Sonntag, 31. August 2014
Stoffspielerei im August: Gewebtes
"Mit Weben verbinde ich größtenteils die planlosen Kindergarten- und Schulwebereien aus Wollresten - es hat mich bisher nicht wirklich interessiert", schrieb Nastjusha im Kommentar, als ich vor gut zwei Wochen "Weben und Verwandtes" als Thema der Stoffspielerei ankündigte. Genau das war auch mein Wissensstand, an den ich anknüpfen wollte: seit der Weberei mit Wollresten in der Grundschule hatte ich mich mit dem Thema nicht mehr beschäftigt, aber mich interessierte, ob sich mit einem einfachen Schulwebrahmen auch andere Dinge als schiefe Puppenteppiche herstellen lassen.
Ich fing noch einfacher an, mit dem Weben auf einem stabilen Kartonstück wie in dieser Anleitung und Sockenwollresten. Bei meiner Blütenhäkelei im letzten Jahr waren vor allem Reste in unattraktiven Farben übrig geblieben: Grautöne und schlammige Braun- und Beigetöne. Ich fand es ganz erstaunlich, dass sich mit etwas Überlegung und etwas Sinn für Farbe und Rhythmus ein doch verhältnismäßig ansprechendes Stück Stoff damit herstellen ließ - ein schiefer Puppenteppich, ja, aber ein Puppenteppich mit Stil, aus dem ich mir eine dringend benötigte neue Handyhülle nähen konnte. So weit, so unkompliziert.
Der Webrahmen, den mir D. aus der Quiltgruppe überlassen hatte, war auf den ersten Blick komplizierter, es handelte sich nämlich nicht um einen der herkömmlichen Schulwebrahmen so wie zum Beispiel hier, wo die Kettfäden über die Kerben in einem Stab geführt werden und das Fach, in das der Schussfaden eingelegt wird, durch das Drehen des Stabes entsteht. Nein, dieses sehr hochwertige Wunderwerk bildet im Grunde einen echten Handwebstuhl mit zwei Schäften en miniature nach und wird lediglich mit einer Anleitung auf einem DinA5-Blatt ausgeliefert. Die Kapitel übers Weben in Ruth Zechlins Werkbuch für Mädchen und in Jutta Lammérs Basteln, Werken, Handarbeiten halfen mir weiter, außerdem Bilder und Beschreibungen aus dem Netz, zum Beispiel hier und hier, um überhaupt zu verstehen, was wie und wo ein- und durchzufädeln ist.
Die Detailgenauigkeit ist zwar sicher pädagogisch sehr wertvoll, ich zumindest habe sehr viel gelernt beim Ausknobeln der Funktionsweise, aber mir tun alle Eltern Leid, die mit diesem Webrahmen konfrontiert sind, denn vermutlich kann kein Schulkind der Welt die Kettfäden selbst aufspannen. Ich brauchte beim ersten Versuch ungefähr zwei Stunden, und da mir eine dritte helfende Hand fehlte, war die Spannung später auch nicht überall gleich. Die Kettfäden blieben später auch ab und zu in den ziemlich rauhen Schlitzen des Kamms hängen, obwohl ich glattes, festes Baumwollgarn verwendet hatte. Das führt dann zu Fehlern, weil sich einzelne Kettfäden nicht heben oder senken, so wie sie sollen.
Ich benutzte hier weiterhin diverse Sockenwollreste. Für das Einweben von Motiven so wie oben hatte ich einfach nicht genügend Geduld. Man muss dabei mit mehreren kleinen Knäulen gleichzeitig weben, das fand ich sehr kniffelig und sehr zeitaufwendig.
Querstreifen gehen hingegen relativ flott. Ich habe immer einen breiten dunkelblauen Streifen mit einem schmalen in einer anderen Farbe abgewechselt. Da der Webrahmen ziemlich schmal ist und der Kamm nur 40 Schlitze hat, ist die Breite des Gewebes auf 40 Fäden beschränkt, das ergibt Bänder von 15 cm Breite.
Die sehr eingeschränkte Breite ist dann auch das größte Problem solcher Webrahmen für Kinder, finde ich. Was fängt man mit solchen gewebten Bändern an? Ich habe jetzt zwei 15 cm breite in etwa 45 cm Länge hergestellt und dachte, sie zusammenzufügen, mit Stoff einzufassen und als Tischset zu verwenden, oder sie für den gleichen Zweck einzeln mit einem breiteren Rand einzufassen. Die Struktur und die Haptik finde ich eigentlich ganz schön, und die Farben sind in Wirklichkeit viel satter, durch das ungünstige Format liegen die Verwendungsmöglichkeiten aber nicht gerade auf der Hand. Darüber muss ich noch länger nachdenken.
