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Freitag, 8. Juni 2018
Mit Naturmaterialien gefärbt: Workshop Ecoprinting
In meinem Kiez gibt es seit neuestem einen Gemeinschaftsgarten mit Hochbeeten auf dem Gelände eines nicht mehr genutzten Schulhofs, und weil der Garten Teil eines geförderten Projekts zum Klimaschutz ist, finden dort ab und zu auch Veranstaltungen statt. An einem schönen Sonntag Nachmittag konnte das Ecoprinting ausprobiert werden, also das Drucken oder Färben mit Pflanzen auf Stoff. Hannah Schorch, die den Workshop leitete, kannte ich von ihrem Label Erie Berlin, ihre zart gefärbten Sachen waren mir im Studio Herzberg, einem Laden für nachhaltige Kleidung an der Sonnenallee, schon vor längerer Zeit aufgefallen.
Ehrlich gesagt bin ich von Ecoprinting-Ergebnissen nicht immer restlos begeistert - im Netz sieht man manchmal Beispiele von Stoffen mit lauter fleckigen braun-grau-Tönen, die mich an einen Komposthaufen auf Stoff erinnern, das finde ich nicht so erstrebenswert. Hannahs bedruckte Stoffe sehen hingegen zart und geheimnisvoll und besonders aus, mit interessanten Farbverläufen oder Strukturen, gar nicht "Öko", sondern sehr raffiniert.
Hannah hatte färbende Pflanzen mitgebracht: getrocknete Zwiebel-, Avocado- und Granatapfelschalen, pulverisierte Krappwurzel und geraspeltes Blauholz, Kamillenblüten und getrocknete Rosen- und Malvenblüten. In einem Topf auf einer Kochplatte wurden Baumwollstoffe in einer Alaunlösung gebeizt, dadurch können die Fasern die Farbstoffe besser aufnehmen und die Farben werden haltbarer.
Das eigentliche Färben (oder genauer gesagt: Drucken) erinnert dann etwas an Kochen (und riecht auch fast so): Die Pflanzenbestandteile werden auf dem feuchten Stoff ausgelegt, der Stoff fest zusammengerollt und zu kleinen Päckchen gebunden. Die Stoffpäckchen kommen in ein Sieb über kochendes Wasser und liegen eine Weile im Dampf, wobei sich die Farbstoffe mit dem Stoff verbinden.
Dann geht es ans Auspacken und Auswaschen und an die große Überraschung: Was ist mit den Farben aus den Pflanzenteilen passiert? Färberkamilleblüten ergeben zum Beispiel kräftig gelbe Punkte, die Blauholzspäne violette Striche. Manche Pflanzenteile färben gar nicht - grüne Blätter zum Beipiel - und wenn verschiedene farbstoffhaltige Pflanzen zusammentreffen, können sich interessante Mischungen ergeben.
Ich bin größtenteils nur zu zarten Sprenkeln auf weißem Untergrund gekommen, für mehr Farbe darf man nicht so zögerlich sein wie ich - die Kinder hatten das beim Workshop besser drauf: Viel Material ergibt viel Farbe.
Ein Stoffstück (aus dem ich die Passe einer Bluse machen will) ist einfach grandios geworden. Das Stück alte Bettwäsche hatte ich zuerst in einem Sud aus Holunderbeeren gefärbt, der in einem kleinen Topf vor sich hinköchelte. Der Stoff war dann so gleichmäßig dunkelviolett, dass ich schon dachte, das könne man gar nicht weiter färben, aber Hannah gab mir den Tipp, Granatapfelschalen zu verwenden. Die getrockneten Schalen waren zu kleinen Bröckchen von etwa 5x5 mm geschreddert, die ich konfettimäßig auf dem gefärbten Stoff verteilte. Nach dem Dämpfen konnte ich das Ergebnis kaum fassen: Die Schalen hatten irgendwie mit der Holunderfarbe reagiert und den Stoff an den Stellen, wo sie lagen, zu orange bis rostrot verfärbt. Sehr schön und sehr überraschend!
