Samstag, 18. Februar 2012

Fashion talks - Mode spricht zu uns


Und wie sie mit uns und über uns spricht, ob wir wollen oder nicht! Diese Ausstellung im Berliner Museum für Kommunikation hatte ich im Oktober schon kurz empfohlen, sträflicherweise, ohne sie selbst gesehen zu haben. Nun, eine Woche vor Ausstellungsende am 26. 2. möchte ich die Empfehlung erneuern.

In Meikes Nähfragezeichen Nummer 22 - Den Kopfkleiderschrank verwirklichen! wurde die Frage "Wer bin ich, und wie kann ich durch Kleidung nach außen zeigen, wer ich bin?" in vielen Blogs diskutiert, und man kann wohl festhalten, dass sich gerade Selbermacherinnen der Außenwirkung von Kleidung sehr bewusst sind, ja dass das Selbernähen eigentlich erst ermöglicht, den Kopfkleiderschrank aus dem Kopf in die Realität zu übertragen. Denn die Unabhängigkeit von dem, was im allgemeinen unter Mode verstanden wird und was uns vorschreiben will, in einer bestimmten Weise zu sein, den abgehobenen Kreationen von den Laufstegen ebenso wie der in aller Abwechslung immer gleichen Fastfood-Mode der Ketten, ist eigentlich nur durch konsequentes Selbermachen möglich.
Mantel aus Etiketten von Silke Wawro - Foto: Museum für Kommunikation Berlin, Dulcinéia Gomes

Hier setzt auch die Ausstellung Fashion talks an: bei der kommunikativen Funktion von Kleidung, die anderen erzählt, wer wir sind oder wer wir sein wollen, und die, sobald sich eine Gruppe von Menschen ähnlich kleidet, zu einem gruppenspezifischen Code wird.

Man darf sich in diesem Spiel aber auch als Selbernäherin nicht einbilden, immer nur genau man selbst zu sein und der Mode zu entkommen. Das Zentrum der Ausstellung, das die typischen Accessoires verschiedener Gruppenidentitäten - Goa und DIY, Emo und Punk, Techno und Gothik und Mods und so weiter - sehr passend in kleinen Apothekenschubfächern präsentiert, öffnet die Augen dafür, dass auch die scheinbar individualistischste, abgefahrenste, exotischste, subkulturellste Subkultur über bestimmte Erkennungszeichen verfügt, die es erlauben, das Gegenüber mit einem Blick in die richtige Schublade einzuordnen.
Foto: Museum für Kommunikation Berlin, Dulcinéia Gomes
Wie es der Modeindustrie immer wieder gelingt, Codes zu kapern und in den modischen Mainstream zu überführen, und wie umgekehrt neue Codes "von unten" entstehen und modifiziert werden, zeigt Fashion talks unter anderem am Beispiel der Jeans, des Camouflagemusters und des Tartans, des schottischen Karos.

Die Ausstellung ist nicht groß, aber gut gemacht, keine prächtige Schau großer Roben (auch wenn durchaus Kleider zu sehen sind), sondern eine anregende Auseinandersetzung mit der Meta-Ebene der Mode. Anregend insbesondere, wenn man sich gerade mit der Frage "Wer will ich sein?" beschäftigt und als Selbermacherin über ein wesentlich größeres Arsenal an Ausdrucksmöglichkeiten verfügt als die durchscnittliche Kaufmodeabhängige.


Fashion talks im Museum für Kommunikation
Leipziger Straße 16, 10117 Berlin

Geöffnet Di 9-20.00, Mi-Fr 9-17.00, Sa u. So 9-18.00
Ausstellung noch bis zum 26. 2. 2012, Eintritt 3€

Hier bei flickr gibts weitere Fotos zur Ausstellung.

6 Kommentare:

  1. Oh danke, für diese Empfehlungserinnerung. Ich hatte ganz unspezifisch vor, hinzugehen. Aber wie das so ist.....gut zu wissen, dass es übernächste Woche zu spät ist.
    LG
    Wiebke

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  2. Leider habe ich deinen erste Empfehlung nicht so recht wahrgenommen.Gern möchte die sehen... das ist fast eins zu eins mei theoretisches Thema meiner Diplomarbeit von vor hüstel... Jahren. Damit hat sich damals kein Sch... beschäftigt.
    neugieriges Grüße von Karen

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  3. Ich bin einfach ein miserabler Tipper! Sorry!

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  4. Aaaah, ich liebe den Ausdruck 'Kaufmodeabhaengige'; dabei sind 'Aerzte' fuer diese Art von Drogenabhaengigen eigentlich noch billig - zumindest aus Australischer Sicht ;-)

    ABER es gibt ja Menschen, die verscherbeln ihre Naema mit dem Satz 'steht mir eigentlich unnuetzer Weise immer nur im Wege herum' und jammern dann, ueber jeden Lauf zur Aenderungsschneiderei nur um eine Hose einkuerzen zu lassen .....
    Hierzu klappe sogar ich 'Gross-Klappen-Besitzer' nur noch meinen sonst grossen Mund verstaendnislos und ohne weitere Worte zu!

    Liebe Gruesse,
    Gerlinde

    (ausserdem mich dann immer 'anfegen', wo ich den meine 'Fransen' her haette und aus den Latschen kippen, wenn ich sage "Das war einst einmal dies das und jenes in seinem frueheren Leben, d.h. 'nun absolute Designer-Stuecke', oder? " tztztz)

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  5. Eine Liste der "übernächste Woche ist es zu spät"-Ausstellungen führe ich hier auch. Dann habe ich hinterher immer vor Augen, was ich hätte sehen können wenn ich mich denn aufgerafft hätte.
    Den Code der selbernähenden Bloggerin gibt es auf jeden Fall, was sich ja wunderbar über die Nähblogs verfolgen lässt. Das ist zwar einerseits nachteilig, weil sich dann auch wieder ein gewisser Einheitslook ergibt, andererseits wird der Look ja hauptsächlich virtuell geteilt, so dass jemand in seinem Dorf ein Paradiesvogel sein kann, wohl wissend, dass da draußen Hunderte von Frauen ähnlich rumlaufen. Zur Vielfalt trägt es also dennoch bei.

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  6. Das passt ja, bin Mitte der Woche noch in der Hauptstadt und hatte ganz vergessen dass die Ausstellung ist. Bin gespannt, ob sie meine Erwartungen erfüllt und sich lohnt!

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