Seitdem ich dieses Kleid habe, habe ich einen Ohrwurm: Monty Pythons Finland-Song. Seitdem Anfang der Woche meine Textkenntnisse auf youtube auffrischte, summe ich das Lied vor mich hin. Ursprünglich wollte ich die Schnittbesprechung schon am Mittwoch fertig haben, kam aber nicht zum Schreiben und kann nun nicht mehr länger warten - ich muss das jetzt posten, damit dieser Ohrwurm weggeht.
Warum Finnland, wenn das Kleid Dakota heißt? Das Schnittmuster stammt von named clothing aus Finnland, einer kleinen, letztes Jahr frisch gegründeten Schnittmusterfirma, deren geradlinigen Schnitte mir gleich ziemlich gut gefielen. Allerdings bin ich ja überhaupt nicht unternehmungslustig, was den Kauf teurer Indie-Schnittmuster angeht, und Bunte Kleiders Erfahrung mit einem Pulloverschnitt von named war auch nicht so ermutigend. Das Dakota-Kleid reizte mich aber doch. Aber ist ein Kleid, das so konzipiert ist, dass immer ein Oberteil darunter getragen werden muss, in der Praxis wirklich so eine gute Idee? Ihr kennt mich: ich verbrachte viel Zeit mit Nachdenken.
Als dann kurze Zeit später zwei Bloggerinnen einen Dakota-Sew-along veranstalteten und dabei ein Inspirationspost mit verschiedenen Stoffen erschien und die beiden named-Designerinnen einige Abwandlungsmöglichkeiten des Schnitts.zeigten, war ich weichgeklopft: Ich brauchte diesen Schnitt, hatte mich aber noch so weit im Griff, dasss ich den Sale Anfang des Jahres abwarten konnte.
Nach ein paar Tagen Probetragen bereue ich den teuersten Schnittmusterkauf meines Lebens kein bisschen. Das Kleid ist wahnsinnig bequem und ich kann die Arme ungehindert bewegen, bei einem Webstoffkleid mit langen, schmalen Ärmeln keine Selbstverständlichkeit. Ich mag den Kragen, ich mag den abgerundeten Saum, es hat für mich genau die richtige Länge und sogar Taschen, die ungenutzt zwar erheblich besser aussehen als mit einem Taschentuchknödel, aber dennoch: für alle Fälle hat es Taschen. Und auch meine Befürchtungen, mir ein SEK, ein Sozialistisches Einheitskleid zu nähen, erwiesen sich als unbegründet. Aus einem etwas dünneren und weicheren Stoff wäre es sicher noch schöner, aber ich wollte für den ersten Versuch nicht gleich den allerschönsten Wollstoff aus dem Lager anschneiden.
Das Schnittmuster besteht aus 15 Seiten, man klebt sich daraus einen Schnittmusterbogen zusammen, auf dem der Übersichtlichkeit halber jeweils zwei benachbarte Größen aufgedruckt sind, also 34 und 36 gemeinsam, 38 und 40 und so weiter. Man muss sich vor dem Drucken also erst einmal entscheiden, welche beiden Größen man ausdrucken möchte, und nach dem Drucken und Kleben müssen die Teile auch noch abkopiert werden, aber für meinen Geschmack war das schnell erledigt. Lieber drucke und klebe ich einmal 15 Seiten und kopiere dann noch, als eine Fläche größer als mein Wohnzimmer aus DinA4-Blättern zusammenzukleben, wie das bei anderen Downloadschnitten oft nötig ist.
Die Schnittteile enthalten bereits 1 cm Nahtzugabe, was mit meiner Nähroutine überhaupt nicht zusammenpasst: ich verwende normalerweise 1,5 cm, bei einem ungetesteten Schnitt an den kritischen Stellen auch mehr. Dieses Mal gab ich nach Augenmaß zur Nahtzugabe noch eine Nahtzugabe zu, was zu beunruhigenden Unsicherheiten in Bezug auf die Heilige Nahtlinie führte. Vor dem nächsten Mal werde ich die Nahtzugaben einfach rundherum von den Schnittteilen abschneiden.
(Übrigens bringt named die Sommerkollektion nun zusätzlich auch als gedrucktes Papierschnittmuster heraus, ohne Nahtzugaben. In Deutschland werden die Schnittmuster von named bei Santa Lucia Patterns erhältlich sein - hier im Blog könnt ihr meiner Ex-Nachbarin Constance Bescheid sagen, welche Schnitte euch interessieren würden.)
Aber zurück zur Nahtlinie: ich hatte den Eindruck, dass ich einen technisch sehr gut konstruierten Schnitt vor mir habe. Die Teile passten alle zusammen, an den Rockteilen ist eine breite, leicht ausgestellte Saumzugabe bereits angezeichnet, an der Armkugel helfen drei Passzeichen beim Einsetzen. Das Nähen war überhaupt kein Problem, ich verwendete eine ältere Version der Anleitung ohne Bilder und konnte damit sogar meinen ersten Ärmelschlitz mit Schlitzbeleg seit ca. 15 Jahren nähen, ohne irgendwo nachschlagen zu müssen. Inzwischen hat named die Anleitungen noch einmal verbessert und mit Schemazeichnungen ergänzt, und außerdem gibt es ja noch den Sew-along, in dem der ganze Prozess Schritt für Schritt vorgeführt wird.
