In der Zwischenzeit beschäftigte ich mich vor allem mit Näh-Ersatzhandlungen - tatsächliches Nähen wäre die meiste Zeit viel zu anstrengend gewesen. Ich blätterte ca. 1000 Hefte BurdaPramoOttobre durch, auf der Suche nach einem simplen Schnitt für ein schmales Jerseykleid mit langen Ärmeln, gerne mit etwas hochgesetzter Taille. Unnötig zu erwähnen, dass ich nichts dergleichen fand, dafür aber hundert andere Schnitte, die es auch wert wären, genäht zu werden. Ich dachte über Nähen nach Plan nach - sollte ich die potentielle Blamage in Kauf nehmen und für das Frühjahr hier auch einmal öffentlich Outfit- und Nähplanung betreiben? In anderen Blogs lese ich solche Posts sehr gerne, und natürlich führe ich für mich eine Liste, welche Schnitte und welche Teile ich in nächster Zeit herstellen möchte. Was die Umsetzung meiner Liste betrifft, befinde ich mich aber in guter Gesellschaft mit Oh-Mimmi: wie sie anlässlich ihres Januarkleids feststellte, kommt es oft anders, aus diesen oder jenen wichtigen Gründen, weswegen es sich empfiehlt, immer nur schön nebulös über Nähpläne zu schreiben.
Burda 130 auf Heft 8/2005 ("Junge Avantgarde") von vorne... |
... und von hinten |
Die Rock-Konstruktion ist wirklich außergewöhnlich, fast würde ich sagen: unvergesslich. Der Rock besteht aus vier vollkommen unterschiedlichen Teilen, die vier Nähte laufen schräg um den Körper herum. Aus nur 1,50 m Stoff (ich hatte sogar nur 1,20 m) entsteht so ein Rock mit fast 2, 30 m Saumweite. Anne vom Anneblog zeigte diesen Rock letztes Jahr hier und hier - damit rutschte das Modell auf der Näh-Dringlichkeitsstufe noch weiter nach oben.
Der Rock wird hinten rechts mit einem geknöpften Schlitz verschlossen. Auf diesen Bildern sieht man auch deutlicher den Außenstoff: eine schwer fallende Viskosemischung mit einem kleinen, eingewebten Muster, ungefähr wie ein Herrenanzugstoff. Der Anblick meiner Knopflöcher von innen ist hingegen deprimierend und bestärkt mich, dass ich auf lange Sicht einfach eine bessere Nähmaschine brauche, ja wirklich, brauche. Ich kann mich nicht ewig mit diesen schraddeligen Wäscheknopflöchern abfinden, die meine Maschine produziert. Weiterer Grund zum Meckern: der Futterstoff, ich glaube es handelt sich um vor Ewigkeiten bei Nietzel bestelltes Acetatfutter, ist so dünn, dass man die aufgebügelte Einlage durchsieht. Da hätte ich wohl besser einen anderen genommen.
Den Saum habe ich mit einer Saumspitze festgenäht, eine gute Idee, die ich vor einiger Zeit in einem Nähbuch aus den 70er Jahren fand. Bei schmalen Säumen an glockigen Teilen hat man ja öfter das Problem, dass ein doppelt eingeschlagener Saum viel zu sperrig wäre und den Fall des Rockes ungüstig beeinflussen würde. Ein einfach eingeschlagener Saum ist aber nicht sonderlich ansehnlich - man kann die Kante mit Zickzack versäubern oder overlocken, aber schön ist das nicht gerade.
Für die Saumverarbeitung mit Spitze nimmt man eine schmale Borte und setzt sie von rechts an die Rockkante an. Dann schlägt man den Saum um, bügelt ihn - die Spitze liegt innen und verdeckt die offene Saumkante - und näht nun mit der Maschine oder fast unsichtbar mit der Hand die Spitze fest.
Ganz zuletzt musste ich nun noch herausfinden, wer denn dieses Designerstück der "Jungen Avantgarde" 2005 entworfen hatte. Ich besitze ja nur den Einleger mit den Anleitungen, und dort wird der Designer nicht verraten. Im Hobbyschneiderinnenforum fand ich den entscheidenden Hinweis: Stephan Schneider, Antwerpen. Für mich eine echte Entdeckung, denn: das ist genau mein Geschmack! Die Sachen sehen auf selbstverständliche Weise gut aus - tragbar, aber nicht langweilig. Auf seiner Webseite kann man sich durch das Archiv der älteren Kollektionen klicken, ein wunderbarer Ideenpool. Auf den Bildern der Herbst-Winter-Kollektion 2005/2006 meine ich auch, den Rock aus der Burda zu entdecken - Bild 1 und Bild 12, und auf Bild 10 möglicherweise von hinten? - allerdings wird dort die Knopfleiste vorne rechts getragen. Sollten die Burdas da etwas falsch verstanden haben? Da es auch schon einmal vorgekommen ist, dass ein Rock aus Burda-Eigenproduktion auf dem Foto im Heft falsch herum angezogen wurde, würde mich das nicht besonders wundern...
