Freitag, 25. April 2014

Schnell entschlossen, schnell genäht: Carmine Knit Jacket von Cake Patterns


Ich bin ja mehr der Typ zögerliche Langsamnäherin und nie schnell dabei, wenn es darum geht, neue Schnittmuster neuer kleiner Firmen auszuprobieren. Es ist also eine absolute Ausnahme und für mich selbst sehr überraschend, dass ich keine zwei Wochen, nachdem ich das Schnittmuster für Carmine im Shop bei Santa-Lucia-Patterns entdeckt hatte, tatsächlich eine Jacke genäht habe. Aus richtigem Stoff, nicht nur ein Probeding. Sehr hilfreich war natürlich auch, dass zu Santa-Lucia-Patterns ein kurzer Dienstweg via MittwochsMasche besteht, und dass ich überraschenderweise im Haushalt kein ausgeleiertes, löchriges Jerseyspannbettlaken zum Zerschneiden fand. Ich hätte ja geschworen, wir haben sowas! 

Ich schnitt also gleich den richtigen Strickstoff an, obwohl es sich um meinen ersten Versuch mit Cake Patterns handelt, einer Firma aus Australien, die sich auf Schnitte für Jersey spezialisiert hat.

Bei der Größenfindung eierte ich dann auch gleich ein bißchen herum: Bei Cake Patterns wählt man die Größe nach dem Oberbrustumfang plus Cupgröße, und ich fiel, was den Oberbrustumfang betrifft, gerade noch in die kleinste verfügbare Größe auf dem Bogen. Das kam mir dann doch etwas komisch vor - ich und die kleinste Größe? Was ziehen dann Leute an, die wirklich klein und zierlich sind? Da ich die Anleitung auf dem Bogen nicht verstand, wie man den Schnitt selbst an eine größere Cupgröße als C anpassen kann, schnitt ich lieber die zweitkleinste Größe zu. Dieser unverständliche Änderungstipp und die merkwürdige Tatsache, dass auf der Cake-Patterns-Webseite bislang kein einziger genähter Prototyp zu sehen ist, sind aber die einzigen Kritikpunkte, die ich an dem Schnitt habe. Das Schnittmuster ist gut gezeichnet, der Bogen aus dickem Papier schön übersichtlich, und die Teile fügen sich Dank einer Menge Passzeichen gut zusammen.  


Die Konstruktion entspricht einer verfeinerten Version der Kreisjacken, die es oft als Strick-oder Häkeljacken gibt. Meistens handelt es sich dabei ja tatsächlich um einen gehäkelten oder gestrickten Kreis, bei dem im oberen Drittel zwei Löcher für die Arme ausgespart werden. Hier ist die Grundform ein unregelmäßiges Oval, so dass der Kragen viel kleiner ist als das Schößchen, die Ärmel werden von einem separaten Mittelteil gebildet und haben für die Beweglichkeit außerdem einen dreieckigen Zwickel. Man kann die ganze Jacke mit der Overlock zusammenrattern - und wenn man Interlock oder Romanit verwendet, würde ich das auch empfehlen - da ich aber einen nicht ganz so dehnbaren und nicht ganz so dünnen Strickstoff verwendete, machte ich mir die Mühe und säumte die Innenseite des ringförmigen Teils mit der Hand gegen die Naht, so dass alle Nahtzugaben bis auf Zwickel- und Ärmelnähte verdeckt sind.


Was die Position des Knopfes betrifft, muss man wohl etwas herumprobieren. Wenn die Jacke hinten komisch absteht so wie bei einigen Bildern hier, dann muss sie etwas höher gezogen und der Kragen mehr umgeschlagen werden. Diese Jacke hingegen finde ich zwar entzückend, aber das Ringteil etwas zu klein gewählt. Da es im Schnitt keine Schulternähte gibt - und wie gesagt keinen Prototypen bei Cake Patterns selbst - ist es nicht so einfach zu entscheiden, wie die Jacke eigentlich "richtig" getragen werden soll. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Kragenansatznaht oben (also die Naht, wo der Ring auf das Mittelteil trifft), direkt im Nacken sitzen muss, und der Kragen ziemlich breit umgeschlagen wird. Die Außenkante des Kragens habe ich übrigens mit dreigeteiltem Zickzack abgesteppt. 


