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Mixed-Media-Collage von Karola Rose |
So langsam komme ich dazu, die angesammelten Bilder und angefangenen Beiträge hier im Blog aufzuarbeiten - in den letzten Wochen war wenig Zeit für Dinge wie Bloggen oder Nähen. Für den Besuch der
Textile Art vor mehr als einem Monat, am Wochenende vom 28. und 29. Juni, konnte ich mir auch nur einen knappen Vormittag abknapsen. Aber das lohnte sich! Die
Textile Art ist eine Schau für Textilkunst und eine Verkaufsmesse für Handarbeitsmaterialien und -zubehör, und während ich im vorigen Jahr den Eindruck hatte, einer stagnierenden, möglicherweise sogar sterbenden Veranstaltung beizuwohnen, kam mir die Messe dieses Jahr vielfältiger und überraschender vor - und Dank neuer Kooperationen waren auch deutlich mehr Besucher da.
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Taschen aus dem Kinder-Wettbewerb "Meine Lieblingstasche" aus Lettland: Linda Smilskalene (11), Samita Rasinska (15), Kristiana Kalle (11) |
Gewebtes bildete einen Schwerpunkt auf dieser Messe. Suschna
hatte hier schon darüber geschrieben und einige Bilder gezeigt. Mir gefielen vor allem die gewebten Objekte aus ungewöhnlichen Materialien, zum Beispiel ein karierter Tischläufer aus Leinen und Stahlwolle von
Tiina Kirsi Kern mit dem ironischen Titel "Tischgespräch", die Behälter aus Videobändern von
Waltraud Münzhuber oder die edel glänzenden Stoffe von
Sylvia Bünzel aus Baumwolle, Leinen und Videobändern, die zu Raumteilern oder Abendhandtaschen verarbeitet wurden.
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Tiina Kirsi Kern: Tischgespräch (Gewebter Tischläufer mit Stahlwolle)) |
Den Bilderzyklus "Women in their Fifties. Pythias" von Laima Oržekauskien
ė fand ich besonders beeindruckend: Die Kettfäden der gewebten Porträts wurden per Digitaldruck bedruckt, gewebt wurde teils mit goldenen und silbernen Fäden. Fotos geben die komplexe Schichtung der Strukturen nicht annähernd wieder - die Wirkung ist je nach Abstand des Betrachters zum Gewebten ganz unterschiedlich. Die aus der Ferne dominierenden Gesichter lösen sich in der Nähe in Muster und Strukuren auf. Einen Eindruck davon erhält man in einem
Film hier. Erstaunlich auch, wie gut sich die Bilder in der Ausstellung behaupten konnten: die
Textile Art findet in den Räumen einer Schule am Südstern statt, und die sehr zweckmäßigen Räume lassen sich nicht immer ausblenden. Der blaue Fußboden und der rote Streifen an der Wand wirken aber so, als wären sie extra für diese Bilder ausgewählt worden.
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Laima Oržekauskiene: Women in their Fifties. Pythias (Weberei und Digitaldruck) |
Die
Cubelin-Sitzwürfel von Gabi Becker sind eine brillante Idee, brillant umgesetzt. Gabi Becker sammelt alte gestickte Gobelinbilder und setzt jeweils sechs in Format, Farbigkeit und Sujet zueinander passende Bilder zu modernen Sitz-Poufs zusammen. Das ist ironisch und witzig - wenn sich sechsmal Heiligenkitsch begegnet, oder gestickte Einhörner im Nebel auf Delphine unter dem Regenbogen treffen. Man sieht die Stickproduktion unzähliger Omas in diesem neuen Kontext mit ganz anderen Augen, bemerkt die wunderbaren leuchtenden Farben der gereinigten Gobelins und die angenehme Haptik der Stickwolle. Ich musste gleich an
Griseldas Tablethülle aus so einem Gobelin denken - es lohnt sich sehr, solche Stickereien weiterzuverarbeiten.
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Cubelin-Sitzwürfel von Gabi Becker |
Ein nettes Gespräch hatte ich auch mit den Damen von
Blautropfen Berlin, die Cyanotypien auf Stoffbeuteln und Tshirts anboten. Ich habe jetzt noch eine Idee, warum
die Cyanotypieversuche im Nahtzugabe-Haushalt so unterschiedliche Blautöne und zum Teil verwaschene Bilder ergaben - möglicherweise habe ich einige Male aus Versehen die Rückseite der Stoffe belichtet. Da Stoff die Chemikalienlösung aufsaugt, ist es nach dem Trocknen nicht mehr ohne weiteres zu sehen, welche Seite die Vorderseite war. Ich habe auch gleich wieder Lust bekommen, noch einmal mit Cyanotypie zu experimentieren, oder zumindest meine Stoffe vom letzten Mal endlich zu verarbeiten. Einige Fotos vom
Blautropfen-Stand finden sich
hier bei Kristina.