Die Größentabelle scheint mir sehr realistisch, keine Schmeichelgrößen, und, besonders positiv: die Schultern waren mir nicht meilenweit zu breit. Einige figurbedingte Änderungen habe ich gemacht, denn mir war bei den Dakota-Bildern im Netz aufgefallen, dass Trägerinnen mit größerer Oberweite die Tendenz haben, aus dem Oberteil ein bißchen herauszuplatzen. Der Kragen rutscht dann nach außen und bildet kein gleichmäßiges V mehr. Außerdem hatte ich Panik, das Oberteil könnte insgesamt zu eng werden, denn bei dem doch etwas kratzigen Wollstoff muss ich das Kleid über einem langärmeligen Oberteil tragen.
Ich kopierte das Oberteil daher in Größe 40 und machte zusätzlich eine Oberweitenerweiterung um 1 cm wie in dieser Anleitung, wobei ich die zusätzliche Weite in einem kleinen waagerechten Brustabnäher unterbrachte (Bild 5 der verlinkten Anleitung). In der Taille und dem unteren Teil ging ich auf Größe 38 über. Das führte letztlich dazu, dass ich nachträglich einen Reißverschluss ins Rückenteil einbauen musste, mit desaströsen Folgen für die Innenverarbeitung. Das hätte ich wirklich vorher wissen können, denn die Empfehlung lautet: Nachmessen, ob man ohne Verschluss hineinkommt, wenn ein nicht-elastischer Stoff verwendet wird. Die Taille des Kleides soll zwar locker sitzen - aber doch nicht so locker, als dass es bei meinen Proportionen nicht auf ein langwieriges Hineinwurschteln hinausläuft. Die vordere Mittelnaht hätte die Belastung auch nicht lange mitgemacht.
Ich würde außerdem empfehlen, die Ärmelweite am Oberarm nachzumessen, wenn ihr schon wisst, dass euch Ärmel ab und zu zu eng sind: die Dakota-Ärmel sind wirklich schmal, das Armloch ist klein. Anders als bei Burda musste ich das Oberteil nicht verlängern - named geht von 172 cm Körpergröße aus, die ich zwar nur mit Absätzen erreiche, aber die grundsätzlichen Proportionen scheinen für mich einfach zu stimmen.
Ich plane weitere Dakota-Versionen und überlege, ob es bei den vielen Rockschnittteilen eigentlich Wahnsinn wäre, eine Karoversion zu versuchen - das würde so gut zu Finnland passen - ihr wisst schon, Holzfällerkaro - The larch! The fir! The mighty scots pine!
Samstag, 29. März 2014
15 Kommentare:
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Oh, das Kleid sieht ganz ganz toll an Dir aus, das ist wirklich ein perfekter Schnitt für dich. Gar nicht KGB, aber mit so einem gestreiften Oberteil ja sowieso nicht.
AntwortenLöschenSehr sehr schick, du hast den Schnitt gut eingeschätzt für dich. Die Farbe steht dir übrigens auch sehr.
Mein Mann hat die Melodie von Finland, Finland, Finland... als Klingelton wenn ich ihn anrufe (nur ich, nicht generell), dankbarerweise hör ich das ja nicht so oft. Zu gehörst dann zu den wenigen Menschen, die das identifizieren könnten. Immerhin ist es nicht "I like Chinese" (they only come up to your knees) ;) Hilft dir jetzt bei deinem Ohrwurm nicht weiter, vermutlich.
LG frifris (die gerade versucht, etwas für die Stoffspielereien zusammenzubasteln; Rotwein hilft nicht immer.)
Haha,, DAS als Klingelton! Aber immer noch besser als "I like Chinese", das stimmt.
LöschenGefällt mir sehr. Geradlinig, etwas formell aber nicht zu streng. Denke das passt gut zu Dir.
AntwortenLöschenHätte ich auch gerne ... kann ich mir auch als luftige ärmellose Sommervariante vorstellen.
lieber Gruß
Elke
Ärmellos und mit Kräuseln statt Abnäher im Oberteil ist auch einer der Abwandlungsvorschläge der named-Designerinnen. Ich werde mir sicher auch noch eine Sommervariante nähen, im Schnitt ist auch eine Linie zum Kürzen der Ärmel eingezeichnet.
LöschenGefällt mir sehr gut an dir-schlicht, aber nicht langweilig.
AntwortenLöschenUnd die Ideen zur Abwandlung des Schnittes sind ja klasse.
Schön, dass auch mit diesem Schnitt alles stimmt, also, bis auf die Ärmelweite-bei meinem Mantel hätte ich die Ärmelweite auch checken sollen.
Ja, und dass es die Schnitte neu auf Papier gibt, begrüße ich.
