Mittwoch, 5. Juni 2013

MMM: Heavy Rotation oder Einsicht in die Notwendigkeit

Hallo zum Me made Mittwoch, dem allwöchentlichen Treffen der Selbermacherinnen in ihrem selbstgemachten Kleidern. Ich zeige heute das selbstgemachte Kleidungsstück, das bei mir zur Zeit in heavy rotation ist - Tag für Tag für Tag, und das seit zwei Wochen. Wer hier im Blog regelmäßiger liest, erinnert sich möglicherweise noch an meine leichte Unzufriedenheit mit diesem Mantel und dem sich hinziehenden Fertigstellungsprozess: eigentlich fehlten nur noch Kleinigkeiten, uneigentlich summierten sich hundert Kleinigkeiten zu doch noch ganz schön viel Arbeit auf, und das zu einer Zeit, als ich lieber ein Projekt genäht hätte, bei dem die Nähmaschine einfach geradeausgaloppieren kann. Nun ist der Mantel aber seit einigen Wochen fertig und ich komme nicht umhin zuzugeben, dass ich lange nicht mehr etwas so Nützliches genäht habe.   


Der Mantel wurde seit Fertigstellung wirklich jeden Tag angezogen, die Bügelfotos daher im knittrigen Zustand, wie er nach dem Praxistest eben aussieht. Ich finde immer noch, dass er etwas farbenfroher sein könnte, und für das nächste Mal nehme ich auf jeden Fall einen Schnitt mit einem richtigen Reverskragen, aber wie ich mich kenne, werde ich den nächsten Trench nicht so bald nachschieben, sondern wahrscheinlich erst dann, wenn dieser Mantel hier mir vom Leib fällt. Denn - auch das ergab der Praxistest - der Mantel füllt eine Lücke in meinem Kleiderschrank. Anders als bei Jacken ist es so gut wie egal, was ich dazu bzw. darunter trage: Mantel überwerfen, und gut ist. Kein Abstimmen, kein Überlegen, passt immer.  


Der Mantelschnitt ist Nr. 118 aus Burda 12/2011, und das Modellbild im Heft täuscht ein wenig über die tatsächliche Stofffülle hinweg. Ich nähte den Mantel ohne Änderungen - bei der Weite des Schnitts ist Anpassen im Grunde nicht erforderlich. Auch die Ärmel sind so großzügig geschnitten, dass Pullover oder sogar dünne Blazer ohne Probleme darunterpassen.


Die Kragenlösung finde ich, wie gesagt, nur mittelprächtig. Wie  die Anleitung vorschlägt, nähte ich als Verschluss große Druckknöpfe auf. Nachdem der Liebste jetzt bemerkte, das sähe "unfertig" aus, fiel mir ein, dass ich sogar Druckknöpfe zum Einschlagen im Vorrat habe. Möglicherweise tausche ich die Knöpfe noch aus. Diese außen sichtbar aufgenähten Druckknöpfe waren ja 2011 ganz große Mode, man sah sie häufig auch an Kaufkleidung, sie haben sich aber nicht durchsetzen können: der desinteressierte Laie hält sie für einen Verarbeitungsfehler.


Die Rückenansicht mit der Passe und der Kellerfalte, die zwangsläufig immer "irgendwie" liegt, finde ich ganz gelungen - man kann aber schon erahnen, dass das ganze ohne Gürtel nach nichts aussieht.

Oder genauer gesagt: so. Zur Not kann ich noch jemanden mit rein nehmen.


Für die knifflige Taschenbeutelnahteinfassung (uff!) mit Schrägband, zu der sich Tante Burda in der Anleitung ausschwieg, gab es eine ganz ansprechende Frickellösung. Ich bin Tante Burda auch nicht mehr böse, dass sie da nicht nachgedacht hat. In der Diskussion in den Kommentaren ergaben sich zwei Ansätze, wie sich diese Stelle von Anfang an besser verarbeiten lässt - Danke nochmal für euren Input.

Yvonne verglich mit einer Kaufjacke und stellte fest, dass dort der hintere Taschenbeutel so weit verlängert wurde, dass er bis zur Seitennaht reicht und dort mitgefasst werden kann. Meiner Ansicht nach die eleganteste Lösung, durch die außerdem die Tasche stabilisiert wird: der Zug liegt nicht mehr allein auf der Ansatznaht des Taschenbeutels am Einschnitt. Einen zweiten Lösungsansatz für saubere Taschenverarbeitung zeigte Luzie bei ihrem Himmelfahrtskommandomantel: Die untere Kante der Patte wird umgeschlagen und per Hand angenäht. Ich brauchte eine Weile, bis ich verstand, dass ich für diese Lösung doch nicht ganz das richtige Problem habe, denn bei mir verdeckt der vordere Taschenbeutel diese Stelle, während sich die Ansatznaht des hinteren Taschenbeutels, um die es mir geht, so nicht verarbeiten lässt - dann wäre die Tasche nämlich zugenäht. Aber trotzdem gut, diese Verarbeitungsweise zu kennen, wer weiß, ob man nicht genau die eines Tages - beim nächsten Trenchcoat zum Beispiel - brauchen kann.