Um mit dieser Methode systematisch zu färben und einigermaßen wiederholbare Ergebnisse zu bekommen, müsste man also alles notieren und am besten noch Vorher-Nachher-Fotos machen. Aber auch ganz unsystematisch bekommt man interessante Ergebnisse - und keine schlammfarbenen Fleckmuster, wie ich befürchtet hatte - und der Pflanzendruck macht großen Spaß und braucht nur ein Minimum an Ausstattung. Färben kann man auch mit Dingen, die man normalerweise wegwerfen würde: Schalen und Kerne, gebrauchte Teebeutel und verwelkte Blumensträuße, und natürlich kann man auch fertige Kleidungsstücke färben, sofern sie aus Naturfasern bestehen und sie so auffrischen, zum Beispiel wenn sie Flecke haben, die nicht mehr herausgehen. Ein spannender, sehr netter Nachmittag war das!
Sonntag, 26. März 2017
Stoffspielerei im März: Zaghaftes Shibori
Für die Stoffspielerei im März hatte Karen - Feuerwerk by KaZe - das Thema Shibori vorgeschlagen. Shibori, das ist eine ursprünglich japanische Batiktechnik, bei der Stoffe gefaltet, abgebunden, verdreht, verklammert, verschnürt und dann gefärbt werden, oft mit Indigo. Die Farbe kann nicht unter die Verschnürungen oder Klammern vordringen, so dass diese Partien ungefärbt bleiben. Auf der Webseite des World Shibori Network findet man ein Verzeichnis der traditionellen japanischen Shiboritechniken und -muster. In einfacherer Form haben das die meisten von uns möglicherweise schon mal in den vergangenen Jahrzehnten ausprobiert: gebatikte-TShirts sind ja alle paar Jahre wieder populär.
Ich wollte die Abbindebatik an einem Projekt ausprobieren, das ich dann auch tatsächlich nutze und nicht nur Stoff färben. Da kam mir eine Idee gelegen, die ich schon seit 2014 mit mir herumtrage, nach dem knallbunten Miami-Vice-Anna-Kleid ein seriöseres Kleid zu nähen, ohne oder mit wenig Muster und in einer dunklen Farbe, zum Beispiel dunkelblau. Ein Shibori-gemusterte, lockere Bordüre am Rock würde der Seriosität nicht schaden.
Um das Muster gezielt platzieren zu können, habe ich die Teile des Kleids aus weißem, vorgewaschenen Baumwollbatist zugeschnitten und auf jedem Rockteil die obere und untere Begrenzung der Bordüre mit einem auswaschbaren Stift markiert.
Zwischen den Markierungen ordnete ich kreisförmig abgebundene Stoffzipfel in verschiedenen Größen mehr oder weniger zufällig-verstreut an. Die Zipfel sind mit Filtehäkelgarn aus Baumwolle sehr fest abgebunden.
Als Zugeständnis an die Alltagstauglichkeit, die für mich vor allem Maschinenwaschbarkeit bedeutet, färbte ich mit Simplicol-Echtfarbe, Farbton marineblau, in der Waschmaschine. Diese Farbe ist nach meiner Erfahrung wirklich absolut waschfest, allerdings glaube ich, dass man mit einem nicht ganz so langen Farbbad schönere und interessantere Batikeffekte erzielen würde. Da der Stoff über eine Stunde lang im Buntwaschprogramm durch die Färbelösung gewirbelt wird, dringt die Farbe sehr weit vor.
Nach der zweiten Wäsche und dem Auspacken bekam ich daher vor allem zarte weiße Ringe und nur wenige interessant gemaserte Partien. Ich hätte die Zipfel alle ruhig noch etwas dicker und auf größerer Breite umwickeln können.
Hier zum Vergleich ein Stück alte japanische Seide, die mit der gleichen Shibori-Wickeltechnik gestaltet wurde. Die Punkte, aus denen die Zweige bestehen, sind wirklich winzig! Dort ist eine Stoffmenge ungefähr von der Größe eines Stecknadelkopfes abgebunden worden.
Meine Rockteile, hier für eine ersten Eindruck zusammengesteckt, haben eine zarte, unregelmäßige Blasenmusterung bekommen. Letztlich finde ich das so gar nicht schlecht, auch wenn ich mir die Teile etwas gemusterter vorgestellt hatte. Den Stoff für das Oberteil des Kleides habe ich mitgefärbt, es wird einfarbig dunkelblau.
