Dienstag, 22. April 2014

Ein Alabama-Chanin-Projekt nach "Alabama Studio Sewing + Design"


Vier alte T-Shirts, eine Rolle Handquiltgarn und etwas Stofffarbe sind - wenn alles so klappt, wie ich mir das vorstelle - das Material für ein Handnähprojekt nach Alabama Chanin, des Stoffspielerei-Themas im Mai, das Griselda vorgeschlagen hatte. Ich möchte hier ab und zu den Fortschritt dokumentieren, denn mein Vorhaben wird Ende Mai wahrscheinlich noch nicht abgeschlossen sein.


Mit den DIY-Techniken im Stil von Alabama Chanin beschäftige ich mich schon seit einigen Jahren, seitdem ich das erste Mal aus Zufall auf die Webseite der Firma stieß und vollkommen verzückt die exquisiten handgearbeiteten Textilien im Onlineshop durchstöberte. Alles ist Stich für Stich handgenäht, bestickt, appliziert, gequiltet. Produziert werden die Kleidungsstücke in Florence, einem Städtchen im Nordwesten Alabamas, dem Heimatort der Firmengründerin Natalie Chanin. Die Textilherstellung, insbesondere Baumwollanbau und -verarbeitung, war einer der Hauptindustriezweige Alabamas - wie man weiß, ist von der amerikanischen Textilindustrie nicht mehr viel übrig geblieben. Natalie Chanin knüpfte mit ihrer Firma an diese Textiltraditionen an und wurde zum Arbeitgeber in einer Gegend, in der es sonst nicht viele Beschäftigungsmöglichkeiten gibt. In den ersten Jahren arbeitete sie vor allem mit gebrauchten Materialien. Die ersten Kleidungsstücke, die auf der Webseite zu sehen waren, bestanden aus recycelten Baumwolltshirts mit verwaschenen Aufdrucken, die umgeschneidert und durch Stickereien und Applikationen in etwas Besonderes verwandelt wurden.

Mittlerweile verwendet Alabama Chanin eigens hergestellten Bio-Baumwolljersey aus den USA. Alle Materialien, also auch Garne, Perlen, Textilfarben, Schablonen, werden ebenfalls über die Webseite angeboten, und die Muster, Schnitte und Herstellungsweisen der Kleidung werden in mittlerweile drei Büchern Schritt für Schritt erklärt. Die Fabrik in Florence ist zu einem Veranstaltungszentrum geworden, in dem Nähworkshops stattfinden, Natalie Chanin spricht oft auf Konferenzen, in denen es um nachhaltige Textilproduktion und faire Beschäftigung geht.     


Die Alabama-Chanin-Bücher - ich kaufte mir nach langem Überlegen den dritten Band, Alabama Studio Sewing + Design - sind wunderschön fotografiert und sehr sorgfältig gestaltet, es ist eine Freude, einfach nur zu blättern und in den Detailfotos der Stoffe zu schwelgen. Selbst wenn man nie vorhätte, irgendetwas davon nachzuarbeiten, wäre das Geld für das Buch gut angelegt. Die Qualität der Texte und der Anleitungen steht den Bildern aber in nichts nach. Schnittmuster für ein Tshirt mit Variationen (lange/kurze Ärmel, ärmellos, Bolero) und ein Kleid aus vier Bahnen (in verschiedenen Längen, Varianten: trägerloses Top, kurzer, mittellanger und langer Rock) sowie für einen Hut sind auf zwei beigelegten Bögen aus dickem Papier gedruckt. Die Vorlagen für die Musterschablonen können aus dem Buch per Fotokopierer vergrößert werden, man kann sie aber sogar auch in Originalgröße von der Webseite herunterladen.

