Mittwoch, 8. April 2009

Im Frühling lauern neue Schnittmuster an allen Ecken

Der Frühling lockt nicht nur die Tulpen hervor und so viele Menschen in unsere kleine Straße, dass ich mich frage, wo sie sich den ganzen Winter über wohl versteckt haben mögen, nein, der Frühling ist auch die richtige Zeit, um zum Beispiel mit dem Nähen zu beginnen. Das sehe ich erstens an unserem wöchentlichen Nähtreffen in der Kiezinitiative, wo wir nun Woche für Woche mehr werden, vor allem mehr Nähanfänger, ja, manche kommen nun schon aus Nachbarbezirken angefahren und bringen beim zweiten Mal gleich die Freundin mit.

Zweitens gibt es (endlich, möchte ich fast sagen) Bewegung auf dem deutschen Nähzeitschriftenmarkt, und das finde ich angesichts einer Wirtschaftskrise, die sich unter anderem auch in einer Anzeigenkrise manifestiert, die schon so wertvolle Publikationen wie die deutsche Vanity Fair und Maxim in den Orkus gerissen hat, mehr als bemerkenswert. Wenn man daraus schließen könnte, dass Selbermachen derzeit potentiell mehr Leute interessiert als Prominententratsch – was für eine positive Entwicklung!




Der erste Neuzugang, das Magazin Cut ist in etwa so, wie ich immer gedacht habe, dass eine ideale Nähzeitschrift sein müsste: Neben Schnittmustern (dazu unten mehr) und zwei stilistisch ganz unterschiedlichen Modestrecken gibt es Artikel über Designer, Textilkünstler und Mode, die auch etwas in die Tiefe gehen. In dieser Ausgabe unter anderem über die Berliner Designerin Stephanie Franzius, ein Artikel über Modeblogs, über die Schmuckdesignerin Nina Egli und über den Einfluss der Mods in der heutigen Mode – bitte mehr davon! Solche Artikel findet man sonst nur alle naselang im Wochenendteil großer Tageszeitungen - und die sind einfach nicht fürs Aufheben gemacht. Dieses Heft hingegen ist so dick und stabil und noch dazu grafisch so schön gestaltet, dass man es sich gerne ins Bücheregal stellt. Auf der Webseite kann man sich einige Seiten anschauen.

Mit solchen kleinen Spielereien hat eine Zeitschrift schon bei mir gewonnen

Die drei Schnitte für einen wattierten Schal, eine Umhängetasche mit gefälteltem Vorderteil und ein ganz einfaches Kleid mit angeschnittenen Ärmeln – alles auf einem eingeklebten Schnittmusterbogen in Originalgröße zum Ausschneiden mit dabei - wenden sich an blutigste Nähanfänger und werden jeweils durch Schritt-für-Schritt-Fotoanleitungen begleitet, die wirklich keinen Handgriff dem Zufall überlassen. Nähchinesisch wird erklärt, wie zum Beispiel dass mit „zusammensteppen“ zusammennähen gemeint ist. Eine Doppelseite mit schönen Illustrationen zeigt, wie man einen Knopf richtig annäht. Mit diesen Schnitten und Anleitungen kann man wirklich auch dann nähen lernen, wenn man das noch nie gemacht hat und auch niemanden in der Nähe hat, den man fragen könnte und der einem die allerersten Schritte zeigt. Auch wenn ich für sowas nicht die Zielgruppe bin, finde ich diesen Teil sehr durchdacht und schön anzusehen und denke, dass man auf diese Weise wirklich Menschen ans Nähen heranführen könnte. Schnitte und Anleitungen für Fortgeschrittene gibt es ja in Mengen, Anleitungen für richtige, echte Anfänger (und dann noch auf Deutsch) hingegen nicht.



Das Heft für sieben Euro ist am vierten März herausgekommen und soll zukünftig vierteljährlich erscheinen. Diese erste Ausgabe war in Berlin nach zehn Tagen schon so ziemlich ausverkauft - da habe ich nämlich erst gemerkt, dass es das gibt und musste mir ganz schön die Hacken ablaufen, bis ich schließlich im hier schon erwähnten Bücherbogen am Savignyplatz ein Exemplar aus einer Nachlieferung ans Herz drücken konnte. Sicherlich ein gutes Vorzeichen für weitere Hefte.

Der zweite Quasi-Neuzugang sprang mich im Supermarkt unverhofft vom Zeitschriftenregal an - die aktuelle Brigitte (erschienen am 7. 4.) enthält Schnittmuster!



Bei denjenigen, die die Brigitte-Schnittmusterhefte aus den neunziger Jahren noch kennen, werden jetzt natürlich sofort sehnsüchtige Erwartungen wach.

