Mittwoch, 3. Juli 2019

Hose, Rock, oder Rose, Hock - im Urlaub zuhause in 104C Burdastyle 2/2017 und "Pam" LMV

Ist ein Hosenrock laut Definition ein Rock, der wie eine Hose konstruiert ist oder eine Hose, die wie ein Rock aussieht, und gibt es zwischen beidem einen Unterschied? Und ist eine Culotte heutzutage identisch mit einem Hosenrock, oder handelt es sich um einen bestimmten Hosentypus?



Diese Fragen stelle ich mir, seitdem ich Modell 104C aus Burdastyle 2/2017 genäht habe - laut Beschreibung eine "Culotte", und in Wirklichkeit nicht halb so rock- oder hosenrockartig, wie ich sie mir vorgestellt hatte, eher eine weite Hose in Dreiviertellänge. Hätte ich das Modellfoto im Heft  richtig angeschaut, wäre mir das nicht entgangen - und auf der russischen Burda-Seite gibt es viele Bilder von Leserinnen, auf denen der Hosencharakter des Schnitts deutlich zu erkennen ist.


Ursprünglich - der olivgrüne Baumwolltwill lag im Januar auf meinem Nähstapel - hatte ich daraus den Hosenrock Milly aus La Maison Victor nähen wollen, dann fiel mir aber auf, dass Milly keine Taschen hat und ich suchte nach einem ähnlichen Schnitt mit Taschen. Burdastyle 104C ähnelt nun zwar nicht dem LMV-Hosenrock, aber was soll's - er hat hat auf Anhieb gut gepasst und passt auch zu vielen meiner Oberteile, so dass ich schon eine zweite, schwarze zugeschnitten habe.

Mit Taschen!


Auf der Straße begegnet mir sowas wie meine Hose ständig, diese Hosenform ist in Berlin derzeit die bevorzugte Bekleidung von Frauen zwischen 25 und 65, wahrscheinlich gerade weil sie zu so vielem passt. Zum Beispiel passt sie zu so gut wie allen Schuhen von Flipflop bis Stiefelette, und die Berlinerin mag es praktisch. Kaum zu glauben, dass Hosenröcke/Culottes/weite und nicht ganz bodenlange Hosen vor ein paar Jahren noch ganz neu waren und wir ernsthaft darüber nachdachten, ob man das wirklich tragen könne ("Clown oder Couture, Amish oder Avantgarde?" fragte ich mich im April 2015). Ob jetzt gerade (Stichwort: Zadie-Jumpsuit-Manie) dasselbe mit den Jumpsuits passiert? Wie werden wir in ein paar Jahren darüber denken?

Die sichtbare abgekettelte Kante links beim Knopf irritiert mich, aber sonst ist das Innenleben ganz schön geworden
 
Aber das führt jetzt vom Thema weg. In punkto Hosenschnitt lässt sich noch sagen, dass das Modell in der Taille sehr hoch geschnitten ist - etwas ungewohnt, aber nicht unangenehm. Der Schnitt hat keinen Bund, nur einen Beleg innen und ein geknöpfter Untertritt nimmt oben den Zug vom Reißverschluss weg. Die Beleg-Untertritt-Konstruktion konnte ich nach der Anleitung problemlos nachnähen, allerdings frage ich mich, ob man die sichtbare abgekettelte Kante des Schlitzbelegs beim Nähen nicht auch noch einschlagen könnte. (Bei der zweiten Version des Schnitts, die so gut wie fertig ist, habe ich das aber auch nicht hingekriegt, an der Stelle hatte ich schon vorbeigenäht, ehe ich es merkte).



Das Oberteil ist ebenfalls aus einem "Stapelstoff" vom Januar, kreppige Viskose aus Italien mit einem Streifenmuster in tollen Farben: Schwarz, Weiß, Beige, Rot, Orange, Rosa und Royalblau. Passt zu allem, leider sind es nur 1,20 Meter, so dass ich nach viel Schnittsucherei dann doch wieder bei Pam aus La Maison Victor gelandet bin.

