Ganz typisch: viel zu tun, wenig Zeit, demzufolge weiche ich kaum von den täglichen Routinewegen ab und erlebe wenig im echten Leben. Das schlägt sich auch auf den Wochenrückblick nieder.
Zu den Opernarien auf dem Landwehrkanal schaffte ich es nur, weil das praktisch vor meiner Haustür stattfand. Als dann das Schiff mit der Sängerin auf dem Dach angefahren kam, war es leider schon zu dunkel für Fotos. Das unfreiwillige Publikum am gegenüberliegenden Ufer - eine Menge Leute, die auf Picknickdecken am Kanal saßen und einen der letzten warmen Abende ausnutzen - war jedenfalls sehr überrascht von diesem goldenen, in Rettungsdeckenfolie eingewickelten Gefährt und es war ein ebenso grotesker wie großartiger Moment, als das Boot nach der letzten Arie unter dem Beifall des Publikums abdrehte und in einer Schleife auf dem Kanal wendete, während sich die Akteure auf dem Schiffsdach verbeugten. Eine Produktion der Wolfsbühne Berlin.
Ansonsten strickte ich an einer kleinen schwarzen Jacke im Schleifenmuster weiter und notierte mir für nächste Woche einen Auswärtstermin im Kalender: Am kommenden Samstag wird in Berlin gegen die Vorratsdatenspeicherung demonstriert - Freiheit statt Angst, ab 13.00 Uhr auf dem Alexanderplatz. Dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und den zahlreichen Unterstützern ging es ursprünglich darum, die Umsetzung einer EU-Richtlinie zu verhindern, derzufolge Telefon- Handy- und Mailverbindungsdaten generell sechs Monate gespeichert werden sollen. Das Thema hat durch die letzten Enthüllungen über diverse Spionageprogramme eine deprimierende Wendung genommen. Wie es aussieht speichern sowieso alle möglichen Geheimdienste erstmal vorbeugend alles, was sie erwischen können - aber so genau weiß man das nicht. Über den Stand des Geheimdienstskandals (denn darum handelt es sich wohl), kann man sich hier bei heise aktuell informieren. Und falls ihr in Berlin wohnt, überlegt euch doch mal, ob ihr die Demo unterstützen wollt, geht hin und sagt es weiter!
Ein paar nährelevante Links habe ich aber auch noch (ob das die NSA wohl interessiert?)
Eine Vorschau auf die Modelle der Oktober-Burda gibt es hier (und ich habe über das Septemberheft noch nicht gelobt und gelästert, ich weiß).
Außerdem ist eine neue Ausgabe der "Meine Nähmode" erschienen. Das Heft enthält auch diesmal ältere Schnittmuster von Simplicity und New Look, und hier hat sich eine Bloggerin die Mühe gemacht, alle Modelle herauszusuchen und zu den Originalschnitten zu verlinken, eine großartige Entscheidungshilfe, ob man das Heft brauchen kann.
Apropos Schnittmuster: Die Schnitte kleiner, unabhängiger Designer in Übersee zu bestellen, ist ja oft ein teures und langwieriges Wagnis. Deshalb hat Steffi von 81GradNord mit Urban Cut einen Shop eröffnet, in dem sie solche Schnittmuster anbietet - zur Zeit gibts Schnitte von Megan Nielsen, Sew liberated und Victory patterns. Glückwunsch zur Eröffnung, Steffi, und viel Erfolg!
Über twitter stieß ich auf den britischen Künstler und Designer Joshua Barnes und seinen Communication Quilt. Scheinbar eine ganz konventionelle applizierte Decke - richtet man aber ein Smartphone oder einen Tabletcomputer auf die Motive und hat eine Augmented-Reality-App installiert, werden zusätzliche Informationen sichtbar. Technisch funktioniert das ähnlich wie z. B. bei den QR-Codes im Burdaheft, nur dass bei der Decke der Code sozusagen in den Bildern "verpackt" ist: die Decke selbst ist der Code. Gedacht ist der Quilt als Trost für Kinder, die längere Zeit im Krankenhaus bleiben müssen. Familienangehörige und Freunde können kleine Botschaften schicken, die beim Abscannen der Tiermotive abgespielt werden.