LG Susanne
Als Du das Projekt vorgesrellt hast, dachte ich auch, dass es vielliecht etws "uniformig" werden könnte - aber das Ergebnis! Ich find´es echt toll und könnte es mir für mich auch vorstellen, mal schauen. Steht Dir sehr gut,
AntwortenLöschenHerzliche Grüße
Sabine
Sehr schön, so auf dem Bügel hat das durch das Material fast skulpturale Qualitäten.
AntwortenLöschenDer Reißverschluss hinten ist interessant platziert und vorbildlich eingenäht- da ist nix mehr von der Raupe zu sehen. Wie hätten wir das früher gelöst, ohne die nahtverdeckten Reißverschlüsse? Vermutlich mit einem in der Seitennaht, da ist das gut versteckt.
Steht dir gut, perfekt kombiniert und verarbeitet- nachahmenswert!
Ah, das muss ich noch dazusagen: es gibt bei dem Schnitt keine andere Möglichkeit für den Reißverschluss als die Rückennaht, weil die aufgesetzten Taschen über den Seitennähten liegen. Zufällig hatte ich einen nahtverdeckten in einer perfekt passenden Farbe.
LöschenUnd jetzt erklär mir bitte noch, was dieses Kleid mit dem Lumberjack zu tun hat. Ich komme gerade von meiner sonntäglichen Runde im Wald und hab das da oben gesungen. Und war ganzundgarnicht textsicher. Ooooaaaah. OOoooahwurm.
LöschenAber "The larch! The fir! The mighty scots pine! " lässt sich auch im schwäbischen Mischwald auf´s schönste deklamieren.
(Mein Mann hat das aber nicht so verstanden. Banause.)
In Wirklichkeit gar nichts, nur Assoziationen: wenn ich das Kleid noch einmal aus Holzfällerkaro nähe, ist das ein Holzfällerkleid, also Lumberjack, also Monty Python, man landet immer wieder bei Monty Python, wenn man will.... Und youtube ist gefährlich, da sucht man ein bestimmtes Lied, um es zu verlinken und findet dabei noch tausend andere und hört sie sich auch alle an und wird nur dadurch gerettet, dass man dann wirklich einmal schlafen muss.
LöschenIch finde das Kleid total toll! Es ist ein ausgefallener Schnitt mit vielen schönen Details, der Kragen, die Taschen, die Form des Rocks... alles wunderschön und steht dir auch hervorragend! Es kann passieren, dass wir uns mal "gleich angezogen" begegnen :). Ich habe diesen Schnitt nämlich auch im Sale gekauft und machte die gleichen Überlegungen bzgl. des Ausschnittes wie du. Nur genäht habe ich es noch nicht. Man merkt, ich verbringe noch mehr Zeit mit Nachdenken. Stoff hätte ich auch schon, ich habe an Romanit gedacht, aber wenn ich dein Kleid so sehe, gefällt mir sehr, dass es ein wenig Stand hat, vielleicht muss ich meine Stoffwahl noch überdenken.
AntwortenLöschenTolle Schnittmusterbesprechung, Danke!
LG Yvonne
PS. 1cm Nahtzugabe ist, glaube ich, ein Industriestandard und gut wenn man ein schon mal getestetes Kleidungsstück näht. Um Schnittanpassungen zu machen sind immer Schnittmuster ohne Nahtzugaben besser. Bei der Schnittentwicklung werden die Nahtzugaben immer zuallerletzt, erst nachdem das Schnittmuster schon fertig ist, hinzugetan.
Ehe ichs vergesse: Romanit wäre für das Kleid sehr gut geeignet, glaube ich. Es gibt ja einige aus Romanit genähte Beispiele im Netz, und da kommt man dann auch wirklich ohne Reißverschluss aus. Aus einem fließenderem Stoff wie Viskosekrepp könnte man den Schnitt auch gut nähen, ich glaube es sind viele Stoffe möglich.
LöschenVielen Dank für die schöne Schnittbesprechung! Mir gefällt der Schnitt auch sehr gut - vielleicht im nächsten Winter, denn ich ziehe auch gerne ein langärmeliges Tshirt an.
AntwortenLöschenVielen Dank fürs Nähen und Schnitt testen. Dafür liebe ich die nähnerds: da schleicht man selbst schon lange um ein Teil, einen Schnitt herum und dann näht es jemand anderes und teilt seine/ihre Efahrungen mit den anderen. Und schon sind alle schlauer. Danke fürs Teilen und Posten. Und bevor ich es vergesse: zauberhaftes Kleid - es steht dir hervoragend!
AntwortenLöschenDas Kleid ist auch "in echt" so toll, dass ich Nählust bekommen habe - vielleicht auch mit der Abwandlung, die Raffungen zeigt. Da ich nun auch die Sache mit dem Reißverschluss gelesen habe frage ich mich, ob ich es auch ohne hinbekommen würde. Das wäre bestimmt eine Tüftelei. Das Ergebnis ist, jedenfalls bei dir, ein Hingucker.
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