Über den Streifenverlauf dachte ich lange nach, ich wollte auf jeden Fall, dass die Streifen bei Vorder- und Rückenteil und Ärmeln in dieselbe Richtung verlaufen, das passte aber nur quer zum Fadenlauf auf den Stoff. Ich probierte ziemlich lange hin- und her und schnitt dann - nicht besonders überzeugt - Querstreifen zu.  Mittlerweile finde ich die waagerechten Streifen gerade gut  und merke mir für die Zukunft: Öfter mal Querstreifen in Erwägung ziehen.  



Der MeMadeMittwoch, die monatliche Verlinkungsaktion für selbstgenähte Kleidung, hat heute das Sommerspecial Urlaubsgarderobe - egal, wo Urlaub stattfindet - leider ist mein Sommerurlaub für dieses Jahr schon vorbei, aber Berlin ist ja bekanntlich die Stadt, wo andere Leute Urlaub machen, und hier lässt es sich im Sommer ganz gut aushalten (abzüglich der Tage mit 35 Grad natürlich, aber die sind auch an den meisten Urlaubsorten anstrengend). Urlaubsgarderoben en masse zur Inspiration also jetzt beim MeMadeMittwoch.


Die Details kurz gefasst:

Hose ("Culotte")
Schnitt: 104C aus Burdastyle 2/2017
Stoff: 1,80 m olivgrüner Baumwolltwill ohne Elasthan
Änderungen: Etwa 3 cm kürzer als das Schnittmuster

Bluse
Schnitt "Pam" aus La Maison Victor Januar/Februar 2016
Stoff: 1,20 leicht gecrashte Viskose, quer zum Fadenlauf zugeschnitten (und gebügelt), Ausschnittbeleg aus schwarzem Baumwollvoile
Änderungen: Rückennaht mit leichter Hohlkreuzanpassung

19 Kommentare:

  1. Ja die Culotte ... meine werden von Modell zu Modell auch immer schmaler und bei meinem heutigen Modell frage ich mich auch ob der Name so überhaupt noch passt.
    Lieber Gruß
    Elke

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    1. Das ist bestimmt alles ein Marketingtrick - wäre der Schnitt im Heft als "Hose" bezeichnet worden, hätte ich ihn bestimmt kein zweites Mal angeguckt.

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  2. Ich glaube, der Begriff Culottes wird einfach überstrapaziert; alles, mit mehr oder weniger weitem Bein wird gerade so genannt, um trendig zu klingen und es Frau schmackhaft zu machen, : ).
    Letzlich ist es doch egal, wenn der Schnitt gefällt, gut passt und aussieht und das ist bei dir absolut der Fall. Sehr schicke Dingsda und die klaren Farben des Streifenshirt gefallen mir auch sehr gut.
    LG von Susanne

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    1. Ja genau - alles Marketing. Schließlich gab es genau solche Hosen früher auch schon, aber es waren eben "weite Hosen", weiter nichts.
      Danke!

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  3. Die Hose steht auch noch auf meiner Liste, lustigerweise auch in dieser Farbe. Wirklich schön! Danke für das Foto und die Details zur Bundverarbeitung. Wo hast Du denn das rosa Schrägband gebraucht? Liebe Grüße Manuela

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    1. Das rosarote (eigentlich dunkelrote) Schrägband gehört zur Cordjacke, einige Beiträge früher, das hat nichts mit der Hose zu tun. Ich bin auf deine gespannt - die Farbe mag ich sehr, so ein Grün passt zu erstaunlich vielen Farben.

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  4. Für mich ist das eine Dreiviertelhose! Weil sie so sportlich rüberkommt. Culottes sind meiner Privatdefintion zufolge aus festerem, unbeweglicherem Stoff und unten wirklich sehr weit. Und bei Hosenröcken habe ich eher so eine Früh-80er-Tweed-Assoziation.