Ein interessantes Interview mit Stephan Schneider, der ursprünglich aus Duisburg stammt und der bis vor kurzem auch an der Berlinder UdK gelehrt hat, findet man hier.
Der Rock gefällt mir. Sehr sogar. Ob ich das Heft auch habe? Der Außenstoff, kombiniert mit dem orangenen Futter (wenn auch dünn) sieht klasse aus. Ich bin begeistert, auch von der aufgenähten Innenspitze. Das merke ich mir. Und Säume nähe ich gerade immer mit der Hand.
AntwortenLöschenDein Tipp mit dem Waschen der Wollstoffe für meine Stoffmanipulation habe ich ausprobiert. Ich hätte wetten können, das ist Wolle, der hellgraue Stoff. Bei 40 Grad ist nichts passiert.
lg monika
Den Rock finde ich sehr schön und mit den 4 Nähten um den Körper, könnte ich mir sogar vorstellen, dass man die Knöpfe tatsächlich fast überall tragen kann. Eigentlich genial. Finde Klasse, dass du diesen Kotrast gewählt hast.
AntwortenLöschenDer Rpck macht appetit aufs Ausprobieren. ich werde mir wohl langasam auch ne Liste anlegen.
LG KaZe
Der Schnitt ist ja echt klasse. Durch die Knopfleiste sehr raffiniert und wunderbar alltagstauglich.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Steffi
Ein wunderschöner Rock! Wirklich schön, das Grau mit dem Orange.
AntwortenLöschenDie Konstruktion ist genial und ich hab mich auch mal durch die Kollektion von Stephan Schneider geklickt, sehr schön (auch die Herrensachen). Wie viele andere, die hier hereinlesen, werde ich mich jetzt natürlich auf die Suche nach dem Heft machen ;)
Und wirklich, Nähhefte durchblättern ist wunderschön. Dummerweise finde ich dann auch selten was ich suche, sondern tausend neue Ideen. Achja.
Gute Restbesserung!
frifris
Der Rock sieht wunderbar aus, würde ich ja gerne mal angezogen sehen....
AntwortenLöschenÜberhaupt wieder ein toller Blogeintrag mit vielen Drumruminfos. Die muss ich mir nochmal ganz in Ruhe ansehen. Dir wünsche ich gute Besserung, viel Erfolg bei deiner Arbeit + einen einsichtigen Professor
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenDer Rock ist ja sensationell! Die vier unterschiedlichen Teile sind einfach klasse und die Knöpfe und das Futter und dieser Saum. Großartig!
AntwortenLöschenIch hab mich auch gewundert, dass die schmucke schräge Knopfleiste hinten liegen soll.. Hast du denn mal probiert den Rock "verkehrt herum" anzuziehen? Würde mich mal interessieren, ob das auch oder sogar besser funktioniert.. Liebe Grüße, Chrissy
AntwortenLöschenWenn ich ihn mal richtig "draußen" trage, wird das ausprobiert!
LöschenDas wuerde ich auch mal.ausprobieren...der Rock ist so toll der ist von vorne und von hinten tragbar..
AntwortenLöschenDas mit der saumspitze ist toll. Ich mag so professionelle Kleinigkeiten.
Desweiteren wuensche ich Dir gute Besserung. Und eine schöne Woche.
Liebe grüße
Stella
Der Rock ist traumhaft schön! Die Knöpfe sind ein wirklicher Hingucker! Für ein schmales Jerseykleid mit langem Arm würde ich dir den Schnitt Simplicity 7051 borgen. - im Gegenzug zum Burdarockschnitt junge Avantgarde??
AntwortenLöschenVerschnupfte Grüße vom anderen Ende der Stadt
Oh, du auch? Den Schnitt kann ich dir gerne mitbringen!
LöschenJa, den Schnitt habe ich auch mit dem Vermerk "sehr interessant" in Erinnerung. Auch wenn die Stoffbahnen alle unterschiedlich sind, ist es ein sog. Bananenrock. Ich habe mal einen (anderen) aus einem leichten Sommerleinen genäht und kann diese Schnittführung nur empfehlen. Vielleicht können wir ja einen neuen Trend setten: Bananenrock statt Knotenkleid...
