Sonntag, 9. Januar 2011
Gestricktes aus Estland
Strümpfe und Fausthandschuhe mit Einstrickmustern haben in Estland als Bestandteil der Trachten eine lange Tradition. Die klassischen zweifarbigen Muster, oft in grau mit rot oder weiß mit braun, sollen früher sogar magische Bedeutung gehabt haben - der achteckige Stern wehrte zum Beispiel böse Geister ab, andere Muster waren mit bestimmten Regionen verbunden, oder bildeten in abstrakter Form Tiere und Gegenstände aus der bäuerlichen Umgebung ab, wie Namen wie "Ochsenauge", "Windmühlen", "gackernde Hühner" zeigen. Die Handschuhe beginnen meistens mit einem zweifarbigen Maschenanschlag, manchmal auch mit einer Bogenkante, darauf folgt ein engeres Bündchen, das häufig aus schräg laufenden Zöpfen besteht. Nach einer zweifabigen schmalen Borte beginnt dann das eigentliche Muster, das den ganzen Handschuh in einem dichten Raster bedeckt.
Im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf sind noch bis zum 30. Januar etwa 40 dieser kleinen farbenfrohen Srickwerke zu sehen, außerdem einige moderne Interpretationen der Muster in der Strickmode der jungen schwedisch-estnischen Designerin Liina Viira. Die Ausstellung ist recht klein, aber für passionierte Strickerinnen sicherlich sehenswert, denn wann kann man schon einmal estnische Strickmuster ganz aus der Nähe betrachten. Auch einige hundert Jahre alte Exemplare sollen gezeigt werden - leider verrät uns die Beschriftung dort nicht, welche das sind, denn bunt und leuchtend sind sie alle gleichermaßen.
Dass die estnische Stricktradition aber durchaus noch lebendig ist, beweist der Fotostream von Tiina/Lola 69, die in ihrem Blog auch auf Deutsch über ihre Strickwerke schreibt.
Museum Charlottenburg-Wilmersdorf
Schloßstraße 69
14059 Berlin
Bis 30. Januar, geöffnet Dienstag bis Sonntag 10-17.00 Uhr
Eintritt frei
Rubriken
Stricken,
Veranstaltung
14 Kommentare:
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Wirklich schöne Sachen. Da ich es zeitlich wahrscheinlich leider nicht schaffe, die Ausstellung zu besuchen, werde ich gleich meine estnischen Fäustlinge suchen und tragen :-), so lange es kalt ist.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Helena
Danke für diesen schönen Tip. Die sind alle eine Augenweide und könnten auch gerahmt ihr Leben fristen.Auch in Skandinavien werden solche Handschuhe ja gestrickt. Ich denke immer man verfitzt sich beim Hineinschlüpfen und muß sie füttern?!
AntwortenLöschenDer link der Strickdesignerin ist wirklich herrlich!
Musterhafte Grüße von karen
Hast du die Handschuhe von Spilly Jane gesehen? Sie strickt mit Inspirationen aus heutiger Zeit, gerade z.B. Cheeseburger als Muster. Hier ist ein Interview mit ihr: http://needled.wordpress.com/2010/12/02/a-conversation-with-spillyjane/
AntwortenLöschenDie Ausstellung wollte ich auch noch sehen, hatte mir aber schon gedacht, dass sie recht klein ist. Dein Bericht kommt gerade recht. Vielen Dank!
Karen, die Handschuhe sind ungefüttert, wobei manchmal wohl zwei Paar übereinander getragen wurden, ein warmes Paar innen und darüber ein besonders schönes Paar außen, so hieß es in der Ausstellung. Die Handschuhe sind äußerst fest gestrickt und an den modernen Sachen konnte man sehen, dass die Spannfäden auf der Rückseite ganz kurz sind bei diesen Mustern, daher muss man wohl nicht füttern.
AntwortenLöschenSuschna, danke für den Link, die Strickerin kannte ich noch nicht - und Cheeseburgermuster sid natürlich genau nach meinem Geschmack!
danke für den tip sowie die nette info - gerade richtig für wenn man nicht in der nähe wohnt. sind superschöne handschuhe!
AntwortenLöschenlg
Wunderwunderschöne Sachen! Neulich - irgendwo in einem Blog sah ich einen Link zu "gestricktes aus Estland" - gibt es da auch ein Buch ??
AntwortenLöschenliebe Grüße von Ellen
wahnsinn, die constanze strickt irre muster! das wollt ich auch schon so lange.
AntwortenLöschendann habe ich gelesen.
ich habe ein strickbuch voll mit diesen handschuhen. ich weiss nicht mit was für nadeln die stricken, wahrscheinlich stärke 2!, das hält mich noch davon ab.
liebe grüße
von monika
Es gibt ein englischsprachiges Buch, "Estonian Mittens", etwas deutschsprachiges habe ich nicht gefunden, oder ich habe nicht mit den richtigen Stichwörtern gesucht.
AntwortenLöschenMonika, genau, ich stricke tolle Muster und die kommen dann gleich ins Museum ;-)
Für dich wäre die Austellung sicher superinteressant, wenns nur nicht so weit weg wäre. Ich hab ja vor allem die zusammenstellung verschiedener Muster bewundert. Am Übergang zum Bündchen gibts immer noch eine andere Borte,und da wird dann oft eine dritte oder vierte Kontrastfarbe verwendet. Oder es gibt zweifarbige, etwas zopfartige Reihen (also ein schmaler Zopf, der aber quer läuft) - da weiß ich überhaupt nicht, wie das gemacht wird. Und das Bündchen dann mit schräg laufenden Rippen - alles sehr raffiniert!
Wie wunderschoen. Wenn ich doch nur die Ausdauer haette. Handschuhe finde ich ganz schwierig, weil man direkt 2 Meisterwerke machen sollte (oder einen rahmen). Ich hab einer strickenden Freundin mal ein Buch mit "Heirloom Designs from the Vesterheim Museum" geschenkt. Die Muster sind aehnlich und im Buch illustrieren wunderbare Bilder die sozialen Hintergruende.
AntwortenLöschenhttp://www.amazon.com/Norwegian-Handknits-Heirloom-Designs-Vesterheim/dp/0760334285
Und nachdem ich deinen Post gelesen habe, ueberlege ich ernsthaft mir dieses Buch zu kaufen:
http://www.amazon.com/Folk-Knitting-Estonia-Symbolism-Tradition/dp/1883010438
und vielleicht doch mal die Stricknadeln in die Hand zu nehmen, fuer naechstes Jahr ;)
lg
finde es eigentlich doof, noch mal per kommentar, aber ich habe noch ein paar worte.
AntwortenLöschenja, die ausstellung wäre interessant. im buch zu sehen ist immer etwas anderers, dann in englisch erklärt. ich bin die praktikerin, wenn ich etwas sehe und normalerweise anfassen darf - natürlich nicht im museum - dann macht es in meinem kopf klick klick klick. dann bräuchte ich sofort die nadeln und die wolle in der hand.
sei lieb gegrüßt
von mir,
die sich überlegt, ob sie es in diesem jahr mit mann nach berlin schafft. vielleicht mit weniger schnee?
monika
Stimmt, der zweite ist immer ein Problem, hier fliegt auch noch eine einzelne weiß-grün gemusterte Socke herum, das Garn für die zweite habe ich inzwischen längst für etwas anderes verwendet. Das zweite Buch (folk knitting) scheint genau die Techniken zu enthalten, die mir besonders aufgefallen sind, den zweifarbigen Querzopf und die Bündchen, und natürlich die Einstrickmuster. Ich hab mir schon gedacht, dass geübte Strickerinnen sich das am besten genau anschauen und dann nachstricken können, bzw. die technischen Details ließe man sich am besten von jemanden zeigen.
AntwortenLöschenLG!
oh, das hört sich sehr interessant an. aber nach berlin werd ich diesen monat sicher nicht nochmal kommen. ): trotzdem sehr inspirierend!
AntwortenLöschenAnnekata weist auf ein Buch hin, das ich ebenfalls gerade empfehlen wollte, das von Nancy Bush. Ich besitze es und bin (als Abkömmling von Bürgern Estlands) begeistert über die Hintergrundinformationen und die Muster -- die ich allerdings sticke. Ich würde soo gern solche Handschuhe kaufen, denn mein Gestricke kann man in der Pfeife rauchen. Wüßte jemand eine Quelle? Oder bietet gar selbst so etwas an?
AntwortenLöschenLiebe Eva,
AntwortenLöschenwenn man bei etsy.com nach "estonian mittens" sucht, dann bekommt man einige sehr schöne Exemplare angezeigt, die auch nach D. geliefert werden würden. Der Preis ist allerdings nicht ohne, wenn auch sicher absolut angemessen für die Qualität der Handarbeit. Ansonsten würde ich ja annnehmen, dass man solche Handschuhe in Estland kaufen kann, aber das nützt dir ja jetzt auch nichts.
Vielleicht hätte eine Strickerin aus deinem Bekanntenkreis Lust, sich an den Anleitungen in dem Buch zu versuchen? Monika, die oben auch kommentiert hat, und die ihre Stricksachen auch verkauft, hat sich ja leider noch nicht drangemacht, sie wäre sonst meine erste Empfehlung.
viele Grüße, Lucy