Als Griselda alias Frau Machwerke "Chenille" als Stoffspielerei-Thema bekanntgab, dachte ich : Oh nein! Vor Jahren hatte ich Chenille schon mal mit ein paar größeren Stoffresten ausprobiert und einige Probelappen fabriziert, die mich aber in wirklich keiner Hinsicht begeistern konnten: schwer, lappig, fransig, aus irgendwelchen Resten nicht gerade hübsch, und aus meiner Sicht zu nix zu gebrauchen. Eine echte Herausforderung, die sich noch steigerte, als ich spaßeshalber "Chenille" in die Bildersuche eingab: das typische Chenilleobjekt, egal ob Decke, Kissen oder Teddybär, ist anscheinend weiß und rosa und verkitscht. Umso gespannter bin ich, was die Mit-Stoffspielerinnen und die Aufgabenstellerin Griselda, bei der heute alle Beiträge zusammenlaufen, fabriziert haben - Chenille muss es doch auch in schön geben!
Aber zuerst einen Schritt zurück: was ist selbstgemachte Chenille überhaupt? Der gewebte, samtige Stoff für Bademäntel oder Sofaüberwürfe ist nicht gemeint, ebensowenig fransiges Vollplastik-Strickgarn, das auch unter diesem Namen läuft. Genähte Chenille besteht aus einem Untergrundstoff (der meistens zugleich die Rückseite der Arbeit bildet) und mehreren Lagen weiterer Stoffe, die meistens mit parallel verlaufenden diagonalen Nähten auf den Untergrundstoff aufgenäht werden. Zwischen den Nähten werden die Stofflagen aufgeschnitten - der Untergrundstoff aber nicht! - und das ganze Objekt wandert in die Waschmaschine, am besten mehrmals, so dass die geschnittenen Kanten schön ausfransen. Eine Anleitung mit Bildern findet sich zum Beispiel hier. Das ganze gibt es dann noch in Variationen: Nähte in Wellenmustern, diagonale Nähte in verschiedenen Richtungen, verschiedene Nahtabstände, als Material wird häufig Baumwollflanell verwendet, weil der besonders gut franst, oder aber Jeans.
Da ich in punkto Chenille ja schon wusste, was mir nicht gefällt, überlegte ich gleich in die andere Richtung: etwas Unbuntes, Ungemustertes sollte es werden, keine große Fläche, und wie immer aus schon vorhandenem Material umsetzbar. Die Tüte mit den schwarzen Stoffresten aus Baumwolle und Leinen stand seit der Stoffspielerei vom Januar noch griffbereit da, als: was ließe sich daraus machen?
Ich wollte die Struktur von einfarbig schwarzer Chenille zu glattem schwarzen Stoff in Kontrast setzen und kam auf kleine, kreisförmige Chenille-Segmente, die separat gesteppt, aufgeschnitten und gewaschen wurden, und erst anschließend von der Rückseite mit der Hand auf schwarzen Wollstoff aufgenäht werden sollten.
Jedes Segment besteht aus 6 Kreisen aus verschiedenen Leinen- und Baumwollstoffen, kreisförmig gesteppt. Das zweite Bild zeigt den Zustand nach einer Wäsche - interessanterweise fransten die Kreise bei der zweiten Wäsche kaum noch weiter aus (oder besser gesagt: der übrig gebliebene Kreis. Eine Nebenhandlung, aber diese Stoffspielerei litt ein wenig unter familiärer Sabotage. Zum Testen hatte ich zwei Kreise gesteppt, geschnitten und gewaschen und war mit dem Ergebnis zufrieden. Zwei weitere vorbereitete Kreise und die bisherigen zwei legte ich daher mit in den Korb für die nächste Wäsche, um sie später säuberlich aussortiert vorzufinden - es sei unklar gewesen, was das denn sei und ob es mitgewaschen werden solle. In die übernächste Waschladung, die ich wieder nicht selbst beaufsichtigte, gingen dann wohl vier Kreise hinein, aber nur drei hinaus, der vierte (einer der bereits einmal gewaschenen) bleibt unauffindbar... Fazit: Stoffspielereien dem Partner _immer_ genauestens erklären!)