Für die Bilder habe ich Carmine nur einmal schnell übergeworfen - es fehlt noch ein richtiger Verschluss, da mir die großen Druckknöpfe ausgegangen sind. Und eine Tendenz ist leider auch schon sichtbar: mein Strickstoff leiert. Beim ersten Anprobieren saß die Quernaht zwischen Mittelteil und Ring nämlich noch in Höhe der BH-Unterkante, wie es sein soll, auf den Fotos (zweites Anprobieren) schon 5 cm darunter. Mal sehen, wo das noch endet und ob das Material beim Waschen wieder zusammenschnurrt. Ein formstabilerer Stoff, zum Beispiel Romanit, fester Interlock oder Sweatshirtstoff wäre für Carmine günstiger (aber das gilt ja eigentlich immer, mir fällt spontan jedenfalls kein Schnitt ein, bei dem ein ausleiernder Stoff von Vorteil ist).

Das Schnittmuster enthält einige Vorschläge, wie man durch zwei oder vier Teilungsnähte beim Ringteil Stoff sparen oder bei gestreiftem Jersey interessante Streifeneffekte erzielen kann. Wenn man den Kragen einlagig zuschneidet und am Rand mit einer elastischen Wolltresse einfasst oder einfach offenkantig lässt, ließe sich Carmine sicher auch aus Walk oder aus Fleece nähen. Aus dünnem Material ist das Jäckchen hingegen eine ideale Ergänzung zum Sommerkleid. Die zweite Variante des Schnittmusters ist ein kleines, knappes Bolerojäckchen mit kurzen Ärmeln, das aus dem Mittelteil besteht, an dessen oberer Kante ein Kragen angenäht wird. Die Schnittteile sind klein, so dass man diese Jacke gut aus Jerseyresten herstellen kann. Ich habe für so ein schulterbedeckendes Jäckchen keine Verwendung, die große Variante werde ich aber sicher noch einmal nähen, dann vielleicht aus dünnem Sweatshirtstoff.

18 Kommentare:

  1. Oh fein! Ich hab mir am Wochenende das Jäckchen auch zugeschnitten und bin ehrlich gesagt etwas überfordert mit der Beschreibung. Hatte mich schon an Constance gewandt und sie meinte, Du versucht Dich gerade an der Jacke.
    Mir gefällt Deine Jacke gut. Ich hoffe, dass ich nach erneutem Studium der Beschreibung schlauer bin und die Jacke auch hinbekomme.
    Liebe Grüße!
    M

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    1. Wir können sonst auch gerne eine Spontanbesprechung am WE im Cafe machen und du guckst dir meines mal an.

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  2. Interessant... Schnittmuster ohne Prototyp. Ist sicher keine Absicht, sondern bestimmt einfach noch nicht auf der homepage "up-ge-dated".
    Deine Jacke ist (erwartungsgemäß) sehr schön ausgefallen - wobei mir persönlich jetzt nicht auffällt, ob da eine Naht "runtergerutscht" ist. Sieht für mich so aus, als würde das so gehören, paßt ja auch gut.
    Aus dickerem Sweatstoff könnte ich mir die gut vorstellen. Vielleicht sogar mit offenen Kanten?
    Liebe Grüße
    Katrin :)

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    1. ETA: Du böse Virenschleuder... Ich mußte doch gerade mal in den Shop gucken... Ohweh. Ich brauche einen Eimer Zeit und vielleicht einen Zweitjob... ;)

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  3. Ich finde dein Jäckchen klasse. Die Streifen waren mir beim Schummerlicht am Mittwoch gar nicht aufgefallen.
    Hmm, und warum habe ich das Jäckchen am Mittwoch eigentlich nicht anprobiert?! Dann hätte ich gewusst, ob ich die gleiche Größe nehmen kann ;-)
    Liebe Grüße
    Constance

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    1. Äh, ja, weiß auch nicht? Ich glaube auf die Größenangaben beim Schnittmuster kann man sich aber ganz gut verlassen, und wenn man wie ich nahe an der Grenze zwischen zwei Größen ist, entscheidet man das danach, ob man generell lieber engere oder lockere Sachen trägt.