Es ist selten, dass ein Unternehmen so die Geheimnisse seiner Produkte, bis hin zu den Designvorlagen weitergibt - bei Alabama Chanin gehört diese Transparenz zum Gesamtkonzept: Zum einen ist "education", also unter anderem die Weitergabe handwerklichen Wissens, eines der Anliegen Natalie Chanins. Zum anderen wird dem textilen Laien, der womöglich noch nie eine Nähnadel in der Hand hatte, durch den Einblick in die Produktionsschritte verdeutlicht, wie die Preise der Produkte zustandekommen, ohne dass man detailliert über Kalkulationen reden müsste. Wer einmal verstanden hat, dass bei den über und über applizierten Kleidern, Röcken und Jacken eine per Schablone gedruckte Vorlage von Hand Motiv für Motiv nachgenäht und ausgeschnitten wird, bekommt einen Eindruck von der reinen Arbeitszeit, die für die Herstellung eines solchen Kunstwerks nöig ist und ist sicherlich eher geneigt, einen vierstelligen Betrag dafür auszugeben und die Kleidung entsprechend wertzuschätzen. Zugleich ist dieser Ansatz ein demokratischer: wer keine vierstelligen Beträge ausgeben kann, kann sich mit genügend Geschick und Ausdauer sein Designermodell selbst herstellen.    


Ich möchte diesmal ein größeres Stück in Angriff nehmen, und zwar einen knielangen Vierbahnenrock. Eingedenk der Recyclingtradition bei Alabama Chanin verwende ich den Jersey von vier alten Tshirts, deren Material noch völlig intakt ist, bei denen aber die Bündchen sehr schnell durchscheuerten. Bei meinen Versuchen bis jetzt bin ich zu dem Schluss gekommen, dass man am besten reinen Baumwoll-Singlejersey verwendet, und dass die etwas geringere Elastizität mehrfach gewaschenen Jerseys eher von Vorteil ist. Liselotte hatte in ihrer Alabama-Chanin-Phase letztes Jahr sogar einmal den Originalstoff bestellt und ihn als eher labberig und nicht besonders elastisch beschrieben. Die Rockteile habe ich zugeschnitten, Garn besorgt, jetzt geht es darum, eine Schablone anzufertigen und auf den Stoff zu bringen. Damit geht es dann auch beim nächsten Mal weiter.

23 Kommentare:

  1. Wunderbar. Ich habe mir auch ein Buch gekauft. Bin ganz begeistert. Mir schweben auch schon ein paar Sachen im Kopf herum. Mal sehen. Ich weiß nicht, welches ich habe. Alabama stitch book. Du wirst es kennen.
    lg monika

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    1. Oh, ich würde mich sehr freuen, wenn du bei dieser Stoffspielerei mitmachst! Mir ging es bei dem Buch ja so, dass ich mir das meiste wirklich auch in meinem Kleiderschrank vorstellen kann - durch das Material bekommen die Sachen eine gewisse Lässigkeit. Ich wäre gespannt, was du dir aussuchst und wie du das umsetzt.

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    2. ich bin auch echt gespannt. Für den Anfang, einfaches. Diese Doppellagigkeit gefällt mir gut, der 4 Bahnenrock. Zum Größentesten werde ich aber was anderes ausprobieren. Später dann einmal, möchte ich das mit Webware probieren - oder ist das bei dieser Technik ganz verpönt und nimmt nur Jersey? Ich denke da an eine Tasche. Mich faszinieren da sogar die einfachen Shirtblenden. Stell dir mal ein stinknormales Shirt vor, uni, und dann einfach eine mit Hand genähte Blende. Na ja, so einzelne Versuche mit Handnähten an Ausschnittblenden habe ich ja schon mal probiert. Nur mit dem normalen Nähgarn war das noch nicht so gut. Das wird sicher interessant. Du hast ja schon einigen Vorsprung.
      lg monika

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    3. In der Anfangszeit wurden bei Alabama Chanin auch Jeans recycelt, auch alles offenkantig. Es würde halt anders aussehen als Jersey, viel stärker ausfransen. Bei einer Tasche, die man nicht so oft wäscht, geht das bestimmt.
      Die handgenähten Jerseyblenden will ich auch unbedingt noch ausprobieren - ob das wirklich ausreichend elastisch wird?

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    4. ach, ich finde es gerade schön, sich darüber auszutauschen. jeder schreibt vor sich hin im blog, da fehlt schon mal was.
      die jerseyblende, das ist ja auch so eine art kreuzstich, in meinem buch. gearbeitet habe ich geradstich, das geht natürlich nicht. aber da hatte ich kein buch, und nur eine idee. mit diesem kreuzstich könnte das ja vielleicht wie ein zick zack sein. muß ich unbedingt testen.