Hier mal probehalber auf schwarzen Wollstoff. Es wird deutlich, dass das Prinzip sehr wohl funktionieren würde, der Teufel aber wie so oft im Detail liegt: ich hatte ja einfach lauter verschiedene Reste zerschnitten, die allerdings ganz unterschiedlich ausfransen, ein Kreis (der unterste) zum Beispiel so gut wie gar nicht. Dafür entfärbte sich einer der verwendeten Leinenstoffe bei 60° zu einem dunklen bordeaux-altrosa (siehe Bild unten - bei einem Segment bildet dieser Stoff die unterste Lage, bei dem kaum ausgefransten Teil die zweite Schicht).
Überhaupt sehen die Schwarztöne der verschiedenen Stoffe recht unterschiedlich aus, man müsste also alle Chenille-Segmente aus demselben Stoff herstellen und vor der Großproduktion testen, ob der Stoff ansprechend ausfranst. Aber dann: wie wäre es mit einem Rock aus schwarzem Wollstoff, mit verteilten Chenille-Kreisen, vielleicht auch mit Kreisen in verschiedenen Größen? Ob ich so ein Großprojekt mal in Angriff nehme, weiß ich noch nicht - aber das Wieder-Ausprobieren der Technik war schon mal interessant und auf kleiner Fläche mag ich die Chenille-Struktur. Was anderen zum Thema Chenille eingefallen ist, findet sich hier im Machwerke-Blog.
*) Worum geht es hier? Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat sammeln wir die Links mit den neuen Werken – auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.
Thema im März: "Seltene Techniken", am 29. 3. bei Suschna - textile Geschichten.
Sonntag, 22. Februar 2015
Stoffspielerei im Februar oder: Chenille mit Hindernissen
Rubriken
Stoffspielerei
16 Kommentare:
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Auch eine tolle Idee. Und wenn man nicht alles selbst macht. Ist wie mit den Socken. Die fehlen auch. Oder, vielleicht steckt so ein Kreis ja in einer Socke?
AntwortenLöschenlg monika
Das Teil steckte in der Dichtung der Waschmaschinentür....
Löschen.. oder im Flusensieb?
AntwortenLöschenBei helleren Stoffen kommt das Dreidimensionale wahrscheinlich besser heraus- aber so dezent hat das natürlich auch was. Das ist dann weniger plakativ.
Ich würde tatsächlich nochmal probieren Schrägbänder kreisförmig aufzunähen, so kommt der Effekt wahrscheinlich am zuverlässigsten zusatnde. Und ich würde zum Applizieren einen sprühstärkegebändigten Chiffon oder etwas locker gewebtes nehmen, sonst tut man sich beim (händischen) Aufnähen verdammt schwer.
(Ein klarer Fall für "seltene Techniken", oder?)
Das Aufnähen der Teile auf den Untergrund war gar kein Problem - aber stimmt: je fluffigger das wird, desto besser wirkt es wahrscheinlich. Also am besten Schrägband aus Seidenchiffon kreisförmig aufnähen, das wird dann die Luxusklasse.
LöschenDanke für die Idee des "Kreisrunden". Und das ist doch ganz gut ausgefranst. Das hätte ich mir so nicht vorgestellen können; gut dass du das ausprobiert hast.
AntwortenLöschenNur wo der verschwundene Kreis wohl ist...?
LG Ines
Mir gefallen deine Kreise ausgesprochen gut und als ich deinen Bericht gerade gelesen habe, kam mir spontan eine Idee, wie ich diese "Rosen", denn an solche erinnern mich deine Kreise, einsetzen kann.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Trudi
Da kannst du dich ja freuen, dass du keinen bügelwütigen mitbewohner hast :)
AntwortenLöschenJedenfalls ist die Testreihe auch lehrreich was die verschiedenen Franzqualitäten der Stoffe angeht. Und das Ergebnis wäre ein bisschen Alabama Chanin mit Webware, oder? Jedenfalls bin ich jetzt auch schon versucht, die "seltenn Techniken" für Chenille zu verwenden. Mir war zunächst gar nicht so klar, was damit gemeint war, daher auch Danke für deine Einführung.