AntwortenLöschenAuf jeden Fall danke für den Hinweis auf den Designer, denn seine Modelle gefallen mir ebenfalls.
Weiter gute Besserung!
LG
Siebensachen
Superschön dein Rock. Ich geh jetzt mal schnell schauen, ob ich die Burda habe!
AntwortenLöschenLG
Evelyn
Bananenröcke sind ausgesprochen tragefreundlich (obwohl mir bei dem Ausdruck irgendwie immer Josephine Baker vor meinem geistigen Auge auftaucht...), diese asymmetrische Variante ist aber super schick! Stephan Schneider hat den Wow-Effekt auf den zweiten Blick echt raus und Deine Umsetzung gefällt mir sehr. Vielleicht könnte es bei einem so leichten Futterstoff mit den Knopflöchern besser funktionieren, wenn die Knopfleiste mit Oberstoff gedoppelt wird, der an dieser Stelle zusätzlich auf den Futterrock gesteppt wird?
AntwortenLöschenLG, Bele
Ja, sowas in die Richtung hatte ich jetzt im Nachhinein auch überlegt, wobei das an der Stelle wegen der Schnittführung schwierig ist. Wenn das zu dick wird, geht die Eleganz flöten.
LöschenHaben wir die gleichen Viren abgekriegt. Scheinbar hast Du die schwerere Version erwischt, ich war nur so halb krank, aber immerhin...
AntwortenLöschenAber richtig: heute wird wieder rangeklotzt, jawollja!
Der Rock ist großartig. Zeigst du noch Bilder an der Frau?
Lieben Gruß auch an Ralf - hab seinen Kommentar natürlich gelesen.
Melleni
Dein Rock gefällt mir supergut. Ich liebe Röcke, vor allem solche schwingenden und in der Länge. Besonders gefällt mir das schöne farbige Futter. Ich kann kaum glauben, dass diese tolle schräge Knopfleiste hinten sein soll, ich fänd sie vorn viel schöner. Kann man den nun auch andersrum tragen? Vielleicht kannst du noch Tragefotos mit Knopfleiste vorn und hinten machen?? So zum Vergleich..
AntwortenLöschenDen Tipp mit der Saumspitze ist ja mal genial. Ich kenne das Problem mit "zuviel Stoff" auch und war bisher mit dem Innensaum immer unzufrieden. Deine Lösung ist ja mehr als elegant und wie ich finde, sogar als dekorativer Abschluss auf der Außenseite denkbar. Ich glaube, das probiere ich mal aus ...
Liebe Grüße
Katharina
Hallo Lucy,
AntwortenLöschenrutsch der rock auch bei dir hoch?
Kann ich noch nicht sagen, da ich ihn noch nicht länger getragen habe. Er soll auf der Hüfte sitzen, und beim Anprobieren tut er das auch - aber ich werde berichten, wie er sich verhält, wenn er raus darf.
Löschenich hatte mal 2004-2005 auch so einen rock getragen(fertig gekaft-meine nähabstinenszeit)- er sass bei mir auch nicht-rutschte permanent hoch, besonders anch dem sitzen.
Löschenwas für mich interessant wäre auch zu wissen, falss er das tun würde, on balance-korrentur eine auswirkung bei dem modell hätte...
Nachtrag
AntwortenLöschenIch war jetzt auch mal die Kollektion von Stephan Schneider anschauen und auf Bild 1 und 12 ist der Rock zu sehen, meine ich und die Knopfleiste ist definitiv vorn rechts! Auch wenn ein Bahnenrock ja theoretisch drehbar ist, so sollte es doch (potechnisch) schon ein vor und hinten geben, oder? Umso wichtiger wird jetzt deine Fotostudie des Rockes :o)
Viel Erfolg auch bei deiner Arbeit und gute Besserung. Ich hab sowas immer in der Unibibo geschrieben (naja unsere war jedenfalls mit massenhaft Arbeitstischen für genau diesen Zweck ausgestattet- und da gab es nur Bücher und Ruhe und keine Fenster zum rausgucken,hihi), da ich zu Hause alles Andere "erledigt" habe, als weiterzuschreiben. Prokrastination war mein zweiter Vorname ;o)
wobei so ein bisschen Adrenalin und Termindruck immer zu erstaunlich guten Ergebnissen führte, ich war hinterher immer sehr beeindruckt von mir: Booah, das hab ich geschrieben, echt? Cool.
LG
Katharina
Ja, ich probiere das auf jeden Fall aus - ich denke auch, dass es potechnisch einen Unterschied macht.
LöschenUnd Danke für die anspornenden Wünsche - glücklicherweise habe ich einen Schreibplatz außer Haus, das kann ich nur jedem empfehlen.
viele Grüße! Lucy
sehr interessante beobachtung!