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  2. Das hört sich total spannend an ! Und das letzte Foto zeigt ein absolutes Sahneteilchen . Das macht echt Lust auf viel Zeit investieren - und dann hat frau ein wunderbares Unikat . Ungefähr so , wie früher Sonntags / Festkleider gemacht wurden ( meine Mutter erzählte , dass sie die von ihrer Mutter genähten Kleider von Hand bestickte oder mit Perlen und Pailletten verzierte ) Ich bin sehr auf Dein Projekt gespannt .
    LG Dodo

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    1. Wenn wir uns wieder mal treffen, bringe ich das Buch mit - ich glaube das liegt genau auf deiner Linie.

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    2. Wenn auch spät mit meiner Antwort : Jaaa , bitte !

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  3. Super. Ich freue mich sehr dein Alabama Chanin Projekt virtuell zu verfolgen. Ich liebäugele schon lange mit genau dem Buch, das du hier besprichst. Die Idee ein aufwändig handgenähtes Juwel zu erschaffen reizt mich sehr. Aus Angst vor dem Scheitern habe ich mich bis jetzt noch nicht drangetraut. Ersatzweise kann ich jetzt bei dir gucken.;-)
    LG,
    Claudia

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  4. Auch ich bin gespannt auf Dein Alabama Chanin Projekt und bewundere Deine Disziplin, rechtzeitig damit zu beginnen. Auf weitere Einblicke Deiner Fortschritte freue ich mich.
    LG Ute

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  5. Ich warte auch schon ganz sehnsüchtig auf mein bestelltes Buch: Alabama Chanin - More Projects". Nachdem ich Griseldas Post gesehen habe, muss ich das unbedingt versuchen. Ich freu mich schon auf Eure Posts. LG Katharina

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    1. Oh, toll, ich hoffe du zeigst dann auch etwas bei der Stoffspielerei.

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    2. Ich werde es mal versuchen ;-) LG Katharina

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  6. Oh man, da bin ich Super gespannt drauf und hoffe, das fertige Stück mal live zu sehen. Diese Technik habe ich schon oft bewundert, aber als unglaublich aufwendig betrachtet...Scheine ich ja recht zu haben. Toi toi toi

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    1. Ich bringe das am Sonntag mit, falls du auch zum Quilttreffen kommst. Habe mir extra einen Tritt gegeben, dass ich jetzt anfange, denn der zu erwartende Zeitaufwand hat mich bisher immer nur zum Verschieben ermuntert. Eigentlich wollte ich sowas schon letztes Jahr ausprobieren.

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  7. Als Zuschauprojekt , das motiviert uns zusätzlich!!! Ich habe mir auf Martinas Rat hin auch dieses Buch ausgesucht, obwohl das Netz ja wirklich allerhand bereithält, aber ein Buch ist einfach genussvoller.Ich habe mich für ein Oberteil entschieden, befürchte das diese Technik total süchtig macht. Die Garnfrage ist wirklich spannend, denn damit kann man auch noch viel beeinflussen.Hast du dieses amerikanische Quiltgarn gewählt? VG kaze

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    1. Bei den älteren Versuchen hatte ich Sticktwist (zweifädig) verwendet, aber ich glaube das ist auf die Dauer wirklich nicht haltbar genug, also jedenfalls nicht für Nähte, nur für die Applikationen ginge das schon.
      Für das neue Vorhaben habe ich Quiltgarn gekauft, ich glaube von Amann, habe es gerade nicht in Reichweite. Das hat einen Polyesterkern und ist außen aus Baumwolle und sehr reißfest, das sollte doppelt genommen alle Belastungen aushalten. Ich habe es vor allem genommen, weil es das bei uns beim Karstadt gibt, und so weit ich egsehen habe ist diese Polyester-Baumwoll-Mischung Standard bei Handquiltgarnen. Bei Alabama Chanin im Shop steht auch nichts dabei, woraus das Quiltgarn besteht, wo es herkommt und wie viel auf so einer Rolle ist - das finde ich ein bißchen verwunderlich. Möglicherweise handelt es sich im ein Standardgarn, sowas wie Coats Dual Duty, denn wenn es etwas ganz Besonderes wäre - so wie die tschechischen Glasperlen - würde man das ja sicher erfahren.

