Samstag, 18. März 2017
Mads Rønnborg, Andrea Instone: 100x Outfit of the day [Rezension]
Viele Bloggerinnen sind ganz ausgezeichnete Autorinnen: Witzig, selbstironisch, sachkundig auf ihrem Gebiet, es ist ein Vergnügen, sie zu lesen. Mich freut es daher immer ganz besonders, wenn diese Bloggerinnen ein Buch veröffentlichen, oder, wie hier, an einem beteiligt sind. Wobei, "an einem Buch beteiligt" ist in diesem Fall viel zu wenig: Andrea Instone, als Bloggerin als Michou à la mode bekannt, steuerte die Texte zu einem Stilratgeber bei, der ohne ihren Beitrag wenig mehr als ein Fotobuch geblieben wäre.
Den Hauptautor Mads Rønnborg, laut Einleitung "ehemaliger Styling-Chef im deutschen Frühstücksfernsehen" und momentan beim Magazin "Barbara" beschäftigt, kannte ich bisher ehrlich gesagt nicht. Von ihm stammen die 100 Outfitvorschläge, die auf 160 Seiten in ganzseitigen Bildern gezeigt werden.
Die Outfits sind in Kapitel organisiert, in denen jeweils ein Kleidungsstück im Mittelpunkt steht: Mal geht es um schwierig zu kombinierende Trendteile wie Plisseeröcke und Jumpsuits, mal um Bekleidungsklassiker wie Bleistiftröcke oder das schwarze Kleid. Begleitet sind die schön arrangierten und als Flatlay, also ohne Models fotografierten Zusammenstellungen von kurzen erklärenden Statements des Stylisten, manchmal auch von kalligraphischen Spielereien.
Die längeren Texte, insgesamt sind es zehn Doppelseiten, stammen von Andrea, und sie darf dort tun, was sie so gut kann: Über Stil und Farben, Figur und Mode plaudern, immer sachkundig, aber unterhaltsam und nicht bevormundend. Einige Male geraten beide in Konflikt - nicht nur in der Wahl der Anredeform, denn Andrea ist mit der Leserin per Sie, während Rønnborg duzt - wenn Rønnborg zum Beispiel von einem Outfit spricht, das "optisch streckt" und "eine perfekte Figur zaubert", während uns Andrea doch gerade erklärt hat, dass es auf diese Regel gar nicht ankomme.
Von diesen nicht ganz stimmigen Details abgesehen ist 100x Outfit of the day aber ein schön gestaltetes Buch, das beim Blättern Vergnügen bereitet. Es gibt kein vorfabriziertes Rezeptwissen ab, sondern lädt zum Experimentieren und Spielen ein. Die Leserin muss anhand der Bilder selbst entdecken, warum ein Outfit funktioniert: wenn eine Farbe aus Muster eines Shirts in den Schuhen wieder aufgenommen wird, wenn verschiedene Stoffstrukturen aufeinander treffen oder ein für sich genommen konservatives Kleidungsstück mit sportlichem Beiwerk entspießert wird (wobei mich der umgekehrte Vorschlag - Jogginghose mit Nadelstreifenblazer und eleganten Schuhen "ins Büro" anziehen - wohl niemals überzeugen wird). Ich denke, dass ich oft und immer mal wieder darin blättern werden, weil man mit jedem Mal wieder Neues entdecken kann - und einige Teile würde ich am liebsten sofort nachnähen, zum Beispiel den großkarierten Mantel von Outfit 87. Das Bleistiftrock-Kapitel animiert mich, dieses lange geplante Projekt endlich einmal anzugehen - mir gefällt besonders Outfit 93 - und von dem Jumpsuit von Outfit 58 hätte ich gerne den Stoff.
Wer nach den Appetithappen im Buch noch mehr von Andrea über Farbe und Stil lesen möchte, dem empfehle ich die entsprechende Rubrik ihres Blogs - und ich hoffe sehr, dass wir von Andrea in Zukunft noch mehr in Buchform lesen werden.
