Am Berliner Kulturforum läuft noch bis zum 5. März eine Ausstellung über den Berliner Modeschöpfer Uli Richter, Uli Richter revisited - "revisited" deshalb, weil es zum Jahreswechsel 2007/2008 schon einmal eine große Uli-Richter-Schau im Kunstgewerbemuseum gab.
Ich erinnere mich sehr gut daran, denn ein Artikel über diese Ausstellung war im Januar 2008 der zweite Beitrag überhaupt hier im Nahtzugabeblog und das Plakat hängt noch immer neben meinem Schreibtisch. Ein bißchen vergrätzt bin ich deswegen auch, schließlich werden wir in Berlin nicht gerade mit Modeausstellungen verwöhnt. Wenn das Kunstgewerbemuseum nur etwa alle 10 Jahre eine Modeausstellung bringt (aktueller Erfahrungswert), dann hätte es ja jetzt mal etwas anderes sein können.
Modelle von Uli Richter |
Was ist jetzt also anders als 2007/2008? Neben etwa 20 für den Richter-Stil typischen Modellen, die zwischen 1949 und 1986 entstanden - Capemäntel und Mantel-Kleid-Ensembles, Kostüme und Anzüge aus Wollstoffen mit unterschiedlichen Mustern und Texturen - sind Studentenentwürfe zu sehen, die aus Richters Kursen an der UdK hervorgingen. Richter hatte sein Modehaus in den 1980er Jahren aufgegeben und - zusammen mit dem Fotografen F. C. Gundlach - an der Hochschule unterrichtet.
In den Ausstellungstexten erfährt man recht wenig darüber, aber der Unterricht schien sehr praxisorientiert gewesen zu sein: Die Studierenden entwarfen zu einem vorgegebenen Thema und mit Stoffen aus Richters Fundus und mussten sich außerdem über die Verkaufbarkeit ihrer Modelle und über die Kalkulation der Herstellungskosten Gedanken machen. Zum Abschluss wurden die Kleidungsstücke im Fotostudio oder vor Berliner Kulisse in Szene gesetzt und fotografiert. Etwa zehn dieser Modelle werden in der Ausstellung gezeigt. Es wäre interessant gewesen zu erfahren, ob ihre Schöpferinnen und Schöpfer nach dem Studium wirklich den Weg ins Modegeschäft einschlugen, und ob sie immer noch in der Mode tätig sind.
Von Uli Richter inspirierte Entwürfe von heute |
Der dritte Teil der Schau zeigt Entwürfe Berliner Designer, die sich von Richter-Modellen inspirieren ließen. Es sind vor allem diejenigen Jungdesigner ausgewählt worden, die aktuell und im vergangenen Jahr als die neue große Hoffnung der Berliner Modeszene herumgereicht wurden: Marina Hoermanseder, Barre Noire, Michael Sontag, Steinrohner, Nobi Talai, Philomena Zanetti und Sample-cm, außerdem William Fan, über den es im Magazin der Frankfurter Allgemeinen zur Berliner Modewoche gerade eben einen langen Artikel gab (leider nicht online, kurz vorgestellt wird William Fan hier.).
Das ist alles sehr vernünftig und tragbar und von hoher handwerklicher Qualität und daher schön anzusehen. Ich komme natürlich nicht drumherum, diese Ausstellung immer mit der weit umfangreicheren Schau von 2007/2008 zu vergleichen, mir fallen daher besonders die Wiederholungen auf.
Der hellblaue Seidenmantel und das perlenbesetzte Abendkleid, die Richter für Rut Brand entwarf, sind aber auch beim zweiten Mal immer noch schön. Ein Abendkleid aus gelbgrundiger bedruckter Baumwolle wurde dieses Mal, umgeben von großformatigen Fotos, in eine unglückliche abgelegene Nische hinter den Fahrstühlen gequetscht und ist nicht einmal beschriftet. Überhaupt haben die Ausstellungsmacher zu den Kleidern selbst oft wenig bis gar nichts zu sagen: Die Schilder verraten meistens nur das Entstehungsdatum und bestenfalls die Materialzusammensetzung, manchmal wird der Name der Käuferin und jetzt Leihgeberin genannt, mehr nicht. Sogar ein Film, der zwei Modeschauen in Richters Couturehaus aus den 1980er Jahren zeigt, lief schon in der ersten Ausstellung in Dauerschleife - damals aber mit Ton, was ich sehr interessant fand, weil Richter die Schauen im Stil eines Conferenciers selbst moderierte.
Bei mir hinterließ Uli Richter revisited daher den Eindruck, dass hier schnell eine Ausstellung aus dem Fundus zusammengestellt wurde, die überall ein bißchen an der Oberfläche kratzt. Wer die Vorläuferausstellung nicht kennt, wird sich sicher mehr darüber freuen können als ich. Ich ging doch ziemlich enttäuscht nach Hause. Und mein altes Uli-Richter-Ausstellungsplakat kann ich nicht einmal mit dem neuen ergänzen, weil von dem neuen Plakat keine Exemplare für den Verkauf gedruckt wurden. Aber das Planen konsequent an Besucherinteressen vorbei scheint mir oft typisch zu sein bei den Berliner Staatlichen Museen.
