In letzter Zeit habe ich häufig mit Nähanfängerinnen zu tun - der Handarbeitszug hat in meiner Umgebung mächtig Fahrt aufgenommen und immer mehr springen auf – und werde häufig über Schnittmuster und Schnittmusterzeitschriften ausgefragt. Wo findet man Schnittmuster, die man auch als Nähanfänger versteht? Welche Größen gibt es da so? Gibt es eigentlich noch etwas anderes als Burda? Das sind so die Fragen, wenn frau zum ersten Mal Kleider für sich selbst nähen will. Da sich das alles weder schnell noch pauschal beantworten lässt und ich derzeit wenig zum Nähen komme, dachte ich, ich mache eine kleine Serie im Blog daraus.
Heute: aktuelle Schnittmusterhefte
Vorweg: ich bin ja eine große Freundin von Schnittmusterheften. Für wenig Geld bekommt man einen Haufen Schnitte, und selbst wenn mir in einem Heft zuerst nur ein einziges Schnittmuster gefällt, kommt der Rest oft noch Jahre später zum Einsatz - Schnittmuster werden ja nicht schlecht. Schnittmusterhefte kommen damit meinem Spar-Gen und meinem Hamster-Gen entgegen. Es ist auch toll, bei spontanen Nähideen einfach aus einen großen Schnittfundus schöpfen zu können. Da jede Zeitschrift von einer eigenen Maßtabelle und von einem eigenen Grundschnitt ausgeht, lohnt es sich, Schnitte aus verschiedenen Quellen auszuprobieren, um den Hersteller herauszufinden, dessen Schnittmuster am besten zur eigenen Figur passen.
Die Burda-Familie
Über Burda wird in der Näh-Community ja gerne gelästert, und was einige stilistische Marotten der Zeitschrift betrifft – die häufig einfältigen Texte, die denglischen Begriffe, die seltsamen Bastelvorschläge, von der Hüh- und Hott-Internetstrategie ganz zu schweigen – stimme ich gerne in die Lästereien ein. Die Schnitte aber, die Schnitte sind grundsätzlich nicht verkehrt: sorgfältig erstellt, verlässlich, und mittlerweile bedienen sie auch viele verschiedene Stilrichtungen, nicht nur konsverativ-elegante Empfangssekretärinnen mit einem Faible für kragenlose Chaneljacken-Klone.


Burdastyle
Das monatlich erscheinende Hauptheft von Burda. Für 5,50€ bekommt man ca. 40 Schnitte mit Abwandlungen, davon meistens einen in den Kurzgrößen 17-21, einen in den Langgrößen 72-88 und etwa 6 bis 8 Schnitte in den Größen 44-52. Die Standard-Maßtabelle geht von einer Körpergröße von 168cm aus. Viele der Normalgrößenschnitte gehen bis Größe 44, hierbei muss man beachten, dass die Normalgrößen-44 bei Burda nicht ganz mit der Plusgrößen-44 identisch ist. Die Plusgrößen gehen von einem anderen, etwas anders proportionierten Grundschnitt aus, während die Normalgrößen-44 aus einer kleineren Größe hochgradiert wurde.
Die Schnittbögen sind mittelmäßig unübersichtlich, die Anleitungen größtenteils knapp, bis auf zwei Ausnahmen: Im Heft gibt es jeweils eine anfängertaugliche Schritt-für-Schritt-Anleitung mit vielen Zeichnungen für eines der einfachen Modelle, und im Anleitungsheft eine ähnliche Bildanleitung für eines der komplexeren Schnittmuster.
Easy Fashion
Ein Sonderheft für die jüngere Zielgruppe,
Easy Fashion erscheint zwei Mal im Jahr, im März und im September. „Easy“ bedeutet nicht, dass die Schnittmuster besonders einfach zu nähen wären – es gibt wie in den normalen Heften Einfaches und Komplizierteres, auch mal Jacken mit Paspeltaschen, Futter und Reverskragen.
Dabei ist aber der Schnittbogen der
Easy Fashion besonders übersichtlich, die Schnittteile können in der benötigten Größe direkt ausgeschnitten werden, und zu jedem Schnitt gibt es eine ganz ausführliche Anleitung mit Bildern. Damit kommen Nähanfängerinnen auf jeden Fall zurecht, und mit der Bildanleitung für die aufwendigen Stücke kann man sich als halbwegs talentierter Anfänger auch an etwas schwierigere Teile wagen. Mit so einer Bildanleitung nähte ich vor Urzeiten als erstes "richtiges" Nähprojekt eine Bluse mit allen Schikanen - Manschetten, Ärmelschlitz, Hemdkragen, Knopfleiste - weil ich gar nicht wusste, wie schwierig das ist. Die Hefte enthalten ca. 10 modische Schnitte mit Abwandlungen, meistens in den Größen 34 - 44,
Easy Fashion kostete zuletzt 7,50€.