Alle Shibori-Beiträge sammelt Karen hier, es gab wirklich beeindruckende Ergebnisse. Vielen Dank für die schöne Idee, Karen!
Die nächste Stoffspielerei ist am 30. April bei Suschna - Textile Geschichten, Thema: Seltene Techniken.
Sonntag, 29. Mai 2016
Stoffspielerei im Mai: Schrift auf Stoff - mit Anleitung
Mit der Mai-Stoffspielerei zum Thema Schrift, vorgeschlagen von Karen, möchte ich ein kleines Alltagsproblem lösen: Fleckige Stoffbeutel. Bei mir werden Stoffbeutel immer ziemlich durch den Dreck geschleift, mit nicht ganz sauber gewaschenem Gemüse befüllt, manchmal matscht auch etwas oder etwas anderes läuft aus, und irgendwie endet es immer damit, dass die Beutel gelbliche Flecken bekommen, die jeder Wäsche widerstehen. Zwei besonders fleckige ohne Aufdruck hatte ich mir herausgesucht - natürlich sind sie jetzt mit Aufdruck immer noch fleckig, aber es fällt nicht mehr so auf.
Da es ziemlich einfach ist, mit aufbügel- oder aufklebbaren Schablonen die Schrift auf den Stoff zu bringen und sich die Methode für selbstgemachte Aufdrucke auf allem möglichen eignet, zum Beispiel auch auf T-Shirts, zeige ich kurz, wie das geht.
Das braucht man:
Stoff zum Bedrucken natürlich
Stoffmalfarbe (ich habe Reste von Javana-Stofffarbe für helle Stoffe verbraucht, würde in Zukunft aber nur noch Stofffarbe für dunkle Stoffe kaufen, die besser deckt)
für die Schablone entweder selbstklebende Folie (z. B. Bucheinbandfolie), oder das dickere Papier mit glänzender Rückseite, mit dem Druckerpapier verpackt wird (lässt sich aufbügeln; wenn man im Copyshop nett fragt, holen die einem bestimmt ein paar Verpackungen aus dem Müll), oder amerikanisches Freezerpaper, oder Reste von Heißsiegel-Plotterpapier (das habe ich verwendet, es ist auf der Rückseite zum Aufbügeln beschichtet)
einen Cutter und eine Schneideunterlage (Pappe tuts auch)
ein kleines Stück Schwamm
Zeitungspapier zum Abdecken und einen alten Teller oder einen Blumenuntersetzer für die Farbe
Die Vorlage für die Buchstaben habe ich mir ausgeduckt: Im Schreibprogramm eine Schrift aussuchen, die von vorneherein ziemlich fett ist und darauf achten, dass die Buchstaben nicht zu filigan zum Ausschneiden sind. Manche Schriften (z. B. Arial) werden unproportioniert, wenn man sie sehr stark vergrößert, da muss man einfach ein bißchen herumprobieren, um eine Schrift zu finden, die gut aussieht. Den Text, der schabloniert werden soll, am besten jeweils mit einem Leerzeichen zwischen den Buchstaben schreiben, dann ist Raum zum Ausschneiden.
Vorlage ausdrucken und das Schablonenmaterial mit der klebenden bzw. der glänzenden, aufbügelbaren Seite nach unten unter die Vorlage legen und am Rand mit Büroklammern befestigen. Die Buchstaben mit dem Cutter durch beide Lagen ausschneiden.
Die ausgeschnittenen Buchstaben auf dem Stoff arrangieren und aufbügeln (Freezerpapier, Druckerpapierverpackung, Heißsiegelpapier) oder kleben (Klebefolie). Die Schablonen haften auf dem Stoff, daher gibt es keine Probleme mit darunterlaufender Farbe. Das kann man bestimmt auch gut mit Kindern machen.
Ursprünglich wollte ich die Schrift nur als Negativdruck erscheinen lassen, also als weiße Schrift auf blauem Grund, erst dann fiel mir ein, dass das Papier, aus dem ich sie herausgeschnitten hatte, auch als Schablone genutzt werden kann - das ist das Arrangement links geworden.
