin. Den Schnitt hatte ich auch noch nicht zusammengeklebt, denn der Drucker war am Dienstag verstorben. Also entschied ich mich um und sammelte einfach alle Tüten mit halbfertigen Projekten ein, warf passendes Nähgarn, ein Stück Bügeleinlage und das nötigste Nähzubehör neben die Nähmaschine in den Koffer und ging viel zu spät zu Bett.
Blick in die eine Hälfte des Nähraums |
Am Freitag kam ich mit einem entsprechenden matschigen Gefühl und ein bißchen gestresst in Bielefeld an, aber damit war ich nicht die einzige. An meiner Tischgruppe mit Chrissys Nähkästchen, Muriel nahtzugabe5cm, der Drehumdiebolzeningenieurin, Marja Katz, Tine Sews und FrauCrafteln als Nachbarinnen ging es fast allen so, und wir nähten bzw. schnitten an dem Abend ganz schön viel Mist zusammen. Marja schnitt ein Kleidvorderteil zweimal falsch zu und wich dann auf Kinderschlafanzughosen aus, der pinkfarbene Wollstoff von Tine zeigte größere Farbunterschiede, als beim Kauf erkennbar waren, und im allgemeinen wurde mehr geflucht und getrennt als genäht.
Ausnahmsweise Abendessen bei Kerzenschein |
Das Abendessen möbelte mich ein bißchen auf, außerdem hatte sich die Jugendherberge eine Überraschung für uns zum fünfjährigen Jubiläum ausgedacht: Wir wurden an weiß eingedeckte Tische in eine Nische des Speisesaals gebeten und bekamen die Vorspeise (Salat, Rote Bete mit Ziegenkäse) bei Kerzenschein am Platz serviert. Das Hauptgericht (Spaghetti Bolognese wie jedes Jahr) holten wir uns wie immer an der Essensausgabe, das Dessert - Pudding in kleinen Schälchen mit Kokosraspeln drauf - wurde wieder serviert, und wie jemand so zutreffend sagte, wurde der Puddig durch diese Präsentation enorm aufgewertet. Ich hätte auch gar nicht gedacht, dass wir als Gruppe dort so beliebt sind, schließlich treiben wir den Stromverbrauch in die Höhe, hinterlassen Stecknadeln im Teppichboden und verschleppen Fäden und Fusseln überall hin.
Für Samstagabend hatten das Organisationsteam (Susi, Miriam, Alexandra) Torte bestellt |
Die halbe Nacht, der Samstag und der halbe Sonntag gingen dann schnell vorbei. Wie immer habe ich nur wenige Fotos gemacht, weil das Eintauchen in die Gespräche, das Nähen im Flow, das Aufsaugen von Inspirationen das gar nicht zulässt. Vor allem die Gespräche habe ich sehr genossen. Viele kommen jedes Jahr, und es ist schön, dass man sich so über die Jahre ein bißchen besser kennenlernt, und ich freue mich immer schon vorher, alle wiederzusehen. Ein paar "Neue" sind jedes Mal auch dabei, die aber gar nicht so neu sind, weil man sie durch die Blogs ja schon ein bißchen kennt - die Mischung an interessanten Frauen und interessanten Nähprojekten ist jedes Mal ganz wunderbar. Ich war an dem Wochenende tatsächlich nur einmal für eine halbe Stunde "draußen", im Supermarkt nebenan, um fünf Tüten Kartoffelchips für den Samstagabend zu kaufen!
"Lora" aus La Maison Victor ist fertig geworden |
Über meine Nähprojekte bei der Annäherung schreibe ich später jeweils noch mal ausführlich. Ich nähte das Weihnachtskleid, Lora aus La Maison Victor zuende, was viel länger dauerte, als angenommen, weil ich das Kleid erst noch einmal auseinandernehmen musste. Eine Bluse mit doppelten Volantärmeln (Schnitt aus Burdastyle 10/2017) säumte ich endlich, ebenso zwei ansonsten fertige T-Shirts, und mit dem Futter des Anna-Dress aus selbstgebatiktem Stoff kam ich auch ein bißchen weiter. Alles in allem ein sehr erfolgreiches und schönes Wochenende!