Löschendenn!ich ahbe jetzt die komplette kolletion durchgeblättert und habe festgestellt - NICHTS ist richtig geschlossen.
selbst die blusen sind links über rechts.
absicht? oder alles spiegelverkehrt???
wennes noch negativzeit wäre...aber 2005 wafr schon digitalzeit...merkwürdig..
Der absolute Hammer - die Idee mit dem Saum hab ich mir gleich gepinnt. DAS muss man sich merken.
AntwortenLöschenDer ganze Rock sieht total edel aus.
lg Elke
Der Rock ist sehr schick und hat wirklich das besondere Etwas! Ich glaube, die Burda habe ich auch und ich meine, den Schnitt irgendwann auch schon mal vorgemerkt zu haben. Jetzt gerät er mir bestimmt nicht wieder in Vergessenheit - vielen Dank!
AntwortenLöschenViele liebe Grüße aus dem heute sehr stürmischen Hamburg! Hella
Oh, die Knopfleiste ist doch hinten auch gut!
AntwortenLöschenZum Knöpfen kannst du das nach vorne drehen und dann mit einem lässigen Hüftschwung nach hinten verfrachten. Dann stört vorn nichts die cleane Optik.
Der Schnitt ist wirklich toll, solche Sachen sind beim Nähen einfach spannender als die ewig bewährten Schnitte. Und wenn das dann auch noch passt und mit so leibevollen Details an versteckten Stellen auftrumpfen kann wird das ein Lieblingsstück. Du kannst das sicher wunderbar kombinieren, so Basics sind ja unterschätzt.
(Diese Saumverarbeitung ist spitze! Und das orange Futter! Alles Sachen für den zweiten Blick, das hat doch was!)
Diesen Rock will ich mir auch schon seit Ewigkeiten nähen und dein wunderschönes Exemplar spornt mich jetzt an, es doch mal in die Tat umzusetzen. Ich liebe es auch ein ganz anderfarbiges Futter in dunkle Röcke zu nähen und die Saumidee werde ich wohl auch aufgreifen :-)
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Eva
Dss ist je ein Schnitt mit einer wirklich außergewöhnlichen Konstruktion! Und du hast noch einen oben drauf gelegt, mit dem orangen Futter und der schönen Saumverarbeitung. Den Schnitt werde ich mir mal merken, vielleicht habe ich ja auch mal so viel Glück wie du und bekomme das Heft.
LöschenLG und gute Besserung
Rita
Danke für deinen Post. Ich hatte gerade einen interessant geschnittenen Rock zu einer altmodisch geschnittene Bluse (der Armistice Blouse) gesucht und du zeigst ein wunderschönes Exemplar! Das Burdaheft gab es bei Ebay, was will ich mehr.
AntwortenLöschenDie Technik mit der Spitze am Saum mag ich auch sehr.
Viel Erfolg bei der schriftlichen Arbeit
und auch von mir gute Besserung
Mema
Liebe Lucy, hoffentlich geht es Dir wieder besser! Ich habe immer in der Bibliothek der Erziehungswissenschaften in der Silberlaube gelernt, die ist so schön hell, zumindest war sie das vor 20 (! OMG) Jahren noch. Dein Rock gefällt mir supergut, mal sehen, ob diese spezielle Burda noch bei mir wohnt. Und die Idee mit der Saumspitze ist toll, die merk' ich mir.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Mirabell
der rock ist klasse. ich hatte ihn mir vor jahren aus leinen fuer den sommer genaeht und wirklich oft und gerne getraegen.
AntwortenLöschenDas Modell gefiel mir bei Anne schon so gut. Deine Verarbeitung mit dem orangenen Futter und der Spitze am Saum ist Klasse. Ich bin gespannt auf Tragefotos und -bericht.
AntwortenLöschenHerzliche Grüße,
Malou
Danke für den Hinweis - ich hab gleich mal gekramt - und tatsächlich diese Burda in meinem Bestand gefunde - kommt aus die To-Sew-Liste...
AntwortenLöschenIch hab noch eine schöne Alternative zur Saumspitze. Ich schneide Schrägstreifen aus Futterstoff (gerne auch aus ungewöhnlich gemustertem oder wie in Deinem Fall in Kontrastfarbe), nähe das Schrägband an die rechte Seite des Rocksaums, schlage es nach innen um und nähe dann per Hand den Rocksaum fest. Gibt auch einen schönen sauberen Abschluß, ohne dass man doppelt umschlagen muss.
Sabine
Danke dir, das ist ja auch eine schöne Idee, denn spitze passt ja nicht überall hin.
Löschenviele grüße! Lucy