Jetzt trage ich aber erstmal diesen - auch wenn ich froh wäre, wenn jetzt mal nicht ganz so oft das passende Wetter dafür wäre. Wobei: das Wetter macht sich! Heute bin ich im Gegensatz zu gestern schon ohne Stiefel unterwegs, und morgen möglicherweise sogar schon ohne Strumpfhose! Wow. (Mit ganz großem Pech verpasse ich heute wieder mal den einzigen warmen Tag auf Wochen - diese Frau mit Strumpfhose im langärmeligen Kleid und Regenschirm, der Melleni begegnet ist, das bin nämlich ich - im Prinzip. Ich brauche immer ein paar Tage Anlaufzeit, um auf Sommer umzuschalten, und wie die Verhältnisse dieses Jahr sind, ist das gute Wetter dann schon wieder vorbei.) Ob in anderen Landesteilen Strumpfhosen und Regenschirme vonnöten sind, und was frau dazu Selbstgemachtes anzieht, sieht man im MMM-Blog, heute mit Julia als Gastgeberin.

Das Wichtigste zum Schnitt auf einen Blick: 
Schnittmuster: 118 aus Burda 12/2011   
Größe 38, keine Änderungen
Außenstoff: knapp 3,50 m Mantelpopeline aus Baumwolle/Polyester mit feinen gewebten Streifen
Futter: 0,8 m Neva Viskon (Futter im Ärmel und oberen Rücken)
Taschenbeutel und Nahteinfassungen aus dünner Baumwolle

16 Kommentare:

  1. Ach, das mit den paar Tagen Anlaufzeit, um auf Sommer umzuschalten, das kenne ich. Fühle mich da schon fast überaltert und unflexibel ...

    Respekt vor Deinem Mantel-Projekt. Vor allen Mantel-Näherinnen habe ich großen Respekt. Alltagstauglich, praktisch und bequem sieht er aus.
    Viele Grüsse, Birgit

    AntwortenLöschen
  2. Hi Lucy, dein Mantel ist wirklich toll geworden. Ich persönlich mag die Farbe und finde, dass dir diese Farbe auch sehr gut steht. Dass du den Mantel die letzten Wochen ununterbrochen getragen hast, glaube dir aufs Wort. Der Mantel hat viele wunderschönen Details (ist schon ne Menge Arbeit) und auch die Weite gefällt mir sehr. Mag sein, dass die Druckknöpfe zum Aufnähen schon vor paar Jahren in Mode waren, aber ich mag sie immer noch. Wenn man sie mit dem Stoff bezieht und erst dann aufnäht sehen, sie wirklich klasse aus.

    Wirklich ein sehr gelungenes Projekt!!!
    Liebe Grüße
    Yvonne

    AntwortenLöschen
  3. Ich finde, dass der Mantel von Hinten mit Gürtel richtig toll aussieht. Die Falten sehen wunderschön glockig aus!

    AntwortenLöschen
  4. toller Mantel, wie schön, dass du ihn noch fertig bekommen hast und ihn so gut nutzen kannst!
    was das Wetter angeht, es klingt so, als hättest du möglicherweise Zeit, dich anzupassen, es bleibt wohl bis einschließlich des Wochenendes schön. weiß allerdings nicht, ob das auch für Berlin gilt...

    LG
    sjoe

    AntwortenLöschen
  5. Mir gefällt Dein Mantel, vor allem die Rückansicht finde ich richtig toll! Klar ist grau nicht farbenfroh, aber dann könntest Du den Mantel auch nicht mit wirklich allem anderem kombinieren. So einen unfarbigen Mantel brauche ich auch noch.