Ganz so fantastisch ist es leider nicht, was uns Brigitte jetzt bietet. Die Schnitte für zwei Röcke, eine weite Hose, eine Bluse und vier Kleider bzw. Tops sind wenig passformsensibel: keine Reißverschlüsse, keine Abnäher, Gummizüge in der Taille (aber mit einer Schärpe darüber), Größen meistens 34/36, 38/40 und 42/44. Dazu gibt es Anleitungen für stoffbezogene Halsketten, Stoffgürtel zum Aufpeppen (bei Brigitte wird nicht aufgepimpt!) von Hemden und einfachen T-Shirts und Strickanleitungen für ein einfaches Stricktop, Jäckchen, Pullover, lange Jacke und Bolero.



Die Schnitte sind also durchaus anfängertauglich, was man von den Anleitungen leider nicht sagen kann. Die hätte man nämlich nicht knapper formulieren können, dabei wäre auf dem Anleitungsbogen noch jede Menge Platz gewesen. "Beleg: Schulternähte schließen, mit Halsausschnittkante verstürzen, Naht ausbügeln. Offene Belegschnittkante 1 cm einschlagen und knapp aufsteppen." In meinen Anfangszeiten haben mich solche Anweisungen direkt in den Wahnsinn getrieben: Mehrere komplexe Arbeitsschritte, die Stunden dauern wenn man nicht geübt ist, in zwei kurzen Sätzen versteckt.

Unübertroffen weil typisch Brigitte finde ich mal wieder die Präsentation dieser Teile. Wahrscheinlich bin ich für mein ganzes Leben vorgeprägt, weil meine Mutter jahre-, was sage ich jahrzehntelang ein Abo hatte und ich so schon im frühesten, geschmacksbildenden Alter mit den Brigitte-Modestrecken in Berührung gekommen bin. Ich möchte jedenfalls am liebsten sofort losnähen, damit ich dann im Sommer am Strand (an welchem Strand eigentlich?) genauso aussehe wie die Brigitte-Models.



Einstweilen muss ich mir aber noch die Hoffnung ausreden, dieses Heft könnte ein Testballon für ein eventuell geplantes neues jährliches Nähheft von Brigitte sein - wo es doch schon Brigitte-Koch-Hefte gibt, ein Kulturheft (gibt es das noch?) und ein Heft für "Ältere" - da wäre ein Näh- und Strickheft doch die logische Fortsetzung...

21 Kommentare:

  1. ich such und such, aber cut das sagenumwobene etwas finde ich nicht, gibts nicht sagt der dealer meines vertrauens...
    die neue brigitte bilder sind mal wieder phänomenal, und auch in lumpen sieht ein model noch bezaubernd aus...bei mir würden diese einfachen schnitte jedenfalls so aussehen, zumal meine figur eh nicht reinpasst....
    ich hatte mir mehr verprochen, und die schnitte ohne models sehen für mich etwas einfaltslos aus...hmmm....
    aber manchmaql ist einfach ja mehr... !!
    schöne tage dir !
    stella

    AntwortenLöschen
  2. Japp, genau, ich weiß auch, dass solche eher formlosen Schnitte nichts für mich sind, aber die bei Brigitte kriegen es immer hin, sowas eigentlich Unbesonderes ganz besonders bezaubernd aussehen zu lassen.
    Dir auch einen schönen Abend!

    Lucy

    AntwortenLöschen
  3. Ach ja, die guten alten Brigitte Nähhefte, bei irgendeinem Umzug sind sie verschwunden...leider. Aber wie du hege ich die Hoffnung, dass es irgendwann eine Neuauflage gibt.

    LG Rita

    AntwortenLöschen
  4. Ein neues Brigitte Sonderheft Nähen, ach, was wäre das schön, findet Allerleirauh, die stolze Besitzerin aller alten Ausgaben ist

    AntwortenLöschen
  5. Sei bedankt für diesen tollen Post. Dieses Teil CUT muß ich mir besorgen, ich schmöckere zu gern in Zeitschrieften , die auch gestalterisch gut gemacht sind. Und wie Du schon schriebst, sind etliche gut gemacht Zeitschriften ganz schnell vom Markt verschwunden, aber andere Schreckliche gibt es wie eh eund je.
    Die Zersplitterung der Brigitte hatte mir auch Sorgengemacht. Die "young Miss" fand ich viel besser, obwohl ich nicht die Zielgruppe war. Leider gibt es sie auch nicht mehr. Meine Kinder fande Brgitte Women peinlich, weil draufstand über 40. Tja!?
    meine Brigitte.Nähhefte habe ich auch aufgehoben
    Vom Trend her, wwrden sie bal wieder passen!
    Viele liebe Grüße Karen

    AntwortenLöschen
  6. Hi, vielen Dank für diesen Geschmack anregenden Artikel. Über CUT hatte ich bereits einiges im Internet gelesen, doch befunden, dass ich sie nicht brauche. Nach diesem Post werde ich versuchen sie nachher in Hamburg am Hhb zu ergattern.