LG suschna
Ich könnte mir diese Kreise auch sehr gut als Brosche vorstellen. Der Fransenlook gefällt mir sehr gut.
AntwortenLöschenLG Mirella
Das sieht sehr edel aus liebe Lucy, und inspiriert mich sofort!
AntwortenLöschenAlles in allem finde ich die Chenille-Technik auch recht aufwendig, aber manchmal lohnt es sich doch, den Dingen etwas nachzugehen und zu experimentieren.
Ich habe z.B. ein Stück schiefergraue Seide, das kann ich mir mit der Chenille-Technik einiges gut vorstellen. Seide franst auch schön ...
viele Grüße, Birgit
Oh, die Stoffblumen (das sind sie ja) sehen wirklich gut aus... Könnte ich mir gut auf einem größeren Projekt vorstellen - Dir fällt da schon das Passende ein!
AntwortenLöschenUnd daß schwarz nicht gleich schwarz ist, das sollte klar sein. Ich hasse es, wenn morgens mein schwarzes Oberteil nicht zur schwarzen Hose passt. Klingt seltsam, ist aber so.
Mit Kontraststoff zwischen den Lagen könnte das auch irrsinnig gut aussehen. Vorausgesetzt, der Rest blutet nicht aus :/
Ich meine mich (dunkel) zu erinnern, solche Blumen schonmal aus diversen Lagen Chiffon gesehen zu haben. Vielleicht wäre das auch eine Möglichkeit?
Liebe Grüße
Katrin
Ja, es gäbe noch x Möglichkeiten, wie man das umsetzen könnte... auch mit einer Lage Kontraststoff in den "Blüten". Mal sehen, das wäre mal was für ein festliches Kleid oder so.
LöschenIch finde, das sieht toll aus. Ich stelle mir ein schmales schwarzes Kleid vor, auf dem in unregelmäßigen Abständen solche rosa-lila-schwarzen Kreise sind. Oder um den Ausschnitt herum eine ganze Reihe von kleinen solchen Kreisen. Oder unten am Rocksaum. Oder ein Rock mit solchen Kreisen. Oder oder oder. Toll. Irgendwie shabby chic und trotzdem voller Präzision.
AntwortenLöschenGenau, in die Richtung denke ich auch! Und dann am besten noch alltagstauglich.
LöschenDeine monochromen bzw. Ton-in-Ton Arbeiten haben im Reigen der Chenille-Werke gefehlt. Ich finde, einfarbig sieht das Ganze edel aus. Ich überlege schon die ganze Zeit, wie ich die Chenille-Technik bei Kleidung einsetzten könnte; deine einfarbigen Kreise sind ein guter Einstieg.
AntwortenLöschenLG
Siebensachen
Nachdem ich die anderen Chenille-Arbeiten gesehen habe, denke ich über Chenillestreifen bei einem Mantel oder einer längeren Jacke nach, am Saum und an den Ärmelaufschlägen. Auch Ton in Ton und aus feiner Wolle.
LöschenDeine Kreise sind sehr ideenreich, inspirierend, tragbar und ich wüsste viele Stellen, wo sie hin passen würden bei Kleidung und bei Wohndeko/Kissenbezüge. Für Kleidungsbeispiele war ich schon vorab gespannt, Dein Beispiel hat sehr viel Potential.
AntwortenLöschenÜbrigens gibt es einen speziellen Nähmaschinenfuß für wenige Lagen und man müsste experimentieren, ob solche kleinen Teile damit praktikabel genäht werden könnten. So grüble ich schon, ob es nicht ein Fuß für Bänder und Jersey auch benutzt werden könnten; und braucht der Jersey überhaupt Schrägschnitt?
Das ist das tolle an dieser Aktion, wie von einer Billardkugel angestoßen kriegen Ideen und bereits erprobte Techniken eine neue Richtung.
LG Ute