Habt ihr letztes Jahr im Spätsommer die Geschichte des beliebtesten Sommerkleids Europas mitbekommen? Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob es zu diesem Kleid auch in deutschen Medien Berichte gab (und finde jetzt keine Artikel dazu), der britische Guardian berichtete aber ziemlich groß darüber und diverse englischsprachige Frauenzeitschriften folgten.
Das Kleid, ein weites, halblanges Viskosekleid aus weißem Stoff mit schwarzen, unregelmäßigen Tupfen, das in Großbritannien 40 Pfund kostete, in den USA 50 Dollar, hatte sich zum viralen Sommerhit entwickelt. Es wurde von Frauen jedes Alters und jeder Figur getragen, es passte zu allen Schuhen und allen Anlässen, war bequem und unkompliziert und nicht zuletzt bildete es den Gegenentwurf zu einzwängender, körperbetonter Sommerkleidung, die den Körper permanent der Beurteilung anderer aussetzte. Das Kleid wurde so oft verkauft, dass die Wahrscheinlichkeit groß war, es auf der Straße an einer anderen Frau zu sehen - und laut Guardian nickten seine Trägerinnen einander in einer Art verschworener Schwesterschaft zu, wenn sie sich auf der Straße begegneten. Schließlich gab es sogar einen Instagramaccount, der allein diesem Kleid und seinen Trägerinnen gewidmet war.
Die Erfolgsgeschichte dieses Kleides mit allen seinen offensichtlichen Vorteilen blieb irgendwie bei mir haften und entwickelte sich im Lauf des Frühjahrs zu dem Wunsch, etwas ähnliches zu nähen. Halblang, locker geschnitten, mit halblangen Ärmeln, moderatem Ausschnitt und je nach Zubehör (Strumpfhose oder nicht, Strickjacke oder nicht) für alle Monate zwischen März und November geeignet. Wenn von einem Kleid dieses Typs letztes Jahr vermutlich zehntausende Exemplare (genau weiß man das nicht) verkauft worden waren, dann doch bestimmt nicht ohne Grund.
Einen passenden Schnitt fand ich in Kleid 21 aus Fashion Style 7/2018, dem monatlichen Entwurf des niederländischen Labels Janice, wobei der Originalentwurf einen vorne kniekurzen, hinten langen Rock vorsah. Das Rockteil habe ich gleich am Schnitt großzügig verlängert, so dass es im Rückenteil nur noch zwei, drei Zentimeter länger ist als vorne.
Den Ärmelabschluss bilden Ärmelblenden, die in einem Stoffstreifen zum Knoten auslaufen. Diese Blenden habe ich mit Einlage verstärkt, ebenso wie den Blusenkragen und die Kanten des Schlitzes darunter, die einfach nur umgeklappt und festgesteppt werden.
Die Teilungsnähte des Schnitts sind durch das Stoffmuster so gut wie nicht sichtbar, das ist etwas schade. Das ziemlich unruhige Muster finde an sich auch nicht einmal wirklich schön, aber für dieses Allround-Kleid ist es genau das richtige. Alle meine Schuhe, Strickjacken und fast alle Jacken und Mäntel passen dazu, und damit habe ich das beliebteste Sommerkleid 2019 recht gut reproduziert - wenn es auch, da Einzelstück, keine verschworene Gemeinschaft der Kleidträgerinnen gibt, was fast ein bisschen schade ist.
Details zu Stoff und Schnitt:
Schnitt: Kleid 21 aus fashionStyle 7/2018
Änderungen: Vorderes Rockteil verlängert, so dass der Rock vorne nur knapp kürzer ist als hinten, Schultern beim Einsetzen der Ärmel etwa 1 cm verschmälert
Material: 2,50 m gewebte Viskose (Viskosebatist), Einlage für Kragen, Ärmelblenden, Schlitzkanten im Oberteil
Menschen in selbstgenähter Kleidung treffen sich wie jeden ersten Mittwoch im Monat beim MeMadeMittwoch - wo Gastgeberin Elke heute mit der Wilder Gown ein Kleid zeigt, das auch eine gewisse Ähnlichkeit zum beliebtesten Sommerkleid des vergangenen Jahres zeigt. (Aber ihres hat Taschen, noch besser!)
Mittwoch, 3. Juni 2020
MeMadeMittwoch: Eine Reminiszenz an das beliebteste Sommerkleid Europas 2019
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22 Kommentare:
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Ich finde das Kleid ist Dir sehr gut gelungen und hätte auch das Potenzial zum Sommerhit! :) Weit und fluffig, aber nicht formlos und irgendwie finde ich es auch ganz gut, dass der Stoff alle Teilungsnähte schluckt, so wirkt es noch leichter und natürlicher.
AntwortenLöschenHerzlichst, Anne
Ja, stimmt, es wirkt so wie aus einem Guss, bei dem Stoff. Danke und viele Grüße!
LöschenInteressante Geschichte, die völlig an mir vorbeigegangen ist und ich finde es eine tolle Idee, das Kleid nachzuempfinden; so viele begeisterte Frauen können ja nicht irren, : ).
AntwortenLöschenDeine Interpretation gefällt mir richtig gut, insbesondere die figurumspielende Passform finde ich klasse; bei sommerlichen Temperaturen ist es viel angenehmer, wenn die Kleidung nicht zu eng anliegt.
Gut, dass du den Vokuhila im Rockteil entschärft hast; extreme Längenunterschiede in dieser Hinsicht sind gar nicht mein Fall.