    Was die Brigitte betrifft: Ach ja, verschlungen habe ich sie früher, vor allem auf Jobs, auf denen ich nicht viel zu tun hatte.
    Auch ich finde die Aufsplitterung völlig daneben. Fühle mich müde.alt, wenn ich mir die meiner Zielgruppe entsprechende kaufe, zumal ich die anderen Kriterien gar nicht erfülle. Gerade der Kontakt mit jüngeren und älteren bereichert und ist doch das Leben.

    Beste Grüße
    :-tally-:

    AntwortenLöschen
  7. Ah ja, "Brigitte Woman" heißt diese "ältere" Brigitte, das fiel mir gestern nicht ein. Was den Verlag da geritten hat, habe ich nie verstanden - die "normale" Brigitte ist ja nun nicht gerade für Teenager gemacht. Ein Nähheft wäre im Vergleich ja wirklich eine sinnvolle Erweiterung - in den Neunzigern hatte die Brigitte auch immer so schöne Kreativteile mit allerlei nicht-spießigen Basteleien, das könnte man auch gerne noch mit aufnehmen.

    viele grüße, Lucy

    AntwortenLöschen
  8. Eine schöne Vorstellung der beiden Hefte!
    Nach dem Cut Magazin muss ich mal die Augen aufhalten, es ist mir hier noch nicht begegnet.

    Zu den Brigitte-Modellen, ich bin ein Fan von diesen etwas "formlosen" Sachen, man muss sich wirklich dran gewöhnen. Aber nach dem Heft gehe ich in der Pause mal gucken, da sind schöne, schnell genähte Sachen dabei.
    Viele Grüße,
    Katrin

    AntwortenLöschen
  9. Toll erzählt, bzw. schon dokumentiert, mache mich brigitte- und cutmäßig auf die Suche...
    LG Claudi

    AntwortenLöschen
  10. Dieses CUT Magazin kenn´ich noch nicht - muß ich mir gleich besorgen ;) Danke für den Tipp!!!
    Ich liebe auch meine neuen "Frühlingsvorhänge". Hängen noch nicht so lange und jetzt muß ich mich daran machen die Kissenbezüge passend zu machen ;) Ich tausche die Stoffe meines Hauses wie andere....

    Schöne Ostertage!! LG Sara

    AntwortenLöschen
  11. Ach ja! Eine Neuauflage der Näh-Brigitte wäre toll. Damals gaben sie das ja auf --- allerdings hatten die letzten zwei Hefte schon so was Lahmes. da gingen die Ideen aus. Aber nun gibt es doch sicher ein paar neue Leute mit Schwung?!

    Danke für die Mail - ich freue mich über dein Mitmachen am Dienstag!

    Herzlilche Grüße von Ellen

    AntwortenLöschen
  12. Hmmm- das Cut hab ich bei einer Freundin durchgeblättert, aber dem Zielpublikum bin ich wohl entwachsen. Sehr stylish, das Layout ist großartig, aber die Schnitte sind mir zu einfallslos. Und die gut gemachte Anleitung, einen Knopf anzunähen- nett gemeint.
    Die Tasche ist schrecklich bieder- schade drum!
    Nee- tolles Outfit, gute Artikel, aber der Kreativteil ist nicht mein Fall.

    Die Brigitte hab ich gerade gekauft. Passformunsensible Teile, das ist gut. Vielleicht bringt das ja die ein oder andere an die Nähmaschine. Die tollen Fotos sind auf jeden Fall sehr inspirierend. Bitte Brigitte- mehr davon!

    AntwortenLöschen
  13. Ja, die echte Cut-Zielgruppe bin ich ja auch nicht (und die Stoffwahl für die Tasche ist tatsächlich ziemlich einfallslos), aber ich stelle mir vor, dass das Heft für modeinteressierte, streetstylebloglesende H&M-Kunden um die 20, die gerne individuellere Klamotten hätten, aber zuhause noch nicht einmal das Knopfannähen gelernt haben, genau das richtige ist, eben weil in den Anleitungen nicht das geringste Wissen vorausgesetzt wird. Durch die Nähgruppe habe ich ja wieder mit wirklichen Anfängern zu tun und sehe, was für Fragen da auftauchen (und erinnere mich, dass es bei mir am Anfang genauso war). Na, mal sehen wie sich die Zeitschrift entwickelt!

    viele Grüße, Lucy

    AntwortenLöschen
  14. Die Cut ist in Hamburg an allen Bhf-Kiosken komplett ausverkauft.
    Schade, ich hätte sie gerade wegen der beschriebenen supereinfach-Anleitungen für meine Schülerinnen gehabt. Stoffe.de kann nicht anders als per 4,95 Versand schicken, was sie bedauern, aber nicht ändern können ????
    Die Brigitte erfreut mich beim auf-der-Liege-im-Garten-liegen. Tolle Photos, die Schnitte werde ich nicht umsetzen, aber vielleicht das Stricktop.