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    1. Ich habe mal ein Kleidungsstück genäht, das sieht so aus wie die Teile, die Frauen um 1900 zum Radfahren trugen, das wäre also eine Culotte. Hosenrock wäre quasi Kramer gegen Kramer oder Annie Hall (wobei ich mir sicher nur einbilde, dass in den Filmen Hosenröcke getragen wurden). "Dreiviertelhose" ist das, as halb Berlin gerade trägt. Soweit klar. Jetzt brauchen wir also nur noch ein Wort für diese sehr weiten, rockartigen Hosen aus dünnen, fließenden Stoffen, die es zur Zeit auch viel gibt.

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    2. Hehe, Hosenrockdefinition on fleek!

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  5. Der Schnitt ist auch auf meiner Merkliste, aber ich besitze schon eine ganze Reihe an Schnittmustern, die diesem so ähnlich sind, dass ich mich noch nicht aufraffen konnte, es auch noch zu kaufen. Obwohl deine Version schon dafür sprechen würde, sieht super aus! Und ich hab mich tatsächlich sehr angesprochen gefühlt von "...die Berlinerin mag es praktisch". Obwohl ich nur zugezogen bin. Aber nach 13 Jahren durchaus modisch assimiliert.

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    1. Ich finde die Verschlusslösung bei diesem Schnitt sehr schön, weil ganz schlicht, ohne sichtbaren Knopf - aber davon abgesehen gibt es für diese Hosenform sicher viele Schnittmuster im Moment.

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  6. Wie schön die Streifenpam zu der Hose passt! Große Klasse!!! Diese Länge bei Hosen ist im Sommer wirklich toll und der letztjährige warme Sommer hat sicher auch einigen Vorschub geleistet, dass wir inzwischen diese Hosen gern tragen und zu schätzen wissen ;-) LG Kuestensocke

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    1. Danke! Dass die beiden Teile so gut zusammenpassen, hat mich etwas überrascht, schließlich wiederholt sich keine einzige Farbe, aber es ist trotzdem nicht zu bunt.

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  7. Für mich hat eine Culotte von heute nichts mehr mit einem Hosenrock aus den Achtzigern gemein. Vermutlich habe ich mich deshalb so lange dagegen gesträubt und bin (gefühlt) erst letzten Sommer auf diesen Zug aufgesprungen.
    Mein Hosenrock aus den Achtzigern war oben eng, gerademal knielang und hatte im Saumbereich eine Weite eines Tellerrocks. Heutzutage für mich unvorstellbar so etwas nochmal aufzulegen. Aber vielleicht braucht es nur genügend Leute, die es einem vormachen, dann ändert sich die Sehgewohnheit auch wieder. Je länger ich darüber nachdenke, desto reizvoller finde ich die Idee auch schon wieder ...

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    1. Ich meine, dass es dazu auch einen Schnitt gibt. Ist die Tania Culotte von Megan Nielsen nicht im Prinzip so geschnitten? Die finde ich eigentlich ganz schön... Man muss oft einfach nur seine Sehgewohnheiten (wieder) anpassen.

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  8. Egal wie dein Beinkleid heisst, es gefällt mir sehr gut und steht dir ausgezeichnet, die Bluse passt so toll dazu.

    LG, Heike

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  9. In Amerika in den 80er Jahren aufgewachsen, ist für mich ein Culotte eine knielänge Shorts mit weitem Bein, meistens aus Twill. Ich finde es interessant, alles was heutzutage unter diesem Begriff verstanden wird.
    Aber auf jeden Fall, egal wie man sie nennt, ist die Hose schön und sehr schön verarbeitet. Die Farbe gefällt mir besonders gut, und das farbenfrohe Oberteil passt prima dazu. Würde das komplette Outfit sofort nehmen.

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  10. Das ist interessant - vom Schnitt her entspricht deine Culotte ja ungefähr dem, was Birgit - Lila und gelb oben geschildert hat. An das Kleidungsstück kann ich mich in den 80ern gar nicht erinnern. Aber die Tania Culottes von Megan Nielsen kommt dem wirklich nahe, in der kruzen Version.

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