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  4. Ich mag solche genähten Strickjäckchen sehr. Ich habe gerade eins nach einem Marcy-Tilton-Schnitt aus Romanit-Jersey in Arbeit. Sie hat auch eine solche Konstruktion mit angeschnittenem Schalkragen. Die Kreiskonstruktion bei Deinem Jäckchen ist interessant, reizt mich auch zu nähen. Mein Alabama-Chanin-Buch ist übrigens angekommen und ich bin schwer begeistert. Gestern Nachmittag habe ich mich an einem Musterläppchen versucht. Ergebnis: Dünnes Häkelgarn, das ich gerne zum Handquilten auf Leinen nehme, geht auf Jersey nicht so doll. Sieht aber trotzdem ganz witzig aus.
    Liebe Grüße Katharina

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  5. Oh! Genau so einen Jackenschnitt suche ich schon lange und brauche ich auch, jetzt sofort! Als Ergänzung zum Sommerkleid, wie Du schreibst, scheint das ein idealer Schnitt. Sehr gut gefällt mir Deine Version...

    Liebe Grüße,
    Stefanie

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  6. Eine tolle Jacke! Vielen Dank fürs Vorstellen. Wie Du für die kürzere Version schreibst, finde ich auch die lange Version für den Sommer sehr geeignet, wenn es abends kälter wird. Schnitt und vor allem der kleine Kragen gefallen sehr gut.
    LG, Nina

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  7. Hallo,
    ich habe dein Blog gerade eher zufällig gefunden. Es ist schön, auch mal Näh-Blogs zu lesen, die sich nicht nur mit Kindersachen beschäftigen.
    Ich bin zwar totale Näh-Anfängerin (kann also ca. 1/4 des Textes nicht verstehen ;) ), aber ich wollte kurz schreiben, dass ich die Jacke wirklich schön finde, sie steht dir super!
    (ich habe eine ähnliche Jacke gestrickt)

    LG
    Gabriele

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    1. Danke für beide Komplimente! Viele fangen mit Kinderkleidung an, weil das einfacher ist als Sachen für Erwachsene - und in die Nähsprache wächst man langsam rein. In einem halben Jahr kommst du mit so einer Jacke auch zurecht.

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  8. Das war jetzt ein Lemming par excellence! Ich habe den Schnitt gestern gleich nach der Lektüre Deiner "Kritik" bestellt und halte ihn heute schon in der Hand. Jetzt fehlt nur noch ein roter Sweatshirtstoff und Durchblick.

    Dieser Schnitt erspart mir stundenlanges und wahrscheinlich erfolgloses Stöbern in Klamottenläden nach einem roten Jäckchen passend zu meinem neuen selbstgenähten Kleid.

    LG
    Barbara

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    1. Dann wünsche ich gutes Gelingen - lieber schnell selber was nähen, als stundenlang durch die Läden zu tigern, das bringen auch nur Nähnerds fertig.

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  9. Das Jäckchen sieht (soweit man es beurteilen kann, bei mir am Rechner sieht man bei dem Schwarz kaum was) sehr schön aus. Steph von Cake Patterns war auch so ein Blog, dem ich länger gefolgt bin, die inzwischen aber unter ihrem Originalblog nicht mehr bloggt. Schade, aber dafür gibt es ja jetzt Schnittmuster. Ich falle nicht so ganz unter die Zielgruppe (die mühevoll hineinkonstruierte Oberweite müsste ich ja herauskonstruieren) aber ich finde die Schnitte für Jerseyaficionados eigentlich sehr schön.

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    1. Also bei dieser Jacke ist es so, dass man zwischen A, B und C-Cup wählen kann (und größer als C müsste man sich selber ändern), und ich glaube das ist bei den Cake-Schnitten generell so, dass verschiedene Oberweiten berücksichtigt werden. Mich hat allerdings stutzig gemacht, dass ich mit meinem Oberbrustumfang gerade noch in die kleinste Größe fallen würde - für eine echte Größe 34 oder so wäre das sicher etwas zu reichlich.
      (Aus blogtechnischen Gründen müsste ich auf Pastellfarben umstellen - wäre sehr förderlich für die Fotos hier.)

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  10. Super schön geworden! Danke für die Vorstellung - der Schnitt war mir bisher völlig unbekannt.
    GLG kriss

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  11. Mir geht es wie lollipops for breakfast, ich hatte vorher vom Schnitt nichts gehört, aber er gefällt mir sehr gut! Ist nur vermutlich schwer zu ändern, falls er nicht auf Anhieb passt...

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    1. Da sagst du was - da das Ärmel-Schulter-Teil ein einziges Schnittteil ist, hat man nur wenig Chancen, an der Passform wirklich etwas zu ändern, wenn sich das in dem elastischen Stoff nicht von selber hinzieht.

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