Alle Informationen zum Buch und noch mehr Bilder gibt es hier:
Mads Rønnborg, Andrea Instone: 100x Outfit of the Day. Stylingideen für Lieblingsstücke.
ISBN 978-3-77-246475-1, 19,99 €
6 Kommentare:
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Oh, das sehe ich jetzt erst - hättest du doch etwas gesagt :-) Ich bin noch ein wenig sprachlos ob der Nettigkeiten, danke dir.
AntwortenLöschenDass mit den Unstimmigkeiten fiel mir natürlich auch auf: Ein klein wenig musste ich grinsen, dass ausgerechnet Nummer 100 mit den üblichen Schultern-gleichen-Hüften-aus-Tralala kommt und somit das Buch beendet. Auch die Sache mit dem Siezen und Duzen - mir wäre das Duzen wie den meisten Bloggerinnen sicher leichter gefallen, aber anständig und seriös, wie es sein sollte, nutzte ich das Sie und sah dann auch etwas verwundert, dass die Texte drumherum nun duzen ... spontan fühlte ich mich etwas alt und spießig :-D Aber ich denke, das geschieht, wenn ein Projekt von zwei Seiten aus in der Mache ist.
Letzten Endes kann ich mich darüber amüsieren, die Mitarbeit hat Spaß gemacht und ich habe etwas Neues gelernt. Und darf ich mich nun freuen, so viele freundliche Worte dafür einsammeln zu dürfen :-)
Gerne! Die "Stilregeln" alten Schlags sind eben einfach nicht totzukriegen - umso besser, dass deine Texte nicht auch noch in die glecheh Kerbe schlagen.
LöschenMir gefällt hauptsächlich deine schöne Patchworkdecke, mit der du das Buch präsentierst!
AntwortenLöschenIch gehöre ganz sicher nicht zur Zielgruppe solcher Bücher und Styling-Zeitschriften und kann mit den Konzepten auch gar nichts anfangen (bis hin zu: finde es sehr fragwürdig wenn man die Person, die bestylt werden soll nicht vor sich hat - das was halt ganz früher guter Einzelhandel geleistet hat...), aber es soll ja unterschiedliche Interessen geben und das ist auch gut so.
Für mich ist so ein Buch halt einfach Werbung, für die man extra bezahlt. Trotzdem darf man das ja gerne anschauen (und kaufen).
LG frifris
Soll nicht böse klingen. Ich bin wirklich nur erstaunt welche Zielgruppe das anspricht. Ich kaufe aber auch nie "Modezeitschriften" ohne Schnittmuster und frage mich immer, wer das tut! Aber davon lebt ja eine ganze Branche, hat ja seine Berechtigung. Erlaubt ist was gefällt und was KäuferInnen findet.
LöschenIch finde solche Bücher (und auch Modezeitschriften, um frifris Kommentar aufzugreifen) vor allem als "Zeitzeugen" interessant. Was schlägt der Designer vor kann heute wie zu welchen anderen Teilen kombiniert werden? Für mich selbst nehme ich meist eher wenig daraus mit, aber anschauen tu ich's mir trotzdem immer wieder ganz gern. Ein bisschen distanziert, vielleicht. lg, Gabi
AntwortenLöschenDiesen Aspekt finde ich auch außerordentlich spannend - wie werden wir in 20 Jahren darüber denken? Oft erkennt man erst in der Rückschau die großen Linien. Oft finden wir das, was vor 20 Jahren modisch war, heute ganz, ganz schrecklich und können uns nicht vorstellen, dass das jemals jemand schön finden konnte - und ein paar Jahre später findet das eine Generation jünger schon wieder cool. Letztes und vorletztes Jahr gut zu sehen an den riesigen, wild gemusterten Strickpullovern aus den 80ern, die in Hipsterkreisen auf einmal wieder gefragt waren.
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