Die Stoffauswahl ist immer das Schönste beim Nähen, finde ich, denn mit dem Stoff steht und fällt das Genähte, der Charakter eines Schnittes kann sich vollkommen ändern, und man lernt definitiv nie aus. Gerade bei Kleidern kann man mit der Stoffwahl einen schlichten Schnitt in ein "Oh-wow!"-Teil verwandeln, oder auch übel daneben greifen. Was als Oberteil oder Rock noch gehen mag, sieht als Ganzkörperbekleidung manchmal überraschend anders aus - ich erinnere mich z. B. an einen grün gestreiften Chirurgenkittel, den ich mir versehentlich nähte.
Der Stoff für das Weihnachtskleid ist aus dem Fundus und in dieser Hinsicht hoffentlich ungefährlich: ein feiner, ganz weicher Baumwollvoile, mittelblau mit einem kleinen graphischen Muster in hellgrau und schwarz. Gut drei Meter habe ich davon, außerdem reichlich schwarzen Baumwollvoile von Stoff+Stil zum Füttern. Das Kleid soll vor allem bequem und kuschelig werden, daher möchte ich nicht den üblichen rutschig-kalten Futterstoff verarbeiten. Außerdem wäre so ein Futter fester als der Oberstoff, das würde beim Verarbeiten sowieso problematisch.
Und bei Euch? Samt und Seide oder doch lieber Frottier? Die Antworten gibt es hier gesammelt bei Catherine.
Bei der Schnittmusterauswahl bin ich wieder zurück am Start. Wir erinnern uns: geplant hatte ich das Kleid 112 aus Burda 10/2009 und hätte damit beinahe einen schrecklichen Fehler begangen. Sanne kennt nämlich diesen Schnitt und schrieb:
- Ohh Hilfe! Dieses Kleid fand ich auch wunderschön und habs mir vor einiger Zeit genäht! Und ich sah aus wie ein explodiertes Baiser!! Der Rock besteht aus einer Unmenge von Stoff. Ich würde dir raten, einen wirklich sehr dünnen und weich fallenden Stoff zu nehmen (und ich meine SEHR dünn) oder von vornherein den Rock schmaler zu planen (ich hab ihn mit der Hälte des Stoffes neu zugeschnitten). Und auch die Ärmel sind sehr bauschig - wenn du das magst und dir das steht, ist es völlig ok. Ansonsten würde ich die Ärmel ebenfalls schmaler planen oder nur bis zum Ellenbogen zuschneiden. Möchte dir jetzt natürlich keine Angst machen, aber ich war so maßlos enttäuscht von diesem Schnitt, dass ich dich zumindest warnen möchte :-( Vielleicht findest du aber einen besseren Stoff als ich (ich hatte damals Chiffon, der ist viel zu steif gewesen) und es sieht super aus! Würde mich auf jeden Fall freuen! LG, Sanne
Wegen solcher Tipps liebe ich das Internet - Sanne hat nämlich recht, und mir wären die ungünstigen Details des Schnittes erst bei Nähen aufgefallen, nämlich: Der Rock hat eine Weite von 2, 60 Meter und wird angekräuselt an das Oberteil genäht. Diese Verbindungsnaht sitzt etwa acht Zentimeter über der natürlichen Taille – muss man dazu noch mehr sagen als: Baiseralarm!?
Dabei hätte ich es ja ahnen können. Aus jahrelanger Erfahrung mit der Burda-Bildsprache weiß man doch, dass allerhöchste Vorsicht angesagt ist, wenn die Vorführdamen im Heft in seltsam verdrehten Posen stehen, sitzen oder liegen, wenn große Taschen, Gürtel, Frisuren oder anderes Beiwerk (Männer, Kinder, Hundewelpen, alte Autos) entscheidende Teile des Modells verdecken, wenn die Trägerin im Gegenlicht, durchs Fenster oder aus einem halben Kilometer Entfernung abgelichtet wurde. Das bedeutet nämlich: mit den Schnitt stimmt etwas nicht.
In unserem Fall sind die im Bild unsichtbaren Stoffmassen des Kleides vermutlich in einem frisch gegrabenen Loch in dieser Düne verschwunden, auf der die Dame gegen jede Logik herumliegt. Zuhause habe ich diese Möglichkeit ja nicht, und da ich auf keinen Fall wie ein aufgeplatztes Knallbonbon auf dem Sofa sitzen möchte (das machen wir dann an Silvester), habe ich also zwei Möglichkeiten:
- entweder eine abgespeckte Version des Burdakleides nähen und Rockteil und Ärmel umbasteln
- oder gleich einen anderen Schnitt wählen.
Was es wird, weiß ich selbst noch nicht genau, also lasst euch überraschen, was hier in einer Woche als Schnitt herauskopiert wird.