    AntwortenLöschen
  15. Hallo Lucy,
    vielen Dank für deine interessanten Heftbesprechungen. Ich habe auch gespannt auf das Brigitte-Heft gewartet, aber leider stehen mir diese formlosen Teile überhaupt nicht. Hätte ich etwas weniger Kurven würde das Heft schon hier liegen... Die Präsentation finde ich (genau wie du sagst) ebenfalls gelungen. Ob es daran liegt, dass auch meine Mutter jahrelang die Brigitte kaufte und sie sich bei mir wohl auch irgendwie "stilbildend" ausgewirkt hat ;) ?
    Ich wünsche dir schöne Ostern und grüsse dich herzlich,
    berry

    AntwortenLöschen
  16. Ich fürchte das Cut-Heft ist wirklich so gut wie überall weg - im Bücherbogen hatte ich richtig Glück, weil sie gerade als ich angerufen habe eine Nachlieferung von sage und schreibe DREI Heften bekommen hatten. Ein Zeitschriftenladen in Mitte sagte was von "vielleicht wieder in vier bis sechs Wochen", an den Bahnhöfen war sie ausverkauft. Aber ehrlich: fast fünf Euro Versandkosten finde ich die Sache nicht wert.

    viele Grüße, Lucy

    AntwortenLöschen
  17. Hihi, da haben wir ja (ohne es zu wissen) äußerst ähnliche Erfahrungen mit der Brigitte gemacht. Aber ich bin immer noch motiviert, mehr auszuprobieren! Nur so wie die Models werde ich wohl nicht aussehen, fürchte ich...
    Liebe Grüße und ein frohes Osterfest (tolle Eier-Deko übrigens!)
    wünscht Juli

    AntwortenLöschen
  18. Ich bin auch von den Brigitte-Schnitten etwas enttäuscht. Klar, es ist super, daß es überhaupt mal wieder was zum Nähen gibt, aber ein bisschen anspruchsvoller hätts schon sein dürfen. Ich werde jedenfalls nichts daraus nähen, auch wenn ich die Fotos toll finde-aber solche Schnitte sehen nur an knackigen Größe 36 Leuten gut aus, spätestens ab Größe 40 brauchts einfach Abnäher, eingesetzte Ärmel und ordentliche Verschlüsse-was bin ich froh, daß ich das auch hinkriege...:-)
    Gruß, Katharina

    AntwortenLöschen
  19. Das Brigitte Heft hab ich mir letztens im Urlaub (Tropical Island- kennt das jemand?) gekauft. Gestern Abend hatte ich es mal wieder in der Hand und hab mir ein, zwei Sachen ausgesucht, die ich nähen möchte. Werde im Blog berichten...
    ach ja, die alten Nähhefte...ich hatte mal eins mit Brautkleidern, aus dem auch mein Kleid entstanden ist. Leider ist das wohl bei meiner Schneiderin geblieben. Aus einer alten Brigitte habe ich auch noch einen Sonderteil mit Partykleidern (mit Schnittmusterbogen), die echt stylish sind.
    Das Magazin Cut ist hier nicht mehr zu bekommen, aber ich glaube, für drei Schnittmuster muss ich das Geld auch nicht ausgeben.
    Danke für die schöne Magazinbesprechung!
    Liebe Grüße Katrin

    AntwortenLöschen
  20. Oh ja, berichte dann mal! Juli (der Kommentar zwei über dir) hat schon ein Kleid genäht, und nach x-mal enger machen sieht das sogar richtig gut aus.

    viele Grüße, Lucy

    AntwortenLöschen
  21. Schade, ich war verreist und habe das Heft verpaßt. Zumal auch ich Kind einer Brigitte-Leserin bin (auf der Kinderseite haben wir immer die kleine Maus gesucht).

    AntwortenLöschen

Vielen Dank für deinen Kommentar!
Mit Abschicken des Kommentars erklärst du dich einverstanden, dass deine Angaben zu Name, Email, ggf. Homepage und die Nachricht selber gespeichert werden. Kommentare können auch anonym verfasst werden. Blogspot erfasst außerdem die IP-Adresse sowie Datum und Uhrzeit des Kommentars.
Der Kommentar kann jederzeit wieder gelöscht werden oder du kannst ihn durch mich entfernen lassen.
Mit dem Absenden deines Kommentars bestätigst du, dass du meine Datenschutzerklärung sowie die Datenschutzerklärung von Google gelesen hast und sie akzeptierst.
Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, wenn sie Werbung oder Links zu Spam-Seiten u. ä. enthalten.