Möglicherweise wäre es auch einen Versuch wert, den Rahmen mit dickerer Wolle zu bespannen (auch wenn das mit dem Kamm dann sicher noch größere Probleme gibt) und mit Wolle in gleicher Stärke als Schussfaden zu weben und das Gewebte nicht so stark zusammenzuschieben. Dann wären z. B. auch Karomuster möglich, weil die Kettfäden im Gewebe auch sichtbar sind. Bei einer Bespannung mit dünnerer Baumwolle, so wie hier, ergibt sich mehr oder weniger zwangsläufig ein Schussrips, weil die Schussfäden enger zusammenliegen als die Kettfäden und sie verdecken. Interessant wäre es auch, mit Wolle in unterschiedlichen Stärken zu weben, das müsste ganz andere Strukturen ergeben.
Wie man sieht gäbe es beim Weben, selbst mit so einer einfachen Ausrüstung, noch viele weitere Ansatzpunkte für Experimente. Daher bin ich besonders gespannt, wie andere das Thema Weben interpretiert haben:
Griselda webte mit Stoffstreifen und erhielt - Tischsets. Das Tischset mit seiner angenehmen Größe ist schon längst der heimliche Star unserer Textilspielereien, scheint mir.
Luise zeigt ältere Webereien und ein Fensterbild mit Nadelweberei auf Leinen, ein Probestück für einen Vorhang.
Suschna fand ihren alten Schulwebrahmen wieder - und da war sogar noch etwas Gewebtes dabei, das sich retten ließ.
Siebensachen webte ebenfalls mit Stoffstreifen, aber mit selbst gefärbten aus ihren Eco-Print-Experimenten.
Karen kombiniert Weben und Sticken, nämlich mit Kreisweberei auf Leinen. Und das Weben mit Papierstreifen zeigt sie außerdem noch.
Siebenschön webte aus Bündchen- und Jerseystreifen einen Loopschal - eine sehr interessante ausbaufähige Idee, wie ich finde.
Mirellchen webte ein Brillenetui aus Lederstreifen - auch eine gute Idee, gerade für Taschen ergeben sich eine Menge Möglichkeiten.
Weben mit Sportgeräten - auch das geht, und frifris liefert den Beweis.
Die Linkshänderin probierte das Kartonweben aus und hat viele gute Tipps, wie man beim Weben mit kürzeren Stoffstreifendie vielen losen Enden ansehnlich verschwinden lässt.
Lila und gelb webte Jerseystreifen in ein anderes T-Shirt ein, ebenfalls eine Idee mit viel Potential.
123-Nadelei webte eine Tasche aus Jeansstreifen und zeigt ganz genau, wie das geht.
Und nicht zuletzt: Mit Garn bezogene Knöpfe bei ste mit Link zu einem Tutorial - ich glaube man nennt diese Knöpfe auch "Dorset buttons", das wäre überhaupt ein Thema für eine eigene Stoffspielerei.
Ergänzt 1. 9. 2014:
Die nächste Stoffspielerei ist am 28. 9. 2014, gesammelt bei Griselda, das Thema sind Nähmaschinen-Sonderfüße - dazu wirds vor dem Termin auch noch einen Beitrag in ihrem Blog geben.
21 Kommentare:
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Als ich bei der Ankündigung des Themas dein Foto der Verpackung des Webrahmens sah, dachte ich mir schon "Oha, das ist schon mehr als ein üblicher Schulwebrahmen!" Toll, dass du dir die Arbeit gemacht hast, die Kette zu spannen! Dass das Webstück so schmal ist, ist schade. Zusammennähen ist eine Idee, wenn man die einzelnen Webstreifen farblich unterschiedlich herstellen würde, dann sähe es so aus, als wäre das Zusammengesetzte gewollt. Um das Prinzip des Webens an einem Webstuhl zu verstehen ist der kleine Webrahmen natürlich gut. Ich frage mich nur, ob es Kindern dann nicht doch zu kompliziert ist. Die Handytasche finde ich sehr gut gelungen!
AntwortenLöschenDanke für das Thema! Mir hat meine kleine Weberei sehr viel Spaß gemacht.