Burda Plus
Sonderheft für große Größen (44-52), erscheint zweimal jährlich (frühes Frühjahr/Herbst). Das Konzept der
Burda Plus hat sich in letzter Zeit ein paar Mal geändert: während im letzten Jahr die Schnitte in großen Größen aus den
Burdastyle-Monatsheften in den Sonderheften nur noch einmal recycelt wurden, gibt es im aktuellen Heft vom Januar 2013 nun fast 30 ganz neue Schnittmuster.
Ottobre Woman
Eigentlich eine finnische Schnittmusterzeitschrift für Kindersachen, aber zweimal im Jahr (März und September) kommt
Ottobre als "
Ottobre Woman" mit Erwachsenenkleidung heraus. Die Schnittmuster sind in der Art einer Grundgarderobe aufeinander abgestimmt: alles passt zu allem, und es gibt auch mal Schnitte für Sportklamotten, Unterwäsche oder einen Badeanzug. Pro Heft sind das etwa 20 Schnitte in den Größen 34-52 , ausgehend von einer Körpergröße von 1,68 m.
Die Anleitungen sind knapp, manchmal etwas holprig übersetzt und daher nicht unbedingt für Anfänger geeignet, auch wenn in jedem Heft nähtechnisch einfache Teile dabei sind. Die Schnittbögen sind trotz Mehrfarbigkeit nicht gerade übersichtlich, die Anleitungen haben keinen Schnittauflageplan, also kein Schema, wie man die Schnittteile beim Zuschneiden möglichst stoffsparend auf dem Stoff anordnet. Für erste Kleidungsnähversuche würde ich Ottobre daher nicht empfehlen, wenn man keine erfahrenere Nähfreundin dabei hat, die helfen kann.
Das Heft kostete zuletzt 8,50€, in meiner Stadt gibt’s die Ottobre z. B. in großen Supermärkten und am Bahnhof.
Eine Spezialität der Ottobre ist das „Framilonband“, das gefühlt für fast jedes Modell als Nähzutat angegeben wird. Es handelt sich um ein transparentes Gummiband, das Ottobre z. B. verwendet, um Schnittteile einzukräuseln – also für Nähvorgänge, die genauso gut ohne Spezialkurzware zu bewältigen wären. Ob Ottobre mit den Herstellern des Framilonbands unter einer Decke steckt oder ob die Zeitschrift durch den Framilonband-Verkauf quersubventioniert wird, ist mir leider nicht bekannt, ich bin aber für jedes Gerücht offen.
Meine Nähmode
Meine Nähmode erscheint vier Mal im Jahr, in den Heften werden ältere Schnittmuster des amerikanischen Herstellers
Simplicity abgedruckt. Dabei gehen ab und zu Abnäher verloren, und da im Heft nicht so viel Platz ist, werden aus Einzelgrößen oft Doppelgrößen. Die Fotos und die ganze Aufmachung sind schrecklich altbacken (wie die Schnittmusterumschläge von Simplicity eben), aber wenn man darüber hinwegsehen kann, indem man am besten nur die Schnittzeichnungen anguckt, findet man für 5,50€ viele brauchbare Schnittmuster in den Größen 34 – 54. Die Anleitungen sind recht ausführlich mit vielen Zeichnungen, genauso wie bei den Simplicity-Einzelschnitten, also anfängertauglich. Die Zeitschrift steht im Laden meistens in Gesellschaft der billigen Häkel- und Strickheftchen im Regal.
Cut
Erscheint zwei Mal im Jahr, wobei die Termine wechseln. Bisher enthielten die Hefte jeweils 3 Schnitte, davon immer einer Tasche und zwei Kleidungsstücke. Den Berlinmitte-Hipsterstil von
Cut muss man mögen, davon abgesehen wird das Nähen aber sehr gut erklärt. Die Fotoanleitungen sind sehr deutlich und setzen kaum Nähwissen voraus, alle Schnittteile sind zum Ausschneiden auf dem Bogen und die Schnitte stellen keine großen Ansprüche an die Passform, also ideal, wenn man mit dem Nähen beginnt. Das letzte Heft (Nummer 8) vom Dezember 2012 für 9,50€ ist noch im Handel, wann das nächste Heft herauskommt, erfährt man wohl am besten, wenn man die
Cut-Webseite im Auge behält.
Cut gibt es vor allen in schicken Buch- und Zeitschriftenläden, Stoff- und Schnickschnackläden, eine Liste der Verkaufsstellen findet sich ebenfalls auf der Webseite.
Nächste Folgen: Fremdsprachige Schnittmusterhefte, Vintage-Schnittmusterhefte, Einzelschnitte