Ahoi aus dem Wald hinter dem Haus heute zum MeMadeMittwoch, dem Treffpunkt für Selbstgenähtes. In den letzten Wochen war ich nähtechnisch etwas lustlos. Eigentlich liebe ich den Herbst, auch als Näh-Jahreszeit. In früheren Jahren war das jetzt die Zeit, um in Schnittmustern und herrlichen Materialien wie Cord, Tweed und leichter Wolle zu schwelgen und Nähpläne für Herbst und Winter zu machen. Tja. Wenn man fast immer zuhause ist, von zuhause arbeitet und bis auf ein paar Spaziergänge zuhause die Freizeit verbringt, ist der Bedarf an Kleidung einfach nicht so hoch.
Mir ist noch nicht viel eingefallen, was ich jetzt gerne hätte - ich brauche einfach nichts. Daher habe ich im Spätsommer einige Schnitte genäht, die ich spannend fand (oder bei denen ich ausprobieren wollte, ob ich das tragen kann), einfach wegen des Nähvergnügens. Der Schnitt Nummer 406 von dp Studio lag seit ziemlich genau einem Jahr hier - ich hatte ihn im September 2019 beim Lillestoff-Festival ganz günstig gekauft. Der Rock besteht zum größten Teil aus einem einzigen riesigen Schnittteil für Rücken und Seiten und einem kleinen Vorderteil. Bei Version A, die ich genäht habe, wird dann noch ein Volant vorne in die Verbindungsnaht gesetzt. Eine spannende Konstruktion und ein wirklich tolles Design.
Hier sieht man die Konstruktion etwas besser: Das große Schnittteil wird an der rechten Hüfte in mehrere Falten gelegt, der Volant ist darüber eingenäht und bedeckt die Falten.
Das obere Ende des Volants wird eingeklappt und die doppelte Volantlage ist in der Naht zwischengefasst.
Der Rock ist sehr schön schwungvoll, und obwohl ich ihn schon im Sommer genäht habe (der Stoff ist ein günstiges Leinen von Karstadt) finde ich, dass er auf jeden Fall auch wintertauglich ist. Eine Nadelstreifenversion wäre toll. Oder eine Version aus Karostoff. (Aber da kommt dann wieder die Vernunft hoch, denn viele Gelegenheiten, sowas anzuziehen, habe ich derzeit ja nicht. Ich sitze zwar richtig angezogen am Schreibtisch und besitze keinen Jogginganzug, aber so einen dramatischen Rpock ziehe nicht mal ich an, wenn ich während des Tages maximal zum Mülleimer gehe.)
Der Pullover ist auch selbstgemacht, nach eigenem Entwurf Ende 2018 aus Drops Lima gestrickt - besprochen wurde er hier.
Das Schnittmuster ist auf schönem, festen Papier gedruckt und alles nebeneinander, so dass man die Teile auch ausschneiden könnte. Ich habe kopiert und musste für das Hauptteil zwei Bögen Seidenpapier aneinander kleben. Die Anleitung besteht vor allem aus Zeichungen, inklusive Pfeilen, die zeigen, was wohin gehört, so, wie man es auch von japanischen Schnittmustern kennt. Ich tat mich erstmal schwer, die Zeichnungen nachzuvollziehen - vor allem dauerte es, bis mir auffiel, dass der obere Teil des Volants nach innen gefaltet werden muss.
Beim Ansetzen des Volants waren die erwarteten Passzeichen nicht immer vorhanden, und vorne, wo Vorderteil und Rücken/Seitenteil aufeinander treffen, ist ein Passzeichen meiner Meinung nach falsch beschriftet - man muss darauf achten, dass die rechte und die linke Seite des Rocks auf einer Höhe aufeinander treffen, dann kommt alles einigermaßen hin. An den Markierungen für die eingelegten Falten unter dem Volant habe ich auch meine Zweifel. Ich habe es nicht hinbekommen, die Falten anhand der Passzeichen so einzulegen, dass sie genau zu ihrem Gegenstück passen, irgendwie war da immer zu viel Stoff, so dass ich schließlich so gefaltet habe, wie es mir sinnvoll erschien.
In einigen Blogposts habe ich gelesen, dass bei anderen zum Teil der Taillenbeleg nicht zum Rock passte, wobei der Fehler bei jüngeren Versionen des Schnitts korrigiert worden sein soll - das Problem hatte ich nicht. Es kann sein, dass die anderen Ungenauigkeiten bei mir beim mühsamen Abkopieren des Riesenschnittteils entstanden sind, aber davon abgesehen hätten ein paar mehr Passzeichen auf jeden Fall nicht geschadet. Wenn man erstmal weiß, wie sich die Teile zusammensetzen, dann ist der Rock nämlich schnell genäht, das ist ein Projekt für einen Nachmittag.
Den Saum der Volants habe ich einfach mit der Overlock abgekettelt, das Abgekettelte umgebügelt und von rechts festgesteppt, ganz unauffällig. Weil die gerundeten Säume im schrägen Fadenlauf liegen, ist die Kante so ausreichend dehnbar, dass man sie mit etwas Bügeln faltenfrei umschlagen kann. In der Anleitung wird vorgeschlagen, die Säume des Volants mit Schrägband einzufassen, das war mir für diesen dünnen Stoff zu mächtig. Bei festerem oder dickerem Stoff würde das Säumen kaum anders gehen - und man könnte die Einfassung in einer anderen Farbe machen als den Rock, das sähe bestimmt gut aus.