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Modedesign trifft Textildesign: Britt Sobotta und Maria Kravets |
Die Kleider von Britt Sobotta und Maria Kravets hatten es schwer, gegen die nüchternen Räume der Schule anzuwirken. In der Kooperation mit dem Titel "
Romantic Warrior" kümmert sich Britt Sobotta um die Schnitte, die Anfertigung und die Mieder - sie betreibt außerdem die
Berliner Miedermanufaktur. Von
Maria Kravets stammen die handbemalten Stoffe, meistens Seide unterschiedlicher Qualitäten und Strukturen. Die fließenden, romantischen Kleider wirken in der Bewegung an der Trägerin - und ohne Schulmobiliar im Hintergrund - sicher nochmal ganz anders. Ich fand die Stücke interessant, weil ich schon lange einmal einen Stoff für ein Kleid mit Stoffdruck oder -malerei selbst gestalten wollte, mit einem Musterverlauf von den Schultern bis zum Saum, oder auf jeden Fall mit genau platzierten Mustern, und hier konnte ich schon mal schauen, wie man das angehen könnte, und noch dazu war Britt Sobotta eine ausgesprochen sympathische Gesprächspartnerin.
Apropos Gespräche: Leider hatte ich diesmal auch aus Zeitmangel und Mangel an Organisation keine Treffen mit anderen Textilbloggerinnen verabredet, aber immerhin konnte ich am Stand von Ste -
Manufacta est kurz Hallo sagen. Glücklicherweise zeigte sie
hier selber Bilder von ihrem Stand (und
hier ihr zweiter Beitrag über die Textile Art), denn ausgerechnet dort machte ich kein einziges Foto. Wahrscheinlich weil ich so davon begeistert war, die Applikationen, die Nadelkissen und die Stickereien, die ich ja schon aus dem Blog kannte, nun tatsächlich richtig in der Hand zu halten, so dass ich gar nicht auf die Idee kam. Wenn es um Textilien geht, kann das Internet eben doch nur einen oberflächlichen Eindruck vermitteln - genau so, wie es eben doch etwas anderes und viel netter ist, sich einmal, wenigstens kurz, "richtig" zu treffen.
Zum Schluss daher noch einige Links zu Artikeln über die
Textile Art von Bloggerinnen, mit denen ich leider nicht verabredet war: Von Hehocra
hier,
hier und
hier und von Kristina
hier und
hier.
wo ein Anfang gemacht ist...
AntwortenLöschenNochmals Dank für Deine Stippvisite!
Deine Beiträge sind ja immer gespickt mit interessanten Links (bei vielen frage ich mich immer wieder: wie hat sie das nun wieder gefunden ...?), so auch hier. Danke für den Bericht.
AntwortenLöschenLG
Siebensachen
Jetzt weiß ich nicht, wo mein Kommentar gelandet ist, oder ob er überhaupt gelandet ist ;-)
AntwortenLöschenOh vielen Dank für Deinen Beitrag, Deine Sicht. Da ich allein unterwegs war, ist es für mich immer schön, im Nachhinein zu lesen, wie andere etwas wahrgenommen haben. So entdecke ich noch mehr. Dankeschön. Die Links werde ich später in Ruhe durchgehen. Da bin ich schon gespannt. Herzliche Urlaubsgrüße, Doreen
Tolle Links, mir bisher unbekannt sind die einzigartigen Sachen von Manufacta est.
AntwortenLöschenEine selbst gestalteter Stoff, das klingt interessant. Vielleicht ist es zweckmäßig, sich wie bei Alabama auf die Schnitteile zu konzentrieren, also Schnitt aufmalen und losmalen.
Ende August bin ich ein paar Tage in Berlin. Mal schauen, was sich außer in der Zeughausmesse noch anbietet an Textil-Art.
LG Ute
Dankeschön für Deinen Bericht und den Link- die Veranstaltung war echt sehr inspirierend und vielseitig. Ich bin auch so schnell durchgerauscht, da ist es schön, im Nachhinein noch mal andere Berichte mit anderen "Entdeckungen" lesen zu können.
AntwortenLöschenVG
Kristina