Japanische Sashiko-Stickereien hatte frifris als Thema der Stoffspielerei vorgeschlagen und in ihrer Ankündigung gleich ein paar Links zu Anleitungen und Musterbeispielen gepostet. Grob gesagt ist Sashiko eine Stickerei mit einem einfachen Vorstich, ursprünglich durch mehrere Stofflagen, die auf diese Weise zusammengehalten und stabilisiert wurden. "Einfach" trifft es aber nicht ganz: der verwendete Stickstich ist tatsächlich nicht kompliziert auszuführen, aber wie so oft bei japanischen Handarbeiten kommt es umso mehr auf Präzision und Gleichmäßigkeit an.
Ich dachte zuerst daran, die Technik mit etwas anderen Materialien als üblich umzusetzen, also einen dünnen, transparenten Baumwollvoile mit relativ dickem Baumwollhäkelgarn zu besticken. Sagen wir mal so: das kann man schon machen, es handelt sich dann aber nicht um Sashiko. Auf der Suche nach einem anderen Projekt fiel mir ein noch nicht fertiger Schal in die Hände, vermutlich von 2009, ich erinnere mich nicht genau. Ich hatte damals verschiedene weiße und blau-weiß-blasse Stoffe, Leinen, Stickerei und Hemdenstoffe zu seinem Streifen zusammengesetzt und bestickt, der Streifen sollte mit einem anderen dünnen, hellen Stoff gefüttert werden. Die alten Stickereien zeige ich weiter unten - ehrlich gesagt weiß ich gar nicht mehr, was ich mir dabei gedacht hatte. Pastell? Häkelblumen? Spitze? War ich das wirklich?
Aber zunächst zu meinem Sashiko-Versuch. Die Mustervorlage zeichnete ich mit dem Bügelmusterstift von Prym auf Butterbrotpapier durch und bügelte die Zeichnung auf die Rückseite des Stoffes. Der Bügelmusterstift sieht so aus wie ein Bleistift, die abgebügelten Linien sind blau und zerfließen etwas. Das Bügeleisen muss wirklich knallheiß sein, damit es funktioniert, daher ist die Methode nur für Naturfasern geeignet. Ich traute mich nicht, die Zeichnung auf die Vorderseite aufzubügeln, auch wenn sich der Stift meistens ganz gut auswaschen lässt. Der Stickerei wäre eine Vorzeichnung auf der Vorderseite auf jeden Fall sehr zugute gekommen - wie die anderen Sashikostickerinnen auch anmerkten, erfordert es ständiges Umdenken beim Sticken, wenn man von der Rückseite stickt, das fand ich ziemlich anstrengend, und das Ergebnis ist nur teilweise gut geworden.
Die Aussparungen an den Kreuzungen in der Mitte der Motive sind aus Übervorsichtigkeit zum Teil arg groß geworden, zum Teil etwas verrutscht. Der Untergund ist ein grob gewebtes, leicht transparentes Leinen, gestickt habe ich mit Sticktwist dreifädig.
Hier sieht man die Rückseite - beim Sticken zerflossen die übertragenen Linien immer mehr, was möglicherweise mit den tropischen Temperaturen in letzter Zeit und der hohen Luftfeuchtigkeit zusammenhängt, es wurde jedenfalls zum Ende hin immer schwieriger, den genauen Linienverlauf auszumachen. Da Präzision für die Wirkung immens wichtig ist, würde ich die Sache beim nächsten Mal anders angehen und zum Beispiel ein auswaschbares Vlies verwenden und von der Vorderseite sticken, wie es ste vorgeschlagen hatte, als wir hier über das Übertragen von Stickmustern diskutierten. Bei anderen Stickereien ist es oft von Vorteil oder zumindest nicht von Nachteil, wenn man nur einen ungefähren Umriss hat, den man unbekümmert ausfüllt - hier nicht.
Die anderen Stickereien möchte ich euch nicht vorenthalten, als da wären:
Selbstgemachte Shisha-Spiegel wie aus Indien. Die "Spiegel" wurden aus alten CDs geschnitten, nachdem ich längere Zeit erfolglos versucht hatte, große, flache silberne Pailletten als Einlage aufzutreiben. Die Methode des Umstickens ist an sich einfach, wenn man weiß, wie es geht - das hatte mich damals sehr begeistert.
Unregelmäßige Kreise im Kettstich gestickt - darin erkenne ich mich wieder.
An diese Blüten- oder Beerenzweige im Kettstich kann ich mich hingegen überhaupt nicht erinnern. Ich zweifele, ob ich den Schal jemals fertigstellen werde - und ob die Flecken überhaupt noch rausgehen, die das Teil in seiner langen Karriere aufgesammelt hat.