Bei Taschen und T-Shirts unbedingt Zeitungspapier zwischen die zwei Stofflagen schieben, falls die Farbe durch den Stoff schlägt!
Etwas Farbe auf dem Teller verteilen, mit dem Schwamm aufnehmen undüber und um die Schablonen herum tupfen. Ich habe die Farbe hier am Rand unregelmäßig-getupft auslaufen lassen, man könnte sich aber z. B. rundherum mit Malerkrepp auch einen sauberen Kasten abkleben.
Farbe trocknen lassen und die Schablonen abziehen - Schablonen aus Klebefolie kann man sogar mehrmals verwenden.
Je nach Stoffqualität fallen die Drucke unterschiedlich aus: Der obere Beutel ist grob gewebt, mit kreppigen Garnen und hat daher eine rauhe, unruhige Oberfläche, die Konturen des Drucks verschwimmen daher etwas. Der untere Beutel ist fein und glatt gewebt, die Schrift wird sehr klar und sauber.
Viele weitere gute Ideen, wie man Schrift auf Stoff bringt, werden heute hier bei Karen - Feuerwerk by KaZe gesammelt. Vielen Dank für den Anstoß!
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Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat sammeln wir die Links mit den neuen Werken – auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.
Die nächste Stoffspielerei zum Thema "Löcher" ist am 26. 6. bei frifris.
Dienstag, 19. April 2016
Nahtzugabe auf Reisen: Beim Stoffdruckkurs von Kristina Schaper in Hamburg
Es gibt doch nichts Schöneres, als kreative Leute aus dem Internet "in echt" zu treffen und noch dazu gemeinsam mit Stoff und Farbe zu werkeln! Das Wochenende verbrachte ich nämlich in Hamburg beim Siebdruck-mit-Papierschablonen-Workshop von Kristina Schaper - Am liebsten Bunt. Öfter mal wegzufahren, Kurse zu besuchen und Neues auszuprobieren hatte ich mir Anfang des Jahres vorgenommen, und das war eine gute Maßnahme - heute Morgen wieder zurück in Berlin kam es mir vor, als wäre ich zwei Wochen weggewesen. Und ich verbrachte einen Teil des Nachmittags mit der Recherche von Siebdruck-Equipment. Nicht, dass ich jetzt sehr dringend irgendetwas bedrucken müsste, aber das Drucken machte großen Spaß und ist wirklich auch in der Wohnung umsetzbar, ohne alles zu verwüsten.
Bester Beweis ist der braune Spannteppich in einem der Kursräume im Bürgerhaus Barmbek - hier vor dem Stoffdruckkurs - aber hinterher sah er noch genauso aus. Siebdruck ist eine ziemlich saubere Sache, die Siebdruckfarbe (Dekaprint) stinkt nicht und lässt sich mit Wasser auswaschen. Der Griff der bedruckten Stoffe hat mir auch gefallen. Die Farbe bildet zwar eine Schicht auf der Oberfläche, aber eine dünne, und die Farbe trocknet nicht allzu hart und krustig auf. Wenn die Motive eher klein und nicht so flächig sind, könnte man durchaus auch dünne gewebte Viskose bedrucken, ohne dass sie bretthart wird.
Vom Drucken selbst habe ich nur ein paar Fotos gemacht. Die Technik, die Kristina uns vermittelt hat, ist genial einfach: Man schneidet sich eine Schablone aus ganz normalem Schreibmaschinenpapier, platziert sie auf dem Stoff, das Sieb darüber, Lücken werden mit Klebeband abgeklebt, und die Farbe mit einer Rakel (im Prinzip eine Art Plastikkarte mit einem Gummirand) durch das Sieb auf den Stoff gedrückt. Wenn man das Sieb anhebt, bleibt die Papierschablone durch die feuchte Farbe daran kleben, und man kann mit Sieb und Papier noch eine ganze Menge weiterer Motive drucken. Ich hatte bisher ja nur Stempeln auf Stoff ausprobiert und bin von den farbsatten und gestochen scharfen Drucken ganz begeistert. Es war jedes Mal ein kleines Erfolgserlebnis, das Sieb anzuheben.
