Dienstag, 3. November 2009

Ein anderes Jackenabenteuer

Diese Jacke darf nicht mehr auf die Straße

Nicht nur wir Frauen kennen die Schwierigkeiten, gefallende und vor allem passende Kleidungsstücke zu finden – auch der Liebste, der Einkaufsbummel meidet wie der Hase den Försterball, hat so seine liebe Not, vor allem mit den Jacken. Zur Zeit wirkt die Männer-Jackenmode noch dazu wie aus dem Katalog eines Militärausrüsters entnommen – Herbstjacken in khakigrün, feldgrau, wüstenbeige, mit tausend Taschen und Schulterklappen, da fehlen nur noch die Rangabzeichen. „Wir“ befinden uns ja in Afghanistan ganz sicher nicht im Krieg, das kann man gar nicht oft genug wiederholen, ansonsten könnte man auf die Idee kommen, dass sich hier gewisse gesellschaftliche Befindlichkeiten direkt in Farben und Formen widerspiegeln.

Aber wie auch immer, die Jackensuche im Frühjahr war erfolglos, und nachdem wir einer Verkäuferin ganz alten Schlags in die Hände gefallen waren (die mich fragte „Hat er denn die Jacke schon anprobiert?“, während er, weder taub noch blöd, daneben stand), also danach hatte nicht mal ich mehr Lust, die Suche fortzusetzen. Die einzig wahre Lieblingsjacke, dünnes Leder und schon secondhand gekauft, löste sich mehr und mehr auf, eingerissene Taschenpatten, zerfetztes Futter, abgeschabte Ärmel, durchgescheuerter Kragen, also langsam richtig schäbig.

Aber jetzt gibt es ja einen Klon

Der naheliegende Gedanke, diese Jacke nachzuschneidern, kam mir natürlich erst drei Wochen vor des Liebsten Geburtstag. Auf dem Markt am Maybachufer fand ich wunderbaren mittelbraunen Cord, im Sommer, wenn das kein Zeichen ist!

Den Schnitt des Jackenwracks nahm ich mit Abdeckfolie extra stark aus dem Baumarkt ab. Das war viel einfacher als befürchtet, weil die Jacke aus vielen kleinen übersichtlichen Teilen besteht – allein der Rücken aus sechs Teilen plus Schulterpasse. Ich breitete die Jacke also Schnittteil für Schnitteil möglichst flach aus, steckte die Folie mit Stecknadeln glatt darauf und zeichnete die Nahtlinien jedes Einzelteils mit Folienschreiber nach.

Schon gut eingetragen

Und das funktionierte! Die Teile fügten sich aus Cord ganz problemlos wieder zusammen, und da zeitraubendes Anprobieren und Schnittänderungen wegfielen - der wahre Vorteil von Geheimprojekten - kam ich sogar schnell voran, obwohl ich nur abends und am Wochenende nähte, wenn ich allein zuhaus war. Nur die letzten Tage vor dem Geburtstag musste ich zwei heimliche Tagesschichten einlegen.



Ein paar Fehler sind mir in der knappen Zeit dann doch unterlaufen: Der Oberkragen hätte gut einen Zentimeter mehr Länge vertragen, da habe ich das Volumen des Cords unterschätzt, und jetzt bedeckt der umgeklappte Teil des Kragens eben nicht, wie es sein sollte, den gesamten Kragensteg und die Kragenecken neigen zum Hochstehen. Beim Zuschneiden des Futters vergaß ich, im Vorderteil die Breite des Vorderteilbelegs abzurechnen und wunderte mich dann über zu viel Stoff, aber das ließ sich hinschummeln, obwohl die Innentaschen schon genäht waren.

Der Liebste hatte als Geburtstagsgeschenk zwar eine Hängematte erwartet (fragt nicht!), war dann aber mit der Jacke hochzufrieden, so dass sie auf den Bildern schon gut eingetragen ist. Cord neigt ja etwas dazu, sich den Körperformen anzupassen. Und ich habe jetzt einen wunderbaren Schnitt, den ich auch noch einmal nähen würde, falls Bedarf besteht.

18 Kommentare:

  1. Das ist ja mal wieder absolut toll. Die Lieblingsjacke ist auferstanden, der Einheitsindustrie ist ein Schnippchen geschlagen und dein Nähkönnen - perfekt. Diese ganzen Taschen! Die nächste kannst du dann ja wieder aus Leder machen. (Ich hatte früher mal einem Freund ein Hemd aus Fensterlederlappen gemacht - das war nicht so der Hit). Danke auch für die Idee mit der Bauplane, das erleichtert die Sache sehr. Und eine Hängematte machst du dann sicher auch irgendwann noch?

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  2. Toll!! Gratuliere, ein wunderbares Teil!!