Die Sashiko-Stickereien vom Juli hat frifris hier gesammelt, und wie sie schon ankündigte ist das August-Thema "Weben" hier bei mir im Blog - dazu schreibe ich aber demnächst noch etwas.
Doch, bitte, auf jeden Fall fertigstellen! Selber sieht man immer Unmengen an Fehlern, die anderen gar nicht auffallen. Die Idee der gemischten Stoffe ist so wunderbar. Der Schal ist jetzt schon so schön und mit den vielen dezenten Farben auch vielseitig einsetzbar.
AntwortenLöschenFinde ich ja sehr interessant diese Stickexperimente. Gerade diese umstickten Löcher finde ich toll. Da ich noch einen Rucksack habe aus Stoff bei dem die Nieten nicht halten würde ich das auch gern mal mit einem festeren Garn umsticken. Bin daher inspiriert. Vielen Dank
AntwortenLöschenLiebe Grüße
schurrmurr
Wirklich wunderschön, dein Schal, und die Idee aus so vielen Stickexperimenten einen zu machen, finde ich genial! Deine Sashiko-Stickerei finde ich sehr sauber und gelungen, kein Grund zum Nörgeln, das sieht toll aus! Von den anderen Stickereinen gefallen mir die Beerenzweige am besten, ganz hinreißend sind die. Und bitte weitermachen mit dem Schal. Wenn du ihn vielleicht letztendlich nicht tragen möchtest, so ist das doch der perfekte Archäologenfund in 500 Jahren!! Stell dir mal vor, wie sie später anhand deines Schals alte vergessene Handarbeitstechniken rekonstruieren werden, und dann landet er bestimmt auch noch in einem Museum. Also, weitermachen. :-)
AntwortenLöschenLiebe Grüße!
Weitermachen zum Wohle der Menschheit? Na, ich weiß ja nicht, ob ich dazu Lust habe! ;)
LöschenOh die Beerenzweige finde ich ganz zauberhaft - immer wieder erstaunlich welche Effekte man mit relativ einfachen, wenn auch aufwendigen Arbeiten erreichen kann! :)
AntwortenLöschenIch hatte schon deine. Beitrag zu den Stoffspielereien vermisst ...
AntwortenLöschenDein Schal sieht jedenfalls sehr interessant und individuell aus. Ein guter Platz für die Sashiko-Stickerei. Ich plädiere natürlich auch für Fertigstellung.
Dein Post ist wieder einmal eine Fundgrube für Handarbeitsfans; von aufgestickten Shishaspiegeln, auch, wie ich beim sofortigen googeln festgestellt habe, mirrorwork genannt, hatte ich bisher noch nichts gehört. Danke für den Tip. Könnte ja zu einem Thema für zukünftige Stoffspielereien werden.
LG
Siebensachen
Ein einzigartiger Schal mit schönen Stickexperimenten. Danke dass Du uns an Deinen Erfahrungen und Änderungen des Geschmacks teilhaben lässt.
AntwortenLöschenDie Mischung der Materialien und Muster gefällt mir. Ein dunkelblaues Häkeldeckchen im Farbton der neuen Sticklinien passt vielleicht besser, interessant wäre ein "Tragefoto" welche Stellen drapiert werden.
Unglaublich, dass sich das Thema der Musterübertragung auch diesem Monat wie ein roter Faden durch die Stoffspielerei zieht.
LG Ute
Wirklich schön, deine Stickereien! Ich finde es bewundernswert, was du alles ausprobierst.
AntwortenLöschenLG, Berry
Auf jeden Fall musst du den Schal fertig machen. Man ist selbst immer am Kritischten mit sich. Mir gefallen deine Stickereien. Zum Aufzeichnen von Stickmustern benutze ich gerne den Frixion Ball. Der verschwindet komplett beim Bügeln wieder. Geht allerdings nur bei Stoffen durch die man wenigstens halbwegs durchschauen kann.
AntwortenLöschenGruß
Anja
Hey- den Schal hätte ich in der Tat nie mit dir in Verbindung gebracht. Obwohl das gezeigte Experimentieren mit verschiedenen Techniken ja schon irgendwie typisch für dein Tun ist.
AntwortenLöschenAber stilistisch halt doch nicht ganz innerhalb der Nahtzugabe.
(Dein Sashiko aber in allen Ehren: Das ist doch gelungen!)
Muss mich den anderen anschliessen: Das was man auf den Bildern sieht, wirkt so toll und stimmig, trotz der Andersartigkeit und dem Wirrwarr von Techniken und Stoffen, bzw. wohl gerade deshalb. Würde mich wirklich freuen, das Projekt fertig zu sehen.
AntwortenLöschenlg ette