LG, Luise
Da bist du ja schon ganz schön in die Tiefe gegangen.Die Handyhülle mit Sockenwollresten finde ich ich sehr gelungen und werde ich mir merken. Aus einem Gespräch mit einer professionellen Weberin weiß ich, dass das Kette aufziehen auch später immer ein Akt bleibt und viel Zeit in Anspruch nimmt. Das Webbild, welches du erreicht ist, ist aber wunderbar gleichmäßig geworden!. Bei alten Textilien ist auch zu sehen, dass man häufig angestückelt hat und dass dann bewußt in die Gestaltung eingebaut hat. das Fädenvernähen ist sicher jetzt mühselig,wenn man sie aneinander näht. Ein Bettvorleger wäre also auch drin, schön warm, wenn es Sockenwolle ist. Wenn die Kette noch nicht aufgebraucht ist, kann man ja noch nachlegen. Bin gespannt.Gewebte Grüße Karen
AntwortenLöschenSehr schön zu sehen, daß aus einem "Puppenteppich" eine stylische Handyhülle werden kann! Denn daß man mit dem Selbstgewebten so wenig anfangen kann, hat mich schon früher immer gestört. Ich bin gespannt, was du aus den beiden anderen Stücken machen wirst, es wäre schön, wenn du das hier auch zeigen könntest.
AntwortenLöschenIch habe es diesmal auch wieder geschafft mitzumachen, meinen Beitrag findest du hier: http://siebenschoen-design.blogspot.de/2014/08/stoffspielereien-weben.html
Vielen Dank und liebe Grüße
Marlene
Wenn das deine ersten Webarbeiten sind, bin ich platt, wie gut du das allein technisch hinbekommen hast. Alles gerade und gleichmäßig. Toll. Und aus deinen Garnresten hast du ja farblich das Optimale herausgeholt.
AntwortenLöschenLG
Siebensachen
Ich bin immer wieder total begeistert, wie du die Themen ausarbeitest und solch tolle Ergebnisse zeigst und die Handyhülle sieht wirklich klasse aus. Mein Schulwebrahmen schlummert schon viele Jahre auf dem Speicher und verstaubt. Für die Kinder aufgehoben, doch keines hat je in der Schule gewebt oder sich dafür interessiert. Meinen Beitrag zum Thema habe ich gerade hochgeladen.
AntwortenLöschenOh, die Handyhülle ist wirklich toll, das mit den Farben hast du super hinbekommen, denn trist wirkt das überhaupt nicht mehr, sondern wirklich schick.
AntwortenLöschenUnter dem Webrahmen hatte ich mir ja nun wirklich nicht so ein komplexes Webstühlchen vorgestellt, Hut ab, dass du das durchgehalten hast! Ein sehr beeindruckender Aufbau. Schade, dass nur so schmale Stücke dabei herauskommen, ähnlich wie Siebenschön fand ich immer das Ärgerliche am Weben, dass in so kleinem Rahmen (im wahrsten Sinne des Wortes) nicht so viele Möglichkeiten stecken, das Format schränkt die Verwendungsweise der Webstücke schon ziemlich ein.
Auf alle Fälle bin ich positiv überrascht von deinem Thema - ich hätte nicht gedacht, dass mir das Weben mal wieder Spaß machen würde und dass es doch so viele Möglichkeiten gibt, die zum Nachahmen reizen. Danke dafür!
Oh toll, ich habe mir gerade diese Woche einen Webrahen gekauft und die Anregungen und Links kommen genau zur richtigen Zeit! Ich werde erstmal rumspielen und dann wohl bei Wandschmuck anfangen. Hab da schöne Dinge auf Pinterest gesehen!
AntwortenLöschenMan kann übrigens auch Längsstreifen weben, wenn man zwei Farben jede Reihe abwechselt.
AntwortenLöschenKombiniert mit den von Dir gezeigten Querstreifen müsste sogar ein kleines Karomuster möglich sein.
Ich bin diesmal auch dabei:
http://die-linkshaenderin.blogspot.de/2014/08/stoffspielerei-im-august-gewebtes.html
Hoffe, es geht Dir wieder besser!
Liebe Grüße,
Henriette
Bin grad auf dein Projekt gestoßen und klicke mich neugierig durch die tollen Beiträge. Wirklich klasse, was da alles entstanden ist!
AntwortenLöschenIch hab vor einiger Zeit mal einen Gürtel aus Fahrradschlauch und T-Shirt-Streifen gewebt, der hätte auch gut in deine Sammlung gepasst. Guck mal hier: http://bikelovin.blogspot.de/2014/03/upcycling-webgurtel-aus-fahrradschlauch.html
Bin gespannt, was du dir als nächstes ausdenkst.
Liebe Grüße
Christiane
Danke für den Link!
