Sonntag, 28. Mai 2017

Stoffspielerei im Mai: Jeans - Upcycling mit Boro-Stickerei


Jeansstoff, also korrekt benannt: Denim ist das Thema der Stoffspielerei im Mai. Griselda - Machwerke, die das Thema vorschlug und die heute auch die Beiträge sammelt, brachte mich mit dieser Idee etwas in Verlegenheit: Im Nahtzugabe-Haushalt werden wenig Jeans getragen, und die wenigen aussortierten Hosen waren schon bei früheren Experimenten zerschnippelt worden. Seit dem Jeansrock mit Fransensaum im letzten Herbst hatte es keinen Jeansnachschub gegeben, es waren nur noch etwa postkartengroße Stücke vorhanden. In den Tiefen des Kleiderschranks fand sich aber noch ein alter gekaufter Jeansrock, der da bestimmt schon 15 Jahre herumdümpelte. Zerschneiden? Und dann? Oder umarbeiten und wieder tragen?

Der Rock endete etwa eine Handbreit über dem Knie, und da er mittlerweile wie eine Wurstpelle saß und nur mit Mühe zuging, war er an mir noch kürzer als früher - der Bund wanderte in die Taille und lag nicht mehr halb auf der Hüfte.


Ich entschied mich fürs Umarbeiten und eine Rockverlängerung und -erweiterung mit meinen Jeansresten, die in der Art japanischer Boro-Stickerei verbunden werden sollten. Boro ist eine japanische Bezeichnung für Textilien, die wieder und wieder geflickt wurden. Decken oder Kleidungsstücke erhielten an löchrigen Stellen einen Flicken, der mit Sashiokostichen, einer Art Vorstich, mit dem Untergrund verbunden wurde. Manche Gebrauchsgegenstände wurden auf dieser Weise mehrmals reapriert, so dass sich interessante Stoffschichtungen ergaben. Die Stickerei, die die Stoffschichten verband, war manchmal sehr kunstvoll und bildete grafische Muster, manchmal wurden die Schichten aber auch nur grob mit unregelmäßigen Stichen zusammengefügt. In diesem Blogbeitrag sieht man einige Stücke, unter dem Suchbegriff "boro stitching" findet man im Netz viele weitere Beispiele. 

Der Jeansrock habe ich an den Seitennähten komplett aufgetrennt, den Saum aufgetrennt und einen breiten Jeansstreifen untergelegt. Den ausgeklappten Saum mit den interessant abgeschrabbelten Kanten und den Denimstreifen darunter habe ich dann per Hand mit kleinen Vorstichen mit Stickgarn verbunden. Ich habe unregelmäßig lange Reihen, abwechselnd mit hellblau, dunkelblau und mittelblau gestickt.
 

Die Streifen für die Saumverlängerung musste ich selbst auch wieder aus mehreren Stücken zusammensetzen, da nicht genügend Material da war - die Nähte habe ich mit der Maschine genäht und sie so gelegt, dass die Blautöne an den Nähten möglichst ähnlich sind. 


Die Teilungsnähte im Verlängerungsstreifen und die Oberkante des Streifens sind nicht versäubert, da ich befürchtete, die Versäuberung könnte sich durchdrücken. Nur die Nahtzugabe der Teilungsnähte hatte ich auseinander gelegt und rechts und links der Naht abgesteppt. Im Nachhinein finde ich diese Entscheidung nicht besonders schlau, das könnte alles mehr ausfransen, als mir lieb ist - wahscheinlich wäre es besser gewesen, die Oberkante des Streifens wenigstens durch eine oder zwei Steppnähte zu sichern, aber das lässt sich jetzt nicht mehr ändern.


Bei der oberen Schicht, also dem alten Rocksaum, ist etwas Ausfransen aber gewollt - und was sich auf der Innenseite tut, muss ich abwarten. Stoff-Erosion gehört bei Denim ja dazu, und es wäre möglich, eine weitere Jeansschicht aufzulegen und mit Stickerei zu befestigen, falls mir die untere Schicht wegfranst.


An den Seitennähten setzte ich einen Streifen Jeansstoff dazwischen, und auch der Bund, der praktischerweise an den Seiten auch Teilungsnähte hat, bekam einen Stoffstreifen hineinoperiert. Die senkrechten Nähte sind mit Jeansgarn abgesteppt, das kann man auf dem vierten Bild besser erkennen als hier. Der Rock hat jetzt eine leichte A-Form und sitzt wieder locker, und ich werde in den nächsten Wochen ausprobieren, wie er sich macht. Anfangs plante ich, ihn noch weiter zu besticken, aber ich glaube, ich lasse ihn jetzt erstmal so schlicht, nur mit der Boro-Stickerei.

Was bei den übrigen Denim-Experimenten herausgekommen ist, findet sich hier bei Griselda - Machwerk, vielen Dank für das Thema und fürs Sammeln! 

Thema der nächsten Runde am 25. Juni ist Schwarz und weiß hier im Blog, im Juli und August ist ist Sommerpause, ehe es am Sonntag, 24. 9. weitergeht bei Siebensachen mit dem Thema Von der Natur inspiriert und am Sonntag 29. 10. bei 123-Nadelei mit dem Thema Fäden auf Farbe.

Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat sammeln wir die Links mit den neuen Werken – auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.

13 Kommentare:

  1. Ha, das sieht am Ende ja aus, als ob der Rock aufappliziert wurde, da guckt man bestimmt zweimal hin. Das Einoperieren einer Bündchenerweiterung ist ja eigentlich Horror, sehr schön bei dir geworden! Solltest du es nicht tragen, kannst du immer noch den Boro-Teil abtrennen und verwerten, denn mit den feinen Stichen sieht das für sich genommen ja auch ganz wunderbar aus.

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  2. Diese feine Stickerei ist ja der Hit! Sehr hübsch geworden. Und tolle Idee den Rock so zum Weitertragen umzuändern.
    Ich finde nur Jeansröcke so schrecklich unflexibel, da hätte ich den Rock eher zerschnitten O:-)

    Liebe Grüße,
    Maria

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  3. Oh ja, wunderschön.
    Das bekommt durch die dunklen Stellen vom Trennen und die Stickerei so viel Leben, das ist etwas ganz Besonderes. Sehr malerisch und sogar total aktuell ist diese Patchoptik bei Denim. Bei dir erschließt sich das erst beim genaueren Hinsehen und ist nicht so plakativ wie die vornedunkel-hintenhell-Jeans der amerikanischen Denimspezialisten. Aber gerade deshalb mag ich das sehr gern.
    Ich hoffe der Rock findet den Weg in deinen Alltag!

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  4. Die Saumvarinate finde ich sehr gelungen und reizvoll, bei der Seitennaht hätte ich wohl anders gearbeitet und radikal anderen Stoff gewählt.Ich bin zusehr geprägt von den versuchen Jeans auf ewig tragbar zu halten mit allen Mitteln aus zeiten, wo sie schwer zu bekommen waren.
    VG Karen

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  5. Dein enger Rock ist ein interessanter Ausgangspunkt. Boro mag ich sehr, deshalb bin ich fasziniert von Deiner Version. Lass sie im Alltag mit leben und halte es wie in der Tradition: wenn es nötig ist kommen weitere Lagen dazu. Das ist doch spannend.
    Röcke in kleinen Größen habe ich auch im "Depot", bisher aber eher Verwandlungspotential für Taschen darin gesehen.
    LG Ute

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  6. Was für ein toller Effekt uns was für eine echte Fleißarbeit. LG Ute

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  7. Sehr gelungen mit dem Stoff gespielt! Ich dachte, ich hätte mir inzwischen einiges über japanische Textilkunst angelesen, aber Boro kannte ich noch nicht. Wissenslücke gefüllt!
    LG
    Siebensachen

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  8. Oh, das ist super geworden! Die Saumverlängerung mit der Stickerei gefällt mir ausnehmend gut. Solche Röcke hätte ich auch im Angebot. Muss ich mal drüber nachdenken!
    LG
    Valomea

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  9. Das ist aber eine gelungene Operation! Hoffentlich magst Du den Rock nun gerne anziehen. Die verschiedenen Blautöne des Stickgarnes gefallen mir sehr und bringen das Besondere rein.
    Liebe Grüße
    Ines

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  10. Bei Deiner Erweiterung und Verlängerung musste ich dran denken, dass früher (noch vor sagen wir mal 200 Jahren) Kleidung prinzipiell so angelegt war, dass sie relativ leicht vergrößert und verkleinert werden konnte. Dirndl als Alltagskleidung z.B., die in einer Schwangerschaft erweitert wurden und dann wieder enger genäht. Oder Kleidung von Erwachsenen, die zu Kinderkleidung wurde. Da waren die Stoffe aber noch ganz anders als die der fast fashion von heute: dicht gewebt und schwer und widerstandsfähig. Denim ist ja eigentlich prädestiniert fürs Flicken und Leben verlängern, wenn der Stoff nicht künstlich schwach gemacht wurde, durch Steine oder Sandstrahler oder wasweißich. Hier sind die abgenutzten Stellen verbunden mit der Stickerei toll aus, eine Designer-Bordüre! (Sag, magst Du mal vernetzen bei meiner "handgestickt" Linkparty?) lg, Gabi

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  11. Hallo, ich hatte vor einiger Zeit einen zu eng gewordenen Jeansrock mit Hilfe von dunkelblauen Bündchenstoff verlängert und erweitert und die Übergänge mit Sashiko verziert... Was eine Arbeit und was ein Effekt. Nur dehnt sich das Bündchen zu sehr so das der Rock zu einer Freundin wanderte. Am Wochenende hatte ich nun einen weiteren Rock in der Hand und habe überlegt ihn durch Leinenbahnen zu erweitern. So das es dann nach einem Wickelrock aussieht. Jeansstücke hätte ich aber vom Hosen für den kleinen Mann nähen noch über - noch eine Option
    Danke und liebe Grüße
    Anja

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  12. Das ist eine coole Idee und die Übergänge sind perfekt gelungen, so schön! Liebe Grüße Ingrid

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  13. Ein wahnsinnig toller Rock und eine schöne Idee, die ich mir merken muss für Sachen, die zu klein sind :)

    LG Anja

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