Die Bluse aus Burdastyle 10/2017 ist endlich gesäumt |
Nähwochenenden kann ich also mehr als empfehlen. Die Annäherung in Bielefeld ist eigentlich immer schon voll (obwohl es sich, da Erkältungszeit, durchaus lohnt, sich auf die Warteliste setzten zu lassen). Alexandra - Mamamachtsachen, eine der Bielefeld-Organisatorinnen, organisiert aber auch noch andere Nähreisen, dieses Jahr Anfang März ein Nähwochenende in Scharbeutz an der Ostsee und im September ein Nähwochenende in Würzburg. Die Termine und Anmeldemöglichkeiten findet man hier, und hier steht nochmal etwas Genaueres über das Programm (im wesentlichen: Nähen, nähen, nähen) des Ostseewochenendes.
Die Nähpläne der Mitnäherinnen |
Die Idee der Annäherung haben auch einige andere Anbieterinnen von Nähreisen aufgenommen: Die Nähcamp-Tour von Elke - Ellepuls macht in Hotels in allen größeren Städten Halt, neben einem Nähplatz gibt es auch Workshops und am Samstag eine fachkundige Nähhelferin vor Ort - die Informationen findet man hier.
Nina vom Blog Hedi näht organisiert Nähwochenenden in Jugendherbergen im Norden Deutschlands, bzw. sie lässt durch das Jugendherbergswerk organisieren, denn sie ist bei den meisten Treffen gar nicht mehr dabei - wie auch immer, die Termine findet man hier auf der Seite des Deutschen Jugendherbergswerks.
Sicher gibt es noch viele andere Wochenendtreffen, mal kommerzieller, mal weniger kommerziell. Am Starnberger See wurde am vergangenen Wochenende auch gemeinsam genäht, darüber stolperte ich aus Zufall. Die Organisatorin ist Melanie - The flying needle, und soweit ich gehört habe, soll dieses Treffen wiederholt werden.
Das hört sich so toll an. Ich kenne das nur von Patchworkwochenenden!
AntwortenLöschenGruß Marion
Wenn man sich bei Patchworkwochenenden auch zum nähen, nähen, nähen und zum Reden übers Nähen trifft, dann ist es genau so!
LöschenEin schöner Bericht über ein wunderbares Wochenende.
AntwortenLöschenIn diesem Jahr fand ich es irgendwie besonders schön. Die Atmosphäre kam mir noch entspannter vor als sonst.
Definitiv eines meiner Jahreshighlights. Viel zu wenig Schlaf, aber soviel Lachen, Freude und Inspiration.
LG Luzie
Gut, dass du das sagst - mir kam es diesmal auch besonders entspannt vor. Vielleicht, weil wir uns fast alle doch schon länger kennen und schon öfter getroffen haben? Viele ganz fremde Menschen auf einem Haufen sind ja auch ein Stressfaktor - und jetzt trifft man bei der Annäherung keine Fremden mehr.
LöschenWie schön, dass Du ein Foto vom ersten Abendessen gemacht hast, das fand ich einen so schönen Beginn für das Wochenende, und genau so ging es dieses Mal auch weiter. Für mich ist Bielefeld immer ein besonders schöner Start ins Nähjahr, die Motivation, die ich dort mitnehme, hält monatelang vor.
AntwortenLöschenViele Grüße, Stefanie
Das geht mir ganz genauso - die Annäherung ist ein fest gebuchter Termin, vorher hat das Jahr quasi noch nicht richtig angefangen.