An Nähideen mangelt es hier nicht, wie man sieht. Mal sehen, ob ich in den nächsten Wochen meine relative Näh-Unlust überwinde - und mal sehen, was die anderen heute beim MeMadeMittwoch tragen.
Details zum Schnitt:
Schnitt: le 406, dp Studio (Größe 42 genäht - bei der Auswahl auf die Maßtabelle achten, französische Größen!)
Material: 1,80 m Leinen, 1,40 breit (der Stoff reichte nicht ganz, daher musste ich den vorderen Volant mit einer zusätzlichen Naht teilen), nahtverdeckter Reißverschluss, Bügeeinlage für den Taillenbeleg
Tipps: nicht auf die Passzeichen verlassen und frühzeitig überlegen, welche Art Saum zum Stoff passt
Den finde ich toll! Gerade jetzt, wo ich gerade Röcke für mich wieder entdecke. Danke für die ausführliche Besprechung.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Sabine
Ein wirklich interessanter Schnitt, mit toller, opulenter Optik, der, kombiniert mit dem schönen Strickpulli, klasse und richtig herbstlich an dir aussieht.
AntwortenLöschenMich nervt es ja gewaltig, wenn man erst ewig über Schnittmustern brüten und herumprobieren muss, um die Konstruktion nachvollziehen zu können, aber du hast es ja gut gemeistert.
Herzliche Grüße von Susanne
Sehr interessanter Rock! Ich hätte den Schnitt wahrscheinlich ausgeschnitten, da wäre mir das Abpauschen zu aufwendig! Ich finde der Stoff passt gut dazu! Ein bunter oder gemusterter Stoff wären für mich zu viel bei dieser Stofffüle!
AntwortenLöschenLG Monika
Diesen Rockschnitt liebe ich seit ich ihn irgendwo gesehen habe, er war mir nur immer viel zu teuer, sieht einfach sehr genial aus, auch zu dem Pullover völlig wintertauglich. Wenn ich lese, dass das Schnittmuster nicht perfekt ist, ist der Preis natürlich nochmal überzogen. Statt nur zur Mülltonne zu gehen, kannst du doch einfach mit einem virtuellen Hund mittags spazieren gehen, solange das Wetter noch so toll ist - und dabei den tollen Rock ausführen, lg Anja
AntwortenLöschenHach, der Rock ist wirklich schön und auch der Pulli ist toll! Ich finde es ja etwas schade, dass Rüschen und Volants so gar nicht zu mir passen, aber an anderen gefallen sie mir gut :)
AntwortenLöschenEin toller Schnitt und von dir sehr stimmig umgesetzt. Das Nähen klingt aber nur nach einem mäßigen Vergnügen bei den Schnittungenauigkeiten.
AntwortenLöschenViele Grüße, Bele
wow! "drama, baby" :-) den will ich auch haben, in allen von Dir beschriebenen Varianten!
AntwortenLöschenDramatische Zeiten rechtfertigen dramatische Röcke - ich kann mir vorstellen, dass der Rock gut schwingt und die Laune bei jedem Mülleimer raustragen erheblich verbessert. Danke auch für den Einblick in die Rock-Konstruktion - das sieht richtig spannend aus. In Nadelstreifen oder Karo wäre der Rock sicher auch super.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Echtes
Ein interessanter Schnitt. Ich finde er steht dir auch gut. Vor allem die Idee mit der Nadel Streifen Variante finde ich klasse. Nachdem was du darüber geschrieben hast, würde ich allerdings nicht dieses Schnittmuster nehmen... Mich nervt das wahnsinnig beim Nähen, wenn Passzeichen fehlen oder nicht stimmen und die Verarbeitungsanweisung nicht richtig passt. In der Fashion Style war diesen Sommer ein fast identischer Rock, den würde ich eher nehmen.
AntwortenLöschenTrotz der Mängel beim Schnittmuster bzw. der Anleitung hast du einen ganz tollen Rock genäht, der perfekt zur jetzigen Jahreszeit und zum schönen Farbenfrohen Pullover passt. Bei einem dickeren Stoff könnte ich mir allerdings auch einen Rollsaum am Volant vorstellen. Aus einem andersfarbigen Garn sähe das bestimmt auch sehr schick aus. LG Carola
AntwortenLöschenWahrhaftig ein wunderschön dramatischer Rock - perfekt für einen Abend im Konzert oder Theater - dann irgendwann mal wieder. Vielen Dank für die Details zum Schnitt, die Konstruktion ist sehr interessant. Ich stimme Dir zu, aus Karowollstoff wäre der Rock ebenfalls der Hammer, na vielleicht hast du ja die eine oder andere mit Deinem schönen Rock inspiriert. LG Kuestensocke
AntwortenLöschenAls ich den Rock sah, hatte ich sofort die Assoziation von Jugenstilkleidern, nur eben etwas kürzer. Sieht wirklich edel aus. Gefällt mir gut. Schade finde ich, wenn ein Schnittmuster so ungenau ist. Gut, dass du für dich eine Lösung gefunden hast.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Tina
Ich denke, dass Deine Probleme eher von der schlechten Beschriftung/Beschreibung des do-Schnittes kommen. Ich habe da schon viele leidvolle Erfahrungen gemacht. Aber die Modelle sind einfach zu cool ��. Jedenfalls sieht das Endergebnis doch sehr gelungen aus, auch wenn man dafür sicherlich im Moment wenig Anlässe hat, ihn zu tragen. Viele Grüße Anke
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