Ich mag auch den Musterstoff .
Dann müsstest du nach dem Sommer noch einmal berichten, ob das Kleid sich bei dir zum Hit entwickelt hat.
Herzliche Grüße von Susanne
Ja, ich fand auch, dass vorne kniefrei und hinten lang merkwürdig aussieht - besonders bei so einem Druckstoff, bei dem man dann die hellere Rückseite sieht.
LöschenIch erinnere mich an den Beitrag über das gepunktete Kleid und musste dann an eine meiner bunten Kinderjeans denken, die ich in jungen Jahren trug, und die auch gefühlt jedes dritte Kind auf dem Spielplatz anhatte :-) Aber darum geht es jetzt gar nicht, sondern um dein sehr anpassungsfreudiges Kleid. Ich kann mir gut vorstellen, dass du häufig Gelegenheiten finden wirst es zu tragen. Der Schnitt ist toll und die Farben passen - soweit ich das beurteilen kann - gut in dein Beutechema. LG Carola
AntwortenLöschenIrgendwie war es früher sowieso so, dass es jedes Jahr ein bestimmtes Teil, ein Kleid, einen Mantel oder einen Rock von H&M gab, die man oft auf der Straße sah. Aber jetzt gibt es so viele Kollektionen im Jahr, dass das nicht mehr so oft vorkommt.
LöschenDie Farben des Stoffes passen wirklich zu fast allen meinen Sachen.
Na, karierter Patchworkdruck ist doch ein bißchen netter als Kleingepunktetes. Wenn die ganze Stadt plötzlich voll ist mit Dalmatinern... Ich finde dein Kleid sehr gelungen, denn großgemusterter Stoff und einfacher Schnitt passen gut zusammen. Unkompliziertheit im heißen Sommer ist ja ein völlig legitimer Wunsch. Viel Freude daran! Regina
AntwortenLöschenDanke! Ich bin auch nicht so ein Punkte-Fan, Punkte finde ich vor allem an anderen gut.
LöschenTolles Kleid und interessante Geschichte. Gefällt mir :)
AntwortenLöschenLG Petra
Danke dir!
LöschenDiese Geschichte ist völlig an mir vorbeigegangen. Gab es denn das Kleid auch in Deutschland? Ehrlich gesagt mag ich keine Frau treffen, die das gleiche Kauf-Kleid trägt😲
AntwortenLöschenIch habe mal eine Frau gesehen, die trug auch ein selbstgenähtes Kleid , zufällig aus dem gleichen Stoff wie ich. Das ist dann schon etwas anderes😉
Deine Variante gefällt mir und ist eine gute Alternative an nicht ganz so heißen Tagen.
Liebe Grüße
Susan
Ich weiß auch nicht, ob es das Kleid hier auch gab. Mir ist es nicht aufgefallen, auch nicht, als ich die Geschichte gelesen hatte. Aber andererseits hätte ich ja gedacht, dass Zara weltweit dieselben Kleider verkauft.
LöschenWenn man jemanden mit einem Kleid aus demselben Stoff trifft, finde ich das auch ganz großartig, dann kann man sich verschwörerisch zunicken!
Dein Kleid sieht schön luftig aus,das wird dich bestimmt oft begleiten.
AntwortenLöschenLG, Heike
Ja, das hoffe ich. Danke dir.
LöschenJetzt habe ich gerade nochmal nach THE DRESS geguckt und ich muss ganz klar feststellen: deins ist schöner!!
AntwortenLöschenDie Idee eines luftigen, aber bedeckenden Sommerkleides gefällt mir und dein Stoff passt einfach so gut zum Schnitt. Das wird bestimmt dein beliebtestes Sommerkleid 2020. :)
LG Marlene
Wir werden sehen, ein oder zwei andere Kleider wollte ich schon noch nähen.
LöschenZum Glück müssen wir keine Kleider kaufen :-)
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Elke
Ja, zum Glück - und wir können uns überall Taschen reinnähen (woran ic leider nicht gedacht habe).
LöschenDanke für die "Kleid-Geschichte", ich hatte davon auch nix gehört, echt spannend. Und dein Kleid finde ich sehr gelungen!
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Sabine
Danke! Wahrscheinlich war die Gschichte wirklich nur in englischen Medien.
LöschenWow, das ist ein echt tolles Kleid! Ich geh grad mal schauen, ob ich das Heft habe, ist mir da irgendwie garnicht aufgefallen... LG Sarah
AntwortenLöschenNein, ich hatte tatsächlich nicht von "the dress" mitbekommen, habe jetzt aber gerne und mit Zeile für Zeile größer werdender Faszination nachgelesen. Der Artikel im Guardian klingt teilweise ein bisschen so, wie die Befreiung vom Korsett Anfang des 20. Jahrhunderts: Letztes Jahr die Auflehnung gegen einengende Mode-Diktate, die gleichzeitig zu viel Fleisch zeigen. Ein sehr sympathischer Artikel, auch durch den nachdenklichen Konnex zur Wirtschaftskrise und zum Weltgeschehen. "The dress" scheint in England und USA Furore gemacht zu haben.
AntwortenLöschenLuftig, bequem, gut kombinierbar: Dein Kleid, das zu allem passt, klingt hervorragend und sieht gut aus. Berichte bitte im Herbst, wie es sich bewährt hat! Liebe Grüße, Gabi