Der Palmwedeldruck vom Foto oben war mein erster Versuch. Für den roten Stoff hätte ich mir wohl besser vorher einen Rapport, also eine regelmäßige Anordnung überlegt, aber ich hatte nicht bedacht, dass ich an manche Stellen mit dem Rahmen schlecht herankomme, jedenfalls nicht, wenn ich den Stoff nicht zwischendurch anders aufspannen möchte. Das Drucken selber fand ich übrigens einfach. Schwierig war es, die Farbmenge richtig einzuschätzen - erstmal saugt anscheinend jeder Stoff unterschiedlich viel auf, und große, flächige Motive brauchen erstaunlich viel Farbe. Ich musste mehrmals Farbe nachmischen, was dann natürlich nur ungefähr so wurde wie die vorige Partie. Aber das macht nichts, Unperfektes ist gut! Und sehr schwierig fand ich, die Motive gezielt zu platzieren. Wenn das Sieb einmal mit Farbe bedeckt ist, sieht man nur noch sehr schlecht, was man da macht. Selbst wenn es Linien zur Orientierung gibt. Oder zumindest sehe ich das nicht und war dann einige Male doch etwas überrascht. Es ist also vorteilhaft, sich Motive auszudenken, die man luftig verstreut irgendwohin drucken kann.
Bei der gestickten Tischdecke habe ich das so probiert und auch einfach quer über die Stickerei gedruckt - das ist sehr schön geworden. Auf dem allerersten Foto ganz oben kann man rechts einen Zipfel der Decke sehen, ich muss davon aber nochmal gute Bilder machen.
Kristina hat einige Anleitungen zum Siebdruck zuhause mit Bordmitteln hier auf einer Extraseite zusammengestellt. Wenn es neue Kurse gibt, erfahrt ihr das sicher zuerst in ihrem Blog. Stempeln und mit Gelatineplatten drucken ist im Juni noch möglich (Termine siehe hier), das ist bestimmt auch klasse.
Für ein bißchen Touristenprogramm war am Wochenende natürlich auch noch Zeit. Es war seltsam, nach so langer Zeit mal wieder in Hamburg zu sein. Ich komme ja aus Hamburg, aber habe die Stadt einige Jahre regelrecht gemieden, weil sie für mich mit den Wirrungen einer auseinanderbröselnden Familie und einer Menge trauriger Ereignisse verknüpft ist. Jetzt dachte ich, dass ich endlich neue Erinnerungen an die Stelle der alten setzen muss, und Hamburg macht es einem in der Hinsicht sehr leicht. Hier wird sehr unsentimental abgerissen und neu gebaut und nicht viel in die Vergangenheit geschaut.
Vieles, was ich von früher kannte, war viel kleiner, als ich es in Erinnerung hatte. Die Landungsbrücken entlang: Nur ein Minispaziergang. Das Hanseviertel: So putzige kleine Geschäfte! Nur die Elbphilharmonie - die ich noch nicht kannte - ist wirklich groß. Und wie man hört im nächsten Frühjahr fertig. Noch vor dem BER.
Manche Schiffe sind auch sehr groß.
Bei der Rundfahrt "Abenteuer Hafen" von Stattreisen e.V. lernt man das alles kennen, die Tour kann ich sehr empfehlen.
Demnächst gibt's auch endlich mal den Bericht von den Workshops zur Leipziger Buchmesse. In Leipzig wars nämlich auch schön.
Montag, 28. April 2014
Das Alabama-Projekt II: Schablonieren und Sticken
Mit dem Alabama-Chanin-Projekt, über das ich letzte Woche berichtet hatte, bin ich schon gut vorangekommen. Weil am Sonntag ein kleines Nähtreffen geplant war (das ich übrigens supernett fand - vielen Dank an K. und die anderen Organisatorinnen!), also weil ich Sonntag zu dem Nähtreffen wollte, beeilte ich mich am Samstag, den Stoff so weit vorzubereiten, dass ich am Sonntag mit dem Sticken beginnen konnte. Ich schreibe hier mal etwas ausführlicher als sonst über den Prozess, denn es gibt im Netz zwar Unmengen englischsprachiger Anleitungen für die Applikationen im Alabama-Chanin-Stil, aber so weit ich gesehen habe sehr wenig auf Deutsch.