    LG Luzie

    AntwortenLöschen
  6. Liebe Lucy!
    So schön ich deinen Mantel auch finde, so unglaublich finde ich, dass die Bilder in der Burda doch oft so wenig mit dem Endergebnis zu tun haben. Ich hätte deinen Mantel nur aufgrund der einseitigen Schulter-Patte (nennt man das so?) mit dem Bild in der Burda in Zusammenhang gebracht.
    Das Modell schlummert auch immer noch in meinem Hinterkopf, aber einen so weiten Trench würde ich gar nicht wollen.
    Schade!
    Trotzdem noch einmal: dein Mantel gefällt mir und ich kann gut nachvollziehen, dass er für dich den Alltagstest bestanden hat!
    Liebe Grüße,
    BuxSen

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, das dachte ich auch - man sieht den Mantel dort ja nur von vorne, und die haben bestimmt im Rücken 53 Klammern verwendet, damit er ganz schmal aussieht. Aber jetzt ist es ja geklärt: das ist ein weiter Mantel!

      Löschen
  7. Wow, außen wie innen ein Hingucker und Meisterwerk. Da fehlt mir leider das Durchhaltevermögen;-), ich habe es bisher nicht geschafft, so ein kompliziertes Kleidungsstück zu vollenden... Lg Verena

    AntwortenLöschen
  8. Deinen Mantel finde ich klasse! Und die Farbe ist eigentlich ideal für so ein Kleidungsstück: Grau passt zu allem. Stell Dir nur mal vor, er wäre Rot und Du trägst ein leuchtend grünes (pinkes, violettes, anders rotes) Kleid drunter, das ein bisschen länger ist als der Mantel! Schudder! Die viele Arbeit hat sich echt gelohnt!
    Liebe Grüße, Mirabell

    AntwortenLöschen
  9. Oh, dein Mantel ist ja so schön geworden! Und ich finde es total toll, dass du so viele Details zeigst. Ich glaube, das muss ich in Zukunft auch mal verstärkt versuchen..

    LG Ernchen

    AntwortenLöschen
  10. Hui, 3,5m Stoff hätte ich dem Mantel gar nicht zugetraut, aber gut, wenn man das Bild ohne Gürtel betrachtet, ahnt man, wo der Stoff geblieben ist.
    Mit Gütel getragen, sehr schick. Und dass die Herstellung anspruchsvoll und zeitaufwendig war, glaube ich gern, bei den vielen Details. Die Farbe ist natürlich kombinierbar mit allem und jedem und schön, dass du ihn gut gebrauchen und viel tragen konntest, trotzdem hoffe ich, dass du ihn jetzt erst einmal ein bißchen beiseitelegen kannst.
    LG Susanne

    AntwortenLöschen
  11. ich bewundere deinen mut so einen Mantel überhaupt anzugehen...
    das ist sooooo viel Arbeit...
    Chapeau!
    Und gut sieht er übrigens auch aus!
    LG,
    Tanja

    AntwortenLöschen
  12. Die Weite scheint ja ein echtes Burda-Thema zu sein. Mein Himmelfahrtsmantel hat ebenfalls eine sehr voluminöse Rückseite mit Kellerfalte, die meistens macht was ihr gefällt ;-)

    Dein Trench sieht auf jeden Fall richtig gut aus. Besonders gut gefällt mir das farblich abgesetzte Futter und die toll versäuberten Nähte. Sehr schön!

    LG
    Steffi

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Stimmt, das war bei deinem Mantel ja auch nicht abzusehen! Wobei Trenchcoats ja per se nicht sehr tailliert sind, aber es gibt eben auch welche, die nicht einfach gerade runtergehen (der Robson Coat z. B. - muss du unbedingt noch nähen!).

      Löschen
  13. Da haben wir´s wieder. Immer diese Jacken-Nähunlust und dann ist es was, was wirklich Sinn macht, nicht das zweiunddrölfzigste Kleid oder Rock.
    Schick ist er geworden und von den Schrägbandinfassungen bin ich schwer beeindruckt.
    Der nächste Mantel näht sich dann bestimmt wie von selbst...;-)

    Liebe Grüße
    Julia

    AntwortenLöschen
  14. oh, schick! Mir gefällt vor allem die Rückseite, wenn ich das mal so sagen darf :) Liebe Grüße

    AntwortenLöschen

Vielen Dank für deinen Kommentar!
Mit Abschicken des Kommentars erklärst du dich einverstanden, dass deine Angaben zu Name, Email, ggf. Homepage und die Nachricht selber gespeichert werden. Kommentare können auch anonym verfasst werden. Blogspot erfasst außerdem die IP-Adresse sowie Datum und Uhrzeit des Kommentars.
Der Kommentar kann jederzeit wieder gelöscht werden oder du kannst ihn durch mich entfernen lassen.
Mit dem Absenden deines Kommentars bestätigst du, dass du meine Datenschutzerklärung sowie die Datenschutzerklärung von Google gelesen hast und sie akzeptierst.
Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, wenn sie Werbung oder Links zu Spam-Seiten u. ä. enthalten.