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  3. du bist ein genie....so toll und da hat sich aber jemand ganz ganz fest gefreut!!!
    liebe grüsse ann

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  4. Lese ich Deinen Post habe ich das Gefühl Du kennst meinen Mann und warst mit ihm zum Einkaufen. Das kam mir alles sehr bekannt vor...:)

    Hut ab vor dem Mut so ein Projekt durchzuziehen! Einen Schnitt abzunehmen ohne das Teil aufzutrennen und aufzulegen ist nicht einfach. Die Jacke ist gut gelungen.
    Liebe Grüße
    Teresa

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  5. Boah, ich bin beeindruckt. Die Jacke ist ja wirklich ein Clon. Sieht wirklich toll aus,

    Liebe Grüße, Smila

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  6. Also, ich bin auch starkt beeindruckt. Sehr schöne Jacke - in Leder wie auch in Cord. Den Kragen muss er halt hochschlagen, da merkst du es nicht. Oder die "Herrenaustatterverkäuferinnen und Verkäufer" - denn ich hätte es nicht gewusst.
    Auch ich bin eine Schnittkopiererin, aber bisher nur bei Lieblingsshirts von mirkindfreundinmann.
    Jacke - war immer nur der Gedanke daran.
    Habe mir doch einen Mantel nach Schnittmuster zugeschnitten, der so gar nicht zu meinen Körpermaßen passt.
    Wirklich ganz toll, die jacke
    liebe grüße von monika

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  7. Danke für das viele Lob, das freut mich sehr! Ich bin ehrlich gesagt auch ziemlich stolz auf mich, wenn ich das mal so sagen darf, vor allem weil ich das Teil für meine Verhältnisse äußerst zügig genäht habe.
    Monika, probiers doch einfach mal mit einer Jacke. Wie du schon schriebst, kann man ja mit Schnittmuster auch ganz schön reinfallen. Und bei einem kopierten Schnitt weißt du wenigstens ganz sicher, dass das Stück zu dir passt. Die technischen Schwierigkeiten auf dem Weg dahin meisterst du ganz bestimmt.
    Übrigens, die Hängematte wird gekauft! Alles nähe ich nun doch nicht.

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  8. Wow, wirklich toll hast du das hingekriegt! Dein Liebster kann sich freuen, eine so nähbegabte Freundin zu haben.
    LG, berry

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  9. Großartig, Lucy!
    Schwer war wohl auch, das Projekt geheimzuhalten, das stelle ich mir grausam vor. Immer alles wegräumen und den Liebsten nicht am Fortschritt teilhaben zu lassen......
    Ich mag das blitzeblaue Futter gern, das ist so entschieden anders.
    Und heb´ mal was vom Cord auf, dann kannst du in ein paar Jahren stilecht Flicken auf den Ellenbogen nähen.
    Landlordstyle ist besser als Militärlook. :)

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  10. Es macht so richtig Spaß Deine Großprojekte zu verfolgen. An die ich nicht mal im Traum denke. Da Cord ja bei weitem nicht so eine lange Lebensdauer hat wie Leder, kannst Du dann beim zweiten Modell auch noch den Rest perfektionieren. Aber Dein Zarter hat bestimmt Bauklötzer gestaunt!?
    Wie wäre es denn mit ner Hängematte aus der Lederjacke? So abgeliebtes Leder hat einen tollen Charme. Für eine Tasche reicht es auf alle Fälle.Und für den Ellebogen bleibt auch noch was.
    Staunegrüße, Karen

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  11. Was für ein wunderbar liebevolles Geschenk!

    LG
    nyman und svensson

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  12. Schöne Jacke, Kompliment, bin gespannt, wann du Klon 2 zeigst.
    Liebe Grüsse, Allerleirauh

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  13. toll ! und tolle idee.
    schnitt abpausen vom lebenden teilen ist eigentlich ganz einfaqch wenn man an alles denket
    (und das ist wiederrum nicht ganz einfach, an alles zu denken....)

    großes kompliment !

    stella

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  14. klasse, ich bin begeistert! :)
    vor schnittabnahmen hab ich mich immer gefürchtet. selber zeichen - ja. aber abnehmen? nö. kann ich nicht.
    die flachen teile gehen ja noch, aber die ÄRMEL! *grusel*

    von daher bewundere ich das, was du hier geschafft hast zutiefst!

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  15. Bei so einem Geburtstagsgeschenk kann doch eine Hängematte nicht mithalten (auch wenn Sie im Sommer unter dem Baum etwas Feines ist)! Die Jacke ist wirklich sehr schön geworden, es war eine gute Idee den Schnitt der alten Jacke abzunehmen. Dein Ergebnis macht auf jeden Fall Mut, es auch einmal zu versuchen!

    LG Rita

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  16. Boah... mein ERSTER Gedanke war: "Hey, IHR Freund müsste man sein!" Krass (und etwas peinlich *rotwerd*)

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  17. Die ist richtig toll geworden! Grade Jacken finde wirklich schwierig zu finden. Wird die Jacke immer noch getragen oder gibt es schon weitere? LG

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    1. Ja, die wird noch getragen - und langsam wäre schon mal wieder eine neue fällig, auch wenn der Cord wirklich sehr haltbar ist. Aber Jacken nähe ich einfach nicht mal so nebenher.

      viele Grüße! Lucy

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