Ich mache einen knielangen 4-Bahnen-Rock nach dem Schnittmuster aus Alabama Studio Sewing + Design. Die Kleider bei Alabama Chanin bestehen fast immer aus zwei Lagen Jersey. Die obere Lage wird mitttels Schablonen und Stofffarbe mit einem Muster bedruckt, die Muster werden mit Handstichen durch beide Lagen nachgestickt, und zuletzt wird von der oberen Stofflage einiges weggeschnitten. Manchmal bleiben von der oberen Lage nur einzelne "Musterinseln" stehen, manchmal wirkt das Muster der oberen Lage wie ein Netz, manchmal handelt es sich eher um isolierte "Löcher" in der oberen Schicht. Die Wirkung beruht, denke ich, einmal auf dem großflächigen Einsatz der Muster, zum anderen auf den eleganten Ton-in-Ton-Farbkombinationen der beiden Jerseyschichten. Die offenen Kanten und das sportliche Material sorgen gleichzeitig für eine gewisse Lässigkeit der Kleider. Mir gefällt das sehr gut, die Sachen sind etwas Besonderes, aber auf den zweiten Blick, sie sehen zwar deutlich handgemacht aus, aber nicht selbstgebastelt und auch nicht übertrieben künstlerisch. Bei flickr gibt es eine Sammlung von Alabama-Chanin-Projekten - einige Leute haben tatsächlich schon mehrere Kleider angefertigt, der Aufwand scheint sich also im Rahmen zu halten. (Danke an Dinknesh für den Hinweis auf die flickr-Gruppe.)
Ich schnitt am Samstag also aus den vier alten Tshirts insgesamt acht Rockbahnen aus, vier weiße und vier graue. Gebrauchtes Material zu verwenden wird im Buch ausdrücklich empfohlen, Natalie Chanin begann selbst mit dem Umarbeiten alter Jerseyware.
Beim Muster orientierte ich mich an der "Bloomers"-Schablone, die man hier unter "resources" in Originalgröße herunterladen kann. Es ist zwar nicht sonderlich kreativ, ein vorgegebenes Muster nachzuarbeiten, aber ich will erstmal ein Gefühl dafür bekommen, wie groß die einzelnen Musterbestandteile sein sollten und in welchen Abständen man sie platziert. Bei Alabama Chanin werden in der Produktion großformatige Schablonen aus dünnem Filz verwendet, weil die Stofffarbe aufgesprüht wird. Ich habe normale Stofffarbe aus dem Glas von Javana verwendet, die ich sowieso noch da hatte und tupfte sie mit einem Schwämmchen auf. Die kleine Schablone schnitt ich aus einem Briefumschlag aus Tyvek. Das ist ein gutes, weil wasserfestes und sehr reißfestes Schablonenmaterial, das mir besser gefällt als Plastik. Die durchgezeichnete Schablonenvorlage aus Papier kann man einfach mit ein paar Klebestifttupfern auf dem Tyvek fixieren (geht wieder ab) und die Aussparungen durch beide Schichten ausschneiden.
Die Schablone fixierte ich mit Malerkrepp auf dem Stoff. Die Tupferei mit dem Schwamm ergibt eine relativ dicke Farbschicht, die beim Trocknen recht hart wird - glücklicherweise wird nach dem Sticken das meiste davon wieder weggeschnitten.
Das Muster schablonierte ich zwei Mal auf jede Rockbahn. Nach dem Trocknen über Nacht wurden jeweils eine graue Rockbahn und eine weiße Rockbahn als untere Lage aufeinander gelegt und rundherum geheftet.
Gestickt wird dann immer rundherum um die Motive, am einfachsten so wie hier mit kleinen Vorstichen. Im Anleitungsbuch werden noch einige andere Möglichkeiten (z. B. Rückstich, Stielstich) erklärt.
