Freitag, 14. Februar 2014

Loben und Lästern: Burdastyle 2/2014

Auch die Rubrik Loben und Lästern verwehte letzte Woche im Nordseewind: es war die ganze Zeit wichtiger, aufs Meer zu starren. Das Märzheft ist schon ein paar Tage im Handel, ich will aber doch noch rasch meine Favoriten aus dem Februar besprechen, sonst vergesse ich gleich wieder, was ich nähen wollte. Und das ist eine ganze Menge - das Februarheft war aus meiner Sicht eine sehr ergiebige Ausgabe.


Ein Gutes hat die späte Besprechung in diesem Fall, meine Lieblingsmodelle sind nämlich alle schon  irgendwo genäht worden und gefallen mir von echten Menschen getragen sogar noch besser.

Kleid 116 mit V-Ausschnitt und Knopfverschluss im Rücken konnte ich mir gleich aus allen möglichen Stoffen vorstellen: aus dunklem Wollkrepp im Winter, aus Leinen im Sommer, geblümt oder kariert. Sandra nähte ein hinreißendes Kleid mit diesem Schnitt und erlebte beim Nähen die Übergangsphasen "Sack" und "Kittel". Gut, dass sie das schrieb, so gerate ich nicht im Panik, bevor alles fertig ist. Katarinas Kleid nach diesem Schnitt wurde auch ganz wunderbar, und ich erahne bei ihrem Fotos auch, was ich höchstwahrscheinlich für mich ändern muss, nämlich das gleiche wie immer: Die Ausschnittbreite von Größe 36 auf das 38er Oberteil bringen, eine FBA (Änderung für große Oberweite) und das Oberteil um ein bis zwei Zentimeter verlängern. 


Rock 103 hat eine ähnliche Konstruktion wie das Kleid mit zwei großen Falten im Vorderteil, in denen außerdem geräumige Taschen versteckt sind. Auf dem Foto kann man die Details im weiß auf weiß nur schlecht sehen, ich meine aber einen schönen, bequemen (Falten!) und praktischen (Taschen!) Alltagsrock zu erkennen und habe dafür gedanklich schon einen blaugrauen Wollmischstoff von Lotti bereitgelegt.

Der Rock findet sich als Unterteil wieder bei Kleid 101, kombiniert mit einem kurzärmeligen Raglanoberteil, von dem man im Heft nicht viel erkennen kann: die Frisur ist ja auch viel wichtiger als das Kleid. Aber SyBille hatte das Kleid - mit längeren Ärmeln - am Mittwoch schon fertig, und es sieht prima aus. Im Heft gibt es das Kleidoberteil mit langen Ärmeln und einem engen Rockteil kombiniert noch einmal als Modell 102. In dieser Zusammenstellung finde ich den Schnitt aber nicht überzeugend, die Taschen sind entweder zu groß oder zu klein.

Zur Zeit gibt es in den Läden ja viele Sachen mit sehr großen aufgesetzten Taschen, durchaus auch  auf Hüfte und Oberschenkel, aber die sind dann immer so übertrieben groß, das klar wird: es handelt sich nicht um eine funktionale Tasche, sondern um ein modisches Statement. Die Burda-Blasebalgtaschen wirken auf mich verdruckst: so plattgebügelt, so verschämt, so betont unauffällig, so als wären sie für Wasserflasche und Angelköder gedacht. Also nein: Ich möchte große, selbstbewusste Taschen oder gar keine!   


Bevor ich jetzt schon ins Lästern abgleite: Rock 105/106 fand ich ja auch gut, die Kellerfalte in der Mitte, die spitze Passe, den Schnitt hebe ich mir für den Sommer auf und nähe ihn dann aus Leinen oder festerer Baumwolle. Am vorletzten oder vorvorletzten Mittwoch hatte auch schon jemand den Rock gezeigt - leider finde ich den Beitrag nicht wieder, kann sich zufällig jemand erinnern oder erkennt sich wieder?, und zwar die Sachenmacherin.


Brauchbar, aber ohne akutes Nachnähbedürfnis bei mir zu wecken, finde ich auch Schnitt 121, einen schräg zugeschnittenen Vier-Bahnen-Rock, und Modell 108/109/110, das ist ein klassischer Jeansrockschnitt mit Passentaschen und spitzer Passe im Rückenteil und in drei verschiedenen Längen. Das Knotenshirt 130 ist interessant, mir aber zu hochgeschlossen, obwohl es sicher sehr gut unter Blazer passen würde und bei Shirt 135 mit "Beutel" im Vorderteil stand offenbar Pattern Magic Pate.  