Aber, um diesen Beitrag positiv enden zu lassen, heute ist ja nicht alles schlechter als früher: Während zur Zeit der ersten Ausstellung das Fotografieren noch strengstens verboten war, hat das Kunstgewerbemuseum nun vor der Flut der Handykameras kapituliert und niemand sagt mehr etwas, wenn man in der Ausstellung herumknipst, daher kann ich hier wenigstens einen Eindruck zeigen.
Ein Besuch im Kunstgewerbemuseum lohnt sich für Modeinteressierte trotzdem, denn es gibt ja noch die Mode-Dauerausstellung, über die ich hier geschrieben hatte. Im letzten Herbst kam noch ein schöner, lichter Veranstaltungsraum im obersten Stock hinzu, in dem Workshops für Kinder und Erwachsene angeboten werden, zur Zeit unter anderem Schnittänderungsworkshops anhand eines Uli-Richter-Schnittmusters. Besonders klasse: Der Raum ist immer offen und es gibt große Stoffproben zum Befühlen und Korsetts und Reifröcke verschiedener Epochen zum Anprobieren. Man erreicht den Veranstaltungsraum über eine Treppe vom Rundgang durch die Modegalerie aus - sie geht in einer Nische rechts ab, wenn ihr am Ende der Treppe das Wort "Anprobe" seht, seid ihr richtig. Vom Haupttreppenhaus aus muss man durch die Jugendstil-Abteilung, dann findet man den Veranstaltungsraum hinten links in der Ecke.
Uli Richter revisited
Kunstgewerbemuseum, noch bis 3. 5. 2017
U-Bahn U2 oder S-Bahn S1, S2, S25 (Potsdamer Platz)
DI-FR 10-18.00 Uhr, SA und SO 11-18.00 Uhr
Schade, dass die Ausstellung bei dir einen eher negativen Eindruck hinterlassen hat. Trotzdem danke für den Tipp! Ich werde mir das Kunstgewerbemuseum irgendwann einmal anschauen - allerdings vermutlich nicht gerade zu dieser Ausstellung.^^
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Sabrina
Insgesamt gesehen lohnt sich der Besuch schon - auch wenn ich die ganze Zeit meckere ;-))
LöschenDanke für den interessanten Bericht! Ich kann mir vorstellen, dass die schlecht wieder aufgewärmte Ausstellung für dich eine Enttäuschung war. Da ich keinen Vergleich habe, werde ich sie mir sicher anschauen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Julia
Ja, wie gesagt, ich wollte eigentlich gar nicht so nölen. (Aber ein Plakat hätte ich schon gerne gekauft).
LöschenDanke für den interessanten Bericht! Ich kann mir vorstellen, dass die schlecht wieder aufgewärmte Ausstellung für dich eine Enttäuschung war. Da ich keinen Vergleich habe, werde ich sie mir sicher anschauen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Julia
Liebe Lucy,
AntwortenLöschenvielen Dank für den interessanten Bericht!
LG Mona
Danke für den Tipp. Da ich Schau Nummer 1 nicht kenne freue ich mich einfach auf die Inspiration und die Fotos, die ich machen kann :)
AntwortenLöschenFür Mittwoch in den Plan aufgenommen.
LG Anja
Genau - und die Modegalerei mit den alten Kleidern ist wirklich interessant.
LöschenHaha, die Wegbeschreibung am Ende sagt alles über die Schwierigkeiten, die man als Besucher im Gebäude hat :) Den Anprobebereich hätte ich auch gern gefunden, da muss ich wohl nochmal hin und hartnäckiger suchen.
AntwortenLöschenAuch als Erstbesucherin der Ausstellung fand ich es ein bisschen wenig, um nur deshalb dorthin zu fahren. Aber zusammen mit der ständigen Ausstellung lohnt es sich.
Das Gebäude ist einfach eine Katastrophe und wird mit den Jahren auch nicht durch das Alter geadelt. Nie weiß man, in welchem Stockwerk man ist, ich hatte schon Schweirigkeiten, wieder aus der Damentoilette herauszufinden - überall lauter identische weiße Türen.
LöschenVielen Dank für den Ausstellungsbericht! Schade, dass sie so wenig ergiebig für dich war. Werden denn Spezialführungen angeboten? Das wäre vielleicht eine Alternative, wenn sonst so wenig Information zu finden ist...
AntwortenLöschenLG, Bele
Es gibt allgemeine Führungen und eine "Tandemführung" mit einer Ausstellungskuratorin und einem Designer - das könnte interessant sein und findet nochmal am 26. 2. statt.
LöschenAh! Wenn ich mal nach Berlin komme, wird das Kunstgewerbemuseum jedenfalls am Programm stehen, danke! lg, Gabi
AntwortenLöschenUnbedingt - die nicht-textilen Abteilungen sind auch interessant.
LöschenDanke für den Tipp, das wäre an mir vorbeigegangen.In dem Haus war ich schon und habe mich auch immer gefragt, was die Intention des Achitekten gewesen sein muß.
AntwortenLöschenViele Grüße, Karen