Alabama Chanin verwendet einen ominösen "Button Craft Thread" von Coats & Clark, ein stärkeres Nähgarn aus Poly-Baumwoll-Mischung, das so etwas wie Knopflochgarn zu sein scheint. Als ich zum Garn kaufen losging, hatte ich Marke und Qualität aus der Anleitung nicht im Kopf, weil ich ohnehin nicht damit rechnete, dass es das hier geben könnte. Unser Karstadt führt aber neuerdings Coats & Clark Garne, und anscheinend dieselben Qualitäten, die es auch in den USA gibt. Nach einigem mühsamen Vergleichen - bei Coats werden keine Garnstärken angegeben, wie man es in Europa kennt, und die Mengen auf den Spulen sind, nunja, typisch amerikanisch: 297 Meter und sowas - entschied ich mich für Dual Duty plus, ein baumwollummanteltes Polyestergarn auf einer hellgrünen Spule, das als Handquiltgarn bezeichnet wird. Da man das Garn doppelt nimmt, erschien es mir stabil genug, ich werde aber bei nächster Gelegenheit nach dem "richtigen" Garn Ausschau halten, das auf türkisen 45-Meter-Spulen verkauft wird.
Beim Nähnachmittag konnte ich in drei Stunden ungefähr zwei Drittel einer Rockbahn sticken. Man umstickt jedes Motiv einzeln für sich, damit die Elastizität des Jerseys erhalten bleibt. Die dicken Knoten auf der Rückseite sind unverzichtbar, die Fadenenden arbeiten sich sonst langsam durch die Maschen nach draußen - und ich mühe mich ordentlich ab, doppelte Knoten nahe am Stoff hinzukriegen, das ist gar nicht so einfach.
Freitag, 16. August 2013
Cyanotypie: den preußischen Himmel einfangen
Cyanotypie oder Eisenblaudruck wollte ich ja schon sehr lange mal probieren, der Liebste auch, und letztlich waren es Kristinas Blogposts zum Thema, weswegen er spontan die Chemikalien bestellte - man braucht ja manchmal so einen Anstoß, um Pläne in die Tat umzusetzen. Die Cyanotypie ist ein fotografisches Druckverfahren und wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden, man kann damit zum Beispiel Papierabzüge von Fotonegativen herstellen. Eine der Pionierinnen der Cyanotypie war aber die englische Botanikerin Anna Atkins, die diese damals völlig neue Technik verwendete, um Algen, Blütenpflanzen und Farne abzubilden und zu dokumentieren. Eines ihrer Bücher, Photographs of British Algae von 1843 kann man zum Beispiel hier Seite für Seite anschauen.
Möchte man heute Cyanotypie ausprobieren, gibt es zwei Möglichkeiten. Die einfache: gebrauchsfertige Lösungen oder die nötigen Salze im Künstlerbedarf in kleinen Mengen teuer kaufen, schon fix und fertig abgewogen. Die Kompliziertere: Man bestellt bei einem Chemikalienhandel die kleinstmögliche Menge und hat dann so viel, dass man ganze Tapetenbahnen belichten könnte. Wir entschieden uns für letzteres und folgten der grundlegenden, einfachen Cyanotypie-Anleitung von Herbert Frank. Die beiden Salze - Ammoniumeisen(III)-Citrat und das so genannte "rote Blutlaugensalz" Kaliumferricyanid - wurden mit einer etwas gewagten Konstruktion aus Briefwaage mit angehängtem Teefilterbeutel abgewogen und jeweils für sich in destilliertem Wasser aufgelöst. Die Chemikalien sind reizend und das Ammoniumeisen(III)-Citrat noch dazu staubfein, das heißt man sollte beim Hantieren darauf achten, dass man nichts einatmet, nichts schluckt, nicht herumkleckert und das Zeug nicht auf die Haut kriegt. Die beiden Lösungen lassen sich fast unbegrenzt lange aufbewahren.
Für die lichtempfindliche Cyanotypieflüssigkeit müssen die beiden Lösungen im Verhältnis 1:1 vermischt werden, am besten in einem Raum ohne Tageslicht bei 25-Watt-Funzelbeleuchtung. Unser fensterloses Bad erwies sich endlich einmal als praktisch, weil man für die beschichteten Papiere und Stoffe außerdem einen dunklen Trockenplatz braucht. Die Cyanotypielösung ist eine gelb-grüne Flüssigkeit, die vom Stoff prima aufgesaugt wird. Papier könnte man trockenföhnen, Stoffe eher nicht. Ich experimentierte mit zwei Materialien, einem dicken, leinenähnlichen Baumwollstoff, der sehr viel Flüssigkeit schluckte, und einem dünnen Baumwollbatist mit ca. 20% Polyanteil.