Tja, und dann gibt es noch die "Punk-Poesie". Gemeint sind damit zum Beispiel eine Nena-Streifenhose zu einer Bluse mit merkwürdigem Harlekinkrägelchen (125). Grobmaschige Netzstrumpfhosen, denn zerrissene Strümpfe traute sich Burda dann doch nicht. Ein albernes kleines Handtäschchen baumelt am Arm und ein Mädchen mit dunkel geschminkten Augen posiert auf einem verlassenen Bahngelände und macht auf verrucht und dreckig. Vorsichtshalber wird die Leserin belehrt: "Wie bei allen Modellen dieser Strecke gilt auch hier: Als Hingucker im Alltag genügt ein Punk-Teil pro Outfit." (S. 63). Puh, und ich dachte schon, ich müsste mir zu dem Tshirt mit Ösenband am Ausschnitt (122), das ich ganz gelungen finde, unbedingt auch noch den Minirock mit den Sicherheitsnadeln am Saum (119) nähen, damit das dann auch alles zusammenpasst. Und dann wieder diese doofe, in der Hand getragene Handtasche!

Was sagt ihr? Die Punk-Ästhetik ist ja nun schon so lange im Moderepertoire fest etabliert, dass von Rebellion nicht mehr die Rede sein kann, das war früher schon im Quelle-Katalog nicht anders. Ich bin auch gar keine Fundamentalistin: ich finde es in Ordnung, wenn sich die Mode einzelne Elemente aus verschiedenen Subkulturen ausborgt und ein bißchen Coolness gleich mit dazu. Die Kombination mit niedlichen, kindlich-adretten Sachen wie dem Seidenkleid 126 - offensichtlich die Poesie in "Punk-Poesie" - finde ich aber nicht gelungen. Es ist schon recht verräterisch, dass in dieser Fotostrecke nur die Hosen-Outfits mit Schuhen abgebildet sind. Achtet da mal drauf! Bei den Rock- bzw. Kleidbildern wurden die Füße abgeschnitten, woraus ich schließe, dass auch das Burda-Team bei der Wahl der Schuhe ratlos war: Punk oder Poesie? Docs oder Schleifenballerinas? Oder den Stilmischmasch noch vergößern und erwachsene, hochhackige Lackpumps zum kindlichen Kleid anziehen? Fragen über Fragen und Burda lässt uns damit ratlos zurück.  

17 Kommentare:

  1. Hallo Lucy,
    ich kann mir weder das eine noch das andere Kleid nähen - kann ich nämlich nicht, aber Dein Loben und Lästern hat mir wieder einmal ein breites Grinsen ins Gesicht gezaubert und herrlich den Feierabend eingeläutet.
    Danke!
    Valomea

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  2. Ich glaube Susa-Sachenmacherin hat den Rock gezeigt! Ich freu mich immer auf dein Loben-und-Lästern. Mir hat die Februarausgabe auch gut gefallen, besonders die beiden von dir gelobten Kleiderschnitte - das Beispiel mit den langen Ärmeln gefällt mir sehr gut.

    Besonders gut gefällt mir aber das Modell 115, eine Mischung aus Bluse und Jäckchen - so hübsch!

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    1. Ja, die 115 hat interessante Ärmel, im oberen Bereich doppelt. Nähst du dir das?

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    2. Hm, das weiss ich noch nicht. Mir gefällt es aber, weil es eine Mischung aus Bluse, Jäckchen und Blazer ist und ich Blusen und Blazer eigentlich nicht trage, diese Mischung aber sehr mag.

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  3. Liebe Lucy, das Februar Heft fand ich auch sehr ergiebig - ich habe das Knotenshirt 130 genäht, allerdings habe ich auf die angegebene Ärmel Überlänge von 12 cm verzichtet. Es ist etwas trickreich, aber durchaus machbar. Das März Heft finde ich ganz furchtbar, bitte Lästere ausgiebigst darüber...