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    2. Ich habe voriges Jahr von Gütermann in einem Fachgeschäft handquiltgarn gekauft , dass 100 % BW ist. Gefragt hatte ich nach BW/Polyestermischung und bekam die Auskunft: Quiltgarne sind entweder oder.Was ich aber nicht ganz glauben konnte, weil in meinen Augen kein Grund dagegen spricht.Es ist sehr stabil und etwas steif, so dass man wirklich für das Vernähen irgendetwas besonders tun muß oder offene Knoten läßt.Für Jersey wäre es mir fast zu fest, aber belastbar muß es ja auch sein.
      Das wird sicher ein reger Erfahrungsaustausch!

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    3. Oh, diese Technik habe ich bei FlICKr zum ersten Mal gesehen , bisher dachte ich diese Teile sind aus Webstoffen, jetzt bin ich mir nicht mehr sicher .
      Mir gefällt das sehr gut , ist aber sehr aufwändig .
      .https://www.flickr.com/photos/missginadesigns/4655915817/in/faves-brenhexe/

      https://www.flickr.com/photos/disdressed/3345923743/in/faves-brenhexe/

      https://www.flickr.com/photos/alabamachanin/4168665469/in/faves-brenhexe/

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    4. Danke für die Links. Bei flickr, hatte ich noch gar nicht gesucht, da gibt es ja jede Menge Bilder! Das wird aus Jersey gemacht - die Kanten von den Applikationen bleiben ja offen, und Jersey franst kaum aus. Außerdem ist Jersey auch in zwei Stofflagen immer noch elastisch und sehr angenehm zu tragen. Mal sehen, wie lange sowas wirklich dauert. Ich nähe ja gerne mit der Hand und dachte, wenn ich jeden Abend nach dem Nachhausekommen eine halbe Stunde auf dem Balkon sitze und nähe, müsste so ein Rock machbar sein.

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  8. Ich weiß nicht ob ich T-Shirtstoff/ Jersey für so viel Arbeit verwenden wollte .
    Ja, ich glaubte an Webstoffe, englisch verstehe ich nicht ,sonst hätte ich bei den Fotos nachgelesen .
    Es gibt ja so viele verschieden Techniken mit Stoffen , man denke nur an applizieren ,ich kenne Reversapplikationen . 2 Stoffe aufeinander legen ,auf dem obersten zeichnen , heften ,den Oberstoff innerhalb der Zeichnung ausschneiden und die Kanten mit feinen Stichen aufnähen , dabei die Kante nach innen schieben .
    Die indianischen Molas werden ähnlich gemacht nur mit ganz vielen Stoffen übereinander und jede Schicht wird aufgeschnitten .
    Hawaiianische Applikationen gibt es auch noch .
    Bei all diesen Arbeiten werden die offenen Kanten nach innen eingeschlagen .

    Bei den Flickr Fotos kann man leider die Machart nicht sehr gut erkennen .
    Wird das im Buch gut beschrieben ?
    Ich hoffe auf aussagekräftige Bilder .

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    1. Ja, im Buch wird das (auf englisch) sehr detailliert beschrieben - es gibt dort sogar Zeichnungen, da ist dann jede aufgestickte Perle und jede Stichreihe bei einem Muster eingezeichnet. Zu einem großen Teil handelt es sich wirklich um Reversapplikationen, nur dass die Kanten nicht eingeschlagen werden. Ich nehme an, dass es deswegen auch gar nicht so viel Arbeit ist, weil die Applikation eine gewisse Lässigkeit haben darf. Klassische Applikationen finde ich sehr schwer zu arbeiten, mir fehlt dafür komplett die Übung.
      Ich mache auf jeden Fall zwischendrin ein paar Bilder.

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  9. Jetzt bin ich zum dritten Mal hier, weil mich das total fasziniert! Klasse!
    Und am Pc kann ich auch in den Büchern blättern, was mein Tablet immer nicht mitmacht. Ich würde das auch gerne ausprobieren. Bin aber Näh-teschnisch eher im "gerader Stich mit der Nähmaschine - Niveau". Da wird lustig...

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