Wir beschichteten Stoffe und Papiere am Samstagabend und ließen sie über Nacht trocken, Sonntag nach dem Frühstück, es sah eher nach Regen aus (typisch! da braucht man EIN Mal Sonne!) wurde es dann richtig spannend - wenn man alles selber macht, selber abwiegt und mischt, noch dazu mit solch durch und durch professionellem Equipment wie wir, weiß man ja nicht, ob es wirklich funktioniert.
Ich hatte am Tag vorher ein paar Pflanzenteile gesammelt und über Nacht schon ein bißchen im Telefonbuch gepresst und mir ansonsten nicht allzu viele Gedanken gemacht. Die Pflanzenteile (oder was man sonst abbilden will) kommen auf den jetzt trockenen, grün-gelben Stoff, darauf am besten eine Glasscheibe, z. B. aus einem Bilderrahmen. Das ganze wird jetzt dem Licht ausgesetzt, bei voller Sonne so 10 bis 15 Minuten, im Winter wohl besser eine Stunde oder sogar länger.
Wir haben bei unseren Experimenten nicht exakt die Belichtungszeit genommen, was man aber unbedingt tun sollte, möchte man sich systematisch an gute Druckergebnisse heranarbeiten - aber dazu war die ganze Sache einfach zu aufregend! Durch das UV-Licht entsteht aus dem wasserlöslichen Ammoniumeisen(III)-Citrat irgendwie (fragt lieber die Chemikerin eures Vertrauens nach Details) eine wasserunlösliche, strahlend blaue Eisen(II)-Verbindung - aber eben nur dort, wo das Licht hinkommt.
Der Stoff verfärbt sich im Licht dunkel-braun-grün, und wenn man die Pflanzenteile abnimmt, siehts erstmal etwas enttäuschend aus: scheinbar nur ein paar undeutliche Spuren. Soll das alles gewesen sein?
Beim Ausspülen erscheinen dann mehr und mehr Details!
Und beim Trocknen wird das Bild noch deutlicher, feine Strukturen werden sichtbar.
Das ist der beste Druck und das typische Preußisch Blau der Cyanotypie: den Stoff hatte ich gut mit der Lösung getränkt (soweit sich das nachher rekonstruieren ließ) und bei bedecktem Himmel ziemlich lange belichtet.
Hier war entweder zu wenig Lösung drauf, die Lösung war nicht ganz im richtigen Verhältnis gemischt, oder ich habe nicht lange genug gewartet.
Der Batist hat die Farbe etwas anders angenommen als die Baumwolle, durch den Polyesteranteil ist der Untergrund ganz leicht meliert. Grundsätzlich ist aber dünnerer Stoff wohl besser geeignet: er schluckt nicht so viel Flüssigkeit, und wie immer beim Stoffdruck lassen sich feine Details auf dem feinen Fadenraster besser abbilden.
Weil die Pflanzen noch nicht ganz platt gepresst waren, ergeben sich zum Teil reizvolle Unschärfen, wenn die Blätter nicht ganz plan aufliegen. Es ist faszinierend, dass auch die fligransten Strukturen auf diese Weise übertragen werden können. Im Herbst möchte ich die Technik unbedingt mit skelettierten Blättern ausprobieren!
Der Versuch mit Scherenschnittrosetten und Papierpunkten aus dem Locher wirkt im Vergleich dazu grobschlächtig. Die Umrisse der Glasscheibe (es war windig, die Scheibe aber kleiner als der Stoff) haben sich hier auch mit übertragen.
Der zweite Druck mit Scherenschnittmotiven. So weit ich gelesen habe, sind die Drucke sehr lichtecht, und in klarem Wasser oder mit Wollwaschmittel waschbar, da die Farbe von Laugen (=normales Waschpulver) angegriffen wird. Wir werden bestimmt weiter experimentieren - die Foto-Ergebnisse des Liebsten gibts übrigens hier zu sehen.
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