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  4. Ich habe im Februar-Heft ebenfalls überdurchschnittlich viele Modelle gesehen, die ich gern nähen würden, die Röcke 103 und 105 gehören dazu. Vorhin habe ich die März-Ausgabe durchgeblättert und dachte mir ganz oft "iih!". Den Platz im Regal spar ich mir dann.
    Liebe Grüße und danke wieder für die Unterhaltung... :-)
    Nastjusha

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  5. Sehr unterhaltsam, mal wieder. Das Märzheft hatte ich kurz in der Hand, schnell weggelegt... dafür habe ich ein älteres Sommerheft aus der Bücherei mitgenommen in dem mir fast jedes Modell gefällt. Erlernt man mit der Zeit eigentlich die Burda Sprache? Ich tue mich no h sehr schwer mit den Anleitungen. Hab herzlich gelacht zu Deinem Kommentar zu den weggeschnittenen Schuhen. Herzliche Grüße, Elke

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    1. Ich finde man gewöhnt sich an die Burda-Anleitungen, es sind Textbausteine, und wenn man die einmal verstanden hat, geht es. Bei manchen Arbeitsgängen (Nahttaschen z. B.) sind die Anleitungen aber unnötig kompliziert, finde ich.

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  6. Also, ich finde das Harlekinkrägelchen süß!

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    1. Süß! Das beschreibt genau mein Problem mit dem Krägelchen. Und dann habe ich ja auch noch eine Clownphobie.

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  7. wegen des Rockschnittes hab ich mir das 1.Mal die Burda gekauft...jetzt bin ich gespannt auf die Passform....

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  8. liebe lästerschwester, ich erkenne mich. ich nähte rock 105 und bin sehr angetan, es werden weitere folgen. hier kann man nocmal gucken : http://sachenmacherin.blogspot.de/2014/02/mmm-0214.html
    lg,
    susa

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    1. Danke, susa, ich wusste doch, dass es den Rock schon gibt - habe dann aber in den MMM-Beiträgen an den völlig falschen Stellen gesucht.

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  9. Ja, die Februarburda habe ich nach dem Durchblättern auch mitgenommen.
    Kleid 116 hat es mir auch angetan-der geknöpfte Rücken und der Taillenriegel sind sehr nett. Allerdings ist mir der V-Ausschnitt zu groß.
    Auch mit Schnitt 101 läßt sich was anfangen-mir gefiel Sybilles Kleid am MMM sehr gut.
    Mir gefällt ja der Safarirock 110, auch die großen Taschen finde ich hier passend-ich denke, das wird ein prima Urlaubsrock für mich.
    Komischerweise gefallen mir die gleichen Taschen aber nicht beim Kleid 102. Ohne Taschen wäre es aber wiederum ein etwas langweiliges Kleid.
    Möglicherweise könnte es mit den kurzen Ärmeln von 101 funktionieren und natürlich mit netterem Stoff.
    Ganz fürchterlich finde ich die weite Hose 131-in der versinkt sogar das große Model.
    Auch meine Tochter hat die Burda durchgeblättert. Ich dachte ja, dass ihr das punkig angehauchte Outfit 122 und 119 gefallen könnte. Aber nein, ihr gefiel eigentlich nur die kleine Bikerjacke 128.
    LG Susanne
    LG Susanne

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  10. Meine Favoriten sind auch Modell 103 und 101, allerdings werde ich einfach meinen eigenen Schnitt entsprechend abwandeln. Das erspart viel Arbeit.

    Zum Thema Punk: Ich finde, wenn Spießer Punk-Elemente tragen, ist es kein Punk mehr, sondern Mode. Punk bedeutet ja, zu rebellieren, aufzufallen, gegen den Strom zu schwimmen, bewusst dem Schönheitsideal zu widersprechen. Wenn z.B. alle Welt Tellerröcke trägt, ist es Punk, gerade das nicht zu tun, sondern z.B. enge oder bodenlange Röcke zu tragen.
    "Mach Dein Ding, steh' dazu. Heul nicht rum, wenn andere lachen." (aus "Punk ist..." von Die Ärzte)

    Liebe Grüße,
    Henriette

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  11. Liebe Lucy, danke für deine tolle Besprechung der Burda. Hab ewig kein Kleidungsstück genäht und bin jetzt beim Maßnehmen bei den "Burda-Maßangaben" irgendwo zwischen Gr. 42 und 44 gelandet (schluck)! Eigentlich trage ich Kleidergröße 40. Entspricht das der allgemeinen Erfahrung, dass die Modelle eher klein ausfallen?

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  12. Ich liebe deine burda - Besprechungen! Du bist immer ehrlich und direkt, das finde ich super!
    Das erste Kleid hat mein Interesse geweckt; ich hole mir die burda gleich mal beim Zeitschriftenhändler (hoffentlich hat der noch eine....).
    LG, Sanne

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