LöschenDas klingt nach einem sehr netten Wochenende, das bis auf die Zuschnitt-Misere dennoch produktiv war, da UFO-frei. Da wäre ich gern dabei gewesen. LG Manuela
AntwortenLöschenEs gibt bei den Veranstalterinnen eine Warteliste, und es sind jedes Jahr "Neue" dabei - du bist auf jeden Fall willkommen.
LöschenZugegebenermaßen hatte ich in den letzten Monaten (Jahren) die Berichte über die vielen Nähtreffen mit Wehmut gelesen. Nie war ich dabei, außer einmal in Würzburg als Tagesgast. Und ja: Auch ich organisiere nun "mein" Treffen. Ist zwar noch ein bißchen Zeit, aber ich freue mich schon heute ganz sehr.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Susan
Nähtreffen sind einfach eine tolle Sache - ich würde fast sagen: je mehr es davon gibt, desto besser.
LöschenIch kann es meinen Mitmenschen auch nicht immer vermitteln, was so schön daran ist, sich mit einer Menge Frauen ein Wochenende in einer Jugendherberge zu treffen aber okay, was Taubenzüchter so fasziniert kann ich auch nicht verstehen. Es war schön, dich mal wieder getroffen zu haben und ich hoffe sehr, dass das Annadress fertig wird, spätestens wenn die erste Sonne wärmt.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Sylvia
Ja, es war wirklich sehr schön! Anna liegt jetzt zumindest ganz obenauf auf dem Stapel, es gibt also gute Chancen, dass das Rockfutter dann mal fertig wird.
LöschenDas klingt einfach wundervoll, ich versuche mal beim nächsten Treffen dabei zu sein! Und du bist wirklich fleissig gewesen!
AntwortenLöschenJa, unbedingt! Es lohnt sich, sich auf die Warteliste setzen zu lassen.
LöschenEs war wirklich besonders schön und entspannt in diesem Jahr, nicht nur wegen der vielen schönen Überraschungen. Und ich nehme inzwischen vor allem den Montag frei, damit ich das Schlafdefizit ein bisschen aufholen und die mitgenommene Motivation auskosten kann. Es gibt nichts besseres in der dunklen Jahreszeit!
AntwortenLöschenLG, Bele
Das stimmt. Ich glaube diesmal war es besonders entspannt, weil wir uns alle größtenteils schon mehrmals getroffen hatten. Man konnte einfach an die Gespräche vom letzten Mal anknüpfen.
LöschenAch, Du bringst es mal wieder auf den Punkt. Und hast schöne Fotos gemacht. Ich war von all dem so beeindruckt, dass ich das versäumt habe.
AntwortenLöschenViele Grüße!
Die Bluse aus Burdastyle 10/2017 finde ich ganz toll.
AntwortenLöschenDie iat auch schön - vielleicht ein bißchen zu exaltiert für mich ;-) Ich zeige sie bald!
LöschenNächstes Jahr möchte ich einen Platz ergattern - vielleicht klappt es ja, wenn ich es rechtzeitig einplane? Und mich auf die Warteliste setzen lasse. Wenn ich das richtig herauslese, trifft sich da mehr oder weniger dieselbe Runde, die auch beim Bloggertreffen in Köln war? Ach, das wäre so nett, mit Euch einmal ein Näh-Wochenende zu verbringen.
AntwortenLöschenErgänzend zu den Treffen in Deutschland, die Du oben erwähnst, gibt es auch in Österreich inzwischen ein paar regelmäßige Nähtreffen, am bekanntesten ist die "Alles Näht", jedes Jahr im Juni in Wien (http://www.xn--alles-nht-12a.at/), wohin sich außer den geladenen Gästinnen nur selten Besuch aus Deutschland verirrt. Dafür trifft frau dort die Crème de la Crème der österreichischen Näh-Bloggerinnen-Szene. ;-) Eine feine Sache, und inzwischen auch mit vielen regelmäßigen Teilnehmerinnen. Aber Hauptsache: Nähen, nähen, nähen. Liebe Grüße, Gabi