Donnerstag, 29. November 2012

Stop the Net Grab - Finger weg vom Netz. Petition für ein freies Internet

Wer soll zukünftig die Kontrolle über das Internet ausüben? Einzelne Staaten jeweils auf ihrem Territorium? Großkonzerne mit wirtschaftlichen Interessen? Und wer bezahlt künftig die Kosten für die Datenübertragung? Dies sind nur einige der Fragen, die bei einer Konferenz der Internationalen Fernmeldeunion (ITU), einer Sonderorganisation der UNO, vom 3. bis zum 14. Dezember in Dubai verhandelt werden.

Uns Internetnutzerinnen geht die Konferenz eine Menge an, denn sie wird möglicherweise bestimmen, wie wir uns in Zukunft im Netz bewegen können. In den Medien wird über diese Konferenz und ihre Implikationen bisher nur wenig berichtet, weil das Thema komplex ist und viele der geplanten Regelungen bisher nur inoffiziell bekannt geworden sind.

Die Kurzfassung: Die Internationale Fernmeldeunion (ITU) ist eine Sonderorganisation der UNO, die in internationalen Verträgen die weltweite Telekommunikation regelt und zum Beispiel Vorwahlnummern vergibt, die Abrechnungsmodalitäten bei grenzüberschreitenden Ferngesprächen bestimmt und ähnliches. Mitglieder der ITU sind vor allem Delegierte der Mitgliedsstaaten und Vertreter von Telekommunikationsfirmen.

Der jüngste der internationalen Verträge über Kommunikationsdienste datiert von 1988. Wie man sich denken kann, spielte das Internet in diesem Vertrag noch keine Rolle. Bei der ITU-Konferenz Anfang Dezember soll nun das Vertragswerk überarbeitet werden, und anscheinend ist auch eine Regulierung des Internets geplant. Die Vorschläge und Dokumente, die von den Konferenzteilnehmern diskutiert werden sollen, wurden in intransparenten Abstimmungsprozessen erarbeitet und erst vor kurzem der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wie heise.de berichtet hat. Es kristallisiert sich heraus, dass Staaten wie Russland und China, die den Internetzugang ihrer Bürger ohnehin schon stark einschränken, darauf hinarbeiten, diese Zensur- und Kontrollmechanismen in den internationalen Verträgen zu verankern und damit zu legitimieren. Die Überwachung der Internetkommunikation und die inhaltliche Kontrolle des Internets wäre dann in anderen Ländern ebenso möglich.

Zweitens hat eine Reihe europäischer Telekommunikationsfirmen den Vorschlag eingebracht, die Sender von Daten sollten für die Datenübertragung in Form von Durchleitungsgebühren bezahlen. Dies würde eine Abkehr vom bisher verfochtenen Prinzip der Netzneutralität bedeuten, der Gleichbehandlung der Daten im Netz (ein anderes komplexes Thema). Im Klartext, sehr verkürzt: Wer viel zahlt, dessen Daten werden schneller übertragen, wer wenig zahlt oder nichts zahlen kann, muss sich hinten anstellen. Einem Großkonzern wie Google würde das wenig ausmachen, er müsste halt einen kleinen Teil seines satten Gewinns dafür ausgeben, dass die Daten schnell zum Nutzer gelangen. Inhaber einer privaten Webseite, unabhängige Blogger, kleine Nichtregierungsorganisationen könnten sich dies aber nicht ohne weiteres leisten und würden auf diese Weise vom Internet ausgeschlossen werden.

Wie es aussieht, haben sich seltsame Allianzen herausgebildet: eine Reihe mehr oder weniger diktatorisch regierter Staaten im Verein mit Telekommunikationsanbietern auf der einen Seite, die diese Regelungen befürworten, und die EU, die USA und Firmen wie Google auf der anderen Seite, die diese Regelungen ablehnen. Auch wenn ich Google nicht gerade uneingeschränkt für "die Guten" halte, denke ich, dass sie dieses Mal auf der richtigen Seite stehen.

Der Internationale Gewerkschaftsbund hat eine Petition für die Freiheit des Netzes organisiert, die ich unterschrieben habe. Bitte informiert euch, unterzeichnet und gebt der Link zur Petition weiter, denn die Zukunft des Internets geht uns Bloggerinnen und Blogleserinnen ganz besonders an, und es ist bitter nötig, dass eine öffentliche Debatte darüber geführt wird.

Weitere Informationsquellen:

Die Berliner Zeitung veröffentlichte gestern einen Artikel zum Thema: Krieg um das neue Internet   

Auf der Webseite des DGB, der als Mitglied des Internationalen Gewerkschaftsbundes die Aktion unterstützt, werden die geplanten Änderungen und die Folgen zusammengefasst: FAQ Internetregulierung

Auf Englisch eine Zusammenfassung bei Transparency international: The dawn of the virtual Big Brother?

Heise online hat eine Sonderseite zur Internationalen Telekommunikationskonferenz

Und die Petition (zur Zeit 21 408 Unterstützer!) findet sich hier bei change.org: Petition Finger weg vom Netz


8 Kommentare:

  1. Danke für deinen informativen Bericht. ich werde die links zur Petition weiterleiten.
    LG
    Wiebke

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  2. Gruenmaennchen Grins:

    Haltet Euch diesbezueglich mal guuut fest, denn es gibt mir da zuuu viele Regierungen, welche gar nicht damit einverstanden sind, dass mit diesen 'verdammten neuen Kommunikationsmitteln' nicht gut zu kontrollieren und diktieren ist, WAS 'Otto'chen' lernenm/wissen muss/darf und was ihm vorenthalten werden sollte, da dann (wieder) leichter zu 'regieren' !

    Mynona

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  3. Hmm, sehr interessant. Auf Zensur habe ich ja mal so gar keinen Bock. Damit wird dann irgendwie auch schon die Redefreiheit des einzelnen umgangen. Ich kann mir gar nicht so richtig vorstellen, wie das mit unserem Grundgesetz vereinbart werden kann.
    Vielleicht versuchen sie auf diese Art weitere arabische Frühlinge zu verhindern...?
    Oje, hoffentlich habe ich da jetzt keine Verschwörungstheorie gestartet.
    LG Lotti

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    1. ... kaum meeeehr moeglich, aeh, noetig!

      LG, Gerlinde

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  4. Oh man, nix davon mitbekommen. Lese wohl auch die falschen Zeitungen. Aber überhaupt wird ja in den "gängigen" Medien das Thema Internet etc. stiefkindlich behandelt, da müssen sich wohl erst die Jouranlisten und Redakteure verjüngen. Danke jedenfalls für den Hinweis. Bei Transparency habe ich sogar den Newsletter abonniert, aber hatte gar nicht reingeschaut. Nun halte ich mal Augen und Ohren auf.

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    1. Das Thema ist auch sehr unsexy - zur Zeit starren alle auf die Leistungsschutzrecht-Diskussion, dadurch geht das hier unter. Und wahrscheinlich gibt es weltweit nur eine Handvoll Journalisten, die so in der Materie drin sind, dass sie die nun zugänglichen Dokumente gelesen haben und auch in der Lage sind, sie verstehen und einzuordnen.

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    2. Puh, nun war gestern dann doch ein Zweiseiter in "meiner" Zeitung, und heute dann endlich auch Fernsehnachrichten etc. Geht also doch, wenn auch verkürzt.

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  5. Gut & verständlich geschrieben, Danke!

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