Donnerstag, 8. Januar 2009

Karpfenschuppen

handstulpen detail

Eine Schuppe des Silvesterkarpfens im Portemonnaie getragen, soll das ganze Jahr über für Wohlstand sorgen. Etwas profan finde ich diese Geschichte ja: als ob es nur auf das Geld ankäme! Da gefällt mir die Geschichte über den Karpfen schon besser, die mir vor ein paar Jahren meine chinesischen Studenten erzählten. Der Karpfen galt bei ihnen als Sinnbild für Beharrlichkeit, Stärke und Mut, denn nur die stärksten Karpfen, die den Sprung wieder und wieder versuchten, konnten das sogenannte Drachentor, die Stromschnellen des Yangtse, überwinden. Zugleich klingt aber das chinesische Wort für „Fisch“ auch so ähnlich wie „Überfluss“, so dass es also auch in China die Verbindung von Fisch und Geld gibt.

Wie auch immer, mangels Silvesterkarpfen beschäftigte ich mich am letzten Tag des Jahres mit künstlichen Fischschuppen, herrlich regenbogenartig schillernden transparenten Pailetten und Perlen, die ich von einem Paar durchgescheuerter Wollhandschuhe von H&M gerettet hatte, sozusagen eine Dekorationsverpflanzung. Das neue Heim des Flitters bilden selbstgenähte Handstulpen aus Filz oder eher Walk, für die es bei den Temperaturen momentan aber viel zu kalt ist.
Aber nicht nur die Dekoration ist Wiederverwertung, auch das Material für die Stulpen, somit handelt es sich hier quasi um ein 0-Euro-Projekt, wo wir wieder bei der Verbindung „Fisch“ und „Geld“, oder in diesem Fall „kein Geld ausgegeben“ und damit bei mehr Schuppen im Portemonnaie wären. Der schöne dicke, leicht melierte Filz (oder eher Walk) war nämlich in seinem ersten Leben ein hellblauer Wollpullover, den ich als Quiltwattierung geschenkt bekam und in der Waschmaschine (Waschgang bei 60 Grad, zusammen mit der normalen Wäsche) verfilzen ließ.

Handstulpen aus Walk

Das Verfilzen (aber natürlich nur das absichtliche!) in der Maschine macht zumindest mir Riesenspaß – es ist jedesmal wieder überraschend lustig, so ein geschrumpftes Pullöverchen aus der Trommel zu ziehen. Außerdem verändern sich die meisten alten Strickwaren sehr zu ihrem Vorteil, kleine Löcher verschwinden, der Stoff wird dicker und dichter und ähnelt den teuren Wollwalkstoffen, die ich im Stoffladen immer so begierig streichele. Für ein paar Kleinigkeiten wie Taschen, Handyhüllen, Stulpen, Mützen langt das Material allemal. Für die Stulpen habe ich auf der Vorderseite das Ärmelbündchen weiterverwendet, den Schnitt habe ich einfach durch Abmalen meiner Hand auf Papier erstellt und dann etwas begradigt.

Sollte der Pullover aus Wolle sein, und dennoch nicht schrumpfen wollen, dann hat er wohl eine Superwash-Ausrüstung wie die meisten Sockengarne. Kleingeschrumpfte und dann immer noch häßliche Pullover (eingestrickte Muster verändern sich oft nicht zu ihrem Vorteil) lassen sich immerhin als Einlage für Topflappen verwenden, das isoliert wesentlich besser als Polyesterwatte.
Man sieht also, inzwischen verlässt hier kein alter Wollpullover ungeschrumpft das Haus.

Unter den Stulpen liegt ein Schalkragen oder Kragenschal (Rundschal?), den ich im Dezember nach dieser Anleitung von Drops Design aus Mohairgarn gestrickt habe. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten (Anleitung zwar gelesen, aber nicht verstanden, daher nach fast 50 Gramm wieder aufgeribbelt) ist das jetzt mein Lieblingsteil - so weich! Und 75 Gramm leicht und trotzdem warm! Das Garn (Junghans Prinzess, 75% Mohair, 10% Wolle, 10% Polyacryl, 5% Polyester) ergatterte ich in einem Oxfam-Laden, drei Knäuel für drei Euro. Bei Oxfam habe ich übrigens schon häufig schöne Sachen fürs Nähen gefunden, zum Beispiel Perlmuttknöpfe oder interessante alte Handarbeitsbücher. Da die Preise (siehe Wolle) lächerlich gering sind und das Geld in Hilfsprojekte fließt, überlege ich meistens nicht lange.

6 Kommentare:

  1. Die sind schön geworden, deine Stulpen, pass nur auf, das sie dir nicht davon schwimmen.
    So ein Kragen würde mir auch gefallen, bin ja irgendwie auch mit dem Strickvirus, der hier im Netz grassiert, angesteckt worden.
    Liebe Allerleirauh

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  2. So schöne Sachen kann ich zwar nicht stricken aber BEWUNDERN !!!! Wunderschöne Sachen hast Du da gezaubert.

    GLG Marion

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  3. Bei unfreiwillig verfilzten Wollsachen tröste ich mich immer mit der Freude über gewonnenes Material, ist ja z.B. auch gut für Applikationen. Dabei habe ich mich auch schon gefragt, was genau der Unterschied zwischen Walk und Filz ist. (Einmal Gewebe, einmal nicht?)
    Mit echten Fischschuppen kann man auch was machen - früher wurden sie für irisierendes Papier verwendet. Nachmachen (Marmorpapier) hat bei mir aber leider nicht geklappt, da hat nichts mehr geschillert.

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  4. Stulpen sind fast so gut angewachsen wie Flossen, da man sie zum Buch-Umblättern, Kleingeldsuchen; Fotografieren usw. nicht ausziehen muss. Wenn ich mit Mütze, Schal, Handschuhen unterwegs bin, bin ich nur ständig am Kontrollieren, ob ich nicht schon wieder was verloren habe. Eine Mütze habe ich schon eingebüßt diesen Winter.

    @Suschna - so weit ich weiß liegt Filz kein Gewebe zugrunde, das sind "nur" Fasern, Walk ist hingegen ein gefilztes Gestrick, daher auch noch ein wenig elastisch.
    Deine Marmorpapiere würde ich gerne mal sehen, ich habe das Papiermarmorieren nur ein einziges Mal vor Jahren richtig hingekriegt, bei jedem Versuch später sind die Farben nicht richtig verlaufen und ich weiß nicht, woran es lag.

    @SiMa - Danke!

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  5. Also, ich hab mich versehen, ich meinte Kleisterpapier (so wie die Vorsatzpapiere in alten Büchern). Dazu könnte ich viel erzählen und zeigen. Marmorpapier dagegen habe ich ganz früher nur einmal versucht. Weil ich nicht gern mit Öl- und Lackfarben hantiere, ist es dabei geblieben.

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  6. Siehst du, so geht es mir auch. Wegen der Lösungsmittel habe ich keine Lust, mich intensiv mit dem Marmorieren zu beschäftigen und versuche das vielleicht alle zwei Jahre mal. Übung und Erfahrung gewinnt man so natürlich nicht.
    (Schade, dass du dein Blog zugemacht hast, die Papiere wären bestimmt interessant).

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