LöschenDie Kombination aus dem groben rustikalen Gewebe und dem feinen Rand ist wunderschön. Das gibt der Hülle einen würdigen Abschluss. Und zum Weben ein Stück Pappe herzunehmen ist so genial einfach! Hat sich das dann noch stärker gewölbt je weiter du an den Rand gekommen bist? War das noch praktikabel?
AntwortenLöschenDer größere Webrahmen ist super um zu demonstrieren wie das grundsätzlich mit den Schäften und der Fachbildung funktioniert. Und ich finde es toll, dass du da wohl das Maximum rausgeholt hast.
Viel mehr als auf dem Bild hat sich die Pappe nicht gewölbt, das funktionierte bis zum Schluss erstaundlich gut.
LöschenAlso, die Verwandlung des Puppenteppichs ist wirklich beeindruckend, vor allem mit den Längsstreifen und dem Rand. So eine Kombi mit Stoff wirkt gleich frischer, hätte ich auch mal machen sollen. Übringes habe ich festgestellt, dass meine Tasche auch sehr gut als Waschlappen geeignet wäre, also könnte man sich edle Waschhandschuhe weben.
AntwortenLöschenDer Webrahmen ist ja Wahnsinn, da kann ich mir nur eine D vorstellen, die so etwas hätte. Hoffentlich hast du Lust auf einen Besuch im Webatelier zum Fachsimpeln, denn deine Versuche übersteigen den Bastelbereich um einiges.
Ja, auf Waschhandschuhe war ich auch schon gekommen. Die gestrickten sind ja auch sehr schön, aber oft zu dick. Und warum soll ich Frottee kaufen, wenn ich eine Tüte voll Baumwollgarn habe?
LöschenAuch mir gefällt die Verwandlung des Puppenteppichs zur Handyhülle am besten.
AntwortenLöschenDer Haus-Webstuhl ist auch beeindruckend, seit ich mal große Webstühle in Aktion gesehen habe habe ich Respekt davor. Die Einrichtung eines großen Webstuhls dauert ca. 2 Tage.
Bei mir geht es grober zu: Weben von Denim-Streifen (mit 1 Tag Verspätung)
LG Ute
Danke, fürs frühe Erwähnen des nächsten Themas. Vielleicht schaffe ich es diese Mal eher/ entspannter die Stoffspielereien zu "bearbeiten".
AntwortenLöschenAber zugegeben, ich gehöre schon zu den Leuten, die manchmal etwas Druck gebrauchen können.
Zum Thema "Weben" sind mir im Nachhinein gleich noch mehrere Sachen eingefallen ...
viele Grüße!
hochinteressant und Deine Umsetzung in Form des Handyetuis finde ich mehr als gelungen!!! Hier noch ein klitzekleiner Beitrag meinerseits zum Thema ;):
AntwortenLöschenhttp://manufacta-est.blogspot.de/2014/02/woven-friday.html
Danke für den Link - wenn ich mal wieder keine passenden Knöpfe finde, erinnere ich mich hoffentlich dran. Wobei mir diese Knöpfe schon für sich so gut gefallen, dass ich Lust hätte, einfach so ein paar zu machen.
LöschenIch habe auch so einen kleinen kompletten Webstuhl, der das Prinzip der Großen sehr gut verständlich macht .Auch mit nur zwei Schäften kann man schon eine ganze Menge anfangen. Die Gewebe auf dem ersten Bild in Suschnas Beitrag von heute sind zum größten Teil in Leinwandbindung zu weben und damit mit zwei Schäften machbar.
AntwortenLöschenVielleicht gibt es ja noch eine zweite Runde zum Thema, da wäre ich dann sicher auch dabei. Durch die Ferien war mir das zu kurzfristig. Wenn ich's schaffe, werde ich in dieser Woche trotzdem noch was Gewebtes zeigen.
Deine Handyhülle gefällt mir schon mal sehr gut, vor allem auch die Kombination mit der grauen Randeinfassung. Gewebt habe ich auf dem Tischwebstuhl bisher nur Schals und Fensterdeko, könnte mir aber auch grob gewebte Taschen für eine Leinenjacke, oder strukturierte Gürtel/Kragenbänder vorstellen.
Malou
Oh ja, wenn du noch etwas zeigst, trage ich das gerne nach.
LöschenSuschna plant schon den Besuch in einem Webatelier hier, möglicherweise kapiere ich dann, wie man mit dem Mini-Webstuhl was anderes als normale Leinwandbindung webt, dann experimentiere ich nochmal.
und hier noch ein sehr schoener gefundener Beitrag zum Thema:
AntwortenLöschenhttp://www.junkaholique.com/2014/09/portable-weaving-frame.html