Wie realistisch es ist, dass jüngere Kinder - Joshua Barnes dachte wohl an Kinder unter 5 Jahren - im Krankenhaus mit entsprechenden Gerätschaften ausgestattet sind, sei mal dahingestellt. Faszinierend finde ich aber, wie die Technik der erweiterten Realität hier genutzt wurde, und welche Möglichkeiten die Technik in der Textilgestaltung eröffnet. Beim binären Schal strickte ich die Botschaft noch in ASCII-Code, mittlerweile würde ich mir für Textilien mit Botschaft von einem der zahlreichen QR-Code-Generatoren im Netz einen Code erzeugen lassen und stricken. Ich kann nicht abschätzen, ob Augmented-reality-Techniken in absehbarer Zeit auch für den Hausgebrauch verfügbar sein werden. Die Apps scannen Merkmale des Gegenstandes ab, gleichen sie mit einer Datenbank ab und rufen dann die in der Datenbak mit dem Gegenstand verknüpften Bilder, Filme, Töne etc. ab - sowas muss man programmieren. Ich halte es aber nicht für ausgeschlossen, dass die Technik irgendwann auch für Nicht-Computernerds zugänglich ist - und dann könnte man, banalstes Beispiel, einen selbstgestrickten Musterpulli per App mit einem selbstgesungenen Geburtstagsständchen verknüpfen.
Montag, 2. September 2013
8 Kommentare:
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Haha, die Frage ist manchmal eher womit manche Kinder elektronisch im KH nicht ausgestattet sind (ich bin da immer mal wieder ziemlich überrascht).
AntwortenLöschenInteressante Sache, für den vorgeschlagenen Verwendungszweck mit der Decke wäre mir das jetzt etwas fremd, aber so generell...
Und interessant, ich habe bei der Oktoberburda spontan mindestens 2 interessante Schnitte gesehen, erfreulich. Den September habe ich schon wieder verdrängt.
Ja, die Oktoberburda finde ich auch interessant, zumindest in der Vorschau.
LöschenIch dachte ja an die Berliner Krankenhäuser - dort wird so viel geklaut, dass man am besten nur ein uraltes Handy und ein bißchen Kleingeld mitnimmt, auf jeden Fall keine Elektronik für mehrere hundert Euro. Unter anderen Umständen geht das vielleicht.
Ein fünfjähriges Kind mit angekettetem I-Pad (und Mobilfunkanschluss, denn in Berliner Krankenhäusern wird sowohl geklaut als auch W-Lan schwer gemacht) könnte die Nachrichten von Außen doch auch direkt auf dem Pad empfangen, dazu brauch es keinen Quilt.
AntwortenLöschenInteressanter wäre es, wenn man unbekannte Empfänger erreichen wollte, z.B. bei einer Ausstellung. Da könnte man tatsächlich verborgene Botschaften übersenden.
Naja, ich denke mit dem Quilt als Medium und den Tieren, die dann quasi "sprechen" ist das für ein kleineres Kind schon etwas anderes, als nur das Ipad alleine. Leider sieht man auf den wenigen Fotos ja nicht, wie diese Botschaften dann aussehen - es kann gut sein, dass sich die Tiere dann bewegen oder so, sowas geht mit der Technik, wird aber bisher nur relativ sinnfrei angewendet. Aber Werbeplakate mit verborgener Botschaft sind sicher das nächste große Ding, und mal sehen, ob das auch Künstler benutzen.
LöschenDie Tageszeitung Die Welt verwendet die Technik ab sofort im redaktionellen Teil und beitet das als Option auch Anzeigenkunden an:
LöschenDie Welt in einer neuen Dimension
Und hier hängen jetzt an jeder Laterne Plakate der JU: Ganz Schwarz, nur ein kleiner Name und ein großer QR-Code. Dachte erst: Aha, Piraten.
LöschenAch theoretisch geht das mit dem gestrickten QR-Schal doch schon. Wenn du auf den diversen kostenlosen QR-Generatoren im Netz einen Text/URL/o.ä. hinterlegst, wird dir der QR-Code ausgespuckt. Wenn man gut stricken kann, dürfte es doch möglich sein, das angezeigte QR-Muster umzusetzen, oder? (Ich kann nicht stricken...)
AntwortenLöschenLG
annette
Ja, die gestrickten QR-Codes sind kein Problem - ein bißchen in der stricktechnischen Umsetzung, weil einzelne Maschen nicht exakt quadratisch sind. Aber es gibt auch schon Künstlerinnen, die gestrickte QR-Codes einsetzen, Fabienne Serrière z. B